OGH 12Os104/90

OGH12Os104/9024.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Oktober 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Siegl als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Friedrich N*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Walter N*** und Friedrich N*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3.März 1989, GZ 12 c Vr 9122/88-42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Walter N*** und Friedrich N*** betreffenden Schuld- und Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden diese beiden Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden neben ihrem Vater Dr. Friedrich N*** auch die Brüder Walter N***, geboren am 30. August 1947, und Friedrich N***, geboren am 23.Dezember 1945, des Verbrechens der Untreue als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Darnach haben sie in Wien und anderen Orten Österreichs wissentlich zu den strafbaren Handlungen des abgesondert verfolgten Dr. Kurt R***, der von Anfang 1979 bis 31.Dezember 1980 als Mitglied des Vorstandes und sodann als Vorsitzender des Vorstandes der V*** D*** Ö*** B*** Versicherungsaktiengesellschaft (kurz: V***) die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, dadurch wissentlich mißbrauchte, daß er fingierte Schadensakten anlegen ließ und ohne Rechtsgrund die Auszahlung von Entschädigungszahlungen veranlaßte, wodurch dem von ihm geleiteten Unternehmen ein entsprechender Schaden zugefügt wurde, beigetragen, und zwar

1. dadurch, daß sie mit dem damaligen Landesdirektor für die Steiermark der V***, Erich K***, der die direkten Verhandlungen mit Dr. Kurt R*** führte, die geplante Vorgangsweise koordinierten, sich mit der Zuwendung von Geldbeträgen über fingierte Schäden betreffend die Feuerversicherungspolizze der Gebrüder N*** O*** einverstanden erklärten und die am 16.Jänner 1980 und am 25. Jänner 1980 auf ein Sparbuch überwiesenen Beträge von 999.200 S und 998.800 S im Jänner und Februar 1980 teils in Form einer Überweisung auf das Firmenkonto, teils durch Übernahme des Sparbuches in Empfang nahmen und für eigene Interessen verwendeten, und

2. gemeinsam mit ihrem Vater Dr. Friedrich N***, der mit Dr. Kurt R*** die direkten Verhandlungen führte, (und der den gegen ihn gefällten Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ließ) dadurch, daß sie sich mit der Zuwendung von Geldbeträgen über fingierte Schäden betreffend die Feuerversicherungspolizze der Gebrüder N*** OHG einverstanden erklärten, Walter N*** Sparbücher eröffnete, die auf diese in drei Teilbeträgen am 31.August 1981, 14. Dezember 1981 und 15.April 1982 insgesamt überwiesenen 2,968.200 S knapp nach den Überweisungen behob und er und Friedrich N*** gemeinsam dieses Geld für eigene Interessen verwendeten. Dieses Urteil fechten Walter und Friedrich N*** mit (gemeinsam ausgeführten) auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden und mit Berufungen gegen den Strafausspruch an.

Rechtliche Beurteilung

Da die objektiven Geldflüsse zweifelsfrei geklärt und auch im Rechtsmittelverfahren unbestritten sind, konzentriert sich die Anfechtung und die Entscheidung auf die Beurteilung der subjektiven Tatseite. Setzt doch die Strafbarkeit des extranen, an der Untreue beteiligten Täters, dem die besondere Subjektqualität des § 153 StGB fehlt, das Vorliegen der vom Gesetz bestimmten Vorsatzform in seiner Person voraus (§ 13 StGB). Er muß also wissen (§ 5 Abs. 3 StGB), daß die Tathandlung, an der er mitwirkt, gegen das rechtliche Dürfen des unmittelbaren Täters (Dr. R***) im Rahmen seines rechtlichen Könnens verstößt und der unmittelbare Täter selbst (zumindest) mit Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) handelte; ferner muß er in seinen Vorsatz aufgenommen haben, daß dieser Befugnismißbrauch des Machthabers einen Vermögensschaden des Machtgebers zur Folge hat. Hiezu führt das Schöffengericht aus, daß die Brüder N*** ab dem Sommer 1979 parallel zu den Bemühungen, den schwer defizitären R***-H*** an die V*** zu verkaufen, darangingen, das Haus in Schladming, in dem sie eine Kaffeekonditorei betrieben, anzukaufen. Da sie den benötigten Kaufpreis von 3,4 Millionen S auf dem damals teuren Kapitalmarkt nicht aufbringen konnten, verständigten sie den ihnen bekannten Landesdirektor der V***, Erich K***, der Dr. Kurt R*** unverblümt aufforderte, den Brüdern wenigstens durch die bereits seit Juni 1978 praktizierte Methode der fingierten Schadensfälle Geld zukommen zu lassen. Der Vorschlag Dr. R***, die Zuwendung in einer Größenordnung von 2 Millionen S anzusetzen, wurde von den Brüdern akzeptiert. Die ihnen durch Erich K*** eröffnete Möglichkeit führte auch tatsächlich zum Ankauf dieses Hauses, wofür aber auch bei der Z*** und K*** ein auf dem

angekauften Grundstück hypothekarisch sichergestellter Kredit von 2 Millionen S aufgenommen wurde. Die Realisierung dieses Planes geschah derart, daß bei einer Zweiganstalt der

C***-B*** in Graz am 14.Jänner 1980 ein Überbringersparbuch mit 100 S Einlage eröffnet wurde. Die Sparbuchnummer wurde Dr. R*** durch Erich K***, der die Eröffnung des Sparkontos selbst vorgenommen haben dürfte, telephonisch mitgeteilt. Dr. R*** veranlaßte hierauf zur Feuerversicherungspolizze der Gebrüder N*** OHG die Anlage von zwei Schadensakten und die Herstellung zweier inhaltlich unrichtiger Schadensmeldungen, in denen mit den Schadensdaten 7.Jänner und 14. Jänner 1980 anspruchsbegründende Ereignisse behauptet wurden, die sich in Wahrheit nicht zugetragen hatten. Unter Verwendung dieser beiden Schadensakten veranlaßte Dr. R*** die Überweisung der beiden im Spruch genannten Beträge zugunsten des zitierten Sparkontos. Von diesem wurden die Gelder am 25.Jänner 1980 und am 4.Februar 1980 abdisponiert. Bargeld und Überbringersparbuch erhielten Walter und Friedrich N*** durch Erich K***, wodurch sie in die Lage versetzt waren, den aufgenommenen Kredit bei der Z*** U*** K*** abzudecken. Nach der Überzeugung des Schöffengerichtes wußten Walter und Friedrich N*** bei der Erörterung der Zuwendungen mit Erich K*** und beim Empfang der Gelder, daß die Freisetzung in der Form von Entschädigungszahlungen erfolgte, die der Feuerversicherer der Gebrüder N*** OHG auf Grund fingierter Schadensereignisse leistete. Sie wußten von Anfang an, daß weder Erich K*** noch Dr. R*** berechtigt und befugt waren, eine ihnen rechtlich nicht zustehende Unterstützung auf diesem Weg zu Lasten der V*** zu gewähren. Sie wußten auch, daß Erich K*** und Dr. R*** dieser Umstand bewußt war, wobei ihnen auch klar war, daß die V*** durch die Zuwendungen entsprechende Schäden erlitt. Dennoch wollten sie an den Taten mitwirken, da sie für sich Vermögensvermehrungen anstrebten, obwohl sie auf diese keinen Anspruch hatten (S 16 bis 19/III).

Diese Feststellungen zur subjektiven Tatseite stützt das Gericht auf einen "fast zwingenden Schluß" aus dem beweiswürdigend erläuterten "Gesamtverhalten der Angeklagten" (S 26 bis 35/III). Die verschleiernde Vorgangsweise hinsichtlich der Herkunft der für den Erwerb des Hauses aufgewendeten Mittel, der Abschluß eines Kaufvertrages in einer Nacht- und Nebelaktion, die Verheimlichung des Betrages selbst gegenüber dem Steuerberater, die offensichtlich nicht ernst gemeinte Betreibung eines Verkaufes des R***-H*** und die Vermeidung jedes direkten Kontaktes mit Dr. R*** seien nach Meinung des Schöffengerichtes "realistisch gesehen gewichtige Indizien für das Wissen der beiden Angeklagten um die strafbare Herkunft des gegenleistungslos erhaltenen Geldes und auch (für) das Wissen um den wissentlichen und gewollten Befugnismißbrauch Dr. R***". Die Aussage Dr. R***, daß Dr. Friedrich N*** ein Jahr später bei seinen Verhandlungen von der Herkunft dieser zwei Millionen Bescheid gewußt habe, sei glaubwürdig und diese Äußerung könne unmöglich von Dr. R*** frei erfunden oder mißverstanden worden sein. Diese spätere Kenntnis Dr. Friedrich N*** von der Herkunft der ersten Gelder weise auf die Kenntnis derjenigen hin, die diese Kenntnis vermittelt haben müssen (S 35 bis 36/III). Damit bezieht sich das Schöffengericht auf seine Urteilsannahme, Dr. Friedrich N*** "dürfte" durch seine Söhne von dieser Transaktion anläßlich des Hausankaufes später erfahren haben (S 18, 19/III).

Demgemäß wird auch zu den Urteilsfakten 2 die Feststellung getroffen, daß Dr. Friedrich N***, nachdem er durch eine Vorsprache bei Ministerialrat Dr. D*** im Bundesministerium für Finanzen am 29.Juni 1981 sich darüber Klarheit verschafft hatte, daß die V*** den R***-H*** nicht ankaufen konnte, und durch den Steuerberater Dr. K*** von der tristen finanziellen Situation der Gesellschaft Kenntnis erlangt hatte, um einen neuerlichen Gesprächsstermin bei Dr. R*** ansuchte. Am 4.August 1981 kam es in Bad-Gleichenberg zu einem Treffen zwischen Dr. R*** und Dr. N***, bei welchem letzterer den Generaldirektor ersuchte, das Familienunternehmen wenigstens finanziell zu unterstützen, wie er es bereits einmal getan habe. Dr. R*** war einverstanden und einigte sich mit Dr. Friedrich N*** darauf, daß er in drei Raten unter Verwendung der Versicherungspolizze der Firma Gebrüder N*** O*** insgesamt drei Millionen S als Unterstützung zukommen lassen werde. Die Unterstützungen sollten im Wege fingierter Schadensfälle erfolgen und als Entschädigungszahlungen für scheinbar anspruchsbegründende Schadensereignisse deklariert werden. Dr. R*** erläuterte Dr. N***, daß Überbringersparbücher angelegt und ihm die Kontonummern bekanntgegeben werden müßten, damit er die Überweisungen veranlassen könne. Dr. Friedrich N*** informierte in der Folge seine Söhne Walter und Friedrich, besprach die weitere Vorgangsweise und betrachtete seine Mission als beendet. Tatsächlich eröffnete Walter N*** in der Folge Überbringersparbücher bei einer Filiale der C***-B*** in Wien, auf welches

Konto am 31.August 1981 997.500 S überwiesen und von Walter N*** am 8.Oktober und 3.November 1981 abgehoben wurden. Am 13. November 1981 eröffnete Walter N*** zwei Sparkonten bei der Filiale in Salzburg-Getreidegasse, auf welche Konten am 11. Dezember 1981 994.300 S und am 15.April 1982 976.400 S überwiesen und jeweils kurz darauf von Walter N*** abgehoben wurden. Diese Gelder wurden von beiden Brüdern teilweise auch für private Zwecke verwendet.

Nach der Überzeugung des Schöffengerichtes wußten auch in diesem Fall während der gesamten Planung, Organisation und Verwirklichung der Geldbeschaffung Dr. Friedrich N*** und seine Söhne Walter und Friedrich N***, "daß Dr. R*** weder berechtigt noch befugt war, ihnen Geld für ihre privaten Probleme im Wege fingierter Schadensereignisse zu Lasten des Unternehmens zur Verfügung zu stellen. Sie wußten auch, daß Dr. R*** dieser Umstand bewußt war, wobei ihnen auch klar war, daß die V*** durch diese Zuwendungen entsprechende Schäden erlitt." Sie wollten aber auf die ihnen nicht zustehenden Gelder nicht verzichten (S 45 bis 48/III). Die Verantwortung der beiden Nichtigkeitswerber, keine Ahnung davon gehabt zu haben, daß die Beträge über fingierte Schadensakten freigesetzt wurden, hielt das Schöffengericht für "leicht widerlegbar", weil es unwahrscheinlich sei, daß Dr. N*** seine Söhne über die tatsächlichen Gegebenheiten nicht informiert haben soll. Das Erstgericht argumentiert auch weiters damit, daß bei der gewählten Vorgangsweise eine Information gar "nicht sonderlich erforderlich gewesen" wäre, da die Vorgänge als solche an sich schon als "ein faktisches Eingeständnis der subjektiven Tatseite" zu betrachten seien. "Die verschleiernde Vorgangsweise, die Anlegung von Sparbüchern außerhalb des vorgegebenen Bestimmungsortes sowie die Verwendung der Gelder für private Zwecke, da sie nicht in der Buchhaltung aufscheinen sollten, seien Vorgangsweisen, die gar nicht anders deutbar sind, als mit genauer Kenntnis der tatsächlichen Umstände und ihrer entsprechenden Vereinbarung." Es sei in diesem Zusammenhang auf die Beurteilung der subjektiven Tatseite zur Faktengruppe 1 zu verweisen, welche Überlegungen auch hier (bei den Fakten 2) gelten. Die in diesem Zusammenhang schlüssigen Aussagen Dr. R*** ließen das Wissen um den wissentlichen Befugnismißbrauch noch deutlicher erkennen. Gehe man aber von dem Wissen der Angeklagten über den Befugnismißbrauch aus, so verstünden sich die weiteren Feststellungen zum Schädigungsvorsatz von selbst (S 49 bis 50/III).

Den - teilweise unter verschiedenen Nichtigkeitsgründen wiederholten und vermengt dargestellten - Einwänden der Brüder N***, diese (zusammenfassend wiedergegebenen) Urteilsgründe seien mangelhaft (Z 5) und in mehreren Punkten nicht überzeugend (Z 5 a), kann zumindest im nachfolgend angeführten Umfang nicht entgegengetreten werden.

Vorweg muß festgehalten werden, daß sich die Anklage gegen Walter und Friedrich N*** im Unterschied zu vielen anderen Fällen, in denen Dr. R*** mißbräuchlich Gelder zum Nachteil der V*** ausschüttete, weder darauf stützen kann, daß die Nutznießer mit Dr. R*** selbst verhandelt haben, noch daß sie Insider-Kenntnisse über die Gestion und die Möglichkeiten einer Versicherung, ihre Kunden finanziell zu unterstützen, hatten, noch an der Anlegung fingierter Schadensakten mitwirkten, noch konkrete Beweise dafür vorliegen, daß die handelnden Personen (K*** bzw Dr. Friedrich N***) die Brüder Walter und Friedrich N*** über die Hintergründe des ihnen zugute gekommenen Geldflusses genau informiert haben. Gewiß darf nicht außer acht gelassen werden, daß dem wirtschaftlichen Nutznießer von Untreuehandlungen im Regelfall (auch ohne sein Geständnis) schon dann auf Grund des tatbedingten Vermögenszuflusses allein Wissen um den Befugnismißbrauch anzulasten sein wird, wenn er um die fehlende Anspruchsgrundlage seiner Vermögensvermehrung und um die fehlende Berechtigung des Machthabers weiß, das vertretene Fremdvermögen zu verschenken. Bei Erwiesenheit dieses Wissens tritt die Frage der Kenntnis der näheren Modalitäten des widerrechtlichen Vermögenstransfers in den Hintergrund. Zumindest in diesem Umfang müssen also mängelfreie Feststellungen vorliegen.

Im vorliegenden Fall geht aber das Urteil davon aus, daß bei den

Zuwendungen im Jänner und Februar 1980 (Fakten 1) die Verhandlungen

mit Dr. R*** über die kriminelle Vorgangsweise allein Erich K***

führte (S 37/III: " ... daß Dr. R*** seine Absprachen lediglich mit

Erich K*** getroffen hat, ... konnte eindeutig und

unmißverständlich herausgearbeitet werden ..."), der später auch

persönlich das Bargeld bzw das Sparbuch zur Verfügung stellte

(S 28/III: " ... die umständliche und den Geldfluß verschleiernde

Realisierung der Beträge ... ist sicher kein Werk der Brüder

N*** ..."). Es ist der Mängelrüge (Z 5) zuzugeben, daß ein entscheidender Widerspruch in der Argumentation des Erstgerichtes zu sehen ist, wenn es einerseits ausdrücklich konstatiert, daß K*** die Brüder N*** über den (von ihm aus Prestigegründen initiierten) geplanten Verkauf ihres Hotels nur "oberflächlich und optimistisch" informiert habe (S 16/III), es aber andererseits im Rahmen der Beweiswürdigung davon ausgeht, daß ein Ankauf des Hotels durch die V*** (auch für die Brüder N***) aussichtslos war, sodaß K*** ihre Unterstützung nur über fingierte Schadensliquidierungen bewerkstelligen konnte und es daher völlig unglaubwürdig sei, daß K*** in der damaligen Situation den Brüdern eingeredet haben soll, der Kauf ihres Unternehmens durch die V*** stehe vor der Tür (S 33/III).

Diese Tatsache ist aber für die Verantwortung der beiden Angeklagten, sie haben das Geld als persönliche Einlage des Erich K*** betrachtet, die nach Ankauf des Hotels durch die V*** zurückzuerstatten gewesen wäre, von entscheidender Bedeutung. Im übrigen geht diese Urteilspassage an der unbestrittenen Tatsache vorbei, daß Dr. R*** den Ankauf des Hotels, wenn schon nicht durch die V*** selbst, so doch durch eine Tochtergesellschaft (vgl S 14/III), jedenfalls noch im Jahr 1981 als möglich dargestellt hatte, um Dr. Friedrich N*** nicht die Wahrheit, daß nämlich der Ankauf versicherungsintern nicht durchzubringen sein wird, sagen zu müssen (S 45/III).

Die Beschwerde ist aber auch im Recht, wenn sie darauf verweist, daß für die Feststellung, die Brüder N*** hätten den Vorschlag Dr. R***S, die zwei Millionen über die seit 1978 praktizierte Methode der fingierten Schadensfälle zukommen zu lassen, akzeptiert (S 17/III), jedwede konkrete Begründung fehlt. Es gibt nicht einmal ein Beweisergebnis, wonach die Rechtsmittelwerber damals wußten, daß es sich um Gelder der V*** handelte (abermals S 28/III). Die These der Tatrichter, daß die Vermeidung jedweden Kontaktes mit Dr. R*** ein gewichtiges Indiz für das Wissen der Angeklagten sei, ist eine Scheinbegründung, weil nirgends ersichtlich ist, daß die Brüder einen persönlichen Zugang zu Dr. R*** gehabt hätten, den es zu vermeiden galt. In diesem Zusammenhang hätte allenfalls eine Überprüfung der Vorgangsweise bei der jeweiligen Abhebung von den anonymen Sparkonten Hinweise bringen können; wenn nämlich bei dieser Gelegenheit Belege ausgefolgt worden sein sollten, auf denen nach den üblichen Vorgangsweisen jedenfalls als Überweisungsgrund das Wort "Schaden" (oder ähnliches) aufgeschienen wäre, könnte dies ein Indiz für das Wissen der Angeklagten um die mißbräuchliche Herkunft der Gelder sein. Das weitere zur Begründung der subjektiven Tatseite herangezogene Argument, die Einlage von zwei Millionen sei vor dem Steuerberater verheimlicht worden, stimmt mit dessen Darstellung jedenfalls nicht überein, weil ihm von der Beteiligung Mitteilung gemacht wurde, seiner (später auch von der Finanzverwaltung geteilten) Meinung nach diese Zuwendungen steuerrechtlich aber nicht in die Buchhaltung Eingang finden mußten, weil das Haus privat angekauft wurde (S 359/IV und S 247 f, 280/II). Bleibt als gewichtiges Argument, nach den Aussagen Dris. R*** (S 425 ff/II) müsse Dr. N*** im Sommer 1981 gewußt haben, daß die ersten Zahlungen im Jahr 1980 über fingierte Schadensfälle ausbezahlt wurden, was auf die Kenntnis derjenigen hinweise, "die die Kenntnis vermittelt haben müssen" (S 36/III). Abgesehen davon, daß hier im Urteil nicht einmal deutlich gesagt wird, wer die Wissenden waren, handelt es sich um einen Zirkelschluß, dessen mangelnde Tragfähigkeit auch an anderer Stelle bezeichnenderweise durch die Verwendung des Wortes "dürfte" (S 18 unten/III) zum Ausdruck kommt. In Wahrheit läßt das Wissen Dr. N***S im Sommer 1981 nach dem Akteninhalt überhaupt keinen verläßlichen Schluß auf das Wissen seiner Söhne im Jänner 1980 zu. Daß ein Spitzenpolitiker und Aufsichtsratsmitglied der V*** ("als Insider in der B***"; so etwa Dr. R*** S 426/II) seine Kenntnisse auch aus anderen Quellen als aus Erzählungen seiner mit ihm ohnehin nur sporadisch verkehrenden (S 11/III) Söhne beziehen kann, liegt auf der Hand. Da bei den verschiedenen Besprechungen über den allfälligen Ankauf des R***-H*** und der erforderlichen Hilfe an die Familie N*** neben Erich K*** und Dr. R*** wohl auch andere Personen (Dr. K***, Dr. F***, Dr. K***), niemals aber die beiden Nichtigkeitswerber zugegen waren, gibt es für die Urteilsannahme, die Brüder N*** hätten schon bei Entgegennahme der ersten Geldzuwendungen (Fakten 1) um den Befugnismißbrauch gewußt und dies später möglicherweise (verbo: dürfte; S 18/III) auch ihrem Vater mitgeteilt, bisher tatsächlich keine Beweisgrundlage. Ähnlich verhält es sich aber auch mit den diesbezüglichen Urteilsannahmen zur Faktengruppe 2, weil auch für die Feststellung, daß Dr. Friedrich N*** in der Folge seine Söhne (über alle Hintergründe) informierte (S 47/III), im Akt keine Stütze zu finden ist und die nicht weiter begründete Würdigung, es sei unwahrscheinlich, daß Dr. N*** seine Söhne nicht in Kenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten gesetzt hätte (S 49/III), auf eine Familienhaftung hinausliefe, die für sich allein wohl keine tragfähige Begründung für einen Schuldspruch sein kann. Dessen ist sich offensichtlich auch das Erstgericht bewußt, wenn es in diesem Zusammenhang letztlich auch wieder nur auf die verschleiernde Vorgangsweise bei der Anlegung der Sparbücher und der Abhebung der Beträge, sowie auf seine Feststellungen zu den Fakten 1 verweist (S 49/III). Der Hinweis auf schlüssige Aussagen des Dr. R*** (S 395, 396/II) stellt sich auch nicht als einwandfreie Beweisgrundlage dar, weil auch Dr. R***, der ja wiederholt hinters Licht geführt wurde, Mißverständnissen unterlag und irrte (S 21, 36, 37, 38, 40, 43/III), nur seine persönliche Meinung äußert, die Brüder N*** müßten auf Grund ihrer Bekanntschaft mit Erich K*** doch informiert gewesen sein, ohne dabei zu bedenken, daß damit Erich K***, der ja das Wohlwollen des Landeshauptmannes erhalten wollte, sich unnötigerweise vor dessen Söhnen belastet hätte.

Zusammenfassend ist den Nichtigkeitsbeschwerden jedenfalls einzuräumen, daß der Schlüssel für die Beurteilung dieser (sicherlich mit guten Gründen erhobenen) Anklagevorwürfe gegen Walter und Friedrich N*** in der Person des verstorbenen Erich K*** zu suchen ist, der in dieser Sache nicht mehr vernommen werden konnte, dessen Persönlichkeit aber im Lichte der Ergebnisse der seither durchgeführten Verfahren doch kritisch zu beurteilen ist. Dies tut auch das Erstgericht im vorliegenden Urteil, indem es Erich K*** durchaus zumutet, in der fraglichen Zeit (wegen "dringender Zahlungen"; S 19/III) in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen zu sein und daher auch eigene Interessen verfolgt zu haben (S 38/III). Aus dieser Sicht ergeben sich bei genauem Studium der Akten und Rekonstruktion der wirtschaftlichen Situation K***S, wie sie sich auch aus dem Verlassenschaftsakt ergibt, aber doch erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen (Z 5 a) über die Kenntnis der Hintergründe der Auszahlung von zwei Millionen S der Brüder N*** zur Tatzeit Anfang 1980 (Fakten 1). Es wäre nämlich durchaus möglich und mit dem von mehreren Zeugen gezeichneten Persönlichkeitsbild des Erich K*** - der ja in konsequenter Interpretation des Ersturteils nicht davor zurückschreckte, die Hofräte Dr. F*** und Dr. K*** dem (über die vermeintliche Erpressung verständlicherweise verärgerten) Dr. R*** gegenüber fälschlich als Erpresser "von einer kaum überbietbaren Unverschämtheit" (S 38, 39/III) hinzustellen und der es verstand, unter Hintergehung Dr. R***S (S 21/III) zumindest einen Teil des erpreßten Geldes über Dr. K*** schon vorweg (!) über ein Darlehen wirtschaftlich an sich zu bringen - vereinbar, daß dieser Dr. R*** gegenüber - wie er es eben auch im Falle Dr. K*** tat - die Unterstützung der Brüder N*** dazu benützt haben könnte, um sich letztlich selbst zu bereichern: Indem er nämlich die über von ihm inszenierte Schadensfälle von der V*** überwiesenen Gelder den Brüdern N*** mit der Auflage zur Verfügung stellte, daß diese - im Falle des erwarteten Ankaufs des R***-H*** durch die V*** - die Einlage an ihn zurückzuzahlen hätten, wäre der letztlich bei ihm mündende Geldfluß vollkommen in dieser letzten Konsequenz weitestgehend verschleiert worden. In einem solchen Fall wäre es aber - so erörterungs- und aufklärungsbedürftig das Vorgehen auch sein mag (siehe dazu S 29, 32/III) - auch durchaus vernünftig (und keineswegs absurd), wenn keine schriftlichen Abmachungen über Rückzahlung oder Verzinsung getroffen wurden.

Wenngleich sich die Konstellation bei der Faktengruppe 2 anders darstellt, weil hier Walter N*** die Sparkonten selbst eröffnete und nach Realisierung des Guthabens wieder auflöste, bieten die ersten Reaktionen nach Aufdeckung (siehe hiezu S 283 bis 291/IV) auch keine Anhaltspunkte für ein Wissen um die Auszahlung der Gelder im Wege fingierter Schadensfälle, weil sich die beiden Brüder damals gerade gegen den Vorwurf, Betrüger zu sein, damals vehement wehrten (vgl hiezu die Zeugenaussage Dr. K*** S 635 ff/IV, 283 ff/II). Walter N*** gab zwar auch die Nummern der Sparkonten telefonisch an Dr. R*** bzw an dessen Mitarbeiter Gerhard N*** (dem im übrigen im Urteil ON 698 im Hauptakt zugestanden wurde, trotz unmittelbarer Befassung mit der Fingierung von Schadensfällen und darauf beruhender Geldausschüttungen den Befugnismißbrauch nicht durchschaut zu haben !) weiter, doch liegt auch in diesem Zusammenhang kein Beweisergebnis vor, wonach Walter N*** bei dieser Gelegenheit erfahren hätte, daß es sich um Auszahlungen über fingierte Schadensfälle handelt. Hat doch das Schöffengericht bei einem ähnlichen manipulativen Vorgang eine Kenntnis des Dr. K*** von einem dem Geldempfang zugrundeliegenden Befugnismißbrauch glattweg negiert (S 25, 26/III). Da aber das Erstgericht seine beweiswürdigenden Erörterungen zu den Faktengruppen 1 und 2 voneinander abhängig machte, ist eine Trennung der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden ohnehin nicht möglich (§ 289 StPO), sodaß wegen der aufgezeigten Begründungsmängel und erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit einzelner entscheidungswesentlicher Tatsachenfeststellungen eine Erneuerung des gesamten, die beiden Nichtigkeitswerber Walter und Friedrich N*** betreffenden Verfahrens unumgänglich scheint. Es erübrigte sich daher, auf die zahlreichen anderen Einwände gegen die Urteilsbegründung noch näher einzugehen.

Aus den dargelegten Gründen sah sich der Oberste Gerichtshof sohin - abweichend von der Antragstellung der Generalprokuratur - veranlaßt, den die Brüder Friedrich und Walter N*** betreffenden Teil des Urteils schon in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben (§ 285 e StPO) und die Neudurchführung der Hauptverhandlung in erster Instanz anzuordnen.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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