European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0110OS00137.23S.1212.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant – * K* des Vergehens des schweren, teils durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 2 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat sie am 19. Dezember 2022 in W* R* fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, und zwar
1) durch Einbruch, indem sie einen Holzschrank aufbrach und ca 50.000 Euro Bargeld sowie diversen Schmuck im Wert von einigen tausend Euro an sich nahm;
2) ein Kilogramm Goldbarren im Wert von ca 55.000 Euro aus einem unversperrten Kleiderschrank.
Rechtliche Beurteilung
[3] Gegen dieses Urteil richtet die Angeklagte ihre auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde.
[4] Die Mängelrüge (Z 5 erster Fall) macht nicht klar, aus welchem Grund die auf den Angaben des (auch unter Berücksichtigung des hohen Alters und dessen eingeschränkter Hörkraft) als glaubhaft erachteten Opfers R* sowie der weiteren Zeugen * F* und W* fußenden (US 5 f) Feststellungen, wonach die Angeklagte Bargeld in Höhe von „ca“ 50.000 Euro sowie Schmuck im Wert „von einigen tausend“ Euro an sich nahm (US 4), undeutlich sein sollten (RIS‑Justiz RS0099425; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 419).
[5] Soweit die weitere Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) behauptet, einzelne – isoliert dargestellte – Aussagepassagen des Opfers (ON 132.1 S 15 ff) sowie des Zeugen W* (ON 132.1 S 20 ff) seien nicht erörtert worden und damit spekuliert, Bargeld und Schmuck seien nicht von der Angeklagten weggenommen worden, sondern befänden sich noch im Gewahrsam des Tatopfers (allenfalls in dessen Banksafe, was vom Tatopfer jedoch explizit verneint wurde [ON 132.1 S 17 f]), orientiert sie sich prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (US 5 ff, vgl etwa auch ON 132.1 S 12 f, ON 132.1 S 18 ff; RIS‑Justiz RS0119370; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 394).
[6] Im Übrigen haben sich die zu einer zwar bestimmten, aber gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) verhaltenen Tatrichter ohnehin mit den entsprechenden Angaben auseinandergesetzt (US 6 f). Die (auch in E-Mails ermittelnder Polizeibeamter angeführten und in der Hauptverhandlung vorgehaltenen [ON 62.1 S 7 iVm ON 132.1 S 22]) Zeugenangaben, die weder konkret den gestohlenen Schmuck noch dessen allfällige Individualisierung betreffen, sind nicht erheblich und solcherart auch nicht erörterungsbedürftig (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 409). Ebenso bilden bloß subjektive Meinungen, Ansichten, Wertungen oder ähnliche intellektuelle Vorgänge der ermittelnden Polizeibeamten („alles sehr vage“ [ON 61.2.1 iVm ON 132.1 S 23]) keinen Gegenstand einer Zeugenaussage und auch kein relevantes erörterungspflichtiges Beweismittel (RIS‑Justiz RS0097540, RS0097573, RS0097545; Kirchbacher/Keglevic, WK‑StPO § 154 Rz 8).
[7] Der weiteren Rüge (Z 5 vierter Fall) zuwider haben die Tatrichter auch die zum objektiven Tatgeschehen getroffenen Feststellungen (US 4) logisch und empirisch einwandfrei begründet (US 5 ff). Mit der diesbezüglichen Kritik („abstrakte Vermutung“), die isoliert auch auf die (jeweils erwogenen [US 5 f]) Hörschwierigkeiten des betagten Opfers und dessen anfänglichen (im Übrigen sogleich korrigierten [ON 132.1 S 16]) rechnerischen Irrtum betreffend die Goldbarren verweist und in den „leeren Schmuckschatullen“ kein Indiz für eine Täterschaft der Angeklagten erblickt, wird einmal mehr nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld die tatrichterliche Beweiswürdigung bekämpft (RIS‑Justiz RS0106588; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 450 f).
[8] Entgegen der weiteren, gegen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 4) ausgeführten Kritik (Z 5 vierter Fall) ist der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen ohne Weiteres rechtsstaatlich vertretbar und bei – wie aktuell die Sachwegnahme – leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0098671, RS0116882; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 452; vgl RIS‑Justiz RS0116565). Die darüber hinausgehende weitere Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite mit Verweis auf die mehrfach einschlägige Vorstrafenbelastung, die bereits am ersten Tag des im Haushalt des Opfers angetretenen Pflegedienstes erfolgte Tatbegehung sowie (jeweils vom Rechtsmittel ignoriert) das von der Angeklagten zugestandene Suchen nach Werthaltigem und Aufbrechen des Holzkastens bei im Tatzeitpunkt bestehendem Geldbedarf (ON 132.1 S 6 ff) und das – trotz pflegebedürftiger Personen ohne Sicherstellung eines Betreuungsersatzes – rasche „Untertauchen“ der Angeklagten unmittelbar nach der Tatbegehung (US 7) begegnet unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (neuerlich RIS‑Justiz RS0116882, RS0098671, RS0118317).
[9] Die Tatsachenrüge (Z 5a) ist schon deshalb nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie die Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen (US 5 ff; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 487) missachtet. Indem sie – ohne das Überschreiten der entscheidungswesentlichen Wertgrenze von 5.000 Euro (RIS‑Justiz RS0099497) sowie den darauf gerichteten Vorsatz konkret zu bestreiten – mit teils bereits zur Mängelrüge relevierten einzelnen Aussagepassagen des Tatopfers und der Zeugen F* und W* sowie mit Verweis auf den in einem höheren Betrag (200.000 Euro [ON 132.1 S 18]) erfolgten Privatbeteiligtenanschluss den festgestellten Wert des Diebsguts – verbunden mit dem Vorwurf der „Unterlassung der amtswegigen Wahrheitsforschung“ (vgl dazu RIS‑Justiz RS0114036) – bekämpft, verfehlt sie den Anfechtungsrahmen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0099674).
[10] Weshalb der Argumentation der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) folgend die jeweils erschwerende Berücksichtigung des „hohen festgestellten Schaden[s] von zumindest 107.000 Euro“ (US 9) und der „doppelten Qualifikation (Wertqualifikation und Qualifikation des Diebstahls durch Einbruch)“ gegen das (gemeint:) Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) verstoßen soll, bleibt unerfindlich, übersteigt doch einerseits der Wert der gestohlenen Sachen die strafsatzbestimmende Wertgrenze des § 128 Abs 1 Z 5 StGB bei weitem (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 714; RIS‑Justiz RS0091058, RS0099961, RS0091126) und zählt andererseits (auch wechselseitig) die Erfüllung der vorgenannten (Wert‑)Qualifikation (§ 128 Abs 1 Z 5 StGB) nicht zu den Voraussetzungen der Qualifikation eines Diebstahls durch Einbruch im Sinn des § 129 Abs 1 Z 2 StGB (RIS‑Justiz RS0116020, RS0100027 [T3], RS0117057 [T1]).
[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
[12] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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