OGH 10Os76/85 (RS0090558)

OGH10Os76/8530.6.1986

Rechtssatz

Zur Verwirklichung des Tatbestands nach § 153 StGB ist in subjektiver Hinsicht - neben einem wenigstens bedingt auf Vermögensschädigung gerichteten Vorsatz - bezüglich des Befugnismissbrauchs durch den Machthaber Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB) erforderlich: Dieses Erfordernis gilt für jeden Täter, und zwar unabhängig von der Art seiner Tatbeteiligung, weil er ansonsten den Tatbestand auf der subjektiven Tatseite nicht verwirklicht. Bei der Untreue hängt aber außerdem das deliktstypische Unrecht der Tat davon ab, dass der zur Verfügung über fremdes Vermögen befugte Träger der daraus resultierenden besonderen Pflichtenstellung an der Tat - ohne sie unmittelbar ausführen zu müssen - in bestimmter Weise, und zwar vorsätzlich, mitwirkt; in solchen Fällen muss sich der tatbestandsmäßige Vorsatz eines anderen Tatbeteiligten, der selbst nicht in diesem speziellen persönlichen Pflicht-Verhältnis steht, auch auf den unrechtsbegründenden Vorsatz des Qualifizierten erstrecken. Beitragstäterschaft zur Untreue setzt demnach auf der subjektiven Tatseite voraus, dass der betreffende Täter einen vorsätzlichen Befugnismissbrauch durch den im besonderen Verpflichtungsverhältnis stehenden Mitwirkenden für gewiss hält.

Normen

StGB §12 Bc
StGB §14 Abs1 B
StGB §153

10 Os 76/85OGH30.06.1986

Veröff: EvBl 1987/37 S 151 = SSt 57/45 = RZ 1987/4 S 18 (kritisch Kienapfel) = RdW 1986,371

10 Os 146/86OGH28.04.1987

nur: Zur Verwirklichung des Tatbestands nach § 153 StGB ist in subjektiver Hinsicht - neben einem wenigstens bedingt auf Vermögensschädigung gerichteten Vorsatz - bezüglich des Befugnismissbrauchs durch den Machthaber Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB) erforderlich: Dieses Erfordernis gilt für jeden Täter, und zwar unabhängig von der Art seiner Tatbeteiligung, weil er ansonsten den Tatbestand auf der subjektiven Tatseite nicht verwirklicht. (T1)<br/>Beisatz: Hier zu § 302 StGB: Auch für den Bestimmungstäter, der gemäß § 1 Abs 1 StGB als Täter den Tatbestand auf der subjektiven Tatseite voll verwirklichen muss, gilt das primäre subjektive Tatbestandserfordernis eines Wissens vom zumindest objektiven Befugnismissbrauch durch den Beamten. Ein derartiges Wissen muss sich im Sinn des § 14 Abs 1 Satz 2 zweiter Fall StGB zudem auf den unrechtsbegründenden Vorsatz des Beamten erstrecken, wobei hier offenbleiben kann, wieweit dieses Wissen reichen muss (Anmerkung: nämlich ob es vorsätzliches oder wissentliches Handeln des Beamten umfassen muss). (T2)

9 Os 59/87OGH17.06.1987

Vgl auch; nur T1; Beisatz: Die jeweils deliktstypische Vorsatzart (hier: Absicht bei § 87 StGB) ist für jede Täterschaftsart erforderlich, demnach auf für strafbaren Tatbeitrag nach § 12, dritter Fall, StGB). (T3)

10 Os 166/86OGH07.07.1987

Vgl auch

15 Os 131/87OGH06.10.1987

Beisatz: Mit näherer Begründung und Bezugnahme auf die Kritik Kienapfels in RZ 1987,19 f). (T4) <br/>Veröff: JBl 1988,392 (Anmerkung Liebscher) = SSt 58/74 = RZ 1988/33 S 141

15 Os 34/89OGH01.08.1989

Vgl auch; Veröff: JBl 1990,331 = JBl 1990,468 (erratum)

14 Os 23/90OGH03.04.1990

Vgl auch; Beisatz: Zum Missbrauch der Amtsgewalt. (T5)

12 Os 104/90OGH24.10.1990

Vgl auch; Beisatz: Die Strafbarkeit des extranen, an der Untreue beteiligten Täters, dem die besondere Subjektqualität des § 153 StGB fehlt, setzt das Vorliegen der vom Gesetz bestimmten Vorsatzform in seiner Person voraus (§ 13 StGB). Er muss also wissen (§ 5 Abs 3 StGB), dass die Tathandlung, an der er mitwirkt, gegen das rechtliche Dürfen des unmittelbaren Täters im Rahmen dessen rechtlichen Könnens verstößt und der unmittelbare Täter selbst (zumindest) mit Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) handelte; ferner muss er in seinen Vorsatz aufgenommen haben, dass dieser Befugnismissbrauch des Machthabers einen Vermögensschaden des Machtgebers zur Folge hat. (T6)

12 Os 50/90OGH06.09.1990

Beis wie T6; Veröff: JBl 1991,532

16 Os 31/90OGH08.03.1991

nur: Beitragstäterschaft zur Untreue setzt demnach auf der subjektiven Tatseite voraus, dass der betreffende Täter einen vorsätzlichen Befugnismissbrauch durch den im besonderen Verpflichtungsverhältnis stehenden Mitwirkenden für gewiss hält. (T7)

3 Ob 503/92OGH25.03.1992

Auch; nur T1

11 Os 17/94OGH29.03.1994

nur T7

15 Os 124/96OGH05.09.1996

Vgl auch

12 Os 159/96OGH14.03.1997
14 Os 148/00OGH25.09.2001

Vgl auch; Beisatz: Beim Sonderdelikt der Untreue hängt das Unrecht der Tat zudem nach § 14 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StGB davon ab, dass der Qualifizierte in bestimmter Weise an der Tat beteiligt ist, indem er (wenigstens) vorsätzlich seine Befugnis missbraucht, weil (erst) dadurch das deliktstypische Unrecht der Untreue hergestellt wird. Ein Vorsatz des Intraneus auch hinsichtlich des durch seinen Missbrauch bewirkten Vermögensnachteils ist hingegen mit einem Missbrauch dem Wortsinn nach nicht notwendig verbunden und daher für die Haftung des entrannen Täters ohne Belang. (T8)

15 Os 16/02OGH25.04.2002

Auch; Beis wie T4; Beisatz: Nach gefestigter Rechtsprechung hängt bei der Untreue als unrechtsbezogenem Sonderdelikt das deliktsspezifische Unrecht der Tat jedes Täters (§ 12 StGB) davon ab, dass der Qualifizierte, also der zur Verfügung über fremdes Vermögen befugte Träger der daraus resultierenden besonderen Pflichtenstellung, daran - ohne die seinen Machtgeber schädigende Handlung selbst ausführen zu müssen - sonst "in bestimmter Weise", das heißt vorsätzlich, mitwirkt (§ 14 Abs 1 Satz zwei zweiter Fall StGB). Denn das der Untreue (ebenso wie das dem Missbrauch der Amtsgewalt) innewohnende Unrecht enthält auch eine subjektive Komponente: Missbrauch ist demnach - vom allgemeinen (§ 7 Abs 1 StGB) gleich wie vom spezifizierten (§§ 153, 302 StGB) Vorsatzerfordernis ganz unabhängig - sowohl sprachlich als auch nach seinem materiellen Gehalt, schon von der Wortbedeutung her, vorsätzlicher Fehlgebrauch (grundlegend SSt 58/74 = JBl 1988, 392). Die Strafbarkeit des Bestimmungstäters zur Untreue erfordert daher in seiner Person den zumindest bedingt vorsätzlichen (§ 5 Abs 1 StGB) Befugnismissbrauch durch den Qualifizierten. (T9)

13 Os 154/04OGH22.06.2005

Auch; Beisatz: Die bloße Prüfung einer Rechnung auf ihre inhaltliche Richtigkeit und deren Weiterleitung an das zur Auszahlung befugte Organ, welches - schuldlos - die Zahlung veranlasst, vermag noch keinen eigenen Befugnismissbrauch des Prüfenden zu begründen. Dazu bedürfte es zumindest der (allenfalls mit anderen gemeinsam zustehenden) Rechtsmacht, die Zahlstelle der den Täter bevollmächtigenden Firma zur Überweisung von Geldern zu verpflichten. Das Verhalten eines Extraneus, der einen unvorsätzlich handelnden Intraneus zum (solcherart schon sprachlich nicht möglichen) „Missbrauch" seiner Vertretungsmacht bestimmt, kann dem § 153 StGB nicht unterstellt werden; er haftet jedoch allenfalls wegen Betruges. (T10)

14 Os 96/05gOGH04.04.2006

Auch; Beis ähnlich wie T9; Beisatz: Das Unrecht des Sonderpflichtdelikts der Untreue nach § 153 StGB hängt allein davon ab, dass der unmittelbare Täter ein vorsätzliches Fehlverhalten an den Tag legt, also das spezifische Unrecht des § 153 StGB herstellt. „Bestimmung und Beitrag" zu einem objektiv pflichtwidrigen Gebrauch der Rechtsmacht eines nicht vorsätzlich handelnden Befugnisträgers könnte daher allenfalls als Betrug, nicht aber als Untreue qualifiziert werden. (T11)

13 Os 29/08aOGH27.08.2008

Auch; Beisatz: Das Wissen des Beitragstäters muss sich auf den vorsätzlichen Fehlgebrauch (= Missbrauch) des Intraneus erstrecken, um Strafbarkeit des Beitragstäters zu bewirken. Nicht nach § 302 Abs 1 StGB ist als Bestimmungstäter strafbar, wer auf gutgläubige Befugnisausübung durch einen (über die wahre Sachlage getäuschten) Beamten hinwirkt. (T12)

15 Os 1/13fOGH22.05.2013

Auch; nur T1

13 Os 142/14bOGH25.11.2015

Auch

11 Os 11/17bOGH25.04.2017

Auch; Beisatz: Mitwirkung an einem (allenfalls objektiv) pflichtwidrigen Gebrauch einer Rechtsmacht durch (selbst) vorsatzlos handelnde Befugnisträger kommt als strafbare Beteiligung (§ 12 dritter Fall StGB) an einer Untreue nach § 153 StGB nicht in Betracht. (T13)

11 Os 7/17iOGH30.05.2017

Auch; Beis wie T8; Beis wie T9; Beis wie T10; Beis wie T11

11 Os 126/16pOGH04.07.2017

Auch; Beis wie T8; Beis wie T9; Beis wie T10; Beis wie T11; Beis wie T13

12 Os 12/18hOGH19.04.2018

Auch; Beis wie T8; Beis wie T9; Beis wie T10; Beis wie T11

Dokumentnummer

JJR_19860630_OGH0002_0100OS00076_8500000_001

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