VwGH 2013/08/0049

VwGH2013/08/004924.4.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde der Mag. E A in P, vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Walfischgasse 12/3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 11. Dezember 2012, Zl. LGS NÖ/RAG/05661/2012, betreffend Widerruf und Rückforderung von Weiterbildungsgeld, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §12 Abs3 litd;
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §12 Abs6;
AlVG 1977 §26 Abs3 idF 2011/I/122;
AlVG 1977 §26 Abs5;
AlVG 1977;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid widerrief die belangte Behörde für den Zeitraum 1. April 2012 bis 30. Juni 2012 das der Beschwerdeführerin gewährte Weiterbildungsgeld und verpflichtete sie zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen in der Höhe von EUR 4.307,03.

Die belangte Behörde stellte fest, dass die Beschwerdeführerin am 9. März 2012 das Weiterbildungsgeld beantragt habe. Dem Antrag habe sie eine Bescheinigung zum Nachweis einer mit ihrem Arbeitgeber vereinbarten Bildungskarenz nach § 11 AVRAG beigelegt. Weiters habe sie ein e-mail der psychologisch-psychotherapeutischen Ambulanz des Geriatriezentrums W. vom 14. Februar 2012 beigelegt, mit dem bestätigt werde, dass sie von 1. März 2012 bis 31. August 2012 einen Teil ihrer praktischen Ausbildung zur klinischen Psychologin und Gesundheitspsychologin an der genannten Ambulanz absolvieren werde. Das Ausmaß der praktischen Ausbildung betrage 32 Wochenstunden.

Am 20. Juli 2012 habe sich eine Hauptverbandsüberlagerungsmeldung "generiert". Laut Abfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sei die Beschwerdeführerin seit 1. März 2013 auf Grund der praktischen Ausbildung im Geriatriezentrum W. "vollversichert - Qualifikation 14 - als Angestellte bei der Stadt Wien MA2 Personalservice".

Laut der mit der Berufung vorgelegten Einverständniserklärung sei zwischen der Beschwerdeführerin und dem Geriatriezentrum eine freiwillige Tätigkeit als Praktikantin zum Zweck des Erwerbs praktischer fachlicher Kompetenz in der Zeit von 1. März 2012 bis 31. August 2012 vereinbart worden. Unter Punkt 8. der Einverständniserklärung werde angeführt, dass die Beschwerdeführerin während ihres Praktikums ein Taschengeld in der Höhe von EUR 400,-- brutto pro Kalendermonat erhalte. Unter Punkt 9. werde sie darauf hingewiesen, dass sie der Vollversicherung nach dem ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung unterliege.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, eine Voraussetzung für die Gewährung von Weiterbildungsgeld sei gemäß § 26 Abs. 3 AlVG, dass der Leistungsbezieher keiner Beschäftigung nachgehen dürfe, die über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt werde.

Unbestritten sei, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer praktischen Ausbildung ein Taschengeld in der Höhe von EUR 400,-- brutto erhalten habe. Eindeutig sei, dass die Höhe des Taschengeldes über der für das Jahr 2012 gemäß § 5 Abs. 2 ASVG geltenden Geringfügigkeitsgrenze von EUR 376,26 liege. Durch Punkt 9. Der vorgelegten Einverständniserklärung sei eindeutig, dass die Ausbildung "den Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes" unterliege.

Es sei auf Grund des festgestellten Sachverhaltes eindeutig, dass der Bezug von Weiterbildungsgeld wegen einer vollversicherten Beschäftigung nicht gebühre und daher das Weiterbildungsgeld gemäß § 26 Abs. 7 und § 24 Abs. 2 iVm § 26 Abs. 3 AlVG zu widerrufen sei.

Der entstandene Übergenuss sei gemäß § 26 Abs. 7 iVm § 25 AlVG zurückzufordern gewesen, weil die Beschwerdeführerin den Bezug von monatlich EUR 400,-- verschwiegen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

Der Verwaltungsgerichthof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. § 26 AlVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 122/2011 lautet samt Überschrift:

"Weiterbildungsgeld

§ 26. (1) Personen, die eine Bildungskarenz gemäß § 11 oder eine Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes gemäß § 12 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, in Anspruch nehmen und die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erfüllen, gebührt für die vereinbarte Dauer ein Weiterbildungsgeld in der Höhe des Arbeitslosengeldes, mindestens jedoch in der Höhe des Kinderbetreuungsgeldes gemäß § 3 Abs. 1 KBGG, bei Erfüllung der nachstehenden Voraussetzungen:

1. Bei einer Bildungskarenz gemäß § 11 AVRAG muss die Teilnahme an einer im Wesentlichen der Dauer der Bildungskarenz entsprechenden Weiterbildungsmaßnahme nachgewiesen werden. Das Ausmaß der Weiterbildungsmaßnahme muss mindestens 20 Wochenstunden, bei Personen mit Betreuungsverpflichtungen für Kinder bis zum vollendeten siebenten Lebensjahr, für die keine längere Betreuungsmöglichkeit besteht, mindestens 16 Wochenstunden betragen. Umfasst die Weiterbildungsmaßnahme nur eine geringere Wochenstundenanzahl, so ist nachzuweisen, dass zur Erreichung des Ausbildungszieles zusätzliche Lern- und Übungszeiten in einem Ausmaß erforderlich sind, dass insgesamt eine vergleichbare zeitliche Belastung besteht. Eine praktische Ausbildung darf nicht beim karenzierenden Arbeitgeber stattfinden, es sei denn, dass die Ausbildung nur dort möglich ist. Innerhalb einer Rahmenfrist von vier Jahren kann insgesamt längstens ein Jahr Weiterbildungsgeld bezogen werden. Wenn die Weiterbildungsmaßnahme in Teilen stattfindet, kann das Weiterbildungsgeld innerhalb einer Rahmenfrist von vier Jahren fortbezogen werden.

2. Bei einer Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes gemäß § 12 AVRAG muss die Einstellung einer nicht nur geringfügig beschäftigten Ersatzarbeitskraft, die zuvor Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezogen hat, nachgewiesen werden.

(2) Zeiten, die für die Beurteilung der Anwartschaft auf Arbeitslosengeld oder Karenzgeld herangezogen wurden, können bei der Beurteilung der Anwartschaft nicht nochmals berücksichtigt werden.

(3) Bei Vorliegen einer Beschäftigung oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit gebührt kein Weiterbildungsgeld, es sei denn, daß § 12 Abs. 6 lit. a, b, c, d, e oder g (Geringfügigkeit) zutrifft.

(4) Die Lösung des Dienstverhältnisses durch den Arbeitgeber während der Inanspruchnahme einer Bildungskarenz steht der Gewährung von Weiterbildungsgeld nicht entgegen.

(5) Eine Bildungskarenz nach gleichartigen bundes- oder landesgesetzlichen Regelungen ist wie eine Bildungskarenz gemäß § 11 AVRAG zu behandeln. Eine Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes nach gleichartigen bundes- oder landesgesetzlichen Regelungen ist wie eine Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes gemäß § 12 AVRAG zu behandeln. Die Zahlung eines Zuschusses zu den Weiterbildungskosten durch den Arbeitgeber steht der Gewährung von Weiterbildungsgeld nicht entgegen.

(6) Wer nicht arbeitsfähig ist, eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in anderer Weise angehalten wird, hat keinen Anspruch auf Weiterbildungsgeld.

(7) § 16 (Ruhen des Anspruches) mit Ausnahme des Abs. 1 lit. g (Auslandsaufenthalt), § 17 (Beginn des Anspruches), § 19 Abs. 1 erster Satz (Fortbezug), § 22 (Ausschluss bei Anspruch auf Alterspension), § 24 (Berichtigung), § 25 Abs. 1 erster Satz, Abs. 3 mit der Maßgabe, dass die Ersatzpflicht auch bei leichter Fahrlässigkeit eintritt, und Abs. 4 bis 8 (Rückforderung) sowie Artikel III (Verfahren) mit Ausnahme des § 49 (Kontrollmeldungen), sind mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Arbeitslosengeldes das Weiterbildungsgeld tritt, anzuwenden. Werden Ersatzkräfte aus Verschulden des Arbeitgebers nicht beschäftigt, so hat dieser dem Arbeitsmarktservice die dadurch entstehenden Aufwendungen zu ersetzen.

(8) Das Weiterbildungsgeld gilt als Ersatzleistung gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400."

§ 12 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 52/2011 lautet auszugsweise:

"§ 12. (1) Arbeitslos ist, wer

1. eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat,

2. nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt oder dieser ausschließlich auf Grund des Weiterbestehens der Pflichtversicherung für den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebührt oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt oder eine Urlaubsabfindung gewährt wird (§ 16 Abs. 1 lit. k und l), unterliegt und

3. keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt.

(2) ...

(3) Als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 gilt insbesondere nicht:

  1. a) wer in einem Dienstverhältnis steht;
  2. b) wer selbständig erwerbstätig ist;
  3. c) wer ein Urlaubsentgelt nach dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972, BGBl. Nr. 414, in der jeweils geltenden Fassung bezieht, in der Zeit, für die das Urlaubsentgelt gebührt;

    d) wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Ehegattin, des eingetragenen Partners, der eingetragenen Partnerin, des Lebensgefährten, der Lebensgefährtin, eines Elternteils oder eines Kindes tätig ist;

    e) wer eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in anderer Weise angehalten wird;

    f) wer in einer Schule oder einem geregelten Lehrgang - so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt - ausgebildet wird oder, ohne daß ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht;

  1. g) ein Lehrbeauftragter in den Semester- und Sommerferien;
  2. h) wer beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnimmt, deren Entgelt die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, es sei denn, daß zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist.

(4) Abweichend von Abs. 3 lit. f gilt während einer Ausbildung als arbeitslos, wer eine die Gesamtdauer von drei Monaten innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten nicht überschreitende Ausbildung macht oder die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 erster Satz mit der Maßgabe erfüllt, dass diese ohne Rahmenfristerstreckung durch die Heranziehung von Ausbildungszeiten gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 erfüllt werden und für die erstmalige Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes während der Ausbildung gelten. Bei wiederholter Inanspruchnahme während einer Ausbildung genügt die Erfüllung der Voraussetzungen des § 14.

(5) ...

(6) Als arbeitslos gilt jedoch,

a) wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, wobei bei einer Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes, BGBl. Nr. 16/1970, der Entgeltwert für die Dienstwohnung und der pauschalierte Ersatz für Materialkosten unberücksichtigt bleiben;

b) wer einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr führt, wenn 3 vH des Einheitswertes die jeweils geltende Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 ASVG nicht übersteigen;

c) wer auf andere Art selbständig erwerbstätig ist bzw. selbständig arbeitet und daraus ein Einkommen gemäß § 36a erzielt oder im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit bzw. der selbständigen Arbeit einen Umsatz gemäß § 36b erzielt, wenn weder das Einkommen zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, noch 11,1 vH des Umsatzes die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge übersteigt;

d) wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Ehegattin, des eingetragenen Partners, der eingetragenen Partnerin, des Lebensgefährten, der Lebensgefährtin, eines Elternteils oder eines Kindes tätig ist, sofern das Entgelt aus dieser Tätigkeit, würde sie von einem Dienstnehmer ausgeübt, die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigen würde;

e) wer als geschäftsführender Gesellschafter aus dieser Tätigkeit ein Einkommen gemäß § 36a oder einen Umsatz gemäß § 36b erzielt, wenn weder das Einkommen zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, noch 11,1 vH des auf Grund seiner Anteile aliquotierten Umsatzes der Gesellschaft die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge übersteigt;

f) wer im Rahmen des Vollzuges einer Strafe durch Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest gemäß § 156b Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes oder im Rahmen einer Untersuchungshaft durch Hausarrest nach § 173a der Strafprozessordnung 1975 an einer Maßnahme gemäß Abs. 5 teilnimmt;

g) wer auf Grund einer öffentlichen Funktion eine Aufwandsentschädigung, deren Höhe den Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG zuzüglich der jeweils zu entrichtenden Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge nicht übersteigt, erhält."

2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie sei in keinem Beschäftigungsverhältnis, sondern in einem Ausbildungsverhältnis gestanden. Ihre Pflichtversicherung beruhe auf § 4 Abs. 1 Z 4 ASVG.

Die belangte Behörde hat keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die es erlauben würden, zu beurteilen, ob die Beschwerdeführerin im Sinn des § 26 Abs. 3 AlVG beschäftigt war. Offenbar ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass sie zum einen eine Pflichtversicherung schon auf Grund der beim Hauptverband gespeicherten Daten annehmen durfte und dass zum anderen die Vollversicherung nach dem ASVG - gleichgültig, auf welcher Grundlage - dem Bezug von Weiterbildungsgeld jedenfalls entgegensteht.

Beides trifft nicht zu:

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrfach ausgesprochen, dass eine rechtliche Bindung an die beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Versicherungsdaten nicht besteht (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Juli 2013, Zl. 2011/08/0221, mwN). Solange die Pflichtversicherung nicht rechtskräftig - mit Bescheid - festgestellt worden ist, haben die zur Vollziehung des AlVG berufenen Behörden Tatsachenfeststellungen über alle relevanten Umstände der in Frage kommenden Tätigkeit zu treffen, die eine diesbezügliche rechtliche Beurteilung ermöglichen.

Für die Beurteilung, ob eine "Beschäftigung" im Sinn des § 26 Abs. 3 AlVG vorlag, war es zudem weder ausreichend noch entscheidend, dass das Vorliegen einer Pflichtversicherung nach dem ASVG bejaht wurde.

Der Begriff der Beschäftigung im Sinn des § 26 Abs. 3 AlVG erfasst zwar nicht nur Dienstverhältnisse, sondern - wie der Verweis im letzten Halbsatz dieser Bestimmung zeigt - auch die familienhafte Mitarbeit im Sinn des § 12 Abs. 3 lit. d und Abs. 6 lit. d AlVG. Ausbildungsverhältnisse, die keine Dienstverhältnisse sind, fallen aber nicht darunter: Sie schließen zwar gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG grundsätzlich (soweit nicht eine Ausnahme nach § 12 Abs. 4 AlVG vorliegt) Arbeitslosigkeit aus, dem Bezug von Weiterbildungsgeld können sie per se aber - selbst bei einer weiten Interpretation des Begriffs "Beschäftigung" - nicht entgegen stehen, weil dies dem Zweck des Weiterbildungsgeldes, der ja gerade darin besteht, eine Ausbildung zu ermöglichen, zuwiderliefe. Dass aber Ausbildungsverhältnisse dann, wenn sie zu über der Geringfügigkeitsgrenze liegenden Einkünften führen, den Bezug von Weiterbildungsgeld ausschließen, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Vielmehr verweist § 26 Abs. 3 AlVG auf die an die Geringfügigkeitsgrenze anknüpfenden Tatbestände des § 12 Abs. 6 lit. a bis e und g AlVG, die gerade keine Regelung hinsichtlich des Bezugs einer Vergütung auf Grund einer kein Dienstverhältnis begründenden praktischen Ausbildung enthalten.

Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit dem Gesetzeszweck. Die Geringfügigkeitsgrenzen des § 12 Abs. 6 AlVG enthalten nämlich ein vertyptes Verfügbarkeitskriterium: Das niedrige Entgelt indiziert eine nur geringe zeitliche Auslastung durch die Erwerbstätigkeit und damit das Vorliegen der Verfügbarkeit (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 16. März 1999, Zl. 99/08/0009, und vom 6. Juli 2011, Zl. 2011/08/0048, jeweils mwN). Für die Gewährung von Weiterbildungsgeld kann es bei diesem Kriterium aber nur auf die Verfügbarkeit für die Weiterbildung ankommen, die durch die Absolvierung eines der Weiterbildung dienenden, kein Dienstverhältnis darstellenden Praktikums - unabhängig vom erzielten Entgelt - jedenfalls nicht beeinträchtigt wird. Auf den Grad der sozialen Bedürftigkeit des Empfängers von Weiterbildungsgeld kommt es hingegen nicht entscheidend an; dies zeigt unter anderem § 26 Abs. 5 letzter Satz AlVG, wonach die Zahlung eines Zuschusses zu den Weiterbildungskosten durch den Arbeitgeber der Gewährung von Weiterbildungsgeld nicht entgegen steht, aber auch § 26 Abs. 3 iVm § 12 Abs. 6 lit. d AlVG, wo - für die familienhafte Mitarbeit - auf ein fiktives Entgelt abgestellt wird (vgl. dazu etwas das hg. Erkenntnis vom 11. September 2008, Zl. 2007/08/0044, mwN).

Die belangte Behörde hätte daher feststellen müssen, ob die Beschwerdeführerin in einem Dienstverhältnis oder in einem bloßen Ausbildungsverhältnis gestanden ist, das keine Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 Z 1 ASVG, sondern - fallbezogen - nach § 4 Abs. 1 Z 4 ASVG begründet hat.

3. Da die belangte Behörde somit in Verkennung der Rechtslage keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat, die den Widerruf des Weiterbildungsgeldes und - darauf aufbauend - dessen Rückforderung tragen würden, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014 weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. April 2014

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