OGH 16Os31/90

OGH16Os31/908.3.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.März 1991 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden sowie durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Kießwetter und Hon.Prof. Dr. Steininger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hofer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Sylvia S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 (zweiter Fall) StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter P***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19.Juni 1990, GZ 12 c Vr 8800/89-67, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Peter P***** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Sylvia S***** (zu A/) des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB sowie (zu B/) des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB und Peter P***** (zu C/) des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12 (dritter Fall), 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB schuldig erkannt, während Friedrich J***** von der wider ihn wegen Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12 (dritter Fall), 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen wurde.

Der Angeklagten Sylvia S***** liegt als Verbrechen der Untreue (Punkt B/ des Urteilsspruchs) zur Last, die ihr als Transportsachbearbeiterin der Firma P***** GmbH durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich mißbraucht und dadurch dem genannten Unternehmen einen 500.000 S übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt zu haben, indem sie

(zu B/I) am 9.Juli 1985 in den im Urteilsspruch im einzelnen bezeichneten 4 Fällen veranlaßte, daß Rückzahlungen der Firma A***** AG an die Firma P***** GmbH nicht an das letztgenannte Unternehmen, sondern an die Speditionsfirma Peter Heinz P***** geleistet, von dort auf ein ihr von Friedrich J***** zur Verfügung gestelltes Konto und schließlich von diesem auf ihr bei der R*****-BANK Wien bestehendes Konto Nr 04.223.244 überwiesen wurden; Gesamtschaden 2,304.147 S;

(zu B/II) in der Zeit vom 30.April 1985 bis zum 9.Dezember 1986 in den im Urteilsspruch im einzelnen bezeichneten 23 Fällen die Richtigkeit der angeführten, ihr von der Speditionsfirma Peter Heinz P***** übermittelten Rechnungen über Handlingskosten bestätigte (und dadurch bewirkte, daß die Rechnungsbeträge seitens der Buchhaltung der Firma P***** GmbH der Firma Peter Heinz P***** zur Zahlung angewiesen wurden), obwohl die Firma Peter Heinz P***** in den diesen fingierten Rechnungen zugrunde liegenden Geschäftsfällen nicht vertraglich eingebunden war und die die einzelnen Speditionen durchführenden Unternehmen die Handlingskosten der Firma P***** GmbH teilweise bereits fakturiert, teilweise jedoch überhaupt nicht in Rechnung gestellt hatten; Gesamtschaden 2,820.272 S;

(zu B/III) am 19.September 1985 die Richtigkeit einer von der Speditionsfirma Peter Heinz P***** der Firma P***** GmbH vorgelegten Rechnung über tatsächlich nicht geleistete Übersiedlungskosten in der Höhe von 32.400 S bestätigte (und dadurch bewirkte, daß dieser Betrag seitens der Buchhaltung der Firma P***** GmbH an die Firma Peter Heinz P***** überwiesen wurde); Schaden 32.400 S.

Dem Angeklagten Peter P***** wird (zu C/) angelastet, zur Ausführung der unter B/ des Urteilsspruchs bezeichneten, von Sylvia S***** begangenen strafbaren Handlungen dadurch beigetragen zu haben, daß er

(zu C/1) die unter B/I im einzelnen angeführten Geldbeträge (in der Höhe von insgesamt 2,304.147 S) nach Einbehalt einer Provision auf das der Sylvia S***** von Friedrich J***** zur Verfügung gestellte Konto überwies;

(zu C/2) zu den unter B/II und B/III im einzelnen angeführten Geldbeträgen (in der Höhe von insgesamt 2,820.272 S und von 32.400 S) entsprechende Rechnungen fingierte und diese an die Firma P***** GmbH zwecks Überweisung der Fakturenbeträge übermittelte.

Während die Verurteilung der Angeklagten Sylvia S***** und der Freispruch des Angeklagten Friedrich J***** in Rechtskraft erwachsen sind, bekämpft der Angeklagte Peter P***** den gegen ihn ergangenen Schuldspruch mit einer auf die Gründe der Z 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Der eine Unvollständigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen reklamierenden Mängelrüge (Z 5) ist vorweg (global) zu erwidern, daß das Gericht die Urteilsgründe in gedrängter Darstellung abzufassen hat (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) und demnach nicht verpflichtet ist, alle Umstände, die das Beweisverfahren erbracht hat, im einzelnen wiederzugeben und zu erörtern; es genügt vielmehr, wenn es die entscheidenden Tatsachen bezeichnet, die es als erwiesen annimmt, und die Gründe anführt, die zur Überzeugung ihrer Richtigkeit geführt haben

(vgl Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr 104 zu § 270). Diesem Gebot hat das Erstgericht aber in durchaus hinreichendem Maße entsprochen, indem es zur Begründung des als erwiesen angenommenen Wissens des Beschwerdeführers um den (wissentlichen) Befugnismißbrauch der als unmittelbare Täterin agierenden Mitangeklagten S***** in Ansehung aller unter B/ des Urteilsspruchs angeführten Tathandlungen und des (gleichermaßen) als erwiesen angenommenen Vorsatzes auf die daraus resultierende Schädigung des Vermögens der Firma P***** GmbH zum einen sich auf die als glaubwürdig beurteilten, den Beschwerdeführer belastenden Angaben der Angeklagten S***** in der Hauptverhandlung bezog und zum anderen eine Reihe weiterer, diese belastenden Angaben objektiv stützende Verfahrensergebnisse anführte (US 22 ff).

Die Angeklagte S***** hat in der Hauptverhandlung (auch) zu jener Passage ihrer Angaben vor der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland (S 75/Bd I), deren Erörterung die Beschwerde vermißt, Stellung genommen (S 51/Bd V); indem sich das Schöffengericht im Urteil (insgesamt) auf die den Beschwerdeführer betreffenden Bekundungen der Angeklagten S***** in der Hauptverhandlung bezog, bedurfte es keiner gesonderten Erörterung dieser Passage in den Urteilsgründen. Hat es doch bei der Würdigung der Angaben der genannten Angeklagten solcherart auch diese Passage in den Kreis seiner beweiswürdigenden Erwägungen (mit-)einbezogen.

Mit jenen von der Beschwerde ins Treffen geführten (echten) Rechnungen der Firma A***** AG hinwieder, die betragsmäßig mit den ersten vier im Urteilsspruch unter B/II angeführten fingierten Rechnungen über Handlingskosten (Beilagen 61 bis 64 in ON 43) übereinstimmen, hat sich das Gericht im Urteil ohnedies befaßt (US 14), wobei es darauf hinwies, daß die Übermittlung dieser Rechnungen an die Speditionsfirma des Beschwerdeführers über Ersuchen der Angeklagten S***** erfolgte, und daß sich aus diesen (echten) Rechnungen ergibt, daß die (vom Beschwerdeführer fingiert in Rechnung gestellten) Handlingskosten bereits von der Firma A***** AG via Firma P***** der Firma P***** GmbH in Rechnung gestellt und von letzterer in der Folge auch bezahlt worden waren (US 21). Von einem stillschweigenden Übergehen dieser Rechnungen kann somit keine Rede sein.

Die Rechnung der Firma H***** Nr 300720 über 50.284,76 S korrespondiert - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht mit der im Urteilsspruch unter B/II angeführten (fingierten) Rechnung vom 3.Juni 1985 über 62.940 S; davon abgesehen sind in der erstbezeichneten Rechnung (lediglich) 1.800 S als Abfertigungskosten und (lediglich) 6.232,79 S an Container Service Charge ausgewiesen, während die (fingierte) Rechnung vom 3. Juni 1985, auf die sich die Beschwerde bezieht, Handlingskosten von 52.450 S zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer (= 62.940 S) ausweist (Beilage 55 in ON 43). Wird die H*****-Rechnung vom 22.März 1985 (die auch Frachtkosten im Betrag von 42.251,97 S enthält), der Rechnung des Beschwerdeführers (ebenfalls) vom 3.Juni 1985 (Beilage 56 in ON 43) zugeordnet, so sind in letzterer (abweichend von der H*****-Rechnung) insgesamt 62.690 S (zuzüglich 12.538 S Mehrwertsteuer) als Handlingskosten ausgewiesen, mithin gleichfalls ein weit höherer Betrag als in der H*****-Rechnung. Eine Aktenwidrigkeit ist demnach im gegebenen Zusammenhang weder in der einen noch in der anderen Richtung ersichtlich.

Mit jenen Erwägungen, welche die Angeklagte S***** veranlaßte, Friedrich J***** in die Transaktionen einzubeziehen, hat sich das Erstgericht im Urteil ebenfalls befaßt (US 15). Daß die Tatrichter bei J***** ein Wissen um den Befugnismißbrauch der Angeklagten S***** nicht als erwiesen annahmen, steht zur weiteren Urteilsannahme, wonach der Beschwerdeführer ein solches Wissen hatte, in keinem logischen Widerspruch; schließt doch die Nichtannahme eines solchen Wissens in bezug auf J***** die Annahme dieses Wissens in bezug auf den Beschwerdeführer bei der gegebenen Sachlage nicht aus.

Nicht entscheidungswesentlich ist, ob es Usus ist, daß an Spediteure fakturiert wird, ohne daß diese Spediteure den Auftrag an die Frachtführer (Reeder) erteilt haben; mit den diesbezüglichen Bekundungen des Zeugen D***** mußte sich das Gericht daher im Urteil nicht auseinandersetzen, was gleichermaßen auch für die von der Beschwerde ins Treffen geführten Ausführungen in der Anzeige der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos (S 61/Bd IV) gilt. Da die Tatrichter der die subjektive Tatseite leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers insgesamt den Glauben versagten, bedurfte es schließlich auch keiner gesonderten Erörterung jenes Teiles dieser Verantwortung, in welcher - im übrigen (nur) im Zusammenhang mit russischen Auftraggebern (S 58/Bd V) und mit dem (gemäß § 57 StPO ausgeschiedenen) Faktum D***** & Co (S 61/Bd V) - von Schwarzgeldern der Firma P***** GmbH die Rede ist.

Der Beschwerdeführer vermag somit formale Begründungsmängel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO nicht aufzuzeigen, sodaß die Mängelrüge zur Gänze unbegründet ist.

In der Tatsachenrüge (Z 5 a) werden - wovon sich der Oberste Gerichtshof nach gewissenhafter Prüfung des Vorbringens in Verbindung mit den aktenkundigen Verfahrensergebnissen überzeugt hat - keine Umstände dargetan, die geeignet sein könnten, erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des den Beschwerdeführer betreffenden Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zu erwecken. Großteils erschöpft sich das diesbezügliche Beschwerdevorbringen in der Wiederholung jener Argumente, auf welche bereits die Mängelrüge gestützt wurde, wobei schon bei deren Erledigung insbesondere darauf verwiesen wurde, daß es keineswegs denkunmöglich ist, in Ansehung des Angeklagten J***** zu anderen Feststellungen zu gelangen als in Ansehung des Beschwerdeführers; mit dem Hinweis auf diese unterschiedliche Würdigung der Verfahrensergebnisse werden aber auch keine erheblichen Bedenken gegen die den Beschwerdeführer betreffenden Urteilskonstatierungen aufgezeigt.

Im Kern bekämpft der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen in der Tatsachenrüge lediglich die tatrichterliche Beweiswürdigung, die im schöffengerichtlichen Verfahren (nach wie vor) einer Anfechtung entzogen ist.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich, mit welcher eingewendet wird, das Gericht habe nicht festgestellt, daß der Beschwerdeführer um einen wissentlichen Befugnismißbrauch der unmittelbaren Täterin S***** gewußt habe, negiert - abgesehen davon, daß es nach herrschender Rechtsprechung für die Annahme einer Beitragstäterschaft zum Delikt des § 153 StGB genügt, wenn der Beitragstäter einen vorsätzlichen Befugnismißbrauch durch den im besonderen Verpflichtungsverhältnis stehenden unmittelbaren Täter für gewiß hält (vgl EvBl 1987/37 = RZ 1987/4; RZ 1988/33; JUS Extra 1991/531) - die Feststellung des Schöffengerichtes, wonach der Beschwerdeführer (was für seine Haftung aus § 12 dritter Fall StGB zu § 153 StGB nach dem Gesagten gar nicht erforderlich wäre) einen wissentlichen Befugnismißbrauch durch die Angeklagte S***** für gewiß gehalten hat (US 20, aber auch US 26). Die Beschwerde hält damit nicht am Urteilssachverhalt fest, sodaß der in Rede stehende materielle Nichtigkeitsgrund nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist. Einen formalen Begründungsmangel aber - wie ihn die Beschwerde in diesem Zusammenhang hilfsweise reklamiert - vermag der Beschwerdeführer in Ansehung dieser Konstatierung nicht aufzuzeigen.

Somit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weshalb sie - übereinstimmend mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - gemäß § 285 d Abs. 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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