AlVG §26
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W238.2230381.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER und Mag. Robert STEIER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ingo RIß, Gußhausstraße 14, Top 7, 1040 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Austria Campus vom 13.01.2020, VN XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 30.03.2020, GZ XXXX , betreffend Abweisung des Antrags vom 13.12.2019 auf Zuerkennung von Weiterbildungsgeld zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerde-vorentscheidung bestätigt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin beantragte am 13.12.2019 die Zuerkennung von Weiterbildungsgeld bei Bildungskarenz ab 03.01.2020.
2. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Austria Campus (im Folgenden: AMS) vom 13.01.2020 wurde dem Antrag gemäß § 26 Abs. 3 AlVG wegen Vorliegens eines Bruttoeinkommens aus unselbständiger Erwerbstätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze keine Folge gegeben. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin seit 02.05.2019 bis dato in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis als Angestellte der XXXX GmbH stehe. Sie erhalte für diese Beschäftigung nicht – wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht – ein Praktikumsentgelt, sondern ein Gehalt in Höhe von € 659,02 brutto monatlich für 25 Wochenstunden. Das Bruttoeinkommen aus der Beschäftigung übersteige die Geringfügigkeitsgrenze, die im Jahr 2020 € 460,66 brutto monatlich betrage. Es fehle daher eine wesentliche Anspruchsvoraussetzung für die Zuerkennung des Weiterbildungsgeldes.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Sie führte im Wesentlichen aus, dass sie sich seit September 2018 in der postgraduellen Ausbildung zur Klinischen Psychologin befinde. Nach dem PsychologenG 2013 seien dafür sowohl der Erwerb theoretischer fachlicher Kompetenz im Ausmaß von zumindest 340 Einheiten als auch der Erwerb praktischer fachlicher Kompetenz durch eine praktische Fachausbildungstätigkeit unter Anleitung von Berufsangehörigen im Rahmen von Arbeitsverhältnissen im Ausmaß von zumindest 2098 Stunden erforderlich. Das Dienstverhältnis zur XXXX GmbH stelle ein Ausbildungsverhältnis zum Erwerb praktisch fachlicher Kompetenz dar. Wie dem vorgelegten Dienstzettel, welcher als Ausbildungsvertrag bzw. Praktikumsvertrag anzusehen sei, zu entnehmen sei, werde das Anstellungsverhältnis der Beschwerdeführerin als „Klinische Psychologin in Ausbildung“ bezeichnet und nur mit 50 % des normalen Gehalts vergütet. Zusätzlich sei vermerkt, dass das Anstellungsverhältnis lediglich für die Dauer der Ausbildung befristet sei. Nachdem die Beschwerdeführerin die theoretische Ausbildung zur Klinischen Psychologin im September 2018 begonnen habe, befinde sie sich nun seit Mai 2019 in der praktischen Ausbildungsstelle und dementsprechend auch in einem Anstellungsverhältnis zur XXXX . Auf Grund der Belastung (Beschäftigung und Ausbildung) habe sich die Beschwerdeführerin entschieden, ihre Ausbildung zur Klinischen Psychologin in Bildungskarenz zu absolvieren. Auf Nachfrage beim AMS habe sie die Auskunft erhalten, dass sie das Eineinhalbfache der Geringfügigkeitsgrenze verdienen dürfe, wenn die Einkünfte auf Grund einer Ausbildung erfolgen würden. Dies entspreche auch der Bestimmung des § 26 Abs. 3 AlVG. Das Eineinhalbfache der monatlichen Geringfügigkeit im Jahr 2020 betrage € 690,99. Die Beschwerdeführerin habe diese Grenze mit ihren Einkünften nicht überschritten. Es wurde die Zuerkennung des Weiterbildungsgeldes für die Dauer der Bildungskarenz sowie rückwirkend für Jänner 2020 begehrt.
4. Seitens des AMS Wien Austria Campus wurde daraufhin mit Bescheid vom 30.03.2020 eine Beschwerdevorentscheidung erlassen, mit der die Beschwerde gemäß § 26 Abs. 1 und 3 AlVG iVm § 14 VwGVG und § 56 AlVG abgewiesen wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin vom 02.05.2019 bis 31.01.2020 in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis und seit 01.02.2020 bis dato in einem geringfügigen Dienstverhältnis bei der XXXX GmbH stehe. Am 13.12.2019 habe sie einen Antrag auf Weiterbildungsgeld ab 03.01.2020 gestellt. Laut Bescheinigung des Dienstgebers XXXX sei eine Bildungskarenz nach § 11 AVRAG für die Zeit vom 03.01.2020 bis 02.01.2021 vereinbart worden. Die Beschwerdeführerin habe eine Bestätigung der XXXX vorgelegt, aus der hervorgehe, dass sie zum Grundmodul Klinische Psychologie aufgenommen worden sei und im Jahr 2020 zwei Module des Grundmoduls sowie das gesamte Aufbaumodul im Ausmaß von 120 Einheiten absolvieren werde. Weiters habe die Beschwerdeführerin einen Dienstzettel vorgelegt, wonach sie als Klinische Psychologin in Ausbildung in einem befristeten Dienstverhältnis stehe und für Jänner 2020 ein Bruttomonatsgehalt von € 659,02 erhalte. Gemäß § 26 Abs. 3 AlVG gebühre bei Vorliegen einer Beschäftigung kein Weiterbildungsgeld, es sei denn, dass § 12 Abs. 6 lit. a, b, c, d, e oder g AlVG (Geringfügigkeit) zutreffe. Wer auf Grund einer Ausbildung oder mehreren Ausbildungen Einkünfte erziele, deren Höhe das Eineinhalbfache der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG übersteige, habe keinen Anspruch auf Weiterbildungsgeld. Ein Beschäftigungsverhältnis gelte als geringfügig, wenn daraus im Kalendermonat kein höheres Entgelt als € 460,66 (für das Jahr 2020) gebühre. Der Begriff der Beschäftigung im Sinne des § 26 Abs. 3 AlVG umfasse zwar nicht nur Dienstverhältnisse; Ausbildungsverhältnisse, die keine Dienstverhältnisse seien, würden jedoch nicht darunter fallen. Aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen und der Information des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger gehe hervor, dass es sich bei der Tätigkeit bei der XXXX GmbH um ein Dienstverhältnis und nicht um ein Ausbildungsverhältnis handle. Da ein Dienstverhältnis mit Einkünften über der Geringfügigkeitsgrenze vorliege, sei der Antrag auf Weiterbildungsgeld ab 03.01.2020 zur Recht abgewiesen worden.
5. Die Beschwerdeführerin brachte fristgerecht einen Vorlageantrag ein und bekräftigte unter Verweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass in ihrem Fall Einkünfte auf Grund eines Ausbildungsverhältnisses vorliegen würden, die dem Anspruch auf Weiterbildungsgeld nicht entgegenstünden. Sie müsse die in Rede stehende Tätigkeit absolvieren, da das Ausbildungsverhältnis auf den Erwerb der praktischen fachlichen Kompetenz als Klinische Psychologin abziele. Da sie Einkünfte in Höhe von € 659,02 aus einem Ausbildungsverhältnis erzielt habe, die das Eineinhalbfache der Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreiten würden, seien diese nicht anspruchsschädlich. Abschließend wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
6. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 17.04.2020 vorgelegt.
7. Über Veranlassung des Bundesverwaltungsgerichtes erstattete die belangte Behörde am 07.05.2020 eine ergänzende Stellungnahme, in der ausgeführt wurde, dass praktische fachliche Kompetenz für Klinische Psychologen gemäß § 8 Abs. 1 Z 2b PsychologenG 2013 im Rahmen von Arbeitsverhältnissen zu erwerben sei. Auch aus dem vorgelegten Dienstzettel gehe hervor, dass es sich um ein Dienstverhältnis handle. Es finde sich kein Hinweis auf ein Praktikum. Anhand der vorliegenden Kriterien (Gesetzestext, Dienstzettel, Anmeldung bei der österreichischen Gesundheitskasse) gehe das AMS von einem Dienstverhältnis und nicht von einem Ausbildungsverhältnis aus.
8. Die Ausführungen der belangten Behörde wurden dem Parteiengehör unterzogen. In ihrer Stellungnahme vom 14.05.2020 wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen mit der Begründung des Vorlageantrags, dass es sich in ihrem Fall entgegen der Auffassung der belangten Behörde um Einkünfte aus einem Ausbildungsverhältnis handle.
9. Nach Einlangen einer Vollmachtbekanntgabe erstattete die Beschwerdeführerin am 17.06.2020 eine weitere Stellungnahme. Darin wurde ausgeführt, dass die Tätigkeit der Beschwerdeführerin ihrer Ausbildung gedient habe, was anhand der gesetzlichen Vorgaben, der Ausgestaltung der ausgeübten Tätigkeit und der geringen Entlohnung ersichtlich sei. Es sei gesetzlich vorgeschrieben, 2098 Stunden an praktischer fachlicher Ausbildung zur Klinischen Psychologin zu absolvieren. Zweck der Tätigkeit sei der Erwerb von praktischen Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, wie dies in § 24 PsychologenG 2013 vorgesehen sei. Die Beschwerdeführerin habe im Vergleich mit einem klassischen Dienstverhältnis eine erhöhte Wahlmöglichkeit (z.B. mögliche Ablehnung bestimmter Aufgaben). Sie sei nicht an strikte zeitliche Vorgaben gebunden. Die tatsächliche Ausgestaltung der absolvierten Tätigkeiten würden einem Ausbildungsverhältnis entsprechen. Auch die geringe Entlohnung von € 659,02 für 25 Wochenstunden (Bruttostundenlohn von € 6,09) könne für die Deckung der Lebenskosten nicht als ausreichend betrachtet werden. Es handle sich vielmehr um eine Entschädigung für die Ausbildungskosten. Dass die Beschwerdeführerin zur Sozialversicherung angemeldet sei, sei für die Frage des Vorliegens eines Dienstverhältnisses weder ausreichend noch entscheidend. Gleiches müsse auch in Hinblick auf den vorgelegten Dienstzettel gelten. Alleine der Umstand, dass ein Dienstzettel ausgehändigt worden sei, begründe noch kein Dienstverhältnis, das ein Ausbildungsverhältnis ausschließe. Zudem werde dort die Verwendung der Beschwerdeführerin als „Klinische Psychologin in Ausbildung“ angeführt. Schließlich müsse für die Anerkennung der praktischen fachlichen Tätigkeit ein Rasterzeugnis vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eingereicht werden. Darin sei u.a. die Tätigkeit in einer praktischen Ausbildungseinrichtung zum fachlichen Kompetenzerwerb umfangreich und genau zu beschreiben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin stand vom 01.04.2017 bis 02.01.2020 sowie ab 20.03.2020 in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis bei der XXXX Gemeinnützige Betriebs GmbH.
Die Beschwerdeführerin vereinbarte mit ihrem Dienstgeber eine Bildungskarenz für die Zeit vom 03.01.2020 bis 02.01.2021 für die Ausbildung zur Klinischen Psychologin.
Die Beschwerdeführerin absolviert an der XXXX seit September 2018 eine postgraduelle Ausbildung zur Klinischen Psychologin. Für diese Ausbildung ist u.a. der Erwerb theoretischer fachlicher Kompetenz im Ausmaß von zumindest 340 Einheiten sowie praktischer fachlicher Kompetenz durch eine praktische Fachausbildungstätigkeit unter Anleitung von Berufsangehörigen im Rahmen von Arbeitsverhältnissen im Ausmaß von zumindest 2098 Stunden erforderlich.
Vom 02.05.2019 bis 31.01.2020 stand die Beschwerdeführerin in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis bei der XXXX GmbH. Von 01.02.2020 bis 31.03.2020 stand sie bei der XXXX GmbH in einem geringfügigen Dienstverhältnis; seit 01.04.2020 ist sie dort wieder als Angestellte nach dem ASVG gemeldet.
Für die Beschäftigung bei der XXXX GmbH wurde im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ab 01.01.2020 ein Bruttomonatsgehalt von € 659,02 für eine Wochennormalarbeitszeit von 25 Stunden vereinbart. Als „Arbeiter/Angestellte Dienstverwendung“ wurde im Dienstzettel „Klinische Psychologin in Ausbildung“ vermerkt. Die Einstufung erfolgte in Verwendungsgruppe 9, Gehaltsstufe 1 zu 50 %. Das Dienstverhältnis wurde für die Dauer der klinisch-psychologischen Ausbildung befristet. Eine Kündigung des Dienstverhältnisses war auch während der Befristung durch ordentliche Kündigung möglich, wobei auf § 20 Abs. 2 AngG verwiesen wurde. Der Urlaubsanspruch richtete sich nach dem geltenden Kollektivvertrag.
Bei dieser Beschäftigung handelte es sich um ein Dienstverhältnis, nicht um ein Ausbildungsverhältnis.
Am 13.12.2019 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Weiterbildungsgeld ab 03.01.2020, welcher mit dem angefochtenen Bescheid wegen Vorliegens einer Beschäftigung mit Einkünften über der Geringfügigkeitsgrenze abgewiesen wurde.
Dem (nicht verfahrensgegenständlichen) Antrag der Beschwerdeführerin vom 19.01.2020 auf Zuerkennung von Weiterbildungsgeld wurde – nach Reduzierung des Dienstverhältnisses bei der XXXX GmbH auf eine geringfügige Beschäftigung – Folge gegeben. Die Beschwerdeführerin bezog sodann vom 02.02.2020 bis zur Wiederaufnahme der Beschäftigung bei der XXXX Gemeinnützige Betriebs GmbH und Unterbrechung der Bildungskarenz am 19.03.2020 Weiterbildungsgeld.
2. Beweiswürdigung:
Die Dienstverhältnisse der Beschwerdeführerin bei der XXXX Gemeinnützige Betriebs GmbH sind dem Versicherungsverlauf zu entnehmen. Die Vereinbarung einer Bildungskarenz ergibt sich aus dem Akt und wurde nie bestritten.
Die Feststellung über die Absolvierung einer postgraduellen Ausbildung zur Klinischen Psychologin stützt sich auf die Angaben der Beschwerdeführerin und die Bestätigung der XXXX vom 16.12.2019.
Die Ausgestaltung der Ausbildung zur Klinischen Psychologin ergibt sich aus den Regelungen im PsychologenG 2013, betreffend den Erwerb praktischer fachlicher Kompetenz insbesondere aus § 8 Abs. 1 Z 2 lit. b sublit. ba iVm § 24 Abs. 1 Z 1 leg. cit.
Dauer und Ausmaß der Beschäftigungen der Beschwerdeführerin bei der XXXX GmbH sind dem Versicherungsverlauf zu entnehmen.
Die Änderung der Beschäftigung bei der XXXX GmbH ab 01.01.2020 ergibt sich aus dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten „Dienstzettel-Angestellte-Änderung“ vom 11.12.2019.
Bezüglich der Feststellung, dass es sich bei dieser Beschäftigung um ein Dienstverhältnis, nicht um ein Ausbildungsverhältnis handelte, wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.
Die Feststellungen über die Antragstellung vom 13.12.2019 und vom 09.01.2020, über den Gegenstand des angefochtenen Bescheides, die Änderung des Dienstverhältnisses bei der XXXX GmbH auf eine geringfügige Beschäftigung und die sodann erfolgte Zuerkennung von Weiterbildungsgeld ab 02.02.2020 bis zur Wiederaufnahme der Beschäftigung bei der XXXX Gemeinnützige Betriebs GmbH und Unterbrechung der Bildungskarenz am 19.03.2020 sind dem Akteninhalt zu entnehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.2. Die Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) in der hier zeitraumbezogen maßgeblichen Fassung lauten wie folgt:
„Weiterbildungsgeld
§ 26. (1) Personen, die eine Bildungskarenz gemäß § 11 oder eine Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes gemäß § 12 AVRAG in Anspruch nehmen und die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erfüllen, gebührt für die vereinbarte Dauer ein Weiterbildungsgeld in der Höhe des Arbeitslosengeldes, mindestens jedoch in der Höhe von 14,53 Euro täglich, bei Erfüllung der nachstehenden Voraussetzungen:
1. Bei einer Bildungskarenz gemäß § 11 AVRAG muss die Teilnahme an einer im Wesentlichen der Dauer der Bildungskarenz entsprechenden Weiterbildungsmaßnahme nachgewiesen werden. Das Ausmaß der Weiterbildungsmaßnahme muss mindestens 20 Wochenstunden, bei Personen mit Betreuungsverpflichtungen für Kinder bis zum vollendeten siebenten Lebensjahr, für die keine längere Betreuungsmöglichkeit besteht, mindestens 16 Wochenstunden betragen. Umfasst die Weiterbildungsmaßnahme nur eine geringere Wochenstundenanzahl, so ist nachzuweisen, dass zur Erreichung des Ausbildungszieles zusätzliche Lern- und Übungszeiten in einem Ausmaß erforderlich sind, dass insgesamt eine vergleichbare zeitliche Belastung besteht. Eine praktische Ausbildung darf nicht beim karenzierenden Arbeitgeber stattfinden, es sei denn, dass die Ausbildung nur dort möglich ist.
2. Bei einer Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes gemäß § 12 AVRAG muss die Einstellung einer nicht nur geringfügig beschäftigten Ersatzarbeitskraft, die zuvor Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezogen hat, nachgewiesen werden.
3. Innerhalb einer Rahmenfrist von vier Jahren kann, unabhängig davon ob eine Bildungskarenz oder eine Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgelts vorliegt, insgesamt längstens ein Jahr Weiterbildungsgeld bezogen werden. Wenn die Weiterbildungsmaßnahme in Teilen stattfindet, kann das Weiterbildungsgeld innerhalb einer Rahmenfrist von vier Jahren fortbezogen werden. Wurde innerhalb der Rahmenfrist bereits Bildungsteilzeitgeld (§ 26a) bezogen, so ist der Zeitraum, in dem Bildungsteilzeitgeld bezogen wurde, zur Hälfte auf die Bezugsdauer für Weiterbildungsgeld anzurechnen. Bruchteile von Tagen bleiben außer Betracht. Die Anwartschaft ist nur bei der ersten Inanspruchnahme von Weiterbildungsgeld oder Bildungsteilzeitgeld innerhalb des Vierjahreszeitraumes zu erbringen. Wurde innerhalb der Rahmenfrist zuerst Bildungsteilzeitgeld bezogen, so ist das Weiterbildungsgeld zum Zeitpunkt der ersten Geltendmachung des Weiterbildungsgeldes innerhalb des Vierjahreszeitraumes zu bemessen.
4. Vor Inanspruchnahme der Bildungskarenz muss die karenzierte Person aus dem nunmehr karenzierten Arbeitsverhältnis ununterbrochen sechs Monate arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein; bei einem befristeten Arbeitsverhältnis in einem Saisonbetrieb muss sie ununterbrochen drei Monate arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein. Zeiten, die gemäß § 14 Abs. 4 und 5 auf die Anwartschaft anzurechnen sind, sind wie Zeiten arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung zu werten.
5. Erfolgt die Weiterbildung in Form eines Studiums an einer im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG), BGBl. Nr. 305/1992, genannten Einrichtung, so ist nach jeweils sechs Monaten (nach jedem Semester) ein Nachweis über die Ablegung von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern im Gesamtumfang von vier Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von acht ECTS-Punkten oder ein anderer geeigneter Erfolgsnachweis (wie beispielsweise Ablegung der Diplomprüfung oder des Rigorosums oder Bestätigung des Fortschrittes und zu erwartenden positiven Abschlusses einer Diplomarbeit oder sonstigen Abschlussarbeit) zu erbringen. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 StudFG genannten Einrichtungen zu erbringen. Wer den Nachweis nicht erbringt, verliert den Anspruch auf Weiterbildungsgeld für die weitere mögliche Bezugsdauer innerhalb der Rahmenfrist gemäß Z 3. Das Arbeitsmarktservice hat nach Anhörung des Regionalbeirates den Anspruchsverlust nachzusehen, wenn berücksichtigungswürdige Gründe für die Nichterbringung der erforderlichen Nachweise vorliegen, insbesondere wenn diese auf unvorhersehbare und unabwendbare Ereignisse oder Umstände zurückzuführen sind.
…
(3) Bei Vorliegen einer Beschäftigung oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit gebührt kein Weiterbildungsgeld, es sei denn, daß § 12 Abs. 6 lit. a, b, c, d, e oder g (Geringfügigkeit) zutrifft. Wer auf Grund einer Ausbildung oder mehrerer Ausbildungen Einkünfte erzielt, deren Höhe das Eineinhalbfache der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG übersteigt, hat keinen Anspruch auf Weiterbildungsgeld.
…“
„Arbeitslosigkeit
§ 12.
…
(6) Als arbeitslos gilt jedoch,
a) wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, wobei bei einer Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes, BGBl. Nr. 16/1970, der Entgeltwert für die Dienstwohnung und der pauschalierte Ersatz für Materialkosten unberücksichtigt bleiben;
b) wer einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr führt, wenn 3 vH des Einheitswertes die jeweils für einen Kalendermonat geltende Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG nicht übersteigen;
c) wer auf andere Art selbständig erwerbstätig ist bzw. selbständig arbeitet und daraus ein Einkommen gemäß § 36a erzielt oder im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit bzw. der selbständigen Arbeit einen Umsatz gemäß § 36b erzielt, wenn weder das Einkommen zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, noch 11,1 vH des Umsatzes die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge übersteigt;
d) wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Ehegattin, des eingetragenen Partners, der eingetragenen Partnerin, des Lebensgefährten, der Lebensgefährtin, eines Elternteils oder eines Kindes tätig ist, sofern das Entgelt aus dieser Tätigkeit, würde sie von einem Dienstnehmer ausgeübt, die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigen würde;
e) wer als geschäftsführender Gesellschafter aus dieser Tätigkeit ein Einkommen gemäß § 36a oder einen Umsatz gemäß § 36b erzielt, wenn weder das Einkommen zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, noch 11,1 vH des auf Grund seiner Anteile aliquotierten Umsatzes der Gesellschaft die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge übersteigt;
f) wer im Rahmen des Vollzuges einer Strafe durch Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest gemäß § 156b Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes oder im Rahmen einer Untersuchungshaft durch Hausarrest nach § 173a der Strafprozessordnung 1975 an einer Maßnahme gemäß Abs. 5 teilnimmt;
g) wer auf Grund einer öffentlichen Funktion eine Aufwandsentschädigung, deren Höhe den Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG zuzüglich der jeweils zu entrichtenden Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge nicht übersteigt, erhält.
…“
3.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Führung der Bezeichnung „Psychologin“ oder „Psychologe“ und über die Ausübung der Gesundheitspsychologie und der Klinischen Psychologie (Psychologengesetz 2013) lauten wie folgt:
„Grundsätze für den Erwerb fachlicher theoretischer und praktischer Kompetenz in Gesundheitspsychologie und in Klinischer Psychologie
§ 8. (1) Der Erwerb der fachlichen Kompetenz erfolgt jeweils durch eine postgraduelle Ausbildung in Gesundheitspsychologie im Gesamtausmaß von 1940 Stunden oder in Klinischer Psychologie im Gesamtausmaß von 2500 Stunden im Rahmen von jeweils längstens fünf Jahren ab Aufnahme gemäß § 9 Abs. 7 Z 1 in die Ausbildungseinrichtung zum Erwerb theoretischer fachlicher Kompetenz gemäß § 9 zum
1. Erwerb theoretischer fachlicher Kompetenz im Rahmen von zumindest zwölf Monaten im Gesamtausmaß von zumindest 340 Einheiten durch
a) eine allgemeine Ausbildung (Grundmodul) und
b) eine besondere Ausbildung (Aufbaumodul) sowie
2. Erwerb praktischer fachlicher Kompetenz für
a) Gesundheitspsychologie im Gesamtausmaß von zumindest 1 628 Stunden durch
aa) eine praktische Fachausbildungstätigkeit gemäß § 15 Abs. 1 Z 1 unter Anleitung von Berufsangehörigen im Rahmen von Arbeitsverhältnissen im Ausmaß von zumindest 1 553 Stunden und
ab) eine diese Fachausbildungstätigkeit gleichzeitig begleitende Supervison im Ausmaß von zumindest 100 Einheiten oder
b) Klinische Psychologie im Gesamtausmaß von zumindest 2 188 Stunden durch
ba) eine praktische Fachausbildungstätigkeit gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 unter Anleitung von Berufsangehörigen im Rahmen von Arbeitsverhältnissen im Ausmaß von zumindest 2 098 Stunden und
bb) eine diese Fachausbildungstätigkeit gleichzeitig begleitende Supervison im Ausmaß von zumindest 120 Einheiten.
3. 76 Einheiten Selbsterfahrung im Zusammenhang mit der Berufsausbildung nach diesem Bundesgesetz.
Die Regelung hinsichtlich Anleitung, Supervision und Selbsterfahrung richtet sich im Bereich Gesundheitspsychologie nach § 15 und im Bereich der Klinischen Psychologie nach § 24.
(2) Zumindest 500 Stunden der praktischen Fachausbildungstätigkeit gemäß Abs. 1 Z 2 lit. a oder lit. b sind gleichzeitig begleitend zur theoretischen Ausbildung im Grundmodul sowie im Aufbaumodul zu absolvieren.
…“
„Erwerb der praktischen fachlichen Kompetenz in Klinischer Psychologie
§ 24. (1) Der postgraduelle Erwerb praktischer fachlicher Kompetenz für den Bereich der Klinischen Psychologie hat zu erfolgen durch:
1. eine klinisch-psychologische Tätigkeit im Zusammenhang mit krankheitswertigen Störungen im Ausmaß von zumindest 2 098 Stunden, unter Beachtung des § 8 Abs. 2, unter Anleitung sowie unter Fachaufsicht einer Klinischen Psychologin oder eines Klinischen Psychologen mit zumindest zweijähriger Berufserfahrung, die insbesondere folgende Tätigkeitsbereiche zu möglichst gleichen Anteilen zu umfassen hat:
a) Diagnostik von psychischen Störungen und psychischen Krankheiten und von psychologischen Einflussfaktoren bei anderen Krankheiten bei unterschiedlichen Fragestellungen und verschiedenen Altersgruppen,
b) klinisch-psychologische Behandlung von Personen mit psychischen Krankheiten und Störungen in verschiedenen Settings, bei verschiedenen Störungsbildern und Problemstellungen, und mit verschiedenen Altersgruppen, wobei ein fachlicher Austausch im multiprofessionellen Team von Gesundheitsberufen, insbesondere mit Ärztinnen (Ärzten), stattfinden muss,
c) Maßnahmen im Bereich der Gesundheitsförderung und Gesundheitsvorsorge im Bereich der primären Gesundheitsversorgung,
d) Teilnahme an Teamgesprächen, Visiten, Besprechungen in multiprofessioneller Zusammenarbeit, insbesondere mit anderen Gesundheitsberufen,
2. eine die Tätigkeit gemäß Abs. 1 begleitende gleichzeitige Fallsupervision in der Gesamtdauer von zumindest 120 Einheiten, die anhand konkreter dokumentierter Fallbeispiele eine unterstützende Hilfestellung und Beratung gewährleistet, wovon zumindest 40 Einheiten in Einzelsupervision zu absolvieren sind und
3. eine im Zusammenhang mit der Ausbildung zu absolvierende Selbsterfahrung im Ausmaß von zumindest 76 Einheiten, wovon zumindest 40 Einheiten in Einzelselbsterfahrung bei höchstens zwei Personen zu absolvieren sind.
…“
3.4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 09.09.1955 über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG) lauten wie folgt:
„Vollversicherung
§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:
1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;
…
4. die zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, abgeschlossene Hochschulbildung erfordernden Beruf nach Abschluß dieser Hochschulbildung beschäftigten Personen, wenn die Ausbildung nicht im Rahmen eines Dienst- oder Lehrverhältnisses erfolgt, jedoch mit Ausnahme der Volontäre;
…
(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um
1. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG 1988 oder
2. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen oder
3. Bezieher/innen von Geld- oder Sachleistungen nach dem Freiwilligengesetz
…
„Ausnahmen von der Vollversicherung
§ 5. …
(2) Ein Beschäftigungsverhältnis gilt als geringfügig, wenn daraus im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 425,70 € (Anm. 1) gebührt. An die Stelle dieses Betrages tritt ab Beginn jedes Beitragsjahres (§ 242 Abs. 10) der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachte Betrag.
Anm. 1: gemäß BGBl. II Nr. 339/2017 für 2018: 438,05 €
gemäß BGBl. II Nr. 329/2018 für 2019: 446,81 €
gemäß BGBl. II Nr. 348/2019 für 2020: 460,66 €)
…“
3.5.1. Wie dargestellt, gebührt gemäß § 26 Abs. 3 AlVG bei Vorliegen einer Beschäftigung kein Weiterbildungsgeld, es sei denn, dass § 12 Abs. 6 lit. a, b, c, d, e oder g (Geringfügigkeit) vorliegt. Wer auf Grund einer Ausbildung oder mehrerer Ausbildungen Einkünfte erzielt, deren Höhe das Eineinhalbfache der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG übersteigt, hat keinen Anspruch auf Weiterbildungsgeld.
§ 26 Abs. 3 AlVG idF BGBl. I Nr. 162/2015 trat mit 01.01.2016 in Kraft.
Die Änderung der Bestimmung erfolgte – wie sich aus den Erläuterungen (RV 900 BlgNR 25. GP , S. 29 f.) ergibt – als Reaktion des Gesetzgebers auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.09.2015, Ra 2015/08/0123, dem zufolge Einkünfte aus Ausbildungsverhältnissen unabhängig von ihrer Höhe dem Anspruch auf Weiterbildungsgeld nicht entgegenstehen. Das Weiterbildungsgeld sollte jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers der Existenzsicherung während der Bildungskarenz dienen, wenn diese nicht bereits anderweitig gewährleistet ist, und nicht die Erzielung von Einkommen ermöglichen, die sogar über durchschnittlichen Erwerbseinkommen liegen können. Weiterhin zu keiner Versagung des Anspruchs auf Weiterbildungsgeld führen auch nach der geänderten Rechtslage auf Grund von Ausbildungen gewährte Einkünfte, die zwar über der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG liegen, aber das Eineinhalbfache der Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreiten (und daher schon ihrer relativ geringen Höhe nach primär der Abdeckung erhöhter ausbildungsbedingter Aufwendungen dienen).
Zu klären ist im gegenständlichen Fall, ob die Einkünfte der Beschwerdeführerin iSd § 26 Abs. 3 zweiter Satz AlVG auf Grund einer Ausbildung gewährt wurden. Was die sozialversicherungsrechtliche Abgrenzung anlangt, ist zu prüfen, ob ein Ausbildungsverhältnis mit einer Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 ASVG oder ein Dienstverhältnis mit einer Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 bzw. § 4 Abs. 2 Z 1 ASVG besteht (vgl. auch VwGH 24.04.2014, 2013/08/0049). Der Verwaltungsgerichtshof stellt auch in seiner jüngeren Rechtsprechung darauf ab, ob die jeweilige Beschäftigung als Berufspraxis der zur Rede stehenden Weiterbildung des Betroffenen dient und es sich dabei nicht um ein Dienstverhältnis, sondern um ein Ausbildungsverhältnis (Praktikum) handelt (s. etwa VwGH 02.07.2019, Ro 2019/08/0011).
3.5.2. Gegenständlich wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 13.12.2019 auf Zuerkennung von Weiterbildungsgeld ab 03.01.2020 gemäß § 26 Abs. 3 AlVG wegen Vorliegens einer Beschäftigung mit Einkünften über der Geringfügigkeitsgrenze keine Folge gegeben.
Während die belangte Behörde bezüglich der Beschäftigung bei der XXXX GmbH ab 01.01.2020 vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses ausgeht, vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, dass es sich dabei um ein – dem Anspruch auf Weiterbildungsgeld nicht entgegenstehendes – Ausbildungsverhältnis zum Zweck des Erwerbs praktischer fachlicher Kompetenz iSd § 8 Abs. 1 Z 2 lit. b sublit. ba iVm § 24 Abs. 1 Z 1 PsychologenG 2013 handle, weshalb ihr mangels Überschreitung des Eineinhalbfachen der Geringfügigkeitsgrenze (2020: € 690,99 monatlich) Weiterbildungsgeld gebühre.
Gegen die Auffassung der Beschwerdeführer spricht jedoch schon der Wortlaut des § 8 Abs. 1 Z 2 lit. b sublit. ba PsychologenG 2013, demzufolge der Erwerb praktischer fachlicher Kompetenz für Klinische Psychologie im Gesamtausmaß von zumindest 2188 Stunden (u.a.) durch eine praktische Fachausbildungstätigkeit gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 leg. cit. unter Anleitung von Berufsangehörigen im Rahmen von Arbeitsverhältnissen im Ausmaß von zumindest 2098 Stunden erfolgt.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 ASVG unterliegen der Vollversicherung die zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, abgeschlossene Hochschulbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulbildung beschäftigten Personen, wenn die Ausbildung nicht im Rahmen eines Dienst- oder Lehrverhältnisses erfolgt, jedoch mit Ausnahme der Volontäre.
Daraus folgt, dass Ausbildungsverhältnisse nicht von § 4 Abs. 1 Z 4 ASVG erfasst sind, wenn es sich ohnedies um Dienstverhältnisse (oder Lehrverhältnisse) handelt. Der Tatbestand ist also nachrangig gegenüber § 4 Abs. 1 Z 1 und Z 2 ASVG. Demnach „gilt für einige wichtige postgraduelle Ausbildungsverhältnisse, dass sie jedenfalls als Dienstverhältnisse zu qualifizieren sind: So etwa für jene der in der RV zur Stammfassung [vgl. nochmals 599 BlgNR 7. GP 5.] noch als Anwendungsbeispiel des § 4 Abs. 1 Z 3 (jetzt: Z 4) ASVG genannten ‚Turnusärzte‘, aber mittlerweile auch der Klinischen Psychologen und Gesundheitspsychologen: Hier sehen die Berufsgesetze ausdrücklich vor, dass die praktische Ausbildung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen zu erfolgen hat [vgl. § 7 Abs. 1 Z 1 und § 8 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 1998/169, sowie § 8 Abs. 1 Z 2 des PsychologenG 2013, BGBl I 2013/182]“ (Julcher, Ausbildungsverhältnisse im Sozialversicherungsrecht, DRdA 3/2016, Heft 364, Pkt. 4.3.).
Angesichts der sozialversicherungsrechtlichen Einordnung der postgraduellen Ausbildung zur Klinischen Psychologin als Dienstverhältnis (§ 4 Abs. 1 Z 1 ASVG) wurden die in Rede stehenden Einkünfte aber nicht iSd § 26 Abs. 3 zweiter Satz AlVG „auf Grund einer Ausbildung“, sondern auf Grund einer Beschäftigung der Beschwerdeführerin als Dienstnehmerin der XXXX GmbH erzielt.
Ausschlaggebend ist im vorliegenden Fall somit, dass der Gesetzgeber – ungeachtet des Zwecks bzw. des von der Beschwerdeführerin angestrebten Ziels der ausgeübten Tätigkeit – in § 8 Abs. 1 Z 2 PsychologenG 2013 ausdrücklich die Absolvierung der praktischen Fachausbildung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen vorsieht, weshalb es auf die tatsächliche Ausgestaltung der von der Beschwerdeführerin ausgeübten Beschäftigung, die Regelungen im Dienstvertrag, die Höhe der Entlohnung oder die Arbeitszeiten nicht mehr ankommt.
3.6. Ergebnis
Da das von der Beschwerdeführerin auf Grund eines Dienstverhältnisses erzielte Einkommen das Eineinhalbfache der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze im Jahr 2020 gemäß § 5 Abs. 2 ASVG übersteigt, wurde ihr Antrag auf Weiterbildungsgeld zu Recht abgewiesen.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.
3.7. Absehen von einer Beschwerdeverhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Wurde kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße und zu begründende Ermessen des Verwaltungsgerichtes gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensausübung anzusehen sind (VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0019).
Eine Verhandlung ist im vorliegenden Fall trotz ihrer Beantragung deshalb nicht erforderlich, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Zu prüfen war lediglich die rechtliche Einordnung der von der Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeit entweder als Dienstverhältnis oder als Ausbildungsverhältnis. Angesichts der in § 8 Abs. 1 Z 2 PsychologenG 2013 ausdrücklich getroffenen Regelung bleibt für eine abweichende Sichtweise kein Raum, sodass es auf die Einwendungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der tatsächlichen Ausgestaltung der Tätigkeit nicht mehr ankommt. Im vorliegenden Fall liegen auch sonst keine entscheidungserheblichen widersprechenden prozessrelevanten Behauptungen vor, die es erforderlich machen würden, dass sich das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien verschafft. (vgl. zu den Fällen, in denen von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, etwa VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0171). Im Ergebnis stehen dem Entfall der Verhandlung daher weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 24.04.2014, 2013/08/0049, 23.09.2015, Ra 2015/08/0123; 02.07.2019, Ro 2019/08/0011); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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