B-VG Art133 Abs4
FPG §61
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W239.2249845.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX geb. XXXX , und 2.) mj. XXXX , geb. XXXX beide StA. Pakistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.12.2021 zu den Zahlen 1.) XXXX und 2.) XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Erstbeschwerdeführer ( XXXX ) ist der Vater und gesetzliche Vertreter der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin ( XXXX ). Er stellte am 30.09.2021 im österreichischen Bundesgebiet im Rahmen eines Familienverfahrens die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.
Zum Erstbeschwerdeführer liegen folgende EURODAC-Treffer vor:
- Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) zu Griechenland vom 07.11.2017
- Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) zu Slowenien vom 31.08.2021
2. Der Erstbeschwerdeführer gab im Rahmen der Erstbefragung am 01.10.2021 zu den familiären Verhältnissen an, seine Eltern und seine zwei Schwestern seien in Pakistan; sein Bruder lebe in Dubai. Der Erstbeschwerdeführer sei verheiratet mit XXXX geb. XXXX die sich in Rumänien aufhalte. Beide hätten das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter, die Zweitbeschwerdeführerin.
Der Erstbeschwerdeführer habe im Jahr 2016 den Entschluss zur Ausreise aus seinem Herkunftsstaat gefasst. Er sei zwei Monate im Iran gewesen, habe sich acht Monate in der Türkei aufgehalten, habe dann etwa ein Jahr lang in Griechenland gelebt, danach sei er drei Monate in Mazedonien gewesen und er habe weiters ca. zwei Jahre in Serbien gelebt. Anschließend habe er wieder fünf Monate in Griechenland gelebt. Von dort sei er erneut nach Serbien gegangen (10 Tage), sei durch Kroatien durchgereist und ca. 20 Tage in Slowenien gewesen bevor er am 30.09.2021 nach Österreich gekommen sei. In Griechenland und in Slowenien habe er um Asyl angesucht. In Griechenland sei es ihm nicht gut gegangen; es habe viele Schwierigkeiten gegeben. Er habe die Entscheidung im Verfahren nicht abgewartet, weil er das Land verlassen habe müssen. Zu Kroatien könne er nichts angeben, weil er nur durchgereist sei. Über Slowenien könne er nichts sagen, weil er die ganze Zeit eingesperrt gewesen sei. Auch in Slowenien habe er die Entscheidung im Verfahren nicht abgewartet und er habe auch keine Unterlagen dazu. Er wolle in keines der durchreisten Länder zurück. Er habe Angst vor der Familie seiner Frau, weil sie nicht gewollt habe, dass die beiden heiraten würden. Die Familie seiner Frau lebe in Griechenland. Er habe seine Frau in Griechenland kennen gelernt.
3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 25.10.2021 betreffend beide Beschwerdeführer ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Slowenien, verwies auf die Angaben zur Reiseroute und schloss die vorliegenden EURODAC-Treffer an.
Mit Schreiben vom 02.11.2021 stimmte Slowenien der Wiederaufnahme des Erstbeschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO ausdrücklich zu. Am 04.11.2021 fragte das BFA nach, ob die Zustimmung auch für die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin gelte. Daraufhin stimmte Slowenien mit Schreiben vom 05.11.2021 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO ausdrücklich der Wiederaufnahme beider Beschwerdeführer zu.
4. Am 22.11.2021 fand die niederschriftliche Einvernahme des Erstbeschwerdeführers vor dem BFA statt. Dabei gab er zu Beginn über Nachfrage an, dass es ihm gut gehe. Er sei gesund und nehme keine Medikamente. Auch seine Tochter sei gesund und benötige keine Medikamente. Sie habe vor ein paar Tagen Masern gehabt, aber jetzt gehe es ihr besser.
Zu den familiären Umständen ergänzte der Erstbeschwerdeführer, dass er eine Schwester habe, die in Österreich geheiratet habe. Er habe davon erst nach seiner Erstbefragung erfahren; er sei schon länger unterwegs und habe zuvor nichts gewusst davon. Die Schwester lebe in Salzburg; er habe telefonischen Kontakt mit ihr gehabt. Vermutlich lebe sie schon zwei Jahre in Österreich. Zu ihrem Aufenthaltsstatus könne er nichts sagen. Sonst habe er niemanden in Europa. Nachgefragt, ob zur Schwester ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestehe, erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass er nicht wisse, ob er bei ihr leben könne. Er habe sie noch nicht besucht und wisse nicht, unter welchen Verhältnissen sie hier lebe. Zuletzt habe er die Schwester vor sechs Jahren gesehen, im Jahr 2016. Er habe schon vor, sie in nächster Zeit zu treffen. Bisher sei er nicht von seiner Schwester finanziell unterstützt worden. Sonst habe er in Österreich keine weiteren Bezugspersonen, von denen er abhängig wäre oder zu denen ein besonders enges Verhältnis bestehe.
Über Nachfrage gab der Erstbeschwerdeführer weiter an, dass die Mutter der mitgereisten Tochter rumänische Staatsbürgerin sei. Seine Frau sei bemüht, in den nächsten Tagen hierher zu kommen, natürlich auch wegen der gemeinsamen Tochter. Die Tochter habe noch keine Papiere bekommen, weil die Eltern seiner Frau ihn nicht gemocht hätten, weil er Pakistani sei. Die Tochter sei in Serbien geboren worden. Dazu legte der Erstbeschwerdeführer folgende Dokumente vor:
- Kopie des Reisepasses der Kindesmutter XXXX , geb XXXX
- Serbische Geburtsurkunde der Tochter XXXX geb XXXX
- Serbische Heiratsurkunde
Die Eheschließung habe im Jahr 2018 in Serbien stattgefunden. Der Erstbeschwerdeführer habe seine Frau im Jahr 2017, irgendwann in der Zeit zwischen Jänner und April, in Griechenland kennen gelernt. Er selbst sei dort in einem Dorf gewesen und habe auf einem Feld gearbeitet. Er habe sein Gehalt haben wollen, aber der Bauer habe ihm gesagt, dass der Erstbeschwerdeführer ihm Geld schulden würde, und nicht umgekehrt. Der Erstbeschwerdeführer sei dann von dort weggegangen zu einem Bazar. Seine spätere Frau habe dort auf einem Marktstand gearbeitet. Sie habe Kleidung und andere Sachen verkauft. Auch ihre Familie sei dort auf dem Marktstand gewesen. So hätten sie sich kennen gelernt. Er habe dann auch dort gearbeitet. Nachgefragt, warum seine Frau damals in Griechenland gewesen sei, erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass ihre ganze Familie damals dort gewesen sei. Jetzt lebe seine Frau in Rumänien. Vorgehalten, weshalb er nicht zu seiner Frau nach Rumänien gereist sei, antwortete er, dass er keine Papiere gehabt habe.
Der Erstbeschwerdeführer wurde sodann aufgefordert, seine genauen Aufenthaltsorte anzugeben, sodass er schilderte: „Wir waren noch gemeinsam in Griechenland und sind uns immer nähergekommen, umso näher wir uns gekommen sind, umso mehr haben mich ihre Eltern nicht gemocht. Einmal waren wir draußen in der Nähe eines Parks. Da hat ihr Bruder sie ganz brutal geschlagen. Sie haben sie auch festgehalten für drei, vier Tage oder eine Woche. Wie sie sich dann irgendwie von ihnen befreien können hat, hat sie mich angerufen und wollte dann nicht mehr dort sein. Sie ist dann zu mir gekommen. Es vergingen dann ca. sechs Monate. Es sind immer wieder ihre Eltern gekommen, um sie abzuholen, aber sie ist nicht mitgekommen. Dann haben ihre Eltern mich angezeigt, da sie noch minderjährig war. Dann ist die Polizei zu mir ins Haus gekommen. Es muss sehr früh gewesen sein, es war ein Freitag, ich kann mich noch erinnern. Die Polizei hat mich und meine Frau festgenommen und zur Polizeistation gebracht. Die Polizei hat auch meine Wohnung angeschaut, alles haben sie sich angeschaut, dann wurde auch meine Frau befragt. Meine Frau hat gesagt, dass sie freiwillig zu mir gekommen ist, denn ihre Eltern haben angegeben, dass ich sie ohne ihren Willen bei mir festhalte. Meine Frau wurde dann zu ihren Eltern gebracht und ich wurde festgehalten im Gefängnis. Nach einer Woche war im Gericht die Anhörung. Dann hat meine Frau ausgesagt, dass sie freiwillig bei mir gewesen ist. Dann bin ich auch freigelassen worden. Dann kamen die Drohungen von ihren Brüdern und ihrem Vater, dass sie mich umbringen werden. Ich hatte dann große Angst, denn sie haben sehr viele rumänische Bekannte in Griechenland, die mir etwas antun könnten. Ich wollte von „Larisa“ nach „Saloniki“, wir waren dann am Hauptbahnhof, sind aber noch nicht eingestiegen. Sie hat mir dann gesagt, dass sie von mir im vierten Monat schwanger ist. Dann sind wir gemeinsam nach Mazedonien und Serbien gereist. In Serbien haben wir geheiratet und dort kam auch unsere Tochter zur Welt. Unserer Tochter war dann ca. zwei Monate alt und dann war der Beginn der Corona-Pandemie. Meine Tochter war schon über ein Jahr alt als die Schwester meiner Frau uns in Serbien besucht hat. Fünf bis sechs Monate hat die Schwester in einem Camp gewohnt und immer wieder auf meine Frau eingeredet, dass sie zu ihrer Familie zurücksoll. Ich hatte all unsere Papiere. Eines Tages ist meine Frau einfach mit meiner Tochter weggegangen. In Mazedonien wollte die Polizei ihre Papiere sehen, aber die hatte ich. Meine Frau hat mich dann angerufen und mir gesagt sie würde die Papiere brauchen. Ich bin dann gekommen und wir sind zu dritt nach Griechenland gereist. Dann reiste meine Frau gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern nach Rumänien. Meine Tochter blieb bei mir, weil sie keine Papiere für die Einreise nach Rumänien hatte. Dann rief mich meine Frau an und sagte, sie lässt sich Papiere ausstellen und kommt dann wieder nach Griechenland zurück. Ich habe dann ein Monat gewartet und sie hat mich erneut angerufen und gesagt, dass mein Schwiegervater unsere Tochter kidnappen möchte. Daraufhin habe ich dann Griechenland verlassen und bin nach Serbien, Kroatien und Slowenien. Die Polizei hat mich dann in Slowenien festgenommen mit meiner Tochter. Ich wurde ca. 15-20 Tage angehalten. Als ich wieder freigelassen wurde, bin ich weiter nach Österreich gereist. Ich habe mit meiner Frau telefoniert und ihr gesagt, dass ich nach Österreich reise und wir haben vereinbart, dass wir uns in Österreich treffen. In ein paar Tagen ist meine Frau auch bestimmt in Österreich.“
Nachgefragt gab der Erstbeschwerdeführer weiter an, er besitze keine Identitätsdokumente und habe bisher noch nie ein Visum für einen EU-Staat beantragt. Die Angaben, die er bei der Erstbefragung zu seinem Reiseweg und zu den Antragsgründen gemacht habe, seien richtig. Seine Tochter habe keine eigenen Antragsgründe.
Zur geplanten Vorgehensweise, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen und die Beschwerdeführer nach Slowenien zu überstellen, entgegnete der Erstbeschwerdeführer: „Meine Frau kommt zu mir nach Österreich. Ich habe Angst, dass ich in Slowenien wieder festgenommen werde. Ich habe ein kleines Kind und habe Angst, dass ich wieder eingesperrt bin.“ Sie hätten sich etwa 20 bis 25 Tage in Slowenien aufgehalten, in Ljubljana. Etwa 15 bis 20 Tage sei er in einem geschlossenen Camp gewesen; man habe nicht hinaus können. Dann sei er noch etwa fünf Tage in einem offenen Camp gewesen. Nachgefragt, ob er wegen COVID-Maßnahmen festgehalten worden sei, bejahte der Erstbeschwerdeführer das. Sie seien in Quarantäne gewesen, aber sie seien nicht erkrankt gewesen. Irgendwelche besonderen Vorfälle habe es in Slowenien nicht gegeben. Er sei immer zusammen mit der Kleinen gewesen. Zur Frage, ob bezüglich der Tochter etwas gegen die Überstellung nach Slowenien spreche, wiederholte er, dass die Kindesmutter nach Österreich komme; die Kleine wolle ihre Mutter sehen und wolle bei der Mutter sein. Zu den Länderberichten zu Slowenien gab der Erstbeschwerdeführer keine Stellungnahme ab.
5. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des BFA vom 06.12.2021 wurden die Anträge beider Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Slowenien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG gegen die Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Slowenien zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Zur Lage in Slowenien traf das BFA umfassende Feststellungen (Stand: 05.11.2020), die mittlerweile in einer aktuelleren Fassung vorliegen (Datum der Veröffentlichung: 09.12.2021).
Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit.b Dublin-III-VO Slowenien für die inhaltliche Prüfung der gestellten Anträge auf internationalen Schutz zuständig sei. Slowenien habe seiner Zuständigkeit mit Schreiben vom 05.11.2021 ausdrücklich zugestimmt. Aus den Angaben der Beschwerdeführer seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass sie tatsächlich konkret Gefahr liefen, im Mitgliedsstaat Slowenien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihnen eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Die Beschwerdeführer würden an keinen Erkrankungen leiden, die einer Überstellung nach Slowenien entgegenstünden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben.
Die Beschwerdeführer seien als Familie von denselben aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen; gegen alle Beschwerdeführer ergehe dieselbe Ausweisungsentscheidung, sodass nicht in ihr Recht auf Familienleben eingegriffen werde. Zur Schwester des Erstbeschwerdeführers, die in Österreich lebe, könne keine Abhängigkeit oder besonders enge Beziehung festgestellt werden. Weitere familiäre oder andere enge private Anknüpfungspunkte bzw. Abhängigkeiten zu in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen hätten nicht festgestellt werden können, sodass die Ausweisung der Beschwerdeführer nach Slowenien insgesamt keine Verletzung von Art. 8 EMRK darstelle.
6. Gegen die Bescheide des BFA wurde seitens der bevollmächtigten Vertretung eine für beide Beschwerdeführer gleichlautende Beschwerde eingebracht. Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Inhaltlich wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass durch die Anordnung zur Außerlandesbringung nach Slowenien Art. 8 EMRK verletzt werde. Im vorliegenden Fall „wäre das Selbsteintrittsrecht Österreichs sinnvoll“, weil die Beschwerdeführer nur kurze Zeit in Slowenien gewesen seien und insbesondere die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin Angehörige einer EU-Bürgerin sei. Der Erstbeschwerdeführer sei als Ehemann einer EU/EWR-Bürgerin nicht als Drittstaatsangehöriger, sondern als begünstigter Drittstaatsangehöriger nach § 2 Abs. 4 Z 11 FPG anzusehen; auch die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin sei nach § 2 Abs. 2 Z 9 iVm Z 11 NAG als begünstigte Drittstaatsangehörige anzusehen.
Gerügt wurde weiters, dass „die Möglichkeit einer Stellungnahme zur Beurteilung der Intensität der privaten und familiären Bindungen der Beschwerdeführer in Österreich keinesfalls ausreichend“ sei. Das BFA hätte sich einen persönlichen Eindruck und ein Bild vom Leben der Beschwerdeführer in Österreich machen müssen. Im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme hätten die Beschwerdeführer angeben können, dass sie begünstigte Drittstaatsangehörige seien. Zudem hätte das BFA dem Kindeswohl der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin besonderes Interesse beimessen müssen.
7. Die Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht erfolgte am 23.12.2021. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.12.2021 wurde den Beschwerden gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt; davon wurde Slowenien seitens des BFA mit Schreiben vom 28.03.2022 in Kenntnis gesetzt (vgl. Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO). Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 22.06.2022 wurden die Rechtssachen mit 01.07.2022 der Gerichtsabteilung W239 neu zugewiesen.
8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.07.2022 wurden die Beschwerdeführer von folgendem vorläufigen Ermittlungsergebnis in Kenntnis gesetzt und ihnen die Möglichkeit gegeben, dazu schriftlich Stellung zu nehmen: Aktuellen Auszügen aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) lässt sich entnehmen, dass die beiden Beschwerdeführer seit 17.02.2022 bis dato gemeinsam an einer inländischen Meldeadresse mit Hauptwohnsitz aufrecht gemeldet sind. Die im Verfahren angegebene Ehefrau bzw. Mutter verfügt laut ZMR-Abfrage im Bundesgebiet über keine aufrechte Meldeadresse, sodass derzeit davon ausgegangen wird, dass sich diese nicht dauerhaft im Bundesgebiet aufhält und hier kein aufrechtes Familienleben führt.
Dazu merkte die Vertretung der Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 12.07.2022 an, dass Frau XXXX derzeit zwar über keine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet verfüge, jedoch jeden Tag Kontakt zu ihrem Ehemann und ihrem Kind in Österreich habe. Während bestimmte Beziehungen stets als Familienleben anzusehen seien, komme es bei anderen auf die tatsächliche Intensität der gelebten Bindungen an. Der Erstbeschwerdeführer lebe mit seiner Tochter zusammen. Er habe ein gemeinsames Kind mit seiner Ehegattin, wobei beide obsorgeberechtigt seien. Es werde angemerkt, dass für die Begründung des Familienlebens ein Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt nicht notwendig sei.
9. Am 19.07.2022 wurde den Beschwerdeführern seitens des Bundesverwaltungsgerichtes die aktuellste Fassung der Länderinformation der Staatendokumentation zu Slowenien (Datum der Veröffentlichung: 09.12.2021) übermittelt und ihnen die Gelegenheit gegeben, dazu schriftlich Stellung zu nehmen.
Zu den Länderberichten zu Slowenien gaben die Beschwerdeführer durch ihre Vertretung keine Stellungnahme ab; verwiesen wurde lediglich auf die bereits eingebrachten Schriftsätze und das bereits erstattete Vorbringen, wonach eine Zurückweisung der Anträge Art. 8 EMRK verletze. Die Beschwerdeführer seien Angehörige einer EU-Bürgerin und sohin begünstigte Drittstaatsangehörige. Außerdem werde durch eine zurückweisende Entscheidung das Kindeswohl nicht berücksichtigt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführer stellten am 30.09.2021 im österreichischen Bundesgebiet im Rahmen eines Familienverfahrens die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz. Zuvor hatten sie am 31.08.2021 in Slowenien um internationalen Schutz angesucht und waren während der Prüfung ihrer Anträge von dort ausgereist.
Das BFA richtete am 25.10.2021 betreffend beide Beschwerdeführer auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO gestützte Wiederaufnahmeersuchen an Slowenien, welchen Slowenien ausdrücklich zustimmte.
Zu Slowenien werden folgende aktuelle Feststellungen getroffen (Datum der Veröffentlichung: 09.12.2021; unkorrigiert):
Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit:
(Quelle: AIDA 3.2021; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)
Die gesetzlich festgelegte Frist für die Entscheidung der Asylbehörde über einen Asylantrag in erster Instanz beträgt sechs Monate. In der Praxis werden diese Fristen jedoch nicht eingehalten. Die Dauer des Asylverfahrens hat sich aufgrund der COVID-19-Pandemie weiter verlängert. Im Jahr 2020 wurden 3.548 Anträge auf internationalen Schutz gestellt und 274 Asylanträge waren bis zum Jahresende anhängig (im Vergleich zu 3.821 bzw. 329 Anträgen im Jahr 2019) (AIDA 3.2021).
Die Gesamtzahl der Asylanträge in den ersten sieben Monaten des Jahres 2021 welche bei den slowenischen Behörden gestellt wurden, ist mit 1.843 bzw. 1.965 im Vergleichszeitraum 2020 auf ähnlichem Niveau. Das Schutzinteresse in Slowenien bleibt weiterhin gering, da über 90% der Asylantragsteller vor Abschluss des Verfahrens in Slowenien ihre Weiterreise nach Westeuropa fortsetzen (VB 24.9.2021).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (3.2021): Legal-Informational Centre for NGOs (PIC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Slovenia, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/03/AIDA-SI_2020update.pdf , Zugriff 26.8.2021
- VB des BM.I für Slowenien (24.9.2021): Bericht des VB, per E-Mail
Dublin-Rückkehrer
Für aus einem anderen Mitgliedstaat überstellte Asylwerber bestehen keine Hindernisse beim Zugang zum Asylverfahren. Wie vom slowenischen Verfassungsgericht bestätigt, gelten Dublin-Rückkehrer ab dem Zeitpunkt ihrer Rückkehr nach Slowenien als Asylwerber (AIDA 3.2021).
Der rechtliche Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Slowenien ab:
• Ein Antragsteller, der während seines laufenden erstinstanzlichen Asylverfahrens untergetaucht ist, kann einen neuen Asylantrag stellen, der nicht als Folgeantrag gilt (AIDA 3.2021);
• Wenn der Asylwerber nach Erhalt einer negativen Entscheidung untertaucht, wird diese nach Ablauf der Beschwerdefrist rechtskräftig. In so einem Fall ist nach Dublin-Rückkehr die Stellung eines Folgeantrags möglich. Das Gleiche gilt, wenn die ablehnende Entscheidung in Abwesenheit des Antragsstellers erfolgt ist (das ist möglich wenn das Interview bereits erfolgt ist und der Behörde genug Informationen für eine Entscheidung vorliegen) (AIDA 3.2021);
• Wenn der Antragsteller gegen eine negative erstinstanzliche Entscheidung Rechtsmittel einlegt und danach untertaucht, wird das Beschwerdeverfahren vom Gericht mangels Interesses gestoppt und die erstinstanzliche Entscheidung wird rechtskräftig. In einem solchen Fall ist nach Dublin-Rückkehr ein Folgeantrag möglich (AIDA 3.2021);
• Wenn das Verfahren des Rückkehrers in Slowenien noch läuft, wird dieses fortgesetzt (MNZ 17.1.2018);
• Hat der Rückkehrer in Slowenien noch keinen Asylantrag gestellt, steht es ihm frei, dies nach Rückkehr zu tun (MNZ 17.1.2018);
• Wenn für den Rückkehrer bei Rücküberstellung bereits eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, wird er zunächst im Zentrum für Fremde untergebracht und hat das Recht die Eröffnung eines erneuten Verfahrens zu beantragen. Wird dem stattgegeben, kann der Rückkehrer einen neuen Asylantrag stellen und in ein offenes Zentrum verlegt werden. Ansonsten ist nur eine Folgeantragsstellung möglich (MNZ 17.1.2018);
Dublin-Rückkehrer haben in Übereinstimmung mit der Dublin-III-VO Zugang zu materieller Versorgung wie Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung, Kleidung etc. (MNZ 17.1.2018).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (3.2021): Legal-Informational Centre for NGOs (PIC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Slovenia, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/03/AIDA-SI_2020update.pdf , Zugriff 26.9.2021
- MNZ - Bundesministerium für Inneres - Amt für Migration und Einbürgerung (17.1.2018): Auskunft, per E-Mail
Non-Refoulement
Der Zugang zum Hoheitsgebiet ist nach wie vor ein ernsthaftes Problem. Im Jahr 2020 wurden 14.592 Personen wegen illegalen Grenzübertritts aufgegriffen und 10.025 von ihnen wurden auf der Grundlage von Rückübernahmeabkommen in die Nachbarländer zurückgeführt. Die große Mehrheit, etwa 9.950 Personen, wurde nach Kroatien zurückgeführt. Diese Rückübernahmeabkommen ermöglichen die Rückführung von Migranten durch informelle und verkürzte Verfahren ohne Rückführungsentscheidung und ohne Zugang zu rechtlichem Beistand oder die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen (AIDA 3.2021; vgl. AI 7.4.2021).
Ein Urteil des slowenischen Verwaltungsgerichts, dass einem zu Unrecht kollektiv ausgewiesenem kamerunischen Staatsangehörigen die Wiedereinreise nach Slowenien und die Asylantragstellung zu ermöglichen ist, wird angeblich von den slowenischen Behörden weiterhin ignoriert. Zwischen Juni 2018 und August 2021 soll Slowenien 27.000 Personen zurückgeschoben haben (BVMN 21.9.2021).
NGOs behaupten, dass die Grenzbehörden weiterhin die meisten Asylwerber ohne ordnungsgemäßes Verfahren zurückweisen. NGOs zufolge haben Asylwerber, die von der slowenischen Polizei nach Kroatien zurückgeschickt werden, keine Rechtsmittel, um Entscheidungen der Grenzpolizei anzufechten (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (3.2021): Legal-Informational Centre for NGOs (PIC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Slovenia, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/03/AIDA-SI_2020update.pdf , Zugriff 26.9.2021
- AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Slovenia 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048755.html , Zugriff 23.9.2021
- BVMN - Border Violence Monitoring Network (21.9.2021): Balkan Region Report - August 2021, https://www.borderviolence.eu/balkan-region-report-august-2021/ , Zugriff 27.9.2021
- USDOS - US Department of State (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Slovenia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048474.html , Zugriff 23.9.2021
Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable
Die Definition vulnerabler Gruppen umfasst unter anderem Behinderte, schwer und chronisch Kranke, Schwangere, Alte, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern sowie Opfer von Menschenhandel, Folter oder weiblicher Genitalverstümmelung oder Opfer von körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt (Welkomm o.D.a).
Für die systematische Identifizierung von vulnerablen Asylwerbern existiert kein spezifischer Mechanismus. Ob ein Antragsteller spezielle Bedürfnisse hat, wird im Rahmen einer medizinischen Erstuntersuchung im Zuge des Zulassungsverfahrens geklärt, wobei in der Praxis hauptsächlich eine physische Vulnerabilität geprüft wird. Eine weitere Identifikationsmöglichkeit ist das Asylinterview. Vulnerabilität kann jedoch jederzeit auch nachträglich bis zum Ende des Asylverfahrens festgestellt werden. Nach der Asylantragstellung finden im Rahmen eines Projekts spezielle Sitzungen mit unbegleiteten Minderjährigen und anderen potenziellen Opfern von Menschenhandel statt. Das Ziel des durch eine NGO - derzeit ein Institut für afrikanische Studien - durchgeführten Projekts ist, über die möglichen Gefahren von Menschenhandel zu informieren und die potenziellen Opfer zu identifizieren (AIDA 3.2021).
Ist eine Person aufgrund einer vorübergehenden oder dauerhaften psychischen Störung oder Krankheit oder aus anderen Gründen nicht in der Lage die Bedeutung des Asylverfahrens zu verstehen, muss ein Vormund bestellt werden. Abgesehen davon gibt es keine besonderen rechtlichen Maßnahmen zur Unterstützung von vulnerablen Personen während des Asylverfahrens (AIDA 3.2021).
Die materiellen Aufnahmebedingungen müssen laut Gesetz an die speziellen Bedürfnisse (Gesundheitsdienste, psychologische Beratung, Gesamtbehandlungsbedarf) von Vulnerablen angepasst werden. Für die Maßnahmen zur Deckung spezieller Bedürfnisse gibt es keinen Überwachungsmechanismus. Personen, die von einem multidisziplinären Ausschuss als gefährdet eingestuft werden, erhalten zusätzliche Gesundheitsleistungen. Außerdem können sie in speziellen Einrichtungen, wie medizinischen Einrichtungen oder Pflegeheimen, untergebracht werden, wenn eine angemessene Unterbringung in einem Zentrum für Asylwerber nicht möglich ist. In der Praxis wird diese Vorgehensweise von Fall zu Fall unterschiedlich geregelt und hängt auch von der Verfügbarkeit von Plätzen in den genannten Einrichtungen ab. Gefährdete Gruppen werden jedoch entsprechend ihrer Vulnerabilität untergebracht. Im Jahr 2020 gab es 891 anerkannte Fälle von Vulnerabilität. Davon waren 228 Minderjährige, 550 unbegleitete Minderjährige, 13 Alte, 2 Behinderte, 8 Schwangere, 2 Personen mit psychischen Problemen, 65 Personen mit schweren psychischen Problemen und 14 Opfer von Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen körperlicher oder psychischer Gewalt (AIDA 3.2021).
Bei Zweifeln am Alter eines unbegleiteten Minderjährigen (UM) kann von der zuständigen Behörde eine medizinische Altersfeststellung mittels MRT des Handgelenks und Schlüsselbeins und einer zahnärztlichen Röntgenaufnahme angeordnet werden. Mitglieder der Zivilgesellschaft kritisieren diese Altersbestimmungsverfahren als unethisch und unsicher. Eine medizinische Altersfeststellung ist nur bei Vorliegen der schriftlichen Zustimmung des UM und seines gesetzlichen Vertreters möglich. Wenn der Antragssteller ohne Angabe eines triftigen Grundes nicht zustimmt, wird er als Erwachsener behandelt. Der Asylantrag kann aber nicht ausschließlich aufgrund der Verweigerung abgelehnt werden. Bestehen nach der Altersfeststellung noch Zweifel am Alter, so gilt der Antragsteller als minderjährig. 2018 schloss das Innenministerium die Verhandlungen mit einer medizinischen Einrichtung ab, welche die Altersfeststellungen durchführen soll. Im Jahr 2020 wurden keine Altersfeststellungsverfahren durchgeführt. Die Gründe dafür waren die hohen Kosten der medizinischen Untersuchungen und logistische Probleme, wie z.B. Entfernung der Orte an denen MRT durchgeführt werden können. Das Innenministerium führt die Altersfeststellungen nur in Ausnahmefällen durch (AIDA 3.2021).
Für UM wird vor Beginn des Asylverfahrens ein gesetzlicher Vormund ernannt, der die verschiedenen Interessen (z.B. Asylverfahren, Gesundheitswesen, Bildung usw.) der Betroffenen während des gesamten Verfahrens vertritt. Darüber hinaus werden UM, wie jeder andere Asylwerber auch, von einem Rechtsbeistand des Legal informational centre for NGOs (PIC) betreut. In einigen Fällen warf die Eignung der Vormunde Fragen auf (AIDA 3.2021).
Vor 2016 wurden unbegleitete Kinder in einem speziellen Bereich des Asylheims in Ljubljana untergebracht. Aufgrund von festgestellten Mängeln bei Schutz und Betreuung in diesem Asylheim leitete die Regierung jedoch ein Pilotprojekt ein, das zwischen August 2016 und August 2017 stattfand, in dessen Rahmen unbegleitete Minderjährige in den Studentenwohnheimen Postojna und Nova Gorica verlegt wurden. Nach Abschluss des Pilotprojekts wurde die Unterbringung in Nova Gorica beendet und die unbegleiteten Minderjährigen in das Studentenwohnheim Postojna verlegt. Diese Lösung erbrachte bessere Ergebnisse, unter anderem in Bezug auf die Trennung von erwachsenen Asylwerbern, mehr verfügbare Unterstützung durch spezialisiertes Personal und eine bessere Integration in das lokale Umfeld. Da im Jahr 2020 keine systematische Lösung gefunden wurde, ist das Projekt erneut bis Ende 2021 verlängert worden. Wenn die Zahl der unbegleiteten Minderjährigen die Aufnahmekapazität des Studentenwohnheims übersteigt, werden in der Praxis nur UM unter 16 Jahren in Postojna beherbergt, die übrigen in einem Asylheim oder in Logatec. Bis Ende 2020 waren keine unbegleiteten Minderjährigen im Asylheim untergebracht. Elf unbegleitete Minderjährige waren im Studentenwohnheim Postojna und ein UM in Logatec beherbergt. In Postojna werden vom Fachpersonal der Einrichtung diverse Aktivitäten (Bildungs-, Kultur- und Sportaktivitäten) im und außerhalb des Wohnheims durchgeführt. Die Minderjährigen besuchen auch Slowenisch- und Alphabetisierungskurse, organisiert von Ljudska univerza Postojna. Weitere Aktivitäten werden von anderen NGOs durchgeführt. Die Anwälte des Legal Informational Centre for NGOs (PIC) bieten monatlich eine Rechtsberatung in der Einrichtung an (AIDA 3.2021)
Trotz der gesetzlichen Bestimmungen, die ausdrücklich erklären, dass UM nur in einem formellen Verfahren rückgeführt werden können, was sie von der Anwendung des bilateralen Rückübernahmeabkommens mit Kroatien ausschließt, wurden Minderjährige dennoch informell nach Kroatien zurückgeführt (AIDA 3.2021).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (3.2021): Legal-Informational Centre for NGOs (PIC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Slovenia, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/03/AIDA-SI_2020update.pdf , Zugriff 26.9.2021
- Welcomm (o.D.a): Housing in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/housing/ , Zugriff 26.9.2021
Versorgung
Für die Unterbringung und Aufnahme von Asylwerbern ist das sogenannte Government Office for Support and Integration of Migrants (Urad vlade za oskrbo in integracijo migrantov, UOIM) zuständig. Laut dem Gesetz wird allen Asylwerbern unabhängig vom Verfahren das Recht auf materielle Aufnahmebedingungen, einschließlich der Unterbringung im sogenannten Asylheim oder in einer seiner Außenstellen während des gesamten Verfahrens, gewährt. Antragsteller erhalten einen Ausweis, der ihren Status als Antragsteller auf internationalen Schutz bestätigt und der die freie Bewegung im slowenischen Hoheitsgebiet ermöglicht. Das Gesetz sieht weiter vor, dass Antragsteller, die über eigene Finanzmittel verfügen, die gesamten oder anteiligen Kosten ihrer materiellen Versorgung tragen müssen (AIDA 3.2021).
Asylwerber haben das Recht auf Unterbringung in einem Zentrum für Asylwerber oder in einer der Außenstellen, wo Verpflegung, Kleidung und Toilettenartikel bereitgestellt werden. Weiters haben sie Anspruch auf medizinische Notfallversorgung (und eine umfassende medizinische Versorgung bei Kindern) sowie Zugang zu Bildung und humanitärer Hilfe. In einem Zentrum untergebrachte Asylwerber erhalten ein Handgeld von 18 Euro im Monat (AIDA 3.2021; vgl. Welcomm o.D.a; Welcomm o.D.c).
Asylwerber haben nach 9 Monaten ab Antragsstellung freien Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Berufsausbildung, wenn ihr Verfahren zu diesem Zeitpunkt ohne eigenes Verschulden noch nicht entschieden ist. Eine der Aufgaben des 2017 gegründeten UOIM ist die Eingliederung von Asylwerbern in den Arbeitsmarkt. In der Praxis helfen auch NGOs bei der Arbeitssuche. Asylwerber sind jedoch bei der Jobsuche mit systematischen und praktischen Hindernissen (z.B. Sprachbarriere, kulturelle Unterschiede, fehlende Bildungsnachweise und Berufserfahrung, medizinische Probleme, Diskriminierung, Vertrauensmangel seitens der Arbeitgeber, etc.) konfrontiert (AIDA 3.2021; vgl. Welcomm o.D.d).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (3.2021): Legal-Informational Centre for NGOs (PIC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Slovenia, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/03/AIDA-SI_2020update.pdf , Zugriff 26.9.2021
- Welcomm (o.D.a): Housing in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/housing/ , Zugriff 26.9.2021
- Welcomm (o.D.c): Welfare benefits and social security in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/welfare/ , Zugriff 29.9.2021
- Welcomm (o.D.d): Employment in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/employment/ , Zugriff 29.9.2021
Unterbringung
Alle Migranten, die die Absicht haben, einen Asylantrag zu stellen, werden zunächst im geschlossenen Aufnahmebereich des Asylheims in Ljubljana untergebracht. Nach der Einreichung des Asylantrags kommen sie abhängig von den persönlichen Umständen entweder ins Asylheim (mit getrennten Unterbringungsmöglichkeiten für verschiedene soziale Gruppen) in Ljubljana oder in eine seiner drei Außenstellen (in Kotnikova, Logatec und Postojna) (AIDA 3.2021; vgl. Welcomm o.D.a).
Mit 29.9.2021 waren 185 Asylwerber in den Asylzentren und 24 in privaten Unterkünften untergebracht. Die Unterkunftskapazität in den Zentren liegt bei 401 Plätzen (VB 7.10.2021).
Derzeit werden im Asylheim (in Ljubljana) überwiegend alleinstehende Männer und einige Familien beherbergt, in der Außenstelle Kotnikova in Ljubljana ausschließlich alleinstehende Männer. In der Außenstelle Logatec werden überwiegend Familien und Paare und im Studentenwohnheim Postojna unbegleitete Minderjährige untergebracht. Die hygienischen und sonstigen Bedingungen im Asylheim und den Außenstellen gelten im Allgemeinen als zufriedenstellend. Die Sicherheit wird im Asylheim durch ein Sicherheitsunternehmen gewährleistet. Die Rechtsberatung erfolgt durch das Legal Informational Centre for NGOs (PIC). Weitere Hilfen und Aktivitäten werden von anderen NGOs (z.B. Društvo UP: psychosoziale Unterstützung und Freizeitaktivitäten; Javni zavod Cene Štupar: Sprach- und Lesekurse, Lernhilfe; Slovene Philanthropy: Freizeitaktivitäten (Englischkurs); Rotes Kreuz Slowenien: psychosoziale Beratung und Workshops zu sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, usw.) sowohl im Asylheim als auch in den Außenstellen angeboten. Darüber hinaus werden in den Einrichtungen Aktivitäten von den Sozialarbeitern der UOIM durchgeführt (AIDA 3.2021; vgl. Welcomm o.D.a).
Es fehlt jedoch an Kulturvermittlern und Dolmetschern mit Festanstellung; ihre Verfügbarkeit ist projektabhängig. Die Qualität der Übersetzung ist schlecht, was zu Problemen beim Zugang zum Asylverfahren führen kann. Auch die kindergartenähnliche Betreuung ist ausbaufähig. Engpässe bei Mitarbeitern im Asylheim können beispielsweise aufgrund der Verzögerung bei der Umsetzung von Projekten in gewissen Zeiträumen entstehen, generell gilt die Zahl der Mitarbeiter aber als ausreichend (AIDA 3.2021).
Die Unterbringung in einer Privatunterkunft kann beantragt werden. Über den entsprechenden Antrag entscheidet ein Sonderausschuss. Nach der Genehmigung hat der Betreffende keinen Anspruch auf die materiellen Leistungen wie im Asylheim, kann aber ein Antrag auf finanzielle Unterstützung zu Wohnzwecken stellen. Das eigenmächtige Entfernen aus dem zugeteilten Zentrum kann Auswirkungen auf das Asylverfahren haben (AIDA 3.2021; vgl. Welcomm o.D.a).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (3.2021): Legal-Informational Centre for NGOs (PIC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Slovenia, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/03/AIDA-SI_2020update.pdf , Zugriff 26.9.2021
- VB des BM.I für Slowenien (7.10.2021): Bericht des VB, per E-Mail
- Welcomm (o.D.a): Housing in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/housing/ , Zugriff 26.9.2021
Medizinische Versorgung
MedCOI bearbeitet seit seiner Übernahme durch EASO keinerlei medizinische Fragen zu Mitgliedsstaaten mehr, da dies nunmehr außerhalb des Mandats von MedCOI und außerhalb seiner Methodologie liegt (MedCOI 19.2.2021).
In Slowenien haben erwachsene Asylwerber ein Recht auf notwendige medizinische Versorgung, einschließlich medizinischer Notfallversorgung und Rettungsdienste, zahnärztlicher und gynäkologischer Notfallbehandlungen. Asylsuchende Minderjährige und Studenten bis zum Alter von 26 Jahren haben in Slowenien denselben Zugang zu medizinischer Versorgung, wie slowenische Minderjährige. Vulnerable mit speziellen Bedürfnissen haben Anspruch auf zusätzliche Gesundheitsleistungen, einschließlich psychotherapeutischer Hilfe. In Ausnahmefällen können zusätzliche Behandlungen auch anderen Asylwerbern gewährt werden. Über die Gewährung der medizinischen Zusatzleistungen entscheidet ein Sonderausschuss. Im Asylheim arbeiten ein Sozialarbeiter und eine Krankenschwester, die täglich anwesend sind. Ein Psychiater besucht das Asylheim wöchentlich und steht nach Vereinbarung auch Antragstellern aus den Außenstellen zur Verfügung. In den Außenstellen sind Sozialarbeiter ebenfalls verfügbar. Die medizinische Versorgung wird meistens mit Terminvereinbarungen in den Kliniken und Krankenhäusern organisiert. Asylwerber, die Unterstützung beim Zugang zu medizinischer Versorgung benötigen, können von den Sozialarbeitern Hilfe erhalten (AIDA 3.2021; vgl. USDOS 30.3.2021; Welcomm o.D.a; Welcomm o.D.b).
Asylwerber und Schutzberechtigte können von verschiedenen Organisationen, die in der Regel über Dolmetscher verfügen, kostenlose psychologische Hilfe erhalten (Welkomm o.D.f).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (3.2021): Legal-Informational Centre for NGOs (PIC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Slovenia, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/03/AIDA-SI_2020update.pdf , Zugriff 26.9.2021
- MedCOI – Medical COI (19.2.2021): Anfragebeantwortung, per E-Mail
- USDOS - US Department of State (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Slovenia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048474.html , Zugriff 23.9.2021
- Welcomm (o.D.a): Housing in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/housing/ , Zugriff 26.9.2021
- Welcomm (o.D.b): Health care in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/health/ , Zugriff 27.9.2021
- Welcomm (o.D.f): If you feel lost in a new country, https://welcomm-europe.eu/slovenia/lost/ , Zugriff 27.9.2021
Schutzberechtigte
Anerkannte Flüchtlinge erhalten einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Die dazugehörige Aufenthaltskarte wird für zehn Jahre ausgestellt und kann vor Ablauf ohne Schwierigkeiten verlängert werden. Eine Verlängerung ist in der Regel jedoch nicht notwendig, da die meisten Personen innerhalb von zehn Jahren entweder die Staatsbürgerschaft oder einen anderen Aufenthaltstitel erlangen. Subsidiär Schutzberechtigte bekommen einen zeitlich begrenzten Aufenthaltstitel für ein bis fünf Jahre mit der Möglichkeit der Verlängerung. Im Jahr 2020 wurde 17 Antragstellern der Flüchtlingsstatus und zwei Personen subsidiärer Schutz zuerkannt (AIDA 3.2021).
Die Asylberechtigten sind verpflichtet das Aufnahmezentrum (außer das Studentenheim in Postojna, wo die unbegleiteten Minderjährigen untergebracht sind) innerhalb von 15 Tagen zu verlassen, wenn die Entscheidung über ihren Asylantrag rechtskräftig wird. Im Falle einer negativen Entscheidung gelten die Aufnahmebedingungen während des Beschwerdeverfahrens weiter. Wenn Schutzberechtigte über keine Finanzmittel verfügen und ihnen keine andere Unterkunft bereitgestellt wird, haben sie Anspruch auf finanzielle Unterstützung für bis zu 18 Monate ab Schutzgewährung. Diese Unterstützung kann für weitere 18 Monate (insgesamt 3 Jahre) gewährt werden, wenn die Nutznießer mindestens 80 % der von der UOIM organisierten kostenlosen Sprach- und kulturellen Trainings besuchen. Der Höchstbetrag für Alleinstehende ist an die monatliche Sozialhilfe, derzeit 402,18 EUR, gekoppelt. Bei Familien ist der Höchstbetrag pro Person geringer; die Berechnung erfolgt nach den gesetzlichen Bestimmungen. Im ersten Jahr nach Schutzgewährung kann die finanzielle Unterstützung durch eine kostenlose Unterkunft in einem der sogenannten Integrationshäuser (Einrichtungen bestehend aus Appartements) des Innenministeriums, mit einer Gesamtkapazität von 60 Plätzen, ersetzt werden. Das Integrationshaus in Ljubljana ist für Familien und alleinstehende Frauen vorgesehen; in Maribor werden alleinstehende Männer untergebracht. Aus medizinischen oder anderen Gründen kann die Unterbringung im Integrationshaus um weitere sechs Monate verlängert werden. Ende Dezember 2020 wurden insgesamt 38 Personen in den Einrichtungen beherbergt. Schutzberechtigte erhalten Unterstützung bei der Wohnungssuche und bei der Integration durch die UOIM und NGOs, hauptsächlich von Društvo Odnos und Slovene Philanthropy. Die hohen Preise und das Misstrauen potenzieller Vermieter gegenüber Migranten stellen oft ein Hindernis bei der Suche nach einer geeigneten Wohnung dar. Gemeinnützige Mietwohnungen sind gemäß Gesetz nur slowenischen Bürgern zugänglich. Zum 31. Dezember 2020 lebten 573 Personen mit internationalem Schutzstatus in Privatwohnungen (AIDA 3.2021; vgl. Welcomm o.D.a, UOIM/MNZ o.D., ECRI 5.6.2019, Welcomm o.D.a).
Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die einen längeren Aufenthaltstitel als für ein Jahr erhalten, können die Familienzusammenführung unmittelbar nach der Zuerkennung des Schutzstatus beantragen. Ansonsten gelten für beide Personengruppen die gleichen Bedingungen bei der Familienzusammenführung (AIDA 3.2021).
Schutzberechtigten wird ein Integrationsberater zugeteilt. Gemeinsam mit dem Betroffenen wird ein personalisierter Integrationsplan für einen Zeitraum von drei Jahren erstellt, der bei Bedarf geändert oder ergänzt werden kann (UOIM/MNZ 2021). Seit 2013 führt die NGO Odnos Integrationsmaßnahmen für Personen mit internationalem Schutzstatus durch (ECRI 5.6.2019).
Schutzberechtigte haben Zugang zum Gesundheitswesen, Sozialleistungen, Bildung, Arbeitsmarkt und Wohnbeihilfe wie slowenische Bürger (AIDA 3.2021; vgl. ECRI 5.6.2019).
Schutzberechtigte fallen unter die obligatorische Krankenversicherung. Sie werden jedoch von den Integrationsbeauftragten dazu ermutigt, auch eine Zusatzkrankenversicherung abzuschließen, da ohne diese die Kosten für Medikamente und medizinische Behandlungen sehr hoch werden können. Sozialhilfeempfänger - darunter auch Schutzberechtigte nach Schutzgewährung - benötigen jedoch keine Zusatzversicherung und genießen trotzdem die vollen Rechte. Minderjährige mit internationalem Schutz haben Anspruch auf medizinische Versorgung wie slowenische Minderjährige bis zum 18. Lebensjahr (oder als ordentliche Studierende bis zum 26. Lebensjahr). Schutzberechtigte mit psychischen Problemen, einschließlich Folteropfer und andere traumatisierte Personen haben Zugang zu den gleichen medizinischen Leistungen wie slowenische Staatsbürger. Für diese Personengruppen werden jedoch nur gelegentlich spezifische Programme von NGOs und anderen Akteuren organisiert. Um die Sprachbarriere zu überwinden, wurde 2017 vom Innenministerium in Zusammenarbeit mit anderen Interessensgruppen das Handbuch „Multilingual Aid for Better Communication in Healthcare“ herausgegeben. Schutzberechtigte erhalten in der Anfangsphase nach Schutzgewährung Unterstützung vom UOIM-Personal und von NGOs. Aufgrund sprachlicher und kultureller Schwierigkeiten bleibt der Zugang zu Gesundheitsversorgung in der Praxis jedoch schwierig (AIDA 3.2021; vgl. Welcomm o.D.b).
Asylwerber und Schutzberechtigte können von verschiedenen Organisationen, die in der Regel über Dolmetscher verfügen, kostenlose psychologische Hilfe erhalten (Welkomm o.D.f).
Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben Anspruch auf finanzielle Sozialhilfe für Mittellose, welche aktuell 402,18 EUR pro Monat beträgt. Wenn die Person auch finanzielle Unterstützung für die Unterkunft erhält, bekommt sie monatlich 15% weniger an finanzieller Sozialhilfe. Dazu kommen noch weitere Leistungen (z.B. Kindergeld, Beihilfe für kinderreiche Familien, Notstandshilfe, Kinderbetreuungsbeihilfe) wenn die Betroffenen die entsprechenden Kriterien erfüllen. Ein wesentliches Problem stellt für Schutzberechtigte das Fehlen der sozialen Sicherheit in der Anfangsphase nach der Schutzgewährung dar. Die Bearbeitung des Antrags auf Sozialhilfe kann bis zu zwei Monate in Anspruch nehmen. Während dieser Zeit sind die Betroffenen oft auf die humanitäre Unterstützung karitativer Organisationen angewiesen. Neben dem nationalen System der sozialen Sicherheit werden jedoch manchmal zusätzliche Hilfen von Gemeinden gewährt, die dann verlangen können, dass die Leistungsempfänger in deren Gebiet wohnhaft sind (AIDA 3.2021; vgl. Welcomm o.D.c).
Schutzberechtigte haben neben dem Zugang zu Bildungseinrichtungen das Recht auf Stipendien und Unterbringung im Studentenwohnheim unter den gleichen Bedingungen wie Staatsbürger. Minderjährige haben in der Regel bereits vor Schutzgewährung Zugang zu Bildung. Die Kosten für die Anerkennung und Überprüfung der im Ausland erworbenen Abschlüsse werden von UOIM übernommen. Schutzberechtigte haben Anspruch auf einen kostenlosen Sprachkurs in slowenischer Sprache von 300 Stunden, der mit der Zustimmung des UIOM um weitere 100 Stunden verlängert werden kann. Auf die besonderen Bedürfnisse von asylsuchenden Minderjährigen wird ebenso Rücksicht genommen wie bei slowenischen Schülern (AIDA 3.2021; vgl. ECRI 5.6.2019; Welkomm o.D.e; Welkomm o.D.h).
Schutzberechtigte haben nicht nur freien Zugang zum Arbeitsmarkt, sondern sie werden bei den Programmen der aktiven Beschäftigungspolitik und als Arbeitslose in gleicher Weise behandelt wie Staatsangehörige. Vom Arbeitsmarktservice Sloweniens wurden zwei Stellen für Berufsberater geschaffen, einer in Ljubljana und einer in Maribor, die ausschließlich mit Schutzberechtigten arbeiten. Die sogenannten on-the-job Programme für Schutzberechtigte wurden an ihre Bedürfnisse angepasst (z.B. verlängerte Laufzeit, in Begleitung eines Mentors) (AIDA 3.2021). Personen mit internationalem Schutz sind bei der Jobsuche mit systematischen und praktischen Hindernissen (z.B. Sprachbarriere, kulturelle Unterschiede, fehlende Bildungsnachweise und Berufserfahrung, medizinische Probleme, Diskriminierung, Vertrauensmangel seitens der Arbeitgeber, etc.) konfrontiert (AIDA 3.2021; vgl. ECRI 5.6.2019; Welcomm o.D.d).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (3.2021): Legal-Informational Centre for NGOs (PIC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Slovenia, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/03/AIDA-SI_2020update.pdf , Zugriff 26.9.2021
- ECRI – European Commission Against Racism and Intolerance (5.6.2019): ECRI Report on Slovenia, https://rm.coe.int/fifth-report-on-slovenia/168094cb00 , Zugriff 30.9.2021
- UOIM/MNZ - Urad vlade za oskrbo in integracijo migrantov/Ministrstvo za notranje zadeve (2021): Persons under international protection, https://infotujci.si/en/persons-under-international-protection/ , Zugriff 30.9.2021
- Welcomm (o.D.a): Housing in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/housing/ , Zugriff 26.9.2021
- Welcomm (o.D.b): Health care in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/health/ , Zugriff 27.9.2021
- Welcomm (o.D.c): Welfare benefits and social security in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/welfare/ , Zugriff 27.9.2021
- Welcomm (o.D.d): Employment in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/employment/ , Zugriff 29.9.2021
- Welcomm (o.D.e): Language courses in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/language/ , Zugriff 27.9.2021
- Welcomm (o.D.g): Legal aid in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/legal/ , Zugriff 27.9.2021
- Welcomm (o.D.h): Education in Slovenia, https://welcomm-europe.eu/slovenia/education/ , Zugriff 27.9.2021
Konkrete, in den Personen der Beschwerdeführer gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
Die Beschwerdeführer sind gesund.
Gegen die Beschwerdeführer, die sich gemeinsam als Familie im Bundesgebiet aufhalten, ergeht eine gleichlautende Entscheidung. Abgesehen davon verfügen die Beschwerdeführer über keine weiteren besonders ausgeprägten privaten, familiären oder beruflichen Bindungen an Österreich. Die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers und Kindesmutter der Zweitbeschwerdeführerin, Frau XXXX , geb. XXXX StA. Rumänien, lebt nicht in Österreich. Zur in Österreich lebenden Schwester des Erstbeschwerdeführers besteht erst seit dessen Einreise in Österreich wieder (telefonischer) Kontakt; die Geschwister leben nicht im gemeinsamen Haushalt und es liegt keine gegenseitige Abhängigkeit vor. Eine Integrationsverfestigung der Beschwerdeführer im Bundesgebiet hat nicht stattgefunden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Antragstellung in Slowenien ergeben sich aus dem Vorbringen und dem vorliegenden EURODAC-Treffer vom 31.08.2021.
Die Feststellungen hinsichtlich der Zustimmung zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführer seitens Sloweniens gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO basiert auf dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der slowenischen Dublin-Behörde; der Schriftverkehr ist Teil des Verwaltungsaktes.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat Slowenien resultiert aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen, die seitens des Bundesverwaltungsgerichtes ins Verfahren eingebracht und den Beschwerdeführern zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt wurden. Die Länderinformationen gehen auf alle entscheidungsrelevanten Fragen ein: Neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Slowenien beinhalten die Berichte auch Informationen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg. Die Staatendokumentation, welche sich für die Zusammenstellung der Länderinformationen verantwortlich zeigt, ist zur Objektivität verpflichtet.
Aus den dargestellten Länderinformationen ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass das slowenische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 3.2021). Dublin-Rückkehrer haben in Übereinstimmung mit der Dublin-III-VO Zugang zu materieller Versorgung wie Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung, Kleidung etc. (MNZ 17.01.2018). Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, haben die Beschwerdeführer nicht dargelegt. Im Gegenteil gab der Erstbeschwerdeführer über Nachfrage an, dass es während des Voraufenthaltes in Slowenien keine konkret ihn betreffende Vorfälle gegeben habe; er sei immer mit der seinen Tochter zusammen gewesen. Auch in der Beschwerde bzw. den weiteren Schriftsätzen wurde hinsichtlich der Asyl- und Aufnahmesituation in Slowenien kein Vorbringen erstattet. Sofern der Erstbeschwerdeführer angab, in Slowenien vorerst inhaftiert worden zu sein, ist festzuhalten, dass er seine Angaben dahingehend relativierte, dass es sich dabei um Quarantänemaßnahmen im Zusammenhang mit der nach wie vor aktuellen COVID-19-Pandemie gehandelt habe. Ein derartiges Vorgehens Sloweniens ist nicht zu beanstanden.
Seitens der Beschwerdeführer wurde somit insgesamt kein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer gründet sich auf die Aussagen des Erstbeschwerdeführers vor dem BFA. Er führte keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen ins Treffen und gab an, dass auch seine Tochter gesund ist und keine Medikamente benötigt. Sie habe lediglich Masern gehabt, aber es gehe ihr wieder besser.
Abgesehen von den mitgereisten Angehörigen, gegen die eine gleichlautende Entscheidung ergeht, wurde kein Vorbringen zu besonders intensiven Anknüpfungspunkten in Österreich erstattet. Der Erstbeschwerdeführer gab selbst an, dass er seine in Österreich lebende Schwester zuvor zuletzt im Jahr 2016 gesehen hatte, dass zu ihr keine Abhängigkeit besteht, da sie ihn nicht finanziell unterstützt und dass auch sonst nur telefonischer Kontakt besteht, sodass von keiner besonderen Beziehungsintensität ausgegangen werden kann. Zum Vorbringen, wonach der Erstbeschwerdeführer seine Ehefrau in Österreich treffen wolle, auf dass sie hier gemeinsam mit der Tochter als Familie leben könnten, ist festzuhalten, dass sich die Ehefrau bzw. Kindesmutter nach wie vor nicht in Österreich befindet. Dies lässt sich einer aktuellen Melderegisterauskunft entnehmen und wurde in der Stellungnahme vom 12.07.2022 bestätigt. Die Beschwerdeführer haben somit - abgesehen von der Schwester des Erstbeschwerdeführers, zu der nur telefonischer Kontakt besteht - keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Diesbezüglich wurde in den eigebrachten Stellungnahmen auch kein gegenteiliges Vorbringen erstattet. Konkrete Anhaltspunkte für eine Integrationsverfestigung haben sich im Verfahren ebenso wenig ergeben und waren solche angesichts der bisher kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet auch nicht zu erwarten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
§ 5 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012, lautet:
„§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.“
§ 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:
„§ 9 (2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin-III-VO lauten:
„Artikel 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Artikel 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 [Anm.: gemeint wohl 16] genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Artikel 13
Einreise und/oder Aufenthalt
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller — der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können — sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Artikel 16
Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Artikel 17
Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.
Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.
Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.
Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.
Artikel 18
Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats
(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:
a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;
b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.
(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.
Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.
In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.
Artikel 23
Wiederaufnahmegesuch bei erneuter Antragstellung im ersuchenden Mitgliedstaat
(1) Ist ein Mitgliedstaat, in dem eine Person im Sinne des Artikels 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d einen neuen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Auffassung, dass nach Artikel 20 Absatz 5 und Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags zuständig ist, so kann er den anderen Mitgliedstaat ersuchen, die Person wieder aufzunehmen.
(2) Ein Wiederaufnahmegesuch ist so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Monaten nach der Eurodac-Treffermeldung im Sinne von Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 zu stellen.
Stützt sich das Wiederaufnahmegesuch auf andere Beweismittel als Angaben aus dem Eurodac-System, ist es innerhalb von drei Monaten, nachdem der Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 gestellt wurde, an den ersuchten Mitgliedstaat zu richten.
(3) Erfolgt das Wiederaufnahmegesuch nicht innerhalb der in Absatz 2 festgesetzten Frist, so ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, in dem der neue Antrag gestellt wurde.
(4) Für ein Wiederaufnahmegesuch ist ein Standardformblatt zu verwenden, das Beweismittel oder Indizien im Sinne der beiden Verzeichnisse nach Artikel 22 Absatz 3 und/oder sachdienliche Angaben aus der Erklärung der betroffenen Person enthalten muss, anhand deren die Behörden des ersuchten Mitgliedstaats prüfen können, ob ihr Staat auf Grundlage der in dieser Verordnung festgelegten Kriterien zuständig ist.
Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für die Erstellung und Übermittlung von Wiederaufnahmegesuchen fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Artikel 25
Antwort auf ein Wiederaufnahmegesuch
(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Wiederaufnahme der betreffenden Person so rasch wie möglich, in jedem Fall aber nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.
(2) Wird innerhalb der Frist von einem Monat oder der Frist von zwei Wochen gemäß Absatz 1 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.“
In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Sloweniens zur Prüfung der Asylanträge der Beschwerdeführer mittlerweile jedenfalls in Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO begründet: Slowenien hat ausdrücklich seine eigene Verantwortlichkeit zur Prüfung der Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bekundet und ist bereits in ein diesbezügliches Verfahren eingetreten. Dies bedeutet - unbesehen einer anderen Grundlage, wie etwa allenfalls Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO (Einreise von einem Drittstaat in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten) - jedenfalls einen Selbsteintritt Sloweniens gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO und wurde Slowenien nach dem Wortlaut dieser Bestimmung jedenfalls „dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen.“
Die Verpflichtung Sloweniens zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführer ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO, da die Beschwerdeführer dort am 31.08.2021 um die Gewährung internationalen Schutzes ansuchten, Slowenien vor einer Entscheidung der dort gestellten Anträge verließen und nunmehr in einem anderen Mitgliedstaat (in Österreich) weitere Anträge stellten. Slowenien hat der Wiederaufnahme der Beschwerdeführer gemäß dieser Bestimmung auch ausdrücklich zugestimmt.
Anhaltspunkte dafür, dass die Zuständigkeit Sloweniens in der Zwischenzeit untergegangen sein könnte, bestehen nicht.
Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin-III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels familiärer Anknüpfungspunkte in Österreich und mangels Vulnerabilität keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung der Anträge der Beschwerdeführer.
Nach der Rechtsprechung des VfGH (z.B. 17.06.2005, B 336/05; 15.10.2004, G 237/03) und des VwGH (z.B. 23.01.2007, 2006/01/0949; 25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO zwingend auszuüben, sofern die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben sollte, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären. Eine Zurückweisungsentscheidung nach § 5 AsylG 2005 hat zu unterbleiben, wenn einer Außerlandesbringung Art. 3 EMRK (VwGH 05.03.2018, Ra 2018/20/0062 bis 0064, mwN) oder Art. 8 EMRK (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0192 bis 0194, mwN) entgegenstehen, oder die Regelung über das Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 eine einheitliche Entscheidung in Bezug auf ein Familienmitglied, dessen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich inhaltlich zu behandeln ist, erfordern (VwGH 27.06.2017, Ra 2016/18/0277, mwN). Dementsprechend ist der Selbsteintritt auch in jenen Fällen auszuüben, in denen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme - insbesondere eine Außerlandesbringung in den nach der Dublin-III-Verordnung an sich zuständigen Mitgliedstaat - auf Grund der Rechtsposition des Antragstellers als begünstigter Drittstaatsangehöriger nicht angeordnet werden kann. Damit kommt in diesen Fällen eine zurückweisende Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 nicht in Betracht (vgl. bereits VwGH 12.5.2010, 2006/20/0766, zur „Ausweisung“ nach § 10 Abs. 1 AsylG 2005 vor der Neuordnung durch das FNG) (VwGH 26.04.2021, Ra 2021/14/0015, Rz 35).
Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre.
Mögliche Verletzung der Rechtsposition als begünstigter Drittstaatsangehöriger:
In den Begriffsbestimmungen des § 2 Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 54/2021, heißt es:
„Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist: (…)
10. Drittstaatsangehöriger: ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist;
11. begünstigter Drittstaatsangehöriger: der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht;“
§ 61 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016, besagt zur Anordnung zur Außerlandesbringung:
„§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. er in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dieser Mitgliedstaat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.“
Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass die Anordnung einer Außerlandesbringung von begünstigten Drittstaatsangehörigen stets zu unterbleiben hat, unabhängig davon, ob es sich um einen Fall der Z 1 oder der Z 2 des § 61 Abs. 1 FPG handelt (VwGH 26.04.2021, Ra 2021/14/0015).
Soweit im Verfahren wiederholt pauschal vorgebracht wurde, dass es sich beim Erstbeschwerdeführer als Ehegatten einer EU-Bürgerin und bei der Zweitbeschwerdeführerin als minderjährige Tochter einer EU-Bürgerin um begünstigte Drittstaatsangehörige handle und die Anordnung zur Außerlandesbringung aus Österreich damit unzulässig sei, ist festzuhalten, dass bereits nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG der Ehegatte bzw. die Tochter als eigene Verwandte einer EWR-Bürgerin, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat, (nur) dann ein begünstigter Drittstaatsangehöriger ist, insofern er/sie die EWR-Bürgerin begleitet oder ihr nachzieht. Es bedarf somit einer „Ankerperson“ in Österreich, die mit einer gewissen Nachhaltigkeit von ihrer Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat.
Im konkreten Fall mangelt es an einer solchen „Ankerperson“ in Österreich, zumal sich die rumänische Staatsangehörige Frau XXXX eben gerade nicht im Bundesgebiet aufhält; somit wird sie von den Beschwerdeführern weder begleitet, noch ziehen diese ihr nach. Überlegungen hinsichtlich der Frage, ob Frau XXXX mit einer gewissen Nachhaltigkeit von ihrer Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, einschließlich der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur, haben gegenständlich außer Betracht zu bleiben. Abgesehen von der pauschalen Behauptung, dass die Beschwerdeführer begünstigte Drittstaatsangehörige seien, wurde diesbezüglich seitens der bevollmächtigten Vertretung auch keinerlei konkretes Vorbringen erstattet; ebenso wenig wurden rechtliche Überlegungen dazu dargelegt. Eine mögliche Verletzung der Rechtsposition als begünstigter Drittstaatsangehöriger liegt im konkreten Fall der Beschwerdeführer nicht vor.
Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:
Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung in Bezug auf seine Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). „Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist.“ (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei, Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K 13 zu Art. 19).
Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich (Rz 60) aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin-II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.
Zudem hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15, Gezelbash (Große Kammer), festgestellt, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass […] ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriteriums […] geltend machen kann.
Damit im Einklang steht das Urteil des EuGH ebenfalls vom 07.06.2016, C-155/15, Karim (Große Kammer), wonach ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung geltend machen kann.
Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S. u.a./Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.01.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten (Rz 86). An dieser Stelle ist auch auf das damit in Einklang stehende Urteil des EuGH vom 14.11.2013 in der Rechtssache C-4/11, Kaveh Puid/Bundesrepublik Deutschland, zu verweisen (Rz 36, 37).
Nach der jüngeren Rechtsprechung des EuGH im Urteil vom 16.02.2017 in der Rechtssache C-578/16 PPU, C.K. u.a./Slowenien, ist Art. 4 GRC dahingehend auszulegen, dass die Überstellung eines Asylwerbers im Rahmen der Dublin-III-VO, auch wenn es keine wesentlichen Gründe für die Annahme gibt, dass in dem für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen bestehen (vgl. Art. 3 Abs. 2 zweiter Unterabsatz Dublin III-VO), nur unter Bedingungen vorgenommen werden darf, die es ausschließen, dass mit seiner Überstellung eine tatsächliche und erwiesene Gefahr verbunden ist, dass er eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne dieses Artikels erleidet (Tenor wiedergegeben in VwGH 20.06.2017, Ra 2016/01/0153-16 (Rz 28)).
Zuletzt hat sich der EuGH im Urteil vom 19.03.2019 in der Rechtssache C-163/17, Jawo/Bundesrepublik Deutschland, u.a. mit dem Umgang mit potentiellen Verletzungen von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK - dort konkret im Kontext mit Überstellungen nach Italien - befasst und ausgeführt, dass Überstellungen im Rahmen der Dublin-III-VO im Lichte des Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK nur im Falle „extremer materieller Not“ für die zu überstellende Person, die unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen einträte, unzulässig sind; dies sei zu unterscheiden von (bloß) „großer Armut oder einer starken Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betroffenen Person“ (Rz 93). Damit umschreibt der EuGH die diesbezüglichen Prüfungsmaßstäbe wesentlich enger als bei einer regulären Art. 3 EMRK Prüfung in Bezug auf Nicht-Mitgliedstaaten und nimmt gleichzeitig auf bestehende Judikatur Bezug: Bereits im Urteil vom 05.04.2016 in den verbundenen Rechtssachen C-404/15, Aranyosi, und C-659/15 PPU, Căldăraru, hatte der EuGH ein - von den Spezifika der dort zugrundeliegenden Verfahren betreffend die Vollstreckung Europäischer Haftbefehle unabhängiges und auch für Verfahren nach der Dublin-III-VO gültiges - mehrstufiges Prüfungskonzept festgelegt (Rz 90); ausgeführt wurde dort, dass in einem ersten Schritt zu prüfen ist, ob im Aufnahmestaat systemische oder allgemeine Mängel [hier: im Asylverfahren und/oder in der Unterbringungs- und Versorgungssituation] vorliegen (Rz 89), und in einem zweiten Schritt, ob es ernsthafte Gründe für die Annahme gibt, dass der Betroffene einer solchen Gefahr auch subjektiv ausgesetzt wird (Rz 92). Nur im kumulativen Vorliegen dieser objektiven und subjektiven Elemente erkennt der EuGH jene „außergewöhnliche Umstände“, die eine Einschränkung der Grundsätze des gegenseitigen Vertrauens und der gegenseitigen Anerkennung zwischen den Mitgliedstaaten rechtfertigen kann.
Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber (objektiv) vorherrschen, und zum anderen aus unionsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob die Beschwerdeführer im Falle der Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG - unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation - (subjektiv) in ihren Rechten gemäß Art. 3 EMRK und/oder Art. 8 EMRK verletzt würde, wobei der Maßstab des „real risk“ anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.
In diesem Zusammenhang führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass mit § 5 Abs. 3 AsylG 2005 eine gesetzliche „Beweisregel“ geschaffen wurde, die es - im Hinblick auf die vom Rat der Europäischen Union vorgenommene normative Vergewisserung - grundsätzlich nicht notwendig macht, die Sicherheit des Asylwerbers vor „Verfolgung“ im nach dem Dublin-System zuständigen Mitgliedstaat von Amts wegen in Zweifel zu ziehen. Die damit aufgestellte Sicherheitsvermutung ist jedoch unter näher bezeichneten Voraussetzungen widerlegbar (vgl. VwGH 08.09.2015, Ra 2015/17/0113 bis 0120, mwN auf die bisherige Rechtsprechung). Dieser Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 nur durch eine schwerwiegende, die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC übersteigende allgemeine Änderung der Rechts- und Sachlage im zuständigen Mitgliedstaat widerlegt werden kann (vgl. aktuell dazu auch VwGH 20.06.2017, Ra 2016/01/0153-16 (Rz 33, 35); 09.11.2017, Ra 2017/18/0272 bis 0273 (Rz 10); 04.09.2018, Ra 2017/01/0252 mwN; 15.04.2019, Ra 2019/01/0109 (Rz 8) mit Verweis auf EuGH 19.03.2019, C-163/17, Rs Jawo, zum Prinzip des gegenseitigen Vertrauens).
Der angefochtene Bescheid enthält umfangreiche Feststellungen zum slowenischen Asylwesen, die mittlerweile in einer aktuelleren Form vorliegen; diese wurden den Beschwerdeführern seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zur Kenntnis gebracht. Die Feststellungen basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA, welches zur Objektivität verpflichtet ist. Zu den einzelnen Passagen sind jeweils detaillierte Quellenangaben angeführt. Es sind dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt.
Den von der Staatendokumentation zusammengestellten Länderberichten lässt sich entnehmen, dass in Slowenien ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit existiert. Für aus einem anderen Mitgliedstaat überstellte Asylwerber bestehen keine Hindernisse beim Zugang zum Asylverfahren. Wie vom slowenischen Verfassungsgericht bestätigt, gelten Dublin-Rückkehrer ab dem Zeitpunkt ihrer Rückkehr nach Slowenien als Asylwerber (AIDA 3.2021). Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens ab: Ein Antragsteller, der während seines laufenden erstinstanzlichen Asylverfahrens untergetaucht ist - so wie dies im gegenständlichen Fall zutrifft -, kann einen neuen Asylantrag stellen, der nicht als Folgeantrag gilt (AIDA 3.2021). Asylwerber haben das Recht auf Unterbringung in einem Zentrum für Asylwerber oder in einer der Außenstellen, wo Verpflegung, Kleidung und Toilettenartikel bereitgestellt werden. Weiters haben sie Anspruch auf medizinische Notfallversorgung (und eine umfassende medizinische Versorgung bei Kindern) sowie Zugang zu Bildung und humanitärer Hilfe. In einem Zentrum untergebrachte Asylwerber erhalten ein Handgeld von 18 Euro im Monat (AIDA 3.2021; vgl. Welcomm o.D.a; Welcomm o.D.c). Asylwerber haben nach 9 Monaten ab Antragsstellung freien Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Berufsausbildung, wenn ihr Verfahren zu diesem Zeitpunkt ohne eigenes Verschulden noch nicht entschieden ist (AIDA 3.2021; vgl. Welcomm o.D.d). In Slowenien haben erwachsene Asylwerber ein Recht auf notwendige medizinische Versorgung, einschließlich medizinischer Notfallversorgung und Rettungsdienste, zahnärztlicher und gynäkologischer Notfallbehandlungen. Im Asylheim arbeiten ein Sozialarbeiter und eine Krankenschwester, die täglich anwesend sind. Ein Psychiater besucht das Asylheim wöchentlich und steht nach Vereinbarung auch Antragstellern aus den Außenstellen zur Verfügung. In den Außenstellen sind Sozialarbeiter ebenfalls verfügbar. Die medizinische Versorgung wird meistens mit Terminvereinbarungen in den Kliniken und Krankenhäusern organisiert. Asylwerber, die Unterstützung beim Zugang zu medizinischer Versorgung benötigen, können von den Sozialarbeitern Hilfe erhalten (AIDA 3.2021; vgl. USDOS 30.3.2021; Welcomm o.D.a; Welcomm o.D.b).
Schon vor dem Hintergrund dieser erstinstanzlichen Erwägungen kann somit nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-III-VO nach Slowenien überstellt werden aufgrund der dortigen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines „real risk“ für den Einzelnen bestünde.
Schwerwiegende Erkrankungen brachten die Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht vor. Vor dem Hintergrund, dass Asylwerber in Slowenien laut den herangezogenen Länderberichten Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung haben, ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer dort ärztliche Behandlung erhalten, sofern sie eine solche benötigen sollten.
Im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie ist auszuführen, dass diesbezüglich in Slowenien kein relevanter Unterschied zur Situation in Österreich erkannt werden kann. Der Erstbeschwerdeführer ist ein gesunder junger Mann im Alter von 27 Jahren; die Zweitbeschwerdeführerin ist ein Kleinkind. Relevante Vorerkrankungen, die den Verlauf einer möglichen Erkrankung mit COVID-19 verschlimmern könnten, wurden im Verfahren nicht ins Treffen geführt. Eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass die Beschwerdeführer pandemiebedingt in Slowenien in ihren Rechten gemäß Art. 3 EMRK verletzt würden, kann nicht erkannt werden.
Insgesamt gesehen konnten die Beschwerdeführer keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, die für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprächen, glaubhaft machen, weshalb die Rechtsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.
Jedenfalls hätten die Beschwerdeführer die Möglichkeit, etwaige ihnen drohende oder eingetretene Verletzungen ihrer Rechte, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Slowenien und letztlich beim EGMR, insbesondere auch durch Beantragung einer vorläufigen Maßnahme gemäß Art. 39 EGMR-VerfO, geltend zu machen.
Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK:
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Die Beschwerdeführer sind gemeinsam im Familienverband in Österreich aufhältig und es ergeht gegen sie eine gleichlautende Entscheidung. Abgesehen davon verfügen sie über keine besonders ausgeprägten privaten, familiären oder beruflichen Bindungen im österreichischen Bundesgebiet. Folglich würde eine Überstellung nach Slowenien weder Art. 16 Dublin-III-VO verletzen, noch einen unzulässigen Eingriff in ihr durch Art. 8 EMRK verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht darstellen.
Es ist an dieser Stelle einmal mehr darauf hinzuweisen, dass sich die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers bzw. die Kindesmutter der Zweitbeschwerdeführerin nicht in Österreich aufhält. Ein Familienleben wird somit eben gerade nicht in Österreich geführt, sondern besteht im Gegenteil schon jetzt eine Art Fernbeziehung, zumal der Kontakt laut Vorbringen (nur) telefonisch aufrechterhalten wird. Dies ist problemlos auch nach Slowenien möglich. Dem Kindeswohl wird insofern Rechnung getragen, als die Zweitbeschwerdeführerin nicht von ihrem leiblichen Vater getrennt, sondern mit diesem gemeinsam nach Slowenien ausgewiesen wird. Laut Schilderungen des Erstbeschwerdeführers war er auch in der Vergangenheit die Hauptbezugsperson für die Zweitbeschwerdeführerin, zumal sich die Kindesmutter aus freien Stücken von der Familie entfernt hatte, um nach Rumänien zu ziehen, und letztlich - trotz Ankündigung - auch nicht nach Österreich kam, um die Familie hier (wieder) zu treffen. Eine Trennung von der leiblichen Mutter wird durch die gegenständliche Entscheidung somit nicht verursacht; die Kindesmutter lebt bereits getrennt von ihrer Tochter.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass im gegenständlichen Fall eine Ausweisung der Beschwerdeführer keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Familienleben darstellt.
Auch der durch die Ausweisung der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in ihr Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu ihrem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt:
Während des Aufenthaltes im Bundesgebiet, der derzeit etwa zehn Monate beträgt, kam den Beschwerdeführern nicht einmal eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu, sondern es bestand - da das Verfahren nicht zugelassen war - lediglich faktischer Abschiebeschutz. Zudem war der sehr kurze Zeitraum, gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes, als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen (dort: vorläufig berechtigten) Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124).
Die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet haben nur sehr geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund. Ein durch die Ausweisung der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in ihr Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu ihrem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet jedenfalls gedeckt.
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zum Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz vorzunehmen.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm § 61 Abs. 1 FPG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt. Wie bereits ausgeführt, stellt die Anordnung zur Außerlandesbringung keinen unzulässigen Eingriff in das Recht der Beschwerdeführer auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens dar, sodass die Anordnung gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist. Die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 61 Abs. 2 FPG ist gegeben, da oben festgestellt wurde, dass dadurch keine Verletzung von Art. 3 EMRK bewirkt wird, und auch sonst keinerlei Hinweise auf eine Bedrohungssituation im Sinne des § 50 FPG vorliegen.
Nach § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben (vgl. VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018; die dort genannten Kriterien für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG sind gegenständlich erfüllt). Es ergab sich kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit den Beschwerdeführern zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die tragenden Elemente der Entscheidung liegen allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedstaat, welche sich aus den umfassenden und aktuellen Länderberichten ergibt, weiters im Gesundheitszustand der Beschwerdeführer sowie in der Bewertung der Intensität ihrer privaten und familiären Interessen und demgemäß in Tatbestandsfragen.
Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.
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