Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der am 28. 6. 1996 geborene Kläger die Voraussetzungen für ein höheres Pflegegeld als jenes der Stufe 1 nicht erfüllt, weil sein Pflegebedarf nicht durchschnittlich mehr als 75 Stunden monatlich beträgt, ist zutreffend, sodass darauf verwiesen werden kann.
Den Revisionsausführungen ist noch Folgendes entgegenzuhalten:
Dass bei der Beurteilung des Pflegebedarfs für Kinder nur jenes Ausmaß an Betreuung und Hilfe zu berücksichtigen ist, welches über das altersgemäß erforderliche Ausmaß hinausgeht (§ 4 Abs 3 WrPGG; RIS-Justiz RS0106555; zuletzt: 10 ObS 53/03x) zieht die Revision nicht in Zweifel. Der Revisionswerber vertritt jedoch den Standpunkt, bei der Ermittlung des monatlichen Pflegebedarfs seien - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes - auch die (vom Erstgericht festgestellten, infolge erfolgreicher Berufung der Beklagten jedoch nicht mehr berücksichtigten) Zeiten für die Motivation zur Einhaltung der Diätvorschriften (10 Stunden), für das Eincremen juckender Hautstellen und das erforderliche Beruhigen in der Nacht (das sind laut Ersturteil: 30 Stunden für "Juckreizlinderungsmaßnahmen [Massage, Medikation und Beruhigung durch persönliche Zuwendung]"), für die Zubereitung von Mahlzeiten ("18,75" Stunden [= 30 bis 45 Minuten täglich]) und für die Schaffung eines milbenarmen Milieus (7,5 Stunden) zu veranschlagen.
§ 4 Abs 2 WrEinstV lautet:
"Sind mit geistig oder psychisch behinderten Menschen zur selbständigen Durchführung von in den §§ 1 und 2 angeführten Verrichtungen Motivationsgespräche zu führen, so ist für diese Betreuungsmaßnahme von einem - auf einen Monat bezogenen - zeitlichen Richtwert von insgesamt 10 Stunden auszugehen."
Das Motivationsgespräch ist demnach eine eigene Betreuungshandlung, die als Beziehungsarbeit "für geistig oder psychisch Behinderte" oft eine unerlässliche Basis für deren Aktivierung ist (so auch § 8 Abs 2 der Richtlinien für die einheitliche Anwendung des BPGG, SozSi 1999, 360, Amtliche Verlautbarung Nr 41). Mit einer dadurch erzielbaren konkreten Tagesstrukturierung wird dem Pflegebedürftigen die selbständige Lebensführung ermöglicht oder doch erleichtert, da er sich "bedingt durch seinen Mangel an psychischer oder geistiger Flexibilität" strikt an diese Vorgaben halten kann (SSV-NF 14/116; RIS-Justiz RS0065213 [13]; zuletzt: 10 ObS 281/02t mwN).
Der Kläger ist nach den Feststellungen der Vorinstanzen aber nicht geistig oder psychisch behindert, sondern befindet sich auf Grund seiner Erkrankung (Neurodermitis und Asthma bronchiale sowie Allergien gegen Staubmilben und zahlreiche andere Substanzen) und der daraus folgenden Therapie- und Ernährungsverordnung gegenüber gleichaltrigen gesunden Kindern insoweit in einer Ausnahmesituation, als sich daraus ein über das für gleichaltrige Kinder erforderliche Ausmaß an Motivation "zur Einhaltung einer altersgerechten Ernährung" hinausgehendes Ausmaß an Motivation "zur Einhaltung der bei ihm krankheitsbedingt erforderlichen Diät" ergibt, das vom Erstgericht mit 10 Stunden festgestellt wurde (Seite 7 des Ersturteils).
Das Berufungsgericht ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger - mangels psychischer oder geistiger Behinderung - die Voraussetzungen für eine Motivation nach leg cit gar nicht erfüllt; benötigt er eine zusätzliche (über die für gleichaltrige Kinder zur altersgerechten Ernährung hinausgehende) Motivation doch nicht infolge einer derartigen Behinderung, sondern "zur Einhaltung der bei ihm krankheitsbedingt erforderlichen Diät". Es handelt sich daher - entgegen dem in der Revision aufrechterhaltenen Standpunkt - gar nicht um Motivationsgespräche im Sinn des § 4 Abs 2 EinstV.
Daran kann auch der - unzutreffende - Hinweis der Revision auf die Entscheidung 10 ObS 257/00t, wo der Oberste Gerichtshof angeblich "sogar einem alkoholkranken Mann Motivationsgespräche als Pflegebedarf zugebilligt" habe, nichts ändern: Tatsächlich war beim dortigen Kläger nämlich gerade durch seine "psychische Erkrankung" die Notwendigkeit psychosozialer Betreuung gegeben (SSV-NF 14/116); außerdem hat der erkennende Senat insoweit auch gar nichts "zugebilligt", sondern im Rahmen der Bestätigung der - ein Begehren auf Pflegegeld gänzlich abweisenden - Entscheidungen der Vorinstanzen festgehalten, dass sich "selbst bei dieser großzügigen Berechnung des Erstgerichtes" (welches [den oa Richtwert von 10 Stunden wesentlich übersteigend] 22 Stunden für Motivationsgespräche berücksichtigt hatte) nur ein Pflegeaufwand von 49 Stunden ergeben würde.
Es stellt sich jedoch die Frage, ob man den für "die Motivation zur Einhaltung von Diätvorschriften" reklamierten Zeitaufwand allein mit dem Hinweis darauf, dass es sich dabei sicher nicht um Motivationsgespräche iSd EinstV handelt, ausscheiden kann, weil er allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt der Hilfe bei der Einnahme von Mahlzeiten Berücksichtigung finden könnte. Ein solcher Pflegebedarf (bei Antriebslosigkeit der Pflegebedürftigen) wurde nämlich - wenn auch nicht ausdrücklich - offenbar in 10 ObS 270/01f berücksichtigt und ein hiefür vom Berufungsgericht angenommener Pflegeaufwand (notwendige intensive Aufforderung, damit sich die Betroffene überhaupt zu Tisch setzt) in 10 ObS 144/01a nicht beanstandet.
Im vorliegenden Fall ist auf die Frage, ob dieser Aufwand auch bei Kindern zu berücksichtigen ist oder ob er zur elterlichen Betreuung gehört, wie sie auch sonst bei "schlechten Essern" vorkommt, aber nicht weiter einzugehen. Hier wird nämlich die Wiederherstellung der Ersturteiles unter Berufung darauf begehrt, dass die vom Erstgericht angenommenen Zeitwerte von insgesamt 101,65 Stunden zutreffend sind; wovon aber tatsächlich - wie noch zu zeigen sein wird - bestimmte Ansätze (nämlich die Mahlzeitenzubereitung und die Beschaffung von Diätnahrungsmitteln) jedenfalls ausgeschieden werden müssen, sodass die Voraussetzungen der Stufe 2 jedenfalls nicht vorliegen und sich eine Auseinandersetzung mit allen anderen Punkten erübrigt:
Was die Essenszubereitung betrifft, ist zunächst festzuhalten, dass der vom Erstgericht berücksichtigte Aufwand von durchschnittlich 18,75 Stunden monatlich nach den unstrittigen Feststellungen zur Herstellung von Mahlzeiten erforderlich ist, "die im Kindergarten nicht den diätischen Richtlinien entsprechend zubereitet werden". Es geht dabei um (nach derartigen Richtlinien hergestellte) Speisen, die in den Kindergarten mitgegeben werden müssen (AS 33 und 43 = Seite 8 und 13 des Gutachtens ON 5).
Da § 4 Abs 3 WrPGG aber darauf abstellt, dass bei der Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen - wie bereits ausgeführt - nur jenes Ausmaß an Pflege zu berücksichtigen ist, das über das erforderliche Ausmaß von gleichaltrigen nicht behinderten Kindern und Jugendlichen hinausgeht, kommt eine verpflichtende Übernahme des im § 1 Abs 4 EinstV zum WrPGG für die Zubereitung von Mahlzeiten vorgesehenen zeitlichen Mindestwerts von einer Stunde täglich nicht in Betracht, sondern es ist (auch hier) der tatsächliche Mehraufwand im Vergleich zu einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgeblich (10 ObS 272/02a mwN). Die in der Revision bekämpften Ausführungen des Berufungsgerichtes, wonach vom Mindestwert auszugehen sei, wenn keine Feststellungen über einen den Mindestwert erheblich überschreitenden tatsächlichen Betreuungsaufwand getroffen wurden, gehen daher am Kern eigentlichen Problems vorbei; dabei bleibt nämlich unerwähnt, dass nur einem pflegebedingten Mehraufwand Bedeutung zukommt, der im Verhältnis zu einem gesunden Kind gegeben ist (10 ObS 102/01z mwN).
Nach der Rsp des erkennenden Senates ist bei dieser Bemessung aber - im Hinblick auf die pauschalierte Abgeltung von Mehraufwendungen - nicht zu berücksichtigen, dass für das behinderte Kind "extra" gekocht werden muss und dadurch etwa Synergieeffekte durch ein gemeinsames Kochen für mehrere Familienmitglieder wegfallen, weil dann unrichtigerweise dem jeweiligen familiären Umfeld und damit einer subjektiven Besonderheit entscheidende Bedeutung zukäme. Ausschlaggebend ist vielmehr nur, ob und inwieweit das Erfordernis der Zubereitung von mehr Mahlzeiten bzw von Spezialmahlzeiten einen Mehraufwand gegenüber der Zubereitung von Mahlzeiten für ein gesundes gleichaltriges Kind bewirkt; (nur) ein solcher Mehraufwand wäre als pflegebedingter Mehraufwand anzusehen (10 ObS 172/01v = RIS-Justiz RS0115907; zuletzt: 10 ObS 55/03s).
Davon ausgehend kommt ein pflegegeldrelevanter Aufwand für die Zubereitung von Mahlzeiten, die im Kindergarten nicht den diätischen Richtlinien entsprechend hergestellt werden, nicht in Betracht; geht es doch auch hier letztlich nur darum, dass für den Kläger extra gekocht werden muss, wodurch in der konkreten Situation (Kindergartenbesuch) Synergieeffekte wegfallen; was jedoch nichts daran ändert, dass grundsätzlich auch für einen gesundes gleichaltriges Kind Speisen zubereitet werden müssten.
An einem pflegegeldrelevanten Mehraufwand iSd dargestellten Grundsätze fehlt es aber nicht nur in diesem Bereich. Gleiches gilt nämlich auch für den vom Erstgericht mit 10 Stunden veranschlagten Aufwand für die Besorgung von Diätnahrungsmitteln. Die EinstV sieht zwar für die Herbeischaffung von Nahrungsmitteln - wozu die Besorgung von Diätnahrungsmitteln gehört - insgesamt einen Hilfsbedarf von 10 Stunden vor (§ 2 Abs 2 und 3 EinstV); bei Kindern ist dieser jedoch - mangels eines über das für gleichaltrige Erforderliche hinausgehenden Ausmaßes an Hilfe - grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.
Da sich bereits nach Abzug dieser beiden Posten (18,75 Stunden für die Zubereitung von Mahlzeiten und 10 Stunden für die Beschaffung von Diätnahrungsmitteln) - auch nach der Berechnung des Erstgerichtes - insgesamt nur noch 72,9 Stunden ergeben, und somit der für die angestrebte Pflegegeldstufe 2 erforderliche Mindestpflegebedarf von durchschnittlich mehr als 75 Stunden monatlich auch unter Berücksichtigung der vom Revisionswerber behandelten weiteren Aufwendungen nicht erreicht wird, ist auf diese Revisionsausführungen nicht mehr einzugehen.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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