OGH 11Os49/20w

OGH11Os49/20w8.1.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Jänner 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Dr. Michel‑Kwapinski und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen Dominik B* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1a, Abs 2, 148 zweiter Fall und § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 14. Jänner 2020, GZ 33 Hv 51/19h‑45a, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E130619

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das sonst unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen 1 und 2 sowie in der zum Schuldspruch gebildeten Subsumtionseinheit, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und im Verfallsausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie den Schuldspruch 1 und den Strafausspruch bekämpft, sowie mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird der Angeklagte auf die Aufhebung verwiesen, ebenso die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.

Die Akten werden dem Landesgericht Innsbruck rückgemittelt, das entsprechende Aktenteile dem Oberlandesgericht Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche zuzuleiten hat.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dominik B* des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1a, Abs 2 und § 15 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er „in Seefeld, St. Johann i. Pongau, Obertauern, Dornbirn, Hohenems, Ried i. Innkreis, Oberstdorf (Deutschland), Irschenberg (Deutschland), München (Deutschland), Memmingen (Deutschland), Dresden (Deutschland), Lenzerheide (Schweiz), Davos (Schweiz), Lahti (Finnland), Falun (Schweden), Lillehammer (Norwegen), Beitostölen (Norwegen), Toblach (Südtirol), Val Mustair (Italien) und andernorts“ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigte folgender Rechtsträger durch Täuschung über die Anwendung nach der Anlage der Anti-Doping-Konvention (BGBl 1991/451) verbotener Wirkstoffe, nämlich von „Wachstumshormonen“, und einer danach verbotenen Methode, nämlich der Wiederzufuhr von Eigenblut („Blutdoping“), zu Zwecken des Dopings im Sport zu Handlungen verleitet, die diese Rechtsträger in einem mehr als geringen, zusammen 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen teils schädigten, teils schädigen sollten, und zwar

(1) im Februar 2017 von Veranstaltern der Nordischen Skiweltmeisterschaften in Lahti zur Zahlung von 648 Euro an Nächtigungskosten,

(2) am 13. Jänner 2018 von Veranstaltern des Skilanglauf-Weltcups in Dresden zur Zahlung von 225 Euro an Preisgeld,

(3) im Februar 2019 den Österreichischen Skiverband zur Zahlung von 876 Euro an Nächtigungskosten,

(4) am 1. August 2017 des Landes Vorarlberg zur Zahlung von 1.000 Euro an Förderung,

(5) am 27. April 2018 des Landes Vorarlberg zur Zahlung von 5.000 Euro an Förderung,

(6) am 27. Juni 2018 des Landes Vorarlberg zur Zahlung von 2.000 Euro an Förderung,

(7) für die Saison 2017/18 des Vereins „Österreichische Sporthilfe“ zur Zahlung von 200 Euro an Förderung,

(8) vom April 2016 bis zum Jahr 2019 der F* GmbH zur Leistung von Skiern, Stöcken, Bindungen und Schuhen im Gesamtwert von 8.000 Euro,

(9) vom April 2016 bis zum 27. Februar 2019 „weitere[r] Veranstalter von Skirennen in Österreich, Deutschland, Italien, der Schweiz, Schweden, Finnland, Norwegen und andernorts zu Zahlungen in unbekannter Höhe (Versuch)“ und

(10) vom 1. Oktober 2018 bis zum März 2019 des Bundes als seines Dienstgebers zu monatlichen Zahlungen von zusammen 10.161,35 Euro an Gehalt.

Rechtliche Beurteilung

 

[3] Dagegen wendet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5a, 9 lit a, 10a und 11 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

 

[4] Aus ihrem Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass das angefochtene Urteil – wie schon die Generalprokuratur überwiegend zutreffend ausführte – in den Schuldsprüchen 1 und 2 mit nicht geltend gemachter materieller Nichtigkeit behaftet ist, die dem Angeklagten zum Nachteil gereicht und daher von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

[5] Ein gemäß § 62 StGB die österreichische Strafgerichtsbarkeit begründender inländischer Tatort liegt vor, wenn der Ort, an dem der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen, im Inland liegt; im Fall von Erfolgsdelikten (vgl RIS‑Justiz RS0092073 [T6]; hier: § 146 StGB) auch, wenn ein dem Tatbild entsprechender Erfolg (hier: Vermögensschaden) ganz oder zum Teil im Inland eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters hätte eintreten sollen (§ 67 Abs 2 StGB). Ein (bloßer) Zwischenerfolg oder das Setzen (schon) eines Teils der Handlung in Österreich genügt (RIS‑Justiz RS0092073, RS0091861).

[6] Bei Auslandstaten wiederum ist zu unterscheiden, ob sie von § 64 StGB erfasst werden und daher unabhängig von den Gesetzen des Tatorts nach österreichischem Strafrecht zu ahnden sind oder ob die Anwendbarkeit der österreichischen Strafgesetze davon abhängt, dass die Tat nach den Gesetzen des Tatorts mit Strafe bedroht ist, wobei im Fall der Erledigung des ausländischen Strafanspruchs auch ein inländischer Strafanspruch erloschen ist (§ 65 StGB).

[7] Im Gegenstand ging das Erstgericht (auf der Tatsachenebene) davon aus, dass der Angeklagte die von den Schuldsprüchen 3 bis 8 sowie 10 umfassten Taten jeweils im Inland begangen (§ 62 StGB) hat (US 7).

[8] Der Schuldspruch 9 umfasst eine Mehrzahl von (zwar gegenüber den übrigen [Schuldsprüche 1 bis 8 und 10], nicht aber voneinander abgegrenzten, somit) bloß pauschal individualisierten gleichartigen Taten, wovon der Angeklagte – nach dem Urteilssachverhalt (US 7) – jedenfalls einen Teil im Inland begangen hat. Hiervon ausgehend unterliegen auch sie – insgesamt – nach § 62 StGB der inländischen Gerichtsbarkeit (RIS‑Justiz RS0116736 [T10], RS0119552 [T14], vgl auch RS0092377 [T3]).

[9] Anders verhält es sich mit den von den Schuldsprüchen 1 und 2 umfassten – sowohl voneinander als auch von den übrigen abgegrenzten (US 6) – Taten, die der Angeklagte nach den Urteilsannahmen „in Lahti“ und „in Dresden“ begangen hat: Darüber hinausgehende Feststellungen, wonach der Angeklagte (auch) im Inland gehandelt hätte oder ein Erfolg im Inland eingetreten wäre, sind dem Ersturteil in Bezug auf diese Taten nicht zu entnehmen. Insoweit handelt es sich demzufolge – auf der Basis des Urteilssachverhalts – um Auslandstaten.

[10] Auf der Feststellungsgrundlage des Ersturteils verwirklichen diese Taten keine der in § 64 Abs 1 Z 1 bis 5, 9 und 11 StGB aufgelisteten (allenfalls mit § 146 StGB ideal konkurrierenden – vgl RIS‑Justiz RS0131654) strafbaren Handlungen. Eine internationale Verpflichtung Österreichs (zur Verfolgung im Ausland begangenen [Doping-]Betrugs), die eine Anknüpfung nach § 64 Abs 1 Z 6 StGB begründen könnte, ergibt sich weder aus der Anti-Doping-Konvention (BGBl 1991/451) noch aus dem Internationalen Übereinkommen gegen Doping im Sport (BGBl III 2007/108; zu derartige Verpflichtungen begründenden Übereinkommen Salimi in WK2 StGB § 64 Rz 87 ff). Auch keiner der sonstigen Fälle des § 64 StGB liegt nach dem Urteilssachverhalt vor. Allerdings kommt – aufgrund der festgestellten österreichischen Staatsbürgerschaft des Angeklagten (US 5; § 65 Abs 1 Z 1 StGB) – eine Anknüpfung nach § 65 StGB in Betracht.

[11] Dazu aber wäre auf der Tatsachenebene zu klären gewesen, ob die betreffenden Taten auch nach dem Recht des (jeweils allein festgestellten) Tatorts – also Finnland (Schuldspruch 1) und Deutschland (Schuldspruch 2) – mit gerichtlicher Strafe bedroht sind. Dies hätte jedenfalls Feststellungen dazu erfordert, ob sie jene (objektiven und subjektiven) Tatbestandsmerkmale einer (in Betracht kommenden) ausländischen Strafnorm erfüllen, die den (auf Basis des Urteilssachverhalts verwirklichten) Tatbeständen des österreichischen Rechts (hier §§ 146, 147 Abs 1a, Abs 2 StGB) fremd sind (etwa § 263 Abs 1 dStGB, der [ua] auf das Verschaffen eines rechtswidrigen Vermögensvorteils gerichtete „Absicht“ verlangt, und Chapter 36, Section 1 des finnischen Strafgesetzbuchs; vgl RIS‑Justiz RS0092377 [insbesondere T5] und [zum Verfahren vor dem Geschworenengericht] RS0121837; zum Prinzip der „identen Norm“ sowie zum weiteren Erfordernis des Nichtvorliegens von Rechtfertigungs-, Schuldausschließungs- und Strafaufhebungsgründen [etwa Verjährung – § 65 Abs 4 Z 1 StGB] nach Tatortrecht und zum Erlöschen der Strafbarkeit nach dem Erledigungsprinzip [§ 65 Abs 4 Z 2 bis 4 StGB] siehe Salimi in WK2 StGB § 65 Rz 5 f, 29 ff; Leukauf/Steininger/Tipold, StGB4 § 65 Rz 9 ff). Derartige Feststellungen enthält das Ersturteil nicht.

[12] Das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit ist eine objektive Bedingung der Strafbarkeit. Ihr Fehlen wird als Ausnahmesatz begriffen (RIS‑Justiz RS0132763). Allein auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen – in Deutschland bzw in Finnland (und nicht auch im Inland [§ 62 StGB]) begangene Tat eines Österreichers (§ 65 Abs 1 Z 1 StGB), die (nur) den Tatbestand des § 146 (sowie des § 147 Abs 1a) StGB (und nicht auch einer Strafnorm des jeweiligen Tatortstaats [vgl § 65 Abs 1 StGB]) erfüllt – wäre dieser Ausnahmesatz gegeben. Die (implizite rechtliche) Annahme der Beseitigung dieses Ausnahmesatzes (nämlich die im erfolgten Schuldspruch zum Ausdruck kommende Auffassung, inländische Gerichtsbarkeit läge vor) ist auf dieser Sachverhaltsbasis unschlüssig. Es liegt daher insoweit ein Rechtsfehler mangels Feststellungen (hier Z 9 lit a) vor (RIS‑Justiz RS0122332 [insbesondere T11] und – im gegebenen Zusammenhang – 11 Os 41/19t EvBl 2020/13, 82; vgl RIS‑Justiz RS0092267 [T1], Salimi in WK2 StGB Vor §§ 62–67 Rz 32 ff sowie Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 634).

[13] Dies führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§§ 285e, 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz, 289, 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

[14] Das gegen die damit beseitigten Aussprüche gerichtete Beschwerdevorbringen (Z 9 lit a [zum Schuldspruch 1] und Z 11 [zum Strafausspruch]) hat demnach auf sich zu beruhen.

[15] Die übrigen Einwände verfehlen ihr Ziel:

[16] Die Tatsachenrüge (Z 5a) bekämpft die Feststellungen zur Täuschung Verfügungsberechtigter des Österreichischen Skiverbandes (Schuldspruch 3) und des Sportausrüsters und Sponsors F* GmbH (Schuldspruch 8) durch den Angeklagten (US 6, 7).

[17] Der Rüge zuwider wecken jedoch

- die Einlassung des Angeklagten, „[a]ngeblich“ habe „der Cheftrainer vom ÖSV“, Gerald H*, „etwas gewusst“ (ON 43 S 10),

- die Zeugenaussage des damaligen „Rennlaufservicemannes“ der F* GmbH, Emanuel M*, er „denke, dass das H* schon mitbekommen“ habe (ON 43 S 20), und

- die Zeugenaussage des damaligen Cheftrainers des Österreichischen Skiverbandes, Gerald H*, er habe „2016 von der ganzen Sache mit dem Angeklagten erfahren“ (ON 43 S 21 f),

keine erheblichen Bedenken gegen die Urteilsannahmen, wonach jene Entscheidungsträger, die dem Angeklagten Geld- und Sachleistungen aus Mitteln der genannten Körperschaften gewährten, zum Zeitpunkt der jeweiligen Verfügung – täuschungsbedingt – darüber irrten, dass der Angeklagte (laufend) Doping praktizierte.

[18] Gleiches gilt für

- die Einlassung des Angeklagten auf die Frage seines Verteidigers, „ob die Firma F* gedopte Menschen wieder genommen bzw. gesponsert“ habe: „Da“ gebe „es sehr viele Beispiele, D*, J* etc.“ (ON 43 S 14), sowie

- die Zeugenaussage des Rennsportleiters der F* GmbH, Gerhard U*, er schließe „nicht aus“, dass dieses Unternehmen „mit einem Sportler, der in der Vergangenheit einmal gedopt hat, einen Vertrag machen würde“ (ON 43 S 25), und seine Antwort auf die Frage, ob dieses Unternehmen einer anderen Sportlerin, nämlich J*, auch während deren „aufrechte[r] Dopingsperre Material geliefert habe“: „Ja, wir haben uns mit ihr geeinigt, das steht hier auch nicht zur Debatte“ (ON 43 S 27),

in Bezug auf die Urteilsannahmen (US 6, 13 f), „in Kenntnis der tatsächlichen Sachlage“ wären dem Angeklagten „die angeführten Zuwendungen“ von den im Spruch genannten Rechtsträgern – somit auch seitens der F* GmbH (Schuldspruch 8) – „nicht geleistet“ worden (vgl im Übrigen die von der Rüge vernachlässigte [siehe aber RIS-Justiz RS0116504] weitere Aussage des Zeugen U*, wonach er „natürlich einem Sportler, bei welchem“ ihm „bekannt ist, dass dieser laufend dopt, keinen aktuellen Vertrag geben“ würde [ON 43 S 25]).

[19] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bekämpft die Schuldsprüche 3 und 8 mit dem Argument, insoweit sei kein (im Sinn des § 146 StGB) tatbestandsmäßiger Vermögensschaden eingetreten. Weshalb es für die Frage nach gerichtlicher Strafbarkeit (oder rechtsrichtiger Subsumtion) auf den Eintritt eines – den Urteilsfeststellungen (US 8) zufolge vom Angeklagten jeweils intendierten – derartigen Schadens ankommen sollte, obwohl Versuch (§ 15 StGB) und Vollendung rechtlich gleichwertig sind (RIS-Justiz RS0122138; zu § 146 StGB Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 146 Rz 130), legt sie nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (siehe aber RIS-Justiz RS0116565).

[20] Sollte das diesbezügliche Vorbringen als Behauptung aufzufassen sein, dass die Verwirklichung des vom Beschwerdeführer angestrebten Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht keinen Vermögensschaden bedeutet hätte (Z 9 lit a; vgl RIS‑Justiz RS0116672; 13 Os 76/18b), sowie unter dem Aspekt des § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO (RIS‑Justiz RS0122137) sei erwidert:

[21] Nach den Tatsachenfeststellungen des Ersturteils wurden die in Rede stehenden – vermögenswerten – Leistungen des Österreichischen Skiverbandes (Schuldspruch 3) und der F* GmbH (Schuldspruch 8) – im Willen des Angeklagten täuschungs- und irrtumsbedingt (US 8) – tatsächlich erbracht (US 7). Dass für diese konkreten Leistungen eine wirtschaftlich werthaltige Gegenleistung des Angeklagten erbracht worden, (aus welchem Rechtsgrund auch immer [vgl US 11: „Verträge/Urkunden“]) geschuldet gewesen oder auch nur erwartet worden wäre, ergibt sich aus den Urteilsfeststellungen keineswegs. Auf deren Grundlage handelte es sich bei den betreffenden Aufwendungen vielmehr um einseitige Vermögensopfer der Leistenden (US 11, 13: „Zuwendungen“), die bei Kenntnis vom Doping des Beschwerdeführers nicht erbracht worden wären (US 6, 13 f).

[22] Letzteres klärt beim Betrug idR nur die Kausalität des (täuschungsbedingten) Irrtums für die Vermögensverfügung. Anders bei – wie hier nach dem Urteilssachverhalt – einseitigen Vermögensopfern (zB Spenden- oder Bettelbetrug): Dort bewirkt die (ohnehin opfergewollt vermögensmindernde) Verfügung dann einen Vermögensschaden, wenn sie auf einem derartigen (vom Täter verursachten Motiv‑)Irrtum beruht (Kienapfel/Schmoller, BT II2 § 146 Rz 185 ff; Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 146 Rz 51, 68; Leukauf/Steininger/Flora, StGB4 § 146 Rz 49; Kert SbgK § 146 Rz 291 ff; 9 Os 132/86; 11 Os 58/97; 12 Os 103/19t RIS‑Justiz RS0109555 [T2]).

[23] Hiervon ausgehend trifft die Rechtsansicht, ein Vermögensschaden in (voller) Höhe des Werts der jeweiligen Leistung sei (bereits mit deren Erbringung) eingetreten (US 13), auf der Sachverhaltsbasis des Ersturteils (US 6 bis 8, 11 und 13 f) zu.

[24] Indem die Rüge vom Urteilsinhalt abweichende Auffassungen (zu einer „Startzusage“ des Angeklagten, diesen „treffenden Verpflichtungen“ aus „Sponsoringverträgen“ und einem aus deren Einhaltung erzielten „Werbeeffekt“) entwickelt und – darauf aufbauend – (teils unter Wiedergabe von Lehrmeinungen zum „Dopingbetrug“) einen Vermögensschaden verneint, verfehlt sie den (im Urteilssachverhalt gelegenen) Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

[25] Die gesetzmäßige Ausführung einer Diversionsrüge (Z 10a) erfordert eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Tatsachenfeststellungen unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RIS‑Justiz RS0124801, RS0116823).

[26] Seine Behauptung nicht schwerer Schuld (§ 198 Abs 2 Z 2 StPO) sowie des Fehlens general- und spezialpräventiver Diversionshindernisse (§ 198 Abs 1 StPO) entwickelt der Beschwerdeführer allein aus „schuldmindernden Umständen“; die (im Übrigen trotz Teilaufhebung des Urteils verbleibende) Vielzahl von Taten und dadurch Geschädigten sowie den mehrjährigen Deliktszeitraum (vgl US 14) lässt er dabei außer Acht. Schon deshalb gelangt der herangezogene (materiell-rechtliche) Nichtigkeitsgrund nicht zu prozessförmiger Darstellung.

[27] In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher – in weitgehender Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

 

[28] Abschließend sei bemerkt:

[29] § 147 Abs 1a StGB enthält zwei rechtlich gleichwertige Tatbestandsvarianten (Täuschung über die Anwendung eines verbotenen Wirkstoffs oder einer verbotenen Methode) und statuiert daher ein alternatives Mischdelikt. Nach dem Urteilssachverhalt erfüllen die vom Schuldspruch umfassten Taten (jedenfalls) letztere Variante, weil die festgestellten Methoden des „Blutdopings“ (US 7 f), über deren Anwendung der Angeklagte täuschte, nach der (jährlich erneuerten) Anlage der Anti-Doping-Konvention, BGBl 1991/451, (zur Zeit der jeweiligen Anwendung) verboten waren (zu dieser Anlage Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 147 Rz 58/2). Unter dem Aspekt rechtsrichtiger Subsumtion (Z 10) ist daher unschädlich (RIS‑Justiz RS0116655), dass das Schöffengericht – rechtlich verfehlt – auch die erste Variante bejaht hat (US 2, 14), obwohl nicht durch Feststellungen geklärt ist, ob der Angeklagte – wie vom Tatbestand insoweit vorausgesetzt – über die Anwendung von Wirkstoffen täuschte, die nach der Anlage der Anti-Doping-Konvention, BGBl 1991/451, (zum jeweiligen Anwendungszeitpunkt) verboten waren (zum Feststellungserfordernis Leukauf/Steininger/Tipold, StGB4 § 147 Rz 30; vgl 15 Os 105/14a EvBl 2015/20, 129 [zu § 22a Abs 1 Z 1 ADBG 2007]; RIS‑Justiz RS0114428, RS0128204 [zu §§ 2 f SMG]; ein tatrichterlicher Wille [Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 19], mit der Bezugnahme auf nicht näher bezeichnete „Wachstumshormone“ [US 2, 6) die Anwendung just des in der Klasse S2. der Anlage erwähnten, sogenannten Wachstumshormons [GH] festzustellen, lässt sich fallkonkret – auch unter Rückgriff auf den Akteninhalt [vgl ON 27 S 13 und S 213] – gerade nicht ausdeuten).

[30] Da der – vom Vorsatz des Angeklagten umfasste – Betrugsschaden nach den Feststellungen zu den bestandskräftigen Schuldsprüchen (3 bis 10) 5.000 Euro jedenfalls überstieg (US 6 ff), bleibt die Subsumtion (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) nach § 147 Abs 2 StGB von der Teilaufhebung unberührt (vgl Ratz in WK2 StGB § 29 Rz 1, 4; Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 147 Rz 59).

[31] Im zweiten Rechtsgang wird entsprechend § 29 StGB die Subsumtionseinheit hinsichtlich aller dem Angeklagten (letztlich) zur Last liegenden Betrugstaten neu zu bilden sein (RIS‑Justiz RS0116734; Ratz, WK‑StPO § 289 Rz 10).

 

[32] Mit ihren Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung zu verweisen.

[33] Die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten wegen des – nicht von einem der aufgehobenen Schuldsprüche abhängigen (vgl Ratz, WK‑StPO § 289 Rz 7) – Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche des Österreichischen Skiverbandes kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[34] Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 12), gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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