BVwG W235 2242178-1

BVwGW235 2242178-113.5.2022

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W235.2242178.1.00

 

Spruch:

W235 2242178-1/12E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX auch XXXX , geb. XXXX , StA. Tunesien alias Libyen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.04.2021, Zl. 1276201102-210416193, zu Recht erkannt:

 

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG und gemäß § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

 

B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang:

 

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Tunesien, wurde am XXXX 03.2021 nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet sowie nach Einreiseverweigerung durch die deutschen Behörden festgenommen, wobei eine Eurodac-Abfrage ergab, dass er am XXXX 02.2021 in Rumänien erkennungsdienstlich behandelt wurde und am XXXX 03.2021 in Rumänien einen Asylantrag stellte (vgl. AS 66). Im Zuge der fremdenpolizeilichen Niederschrift gab er an, XXXX zu heißen und Staatsangehöriger von Libyen zu sein.

 

Am 24.03.2021 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Rumänien.

 

1.2. Aus dem Stand der Schubhaft stellte der Beschwerdeführer am 26.03.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst angab, dass er an keinen Krankheiten leide und keine Familie in Europa habe. Im August 2020 habe er Tunesien verlassen und sei über die Türkei nach Serbien gelangt, wo er sich ca. viereinhalb Monate aufgehalten habe. In der Folge sei er nach Rumänien gereist, wo er ca. eineinhalb Monate aufhältig gewesen sei. Sein Aufenthalt dort sei nicht gut gewesen. Er habe nach Österreich gewollt, da er gehört habe, dass hier die Menschenrechte gut seien. In Rumänien habe er kein Asyl und sei nicht damit einverstanden, dorthin zurückzukehren. Am Ende der Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, dass sein richtiger Name XXXX sei und er am XXXX in XXXX , Tunesien, geboren sei.

 

Dem Beschwerdeführer wurde weiters am 26.03.2021 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Rumänien die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Mitteilung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 89).

 

Dem Verwaltungsakt ist zu entnehmen, dass mittels Abfrage im VIS System des Bundesministeriums für Inneres die Identität des Beschwerdeführers mit XXXX , geb. XXXX , StA. Tunesien, verifiziert werden konnte.

 

1.3. Mit Schreiben vom 06.04.2021 stimmte die rumänische Dublinbehörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß § 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu und ergänzte dahingehend, dass der Beschwerdeführer in Rumänien die Identität XXXX , geb. XXXX , StA. Tunesien, angab und am XXXX 03.2021 einen Asylantrag stellte, der am XXXX 03.2021 von der Verwaltungsbehörde abgewiesen wurde. Da kein Rechtsmittel erhoben wurde, ist die Entscheidung endgültig (vgl. AS 113).

 

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da davon auszugehen ist, dass der Dublin-Staat Rumänien für sein Verfahren zuständig ist. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer am 07.04.2021 nachweislich übergeben (vgl. AS 137).

 

1.4. Am 15.04.2021 wurde der Beschwerdeführer unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Arabisch nach erfolgter Rechtsberatung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, wobei er eingangs angab, dass er keine Krankheiten habe und keine Medikamente nehme. Er sei tunesischer Staatsbürger und gehöre der arabischen Volksgruppe an. Bei der fremdenpolizeilichen Niederschrift habe er nicht seine wahre Identität angegeben. Mit dieser Identität habe er sich auch in Rumänien ausgewiesen und so sei er auch ausgereist. Sein Reiseziel sei die Europäische Union gewesen, aber nicht der östliche Teil wie Rumänien oder Ungarn. In der Europäischen Union habe der Beschwerdeführer nur Freunde, keine Angehörigen. Auch in Österreich habe er Freunde. Der Beschwerdeführer habe nur in Österreich einen Asylantrag gestellt. Es sei zwar nachgewiesen worden, dass er in Rumänien einen Asylantrag gestellt habe, was aber nicht der Realität entspreche. In Rumänien sei er von der Polizei aufgegriffen worden, sei 14 Tage in Quarantäne gewesen, erkennungsdienstlich behandelt worden und dann habe man ihn freigelassen. Er sei ein Monat in Rumänien gewesen und zwar in einem Hostel in XXXX und habe dann Rumänien freiwillig verlassen. Nach der Quarantäne habe er von einem Freund Geld bekommen und von diesem habe er im Hostel gelebt. Rumänien sei nicht sein Zielland gewesen. Dort werde man von der Polizei beleidigt, bekomme wenig zu Essen und alles sei schmutzig. Die Grenzpolizei habe sein Handy kaputt gemacht. Der Beschwerdeführer habe dann unter einem anderen Namen ein neues Handy gekauft. Um Hilfe bei einer Menschenrechtsorganisation habe er nicht ersucht, da er nicht in Rumänien habe bleiben wollen.

 

Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen zu Rumänien gab der Beschwerdeführer an, dass er diese gelesen und auch verstanden habe, dass er 20 Tage warten müsse, bis ein Bescheid von Rumänien komme. Der Beschwerdeführer wolle nicht nach Rumänien zurück. Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes, seine Außerlandesbringung nach Rumänien zu veranlassen, gab der Beschwerdeführer an, dass er in Rumänien nicht um Asyl angesucht habe.

 

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Rumänien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Rumänien zulässig ist.

 

3. Am 04.05.2021 erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner damals bevollmächtigten Vertretung fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt, obwohl der Beschwerdeführer vorgebracht habe, nicht zurück nach Rumänien zu wollen, da ihm dort unrechtmäßige Inhaftierung und Gewalt angedroht worden seien, seien keine Anstalten gemacht worden, Näheres über diese Bedrohung herauszufinden. Ihm seien unter Zwang die Fingerabdrücke abgenommen worden und der Beschwerdeführer habe nicht gewusst, dass dies ohne seinen Willen als Asylantrag gewertet worden sei. Die belangte Behörde habe keine Einzelfallprüfung durchgeführt, obwohl bekannt sei, dass es in Rumänien immer wieder zu illegalen „Push backs“ komme.

 

Auch seien die Länderfeststellungen zur Situation in Rumänien unvollständig, veraltet und einseitig. Darüber hinaus könne nicht von einer Ausgewogenheit der Quellen gesprochen werden, da kaum Kritik am rumänischen Asylsystem und an der Aufnahmesituation für Flüchtlinge geübt werde. Unter Verweis auf weitere Berichte, unter anderem von ECRE und von JRS, wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Abgabe von Fingerabdrücken mit Inhaftierung und der Androhung von Zwangsmaßnahmen erzwungen werde. Die Fingerabdrücke des Beschwerdeführers seien als Asylantrag gewertet worden, obwohl er keinesfalls in Rumänien um Schutz habe ansuchen wollen.

 

4. Aufgrund einer Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit, dass das Verfahren des Beschwerdeführers wegen unbekannten Aufenthalts ausgesetzt wurde und übermittelte das diesbezügliche Schreiben an die rumänische Dublinbehörde vom 26.07.2021.

 

Ferner teilte das Bundesamt mit, dass der Beschwerdeführer im Juni [2021] die Überstellung nach Rumänien vereitelt hat.

 

5. Am 18.11.2021 langte ein Schriftsatz des nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein, dem zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer seit August 2021 eine (namentlich genannte) österreichische Lebensgefährtin habe. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers sei freizügigkeitsberechtigt, da sie im Zeitraum 2010 bis 2012 für die lokale Organisation der XXXX in Bukarest zeitweise tätig gewesen sei. In den Jahren 2018 und 2019 sei sie als selbständige Tierschutzberaterin im Vereinigten Königreich tätig gewesen und habe Honorare über € 2.000,00 erhalten. Sollte seine Lebensgefährtin weitere Projekte in Ländern der Europäischen Union annehmen, würde sie der Beschwerdeführer begleiten. Eine Abschiebung nach Rumänien würde den Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin trennen und das Familienleben stark beeinträchtigen. Die Lebensgemeinschaft mit einer freizügigkeitsberechtigten Österreicherin bedeute nach der Judikatur des EuGHs, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht zukomme. Jedenfalls müsse ihm die Möglichkeit gewährt werden, einen Antrag zur Legalisierung seines Aufenthalts zu stellen. Ferner sei festzuhalten, dass er in Rumänien aufgrund der Nichtbeachtung der dortigen Asylregelungen mit einer Freiheitsstrafe bestraft werden würde. Das brutale Vorgehen der Polizei in Rumänien habe ihm keine andere Wahl gelassen, als Rumänien sobald wie möglich zu verlassen. Derzeit sei ihm eine Meldeverpflichtung auferlegt worden und werde seine Abschiebung ausdrücklich vorbereitet. Daher werde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

 

Diesem Schriftsatz beigelegt war eine Bestätigung von Frau XXXX , geb. XXXX , dass der Beschwerdeführer ihr Lebensgefährte sei und dieser weiterhin bei ihr in ihrer Eigentumswohnung wohnen könne, samt eine Kopie der Vorderseite des Führerscheins von Frau XXXX .

 

6. Mit Verfahrensanordnung vom 27.01.2022 forderte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer auf, Nachweise über die Inanspruchnahme des unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht durch seine Partnerin, insbesondere Anmeldebescheinigungen, samt Nachweis über die Dauer der Inanspruchnahme ihres unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechtes dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.

 

Am 10.02.2022 langten beim Bundesverwaltungsgericht zwei Schreiben vom XXXX 02.2022 ein. Im Schreiben vom XXXX wurde ausgeführt, dass Frau XXXX im Rahmen ihrer Tätigkeit vom XXXX 04.2010 bis XXXX 08.2011 beim XXXX im Ausland tätig war. Im Schreiben von XXXX wurde ausgeführt, dass Frau XXXX im Rahmen des Projekts XXXX vom XXXX 01.2018 bis zum XXXX 12.2020 für XXXX im Ausland tätig war. Darüber hinaus wurde vorgebracht, dass eine Eheschließung im Feber 2022 angesetzt sei und die Verlobte des Beschwerdeführers nachhaltig und wiederholt mehrere Monate im EU-Ausland zugebracht habe. Diese Tätigkeiten für XXXX seien in Ausübung der Rechte als Unionsbürgerin geschehen.

 

Mit E-Mail vom 01.03.2022 teilte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht im Wege seines rechtfreundlichen Vertreters mit, dass er mittlerweile geheiratet und seine Ehefrau wieder Projekte aufgenommen habe. Vorgelegt wurden nachstehende Unterlagen:

 Heiratsurkunde zwischen dem Beschwerdeführer und Frau XXXX , geb. XXXX , ausgestellt am XXXX 02.2022 vom Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverband XXXX mit der Nr. XXXX ;

 Bestätigung von XXXX an Frau XXXX vom XXXX 02.2022, der zufolge im Jahr 2020 eine Projektplanung zwischen XXXX und XXXX für das Jahr 2021 stattgefunden hat und

 Vereinbarung zwischen XXXX und Frau XXXX vom Feber 2022, der zufolge Workshops/Fortbildungen für 2022 bis 2023 für XXXX getroffen wurden

 

 

 

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Tunesien. Er verließ seinen Herkunftsstaat im August 2020 und gelangte über die Türkei nach Serbien, wo er sich ca. viereinhalb Monate aufhielt. Über Serbien reiste er illegal in Rumänien ein, wo er am XXXX 02.2021 erkennungsdienstlich behandelt wurde und am XXXX 03.2021 unter der Identität XXXX , geb. XXXX , einen Asylantrag stellte, der abgelehnt wurde. Nach einem Aufenthalt von insgesamt ca. eineinhalb Monaten in Rumänien begab sich der Beschwerdeführer nach Österreich, wo er am XXXX 03.2021 nach illegaler Einreise sowie nach Einreiseverweigerung durch die deutschen Behörden festgenommen wurde. Aus dem Stand der Schubhaft stellte er am 26.03.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 24.03.2021 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Rumänien, welches von der rumänischen Dublinbehörde am 06.04.2021 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO erteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Rumäniens wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Festgestellt wird, dass sich der Beschwerdeführer zwischen 17.07.2021 und 21.11.2021 dem Zugriff der Behörden entzogen hat und sohin flüchtig war. Daher hat sich die Überstellungsfrist im gegenständlichen Fall auf 18 Monate verlängert, was den rumänischen Behörden vom Bundesamt mit Schreiben vom 26.07.2021 mitgeteilt wurde.

 

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Rumänien sprechen, liegen nicht vor. Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Rumänien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

 

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung nach Rumänien aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht.

 

Der Beschwerdeführer lernte im August 2021 eine österreichische Staatsangehörige kennen und ging mit ihr eine Lebensgemeinschaft ein. Am XXXX 02.2022 schloss der Beschwerdeführer am Standesamt XXXX mit seiner Lebensgefährtin, Frau XXXX , die Ehe. Festgestellt wird sohin, dass der Beschwerdeführer und Frau XXXX eine aufrechte Ehe führen sowie seit 22.11.2021 über einen gemeinsamen Wohnsitz verfügen. Zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin besteht ein aufrechtes Familienleben. Das Vorliegen eines finanziellen oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnisses wird nicht festgestellt. Festgestellt wird weiters, dass Frau XXXX zwischen XXXX 04.2010 und XXXX 08.2011 sowie zwischen XXXX 01.2018 und XXXX 12.2020 für Tierschutzorganisationen im Ausland tätig war. Nicht festgestellt wird, dass Frau XXXX im Zuge dieser Tätigkeiten ihr Freizügigkeitsrecht als Unionsbürgerin in Anspruch genommen hat.

 

1.2. Zum rumänischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Rumänien:

 

Zum rumänischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Rumänien und zur aktuell vorliegenden COVID-19 Pandemie wurden im angefochtenen Bescheid (vgl. Seiten 10 bis 16) Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

 

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

 

a). Allgemeines:

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren (USDOS 13.3.2019; vgl. IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d) mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d). Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Organisationen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen u.a. Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (USDOS 13.3.2019).

 

b). Dublin-Rückkehrer:

Der legale Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Rumänien ab. Sämtliche Rückkehrer werden am Flughafen empfangen und in die regionalen Zentren begleitet, wo sie dann am gleichen Tag einen Asylantrag stellen können.

 Wurde in Rumänien zuvor ein Asylverfahren eröffnet, das noch läuft, wird dieses fortgesetzt. Der Rückkehrer wird am Flughafen über den aktuellen Stand des Verfahrens informiert und darauf hingewiesen, sich im Hinblick auf die Fortsetzung des Verfahrens ins regionale Zentrum zu begeben. Die Unterbringung kann entweder im Zentrum oder privat erfolgen.

 Wurde ein Asylverfahren eröffnet und in der Folge beendet, weil sich der AW abgesetzt hat, wird der Rückkehrer als illegaler Fremder für längstens 18 Monate in Gewahrsam genommen. Er kann einen Folgeantrag stellen. Dieser hat aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung, ebenso wie eine Beschwerde gegen Nichtzulassung des Folgeantrags. Für die Zulassung des Folgeantrags müssen aber neue Beweise vorgelegt werden.

 Wenn Asylwerber das Land vor dem Asylinterview verlassen haben und binnen neun Monaten zurückkehren, wird ihr Antrag als Erstantrag behandelt (VB 4.6.2019).

Bei Rückkehrern gemäß Art. 18 (1) (a) und (b) der Dublin III-VO wird das Verfahren von den rumänischen Behörden geführt bzw. abgeschlossen. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (c) haben die Möglichkeit, einen neuen Antrag einzubringen, der nicht als Folgeantrag gilt. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (d) können einen Folgeantrag einbringen (EASO 24.10.2017).

Für vulnerable Fälle gibt es eine limitierte Anzahl separater Hafträume. Einige Vulnerable profitieren von einer Änderung im Fremdengesetz, gemäß derer auf Haft verzichtet wird, sofern sie eine alternative Unterbringung nachweisen können. Hierbei werden sie von NGOs unterstützt. UMA werden bei Rückkehr nicht in Haft genommen, sondern in einem Zentrum der Kinderschutzbehörde untergebracht (VB 4.6.2019).

Es gibt keine wesentlichen Unterschiede beim Zugang zur Unterbringung und medizinischen Versorgung von Dublin-Rückkehrern und regulären Asylwerbern (EASO 24.10.2017).

 

c). Non-Refoulement:

Gesetzlich ist ein Schutzmechanismus gegen Refoulement vorgesehen. Abschiebungen können nur durchgeführt werden, wenn die Rückkehrentscheidung nicht im Widerspruch zum Non-Refoulement-Prinzip steht. In diesen Fällen wird sobald wie möglich eine Entscheidung gefällt, in der begründet wird, warum der Aufenthalt auf rumänischem Territorium verweigert wird. Die Entscheidung wird dem Asylwerber direkt zugestellt, entweder persönlich bei der IGI-DAI oder per Post. Beschwerde kann binnen zwei Tagen nach Zustellung eingelegt werden (AIDA 27.3.2019).

Vom Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr sind jene Fremden ausgeschlossen, die in Zusammenhang mit Terrorismus stehen. UNHCR berichtete im Jahr 2018 von mehreren Vorfällen von Zugangsverweigerung zum Land, Zurückweisungen und Abweichungen vom Asylverfahren in Grenzregionen (USDOS 13.3.2019).

 

d). Versorgung:

Asylwerber, die selbst über keine Mittel verfügen, haben bis zum Ende des Asylverfahrens in Rumänien das Recht auf Unterbringung in einem der sechs Unterbringungszentren des Generalinspektorats für Immigration (IGI o.D.g) in Timisoara, Somcuta Mare, Radauti, Galati, Bucharest and Giurgiu (AIDA 27.3.2019). Die sechs Aufnahme- und Unterbringungszentren bieten 900 Unterkunftsplätze (JRS 12.3.2018; vgl. AIDA 27.3.2019), wobei die Kapazität auf 1.090 Plätze erhöht werden kann. Per 31.12.2018 waren 350 Plätze belegt (AIDA 27.3.2019).

Die Unterbringungszentren können nur nach Genehmigung durch die IGI-DAI verlassen werden. Sollte die Unterkunft länger als 72 Stunden ohne Genehmigung verlassen werden, so können Unterstützungsleistungen gekürzt oder ausgesetzt werden. Asylwerber können aus Kapazitätsgründen auch aus einem Unterbringungszentrum in ein anderes verlegt werden. Gegen die Verlegung ist keine Beschwerde zulässig. Staatliche Unterstützungsleistungen beinhalten: Unterkunft in einer der Aufnahmezentren; finanzielle Zuwendungen für Nahrung und Kleidung sowie Taschengeld (AIDA 27.3.2019).

Mittellose Asylwerber können einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für Lebensmittel, Kleidung und sonstige Ausgaben stellen (IGI o.D.g). Asylwerbern, die außerhalb eines Zentrums wohnen, steht eine Unterstützung für die Unterkunft zu (VB 4.6.2019). Ein Asylwerber, der im Zentrum untergebracht ist, erhält einen Betrag von 16,- Lei/Tag (ca. 110,- EUR im Monat). Die Unterbringungszentren erfüllen generell die Standards von EU und UNHCR. Sie sind für die Nahrungszubereitung entsprechend ausgestattet. Es gibt Beihilfen (Tagessätze) für Neugeborene, Wöchnerinnen, usw. Es gibt außerdem Beihilfen (saisonbeding: 67,- Lei im Sommer und 100,- Lei im Winter) für Bekleidung (VB 4.6.2019; vgl. AIDA 27.3.2019, IGI o.D.g).

Asylwerber dürfen arbeiten, wenn ihr Erstantrag länger als drei Monate anhängig ist (IGI o.D.g; vgl. USDOS 13.3.2019). Trotzdem haben viele arbeitsberechtigte Asylwerber Probleme, legale Arbeit zu finden (USDOS 13.3.2019).

Die Regierung gewährt Asylwerbern eine finanzielle Zuwendung von 16 Lei/Tag; für Vulnerable ist dieser Satz etwas erhöht. Im Hinblick auf die durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten ist dieser Betrag eher gering angesetzt und trifft insbesondere Personen mit besonderen Bedürfnissen oder Vulnerable (USDOS 13.3.2019).

Laut der NGO Civic Resource Centre ist der Staat alleine nicht in der Lage, die Versorgung der Asylwerber zu garantieren. Er ist auf die Unterstützung von NGOs angewiesen, die Nahrung, Unterkunft und sonstige Notfalldienste für Schutzsuchende zur Verfügung stellen. Weiters berichten Asylwerber über schlechte Unterbringungsbedingungen, wie Überbelegung oder hygienische Mängel in den staatlichen Unterbringungszentren (IRIN News 16.10.2017 vgl. AIDA 27.3.2019).

[…]

Die Insassen der Schubhaftzentren haben das Recht auf rechtliche, medizinische und soziale Hilfe, sowie auf Informationen über Haftgründe, Rechte und Pflichten (VB 4.6.2019).

 

e). COVID-19:

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. In Rumänien wurden bisher [19.04.2021] 1.034.003 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 950.242 wiedergenesen sind und 26.618 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden.

Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Rumänien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen – darunter konkret auch in Bezug auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO – samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

 

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das rumänische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Rumänien den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit, zu seiner Ausreise aus Tunesien, zu seinem weiteren Reiseweg einschließlich der Dauer des Aufenthalts in Serbien, zur illegalen Einreise in Rumänien über Serbien samt der dortigen Aufenthaltsdauer sowie zur ebenfalls illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet, zur Einreiseverweigerung durch die deutschen Behörden und zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Erstbefragung sowie aus dem Akteninhalt.

 

Dass der Beschwerdeführer in Rumänien unter der (falschen) Identität XXXX , geb. XXXX , einen Asylantrag stellte, räumte der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem Bundesamt selbst ein und ergibt sich diese Feststellung darüber hinaus aus dem Schreiben der rumänischen Dublinbehörde vom 06.04.2021. Das Datum der Antragstellung sowie jenes der erkennungsdienstlichen Behandlung in Rumänien gründet weiters auf den unbedenklichen Eurodac-Treffern. Die gegenteiligen Angaben des Beschwerdeführers, es entspreche nicht der Realität, dass er in Rumänien einen Asylantrag gestellt habe bzw. er habe in Rumänien nicht um Asyl angesucht, sind vor dem Hintergrund des unbedenklichen Eurodac-Treffers, der darüber hinaus von der rumänischen Dublinbehörde in ihrem Schreiben vom 06.04.2021 bestätigt wurde, nicht glaubhaft. Auch die Feststellung, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers in Rumänien abgelehnt worden war, ergibt sich aus diesem Schreiben der rumänischen Dublinbehörde sowie aus dem Umstand, dass die rumänische Dublinbehörde ihre Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO stützt (vgl. AS 113).

 

Die Feststellungen zum Wiederaufnahmegesuch und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers durch Rumänien sowie zur Bekanntgabe der Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate ergeben sich aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Darauf, dass die Zuständigkeit Rumäniens beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise. Die weitere Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer zwischen 17.07.2021 und 21.11.2021 dem Zugriff der Behörden entzogen hat, gründet auf einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 29.03.2022 sowie auf einer diesbezüglichen Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.01.2022.

 

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Rumänien wurde nicht ausreichend begründet vorgebracht, da das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers lediglich unsubstanziiert in den Raum gestellt wurde. Zunächst ist zur persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers anzuführen, dass dieser nicht nur gegenüber den rumänischen Behörden eine falsche Identität genannt hat, sondern auch in Österreich im Zuge der fremdenpolizeilichen Niederschrift angegeben hat, XXXX zu heißen und Staatsangehöriger von Libyen zu sein (vgl. AS 11). Erst am Ende der Erstbefragung gab er seine richtige Identität bekannt. Zu seinem ca. eineinhalb Monate dauernden Aufenthalt in Rumänien brachte der Beschwerdeführer im Zuge der Erstbefragung lediglich vor, dass dieser „nicht gut“ gewesen sei. Er habe nach Österreich gewollt. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass der Beschwerdeführer in seiner fremdenpolizeilichen Einvernahme noch angab, dass Deutschland sein Zielland gewesen sei, da er dort um Asyl ansuchen habe wollen. Diesbezüglich brachte er allerdings in der Einvernahme vor dem Bundesamt vor, sein Reiseziel sei die Europäische Union gewesen, aber nicht der „östliche Teil“ wie Rumänien oder Ungarn (vgl. AS 169). Darüber hinaus wurde die Aussage des Beschwerdeführers, er habe in Rumänien nicht um Asyl angesucht, durch den Eurodac-Treffer und durch das Schreiben der rumänischen Behörden vom 06.04.2021 eindeutig widerlegt. Zum weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei in Rumänien von der Polizei aufgegriffen sowie erkennungsdienstlich behandelt worden und 14 Tage in Quarantäne gewesen und danach habe man ihn freigelassen, ist auszuführen, dass hieraus eine konkret den Beschwerdeführer treffende Gefahr in Rumänien nicht ersichtlich ist. Auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, in Rumänien werde man von der Polizei beleidigt, bekomme wenig zu essen und alles sei schmutzig, wurde vollkommen unsubstanziiert in den Raum gestellt. Zum Beschwerdevorbringen, dem Beschwerdeführer sei in Rumänien unrechtmäßige Inhaftierung und Gewalt angedroht worden, ist darüber hinaus auszuführen, dass diese Angaben keine Deckung in den eigenen Aussagen des Beschwerdeführers finden. Ebenso verhält es sich mit dem Vorbringen im Schriftsatz vom 18.11.2021. Der Beschwerdeführer selbst hat weder in seiner Erstbefragung noch in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt angegeben, dass ihm das „brutale Vorgehen der Polizei“ dazu gezwungen habe, Rumänien sobald wie möglich zu verlassen, sondern – im Gegenteil – führte der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt aus, dass er – nachdem er aus der Quarantäne entlassen worden sei – von einem Freund Geld bekommen und danach noch ca. ein Monat in einem Hostel in XXXX verbracht habe (vgl. AS 169 sowie zu alldem ergänzend die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

 

Die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Rumänien entgegenstehen, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Gegenteiliges ist auch dem sonstigen Akteninhalt nicht zu entnehmen. Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer dezidiert an, an keinen Krankheiten zu leiden bzw. keine Krankheiten zu haben und keine Medikamente zu nehmen (vgl. AS 73 bzw. AS 165).

 

Dass der Beschwerdeführer im August 2021 eine österreichische Staatsangehörige kennengelernt und mit ihr eine Lebensgemeinschaft eingegangen ist sowie die Feststellung zur Eheschließung zwischen dem Beschwerdeführer und Frau XXXX am XXXX 02.2022 ergibt sich aus dem im Wege des rechtsfreundlichen Vertreters erstatteten Vorbringen vom 18.11.2021, vom 10.02.2022 und vom 01.03.2022 in Zusammenschau mit der ebenfalls vorgelegten Heiratsurkunde des Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverband XXXX vom XXXX 02.2022. Die Feststellung zum gemeinsamen Wohnsitz des Beschwerdeführers und Frau XXXX seit 22.11.2021 gründet darüber hinaus auf dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 29.03.2022. Das Bundesverwaltungsgericht hat keinen Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer und Frau XXXX eine aufrechte Ehe führen und somit zwischen ihnen ein aufrechtes Familienleben besteht. Daher waren die diesbezüglichen Feststellungen zu treffen. Das Vorliegen eines finanziellen oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnisses wurde nicht behauptet und ist auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Dass Frau XXXX zwischen XXXX 04.2010 und XXXX 08.2011 sowie zwischen XXXX 01.2018 und XXXX 12.2020 für Tierschutzorganisationen im Ausland tätig war, ergibt sich aus den beiden vorgelegten Schreiben des XXXX und von XXXX (beide) vom XXXX 02.2022. Die Negativfeststellung, dass nicht festgestellt wird, dass Frau XXXX im Zuge dieser Tätigkeiten ihr Freizügigkeitsrecht als Unionsbürgerin in Anspruch genommen hat, gründet im Wesentlichen auf dem Umstand, dass keine Nachweise für die Inanspruchnahme des unionrechtlichen Freizügigkeitsrechtes vorgelegt wurden bzw. vorgelegt werden konnten. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschwerdeführer aufgefordert, diesbezügliche Nachweise und zwar insbesondere Anmeldebescheinigungen samt Nachweis über die Dauer der (behaupteten) Inanspruchnahme des unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechts durch seine Ehegattin vorzulegen. Diesbezüglich langten beim Bundesverwaltungsgericht lediglich die beiden Schreiben vom XXXX 02.2022 ein, denen jedoch nicht zu entnehmen ist, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers im Zuge ihrer oben erwähnten Tätigkeiten für Tierschutzorganisationen das unionsrechtliche Freizügigkeitsrecht auch tatsächlich in Anspruch genommen hat. Hinzu kommt, dass in diesen beiden Schreiben zwar die Zeiträume, während der die Ehefrau des Beschwerdeführers für diese Tierschutzorganisationen tätig war, angeführt sind, jedoch ist aus diesen Schreiben nicht ersichtlich, wo sie diese Tätigkeiten ausgeführt hat, da in beiden Schreiben lediglich auf „im Ausland“ verwiesen wird, sodass hieraus nicht einmal ersichtlich ist, ob die Ehegattin des Beschwerdeführers überhaupt im EU-Ausland tätig war. Ferner ist darauf zu verweisen, dass diese Schreiben erst am XXXX 02.2022 und sohin nachträglich, wohl auf Ersuchen der Ehegattin des Beschwerdeführers, ausgestellt wurden. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass im Wege des rechtsfreundlichen Vertreters eine Tätigkeit im Zeitraum 2010 bis 2012 in Bukarest und in den Jahren 2018 und 2019 im Vereinigten Königreich angeführt wurde und geht daher zwar davon aus, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers in Rumänien bzw. in Großbritannien in den genannten Zeiträumen für diese Tierschutzorganisationen tätig war, geht – mangels Nachweis – jedoch nicht davon aus, dass im Zuge dieser Tätigkeiten das unionsrechtliche Freizügigkeitsrecht in Anspruch genommen wurde, zumal die Ehegattin des Beschwerdeführers auch während der bestätigten Zeiträume XXXX 04.2010 bis XXXX 08.2011 sowie XXXX 01.2018 bis XXXX 12.2020 durchgehend in Österreich hauptgemeldet war, was sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 12.05.2022 eindeutig ergibt. Nicht jeder Aufenthalt im Ausland zieht automatisch die Inanspruchnahme des unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechtes nach sich, sondern (von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen) lediglich eine (legale) Tätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbstständiger. Einen derartigen Nachweis für seine Ehegattin hat der Beschwerdeführer ebenso wenig erbracht wie eine Anmeldebescheinigung. Auch die vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigungen von XXXX vom Feber 2018 beinhalten lediglich eine Projektplanung bzw. Workshops/Fortbildungen und sohin weder eine Tätigkeit als Arbeitnehmerin noch als Selbstständige. Da darüber hinaus auch nicht ersichtlich ist, dass eine Zeugeneinvernahme der Ehegattin des Beschwerdeführers im Zuge einer mündlichen Verhandlung daran etwas geändert hätte, insbesondere dahingehend, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers bei Durchführung einer Beschwerdeverhandlung in der Lage gewesen wäre, derartige Unterlagen bzw. Nachweise (Bestätigung der Arbeitnehmereigenschaft und/oder der Selbstständigentätigkeit und/oder Anmeldebescheinigung) dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen, war dem diesbezüglichen Antrag nicht näher zu treten. Ferner geht das Bundesverwaltungsgericht ohnehin vom Vorliegen einer aufrechten Ehe bzw. vom Bestehen eines aufrechten Familienlebens zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin aus, sodass auch unter diesem Aspekt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich ist.

 

2.2. Die Feststellungen zum rumänischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Rumänien ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln.

 

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Rumänien ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch hinreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab er diesbezüglich lediglich an, dass er diese gelesen und verstanden habe. Er wolle nicht nach Rumänien zurück (vgl. AS 171).

 

Zum Beschwerdevorbringen, die vom Bundesamt herangezogenen Länderfeststellungen seien unvollständig, veraltet und einseitig, ist auszuführen, dass dieses Vorbringen lediglich unsubstanziiert in den Raum gestellt wurde. Zum einen wurde nicht ausgeführt, gegen welche Teile der Länderfeststellungen sich die Kritik des Beschwerdeführers richtet, zum anderen ist zum Vorbringen, es könne nicht von einer Ausgewogenheit der Quellen gesprochen werden, darauf zu verweisen, dass sich die Beschwerde zum Teil auf dieselben Quellen wie das Bundesamt im angefochtenen Bescheid stützt. Beispielsweise zitiert die Beschwerde einen Bericht von JRS – Jesuit Refugee Service, den auch das Bundesamt für die eigenen Feststellungen heranzieht. Zusammengefasst ist sohin festzuhalten, dass die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid durchaus ein differenziertes Bild zeichnen und ebenso auf die Situation von Dublin-Rückkehrern Bezug nehmen. Wogegen sich im Einzelnen die Kritik der Beschwerde an den Länderfeststellungen des Bundesamtes richtet, ist sohin nicht erkennbar. Mangels konkretem Vorbringen sind die Beschwerdeausführungen daher nicht geeignet, die durch tatsächlich aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid zu entkräften.

 

Die Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell. In Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie ist auszuführen, dass die Mitgliedstaaten allesamt – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise Maskenpflicht in öffentlichen Gebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln oder die Einhaltung und Überprüfung der sogenannten „3 G“ bzw. „2-G“-Regel), die die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung – seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde – möglichst sicherstellen sollen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die Heranziehung der Länderfeststellungen zu Rumänien nicht zu beanstanden; einerseits aufgrund der Annahme, dass dann – und nur dann – Überstellungen durchgeführt werden, wenn Rumänien für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards garantieren kann, und die Länderfeststellungen insofern wieder volle Gültigkeit haben, und andererseits aufgrund des Umstandes, dass beim Beschwerdeführer keine Anzeichen dafür vorliegen, dass er zu den Personen mit einem erhöhten Risiko an COVID-19 zu erkranken – wie ältere und/oder immungeschwächte Personen – gehört.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

 

 

 

 

3.2. Zu A)

 

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird.

 

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

 

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

 

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

 

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) […]

 

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnisse, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller – der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können – sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

 

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

 

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

 

Art 29 Modalitäten und Fristen [der Überstellung]

(1) […]

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

(3) […]

(4) […]

 

3.2.3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (vgl. hierzu Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich und Urteil vom 07.06.2016, C-63/15 Mehrdad Ghezelbash gegen Niederlande und vom 07.06.2016, C-155/15, Karim gegen Schweden) regeln die Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (nunmehr: Dublin III-VO) die subjektiven Rechte der Mitgliedstaaten untereinander, begründen jedoch kein subjektives Recht eines Asylwerbers auf Durchführung seines Asylverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat der Union.

 

In einem Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 18 Dublin III-VO findet eine neuerliche Überprüfung der Richtigkeit der seinerzeit erfolgten Zuständigkeitsbestimmung nicht mehr statt, es ist vielmehr primär zu prüfen, ob die Zuständigkeit inzwischen wieder erloschen ist (vgl. Filzwieser/Sprung, „Dublin III-Verordnung Das Europäische Asylzuständigkeitssystem“, K 6 zu Art. 18 Dublin III-VO, Seite 170). Im gegenständlichen Fall beruht die Verpflichtung Rumäniens zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO, nachdem dieser in Rumänien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der abgelehnt wurde und er daraufhin in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat. Für die Zuständigkeit eines anderen Staates als Rumänien gibt es keine Hinweise, wobei fallgegenständlich hinzukommt, dass die rumänische Dublinbehörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO auch ausdrücklich zugestimmt hat. Die grundsätzliche Zuständigkeit Rumäniens zur Prüfung des in Rede stehenden Antrags auf internationalen Schutz ist in materieller Hinsicht in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da der Beschwerdeführer von Serbien – einem Drittstaat – kommend, die Grenze von Rumänien illegal überschritten hat.

 

Auch wenn der Beschwerdeführer vermeint, in Rumänien bereits einen negativen, rechtskräftigen Bescheid erhalten zu haben, ändert dies nichts am Ergebnis in Bezug auf die Zuständigkeitsbegründung Rumäniens gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO, da die diesbezügliche Beurteilung den zuständigen Behörden Rumäniens obliegt. Sollten hierbei Fehler unterlaufen seien, wären diese im rumänischen Rechtsweg zu klären (vgl. in diesem Sinne auch das Urteil des EuGH vom 17.03.2016, C-695/16 betreffend einen Verweis auf den ungarischen Rechtsweg in Bezug auf eine beabsichtigte Zurückweisung nach Serbien).

 

Betreffend die Verlängerung der Überstellungsfrist ist im gegenständlichen Fall anzumerken, dass die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht abgelaufen ist, da der Beschwerdeführer (innerhalb der sechsmonatigen Überstellungsfrist) für die Behörden nicht greifbar und sohin „flüchtig“ war und sich aufgrund dessen die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf 18 Monate verlängert hat, was den rumänischen Behörden (ebenfalls vor Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist) mit Mitteilung vom 26.07.2021 bekanntgegeben worden war (vgl. hierzu „Filzwieser/Sprung: Dublin III-Verordnung Das Europäische Asylzuständigkeitssystem“, Stand: 01.02.2014, K12 zu Art. 29 Dublin III-VO, wonach eine Verlängerung bis zur Maximalfrist erfolgen kann, wenn ein Drittstaatsangehöriger einmal flüchtig ist und zwar auch dann, wenn er wieder betreten wird).

 

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 17.06.2005, B336/05 sowie vom 15.10.2004, G237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949 sowie vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre. Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und – soweit damit noch notwendig und vereinbar – aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob der Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung seines Antrags auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung nach Rumänien gemäß § 5 AsylG und § 61 FPG – unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation – in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des „real risk“ anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

 

 

3.2.4. Mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC:

 

3.2.4.1. Gemäß Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (vgl. VwGH vom 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 98/18/0317 u.a.). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949) wie folgt ausgesprochen: „Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist.“

 

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 sowie EGMR vom 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov gegen Türkei Rz 71 bis 77). Auch eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Fall einer Überstellung und ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (vgl. VwGH vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673; vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025 und vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

 

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO befasst und – ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, Nr. 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufnahmestaat gebieten.

 

3.2.4.2. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend seinen Aufenthalt in Rumänien ist eingangs auf die Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung in gegenständlichem Erkenntnis zu verweisen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass auch mit den weiteren Angaben des Beschwerdeführers eine ihn konkret treffende Bedrohungssituation in Rumänien nicht ausreichend substanziiert dargelegt wurde. Der Beschwerdeführer gab in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt an, er sei in Rumänien von der Polizei aufgegriffen worden, sei 14 Tage in Quarantäne gewesen, erkennungsdienstlich behandelt und dann freigelassen worden. Nach der Quarantäne habe er von einem Freund Geld erhalten und hiervon ca. ein Monat in einem Hostel in XXXX gelebt. Danach habe er Rumänien freiwillig verlassen (vgl. AS 169). Eine den Beschwerdeführer konkret betroffen habende Bedrohungs- oder Verfolgungssituation wurde mit diesem Vorbringen nicht dargelegt.

 

Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, dem Beschwerdeführer seien unter Zwang die Fingerabdrücke abgenommen worden, ist dem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner erkennungsdienstlichen Behandlung in Rumänien (noch) kein Asylwerber, sondern ein illegal eingereister bzw. illegal aufhältiger Fremder war und Rumänien nicht dazu verpflichtet ist, illegal aufhältige Drittstaatsangehörige auf seinem Staatsgebiet zu dulden. Dies wird in sämtlichen Mitgliedstaaten – auch in Österreich – in dieser Form gehandhabt. Kein Mitgliedstaat ist dazu verpflichtet, illegal eingereiste bzw. illegal aufhältige Fremde auf seinem Territorium zu dulden. Auch der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer in Rumänien 14 Tage in Quarantäne befunden hat, ist in Anbetracht der Situation aufgrund der COVID-19 Pandemie nicht zu beanstanden und dient letztlich auch dem eigenen Schutz des Beschwerdeführers vor Ansteckung. Ein zu beanstandendes Verhalten der rumänischen Behörden ist hieraus nicht zu erblicken.

 

Zum Vorbringen, man werde in Rumänien von der Polizei beleidigt, bekomme wenig zu Essen und alles sei schmutzig, ist auszuführen, dass dieser Teil des Vorbringens lediglich unsubstanziiert in den Raum gestellt wurde (vgl. hierzu auch die Beweiswürdigung in gegenständlichem Erkenntnis). Wenn der Beschwerdeführer darüber hinaus angibt, die Grenzpolizei habe sein Handy kaputt gemacht, lassen sich auch hieraus keine systemischen Mängel ableiten, die Dublin-Überstellungen aus Österreich nach Rumänien generell als rechtswidrig erscheinen ließen. Selbst wenn das Handy des Beschwerdeführers tatsächlich von Grenzpolizisten zerstört worden sein soll, kann dies zwar eines von vielen Indizien für die Behandlung von Asylwerbern sein, lässt aber keinen (alleinigen) Rückschluss darauf zu, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rücküberstellung nach Rumänien als Dublin-Rückkehrer Gleiches widerfahren würde. Entscheidend ist vielmehr eine prognostische Beurteilung der Verhältnisse im Aufnahmestaat (vgl. hierzu VwGH vom 08.09.2015, Ra 2015/18/0113-0120). An dieser Stelle ist auf ein jüngst ergangenes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 07.04.2022, Ra 2021/14/0253-13, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision betreffend eine Dublin-Überstellung nach Rumänien zurückgewiesen und unter Verweis auf seine wiederholte Rechtsprechung ausgeführt hat, dass die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG nur durch eine schwerwiegende, etwa die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC übersteigende allgemeine Änderung der Rechts- und Sachlage im zuständigen Mitgliedstaat widerlegt werden kann (vgl. auch VwGH vom 09.12.2021, Ra 2021/14/0340 bis 0341).

Auch gibt es keine Hinweise darauf, dass die Sicherheitsbehörden in Rumänien grundsätzlich nicht gewillt oder in der Lage wären, Asylwerber gegen Übergriffe – auch aus den eigenen Reihen – zu schützen. Neben der Inanspruchnahme der Hilfe der Behörden hätte sich der Beschwerdeführer (bei Zutreffen seiner Behauptung) auch an örtlich ansässige Menschenrechtsorganisationen wenden können. Dass der Beschwerdeführer nicht die Möglichkeit hätte, etwaige Vorfälle bei den zuständigen Behörden und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geltend zu machen, ist nicht erkennbar. Nachdem jedenfalls Beschwerdemöglichkeiten innerhalb Rumäniens gegen Übergriffe bestehen und kein genereller Schluss auf eine systemisch menschenrechtswidrige Behandlung Drittstaatsangehöriger in Rumänien zulässig ist, kann keine Art. 3 EMRK-relevante Verletzung von Rechten erkannt werden. In diesem Zusammenhang ist auch auf die einschlägige Judikatur des EGMR zu verweisen, wonach einzelne beanstandete Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Asylrichtlinien in einem Mitgliedstaat jedenfalls noch keine Grundlage dafür darstellen, die auf unionsrechtlicher Stufe stehende Dublin III-VO auf diesen Mitgliedstaat nicht mehr anzuwenden, etwa durch regelmäßige Ausübung des Selbsteintrittsrechtes (vgl. EGMR vom 06.06.2013, Nr. 2293/12, Mohammed).

 

Generell ist auszuführen, dass allein der Umstand, dass gegenüber einem Asylwerber im zuständigen Dublinstaat eine negative Entscheidung ergangen ist, nicht dazu führen kann, das Asyl- und Refoulementverfahren dort in Frage zu stellen, da auch in anderen europäischen Staaten je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, negative Entscheidungen auch im Hinblick auf Staatsangehörige aus Tunesien getroffen werden. Grundsätzlich ist nach der negativen Beendigung des Verfahrens eines Asylwerbers kein Dublinstaat dazu verpflichtet, den Aufenthalt des nunmehr dort illegal aufhältigen Fremden zu dulden oder diesem weitere Versorgungsleistungen in Form von Unterkunft und Ähnlichem zukommen zu lassen. Diese Konsequenz hätte ein Asylwerber in jedem Land, das die Dublin III-VO anwendet, zu tragen, zumal ein negativer Verfahrensausgang grundsätzlich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat bzw. eine Verpflichtung zum Verlassen des gemeinsamen Hoheitsgebietes der Mitgliedstaaten zur Folge hat. Hinzu kommt, dass gemäß den getroffenen Länderfeststellungen Rückkehrer nach Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO in Rumänien einen Folgeantrag einbringen können (vgl. Seite 11 des angefochtenen Bescheides). Lediglich das Vorliegen einer negativen Entscheidung in einem anderen Dublinstaat rechtfertigt keinesfalls einen Selbsteintritt Österreichs.

 

Weiters ist festzuhalten, dass auch kein Vorbringen erstattet wurde, das geeignet wäre anzunehmen, dass der rechtliche und faktische Standard des rumänischen Asylverfahrens eine Verletzung fundamentaler Menschenrechte erkennen ließe. Relevant wären im vorliegenden Zusammenhang schon bei einer Grobprüfung erkennbare grundsätzliche schwerwiegende Defizite im Asylverfahren des zuständigen Mitgliedstaates (also etwa: grundsätzliche Ablehnung aller Asylanträge oder solche bestimmter Staatsangehöriger oder Angehöriger bestimmter Ethnien; kein Schutz vor Verfolgung Dritter; kein Rechtsmittelverfahren etc.). Solche Mängel sind insbesondere den Länderfeststellungen des Bundesamtes nicht zu entnehmen und wurden gegenteilige Berichte auch mit der Beschwerde nicht vorgelegt.

 

Schon vor dem Hintergrund der Länderberichte im angefochtenen Bescheid kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Rumänien überstellt werden, aufgrund der rumänischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systemische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines „real risk“ für den Einzelnen bestünde. Hinzu kommt, dass nach den getroffenen Länderfeststellungen ein Schutzmechanismus gegen Refoulement gesetzlich vorgesehen ist und Abschiebungen nur dann durchgeführt werden können, wenn die Rückkehrentscheidung nicht im Widerspruch zum Non-Refoulement-Prinzip steht (vgl. Seite 12 des angefochtenen Bescheides).

 

Eine wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Rechtssache M.S.S./Belgien und Griechenland in Bezug auf Griechenland beschriebene Situation systemischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann in Rumänien im Hinblick auf die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid nicht erkannt werden. Des Weiteren vermögen – wie bereits oben erwähnt - einzelne Grundrechtsverletzungen bzw. Verstöße gegen Asylrichtlinien die Anwendung (nunmehr) der Dublin III-VO demgegenüber unionsrechtlich nicht zu hindern und bedingen keinen zwingenden, von der Beschwerdeinstanz wahrzunehmenden Selbsteintritt (vgl. EuGH vom 21.12.2012, C-411/10 und C-493/10, N.S. vs. Vereinigtes Königreich).

 

Auch wenn der Beschwerdeführer in Österreich bleiben will, weil er nicht in den östlichen Teil der Europäischen Union wie Rumänien oder Ungarn wollte und zwischenzeitig auch eine österreichische Ehegattin hat, ist festzuhalten, dass sich Asylwerber im Zuge der Feststellung des für das Asylverfahren zuständigen Dublinstaates nicht jenen Mitgliedstaat aussuchen können, in welchem sie die – ihres Erachtens nach – bestmögliche Unterbringung und Versorgung erwarten können. Es ist auf den Hauptzweck der Dublin III-VO zu verweisen, wonach eine allgemein von individuellen Wünschen der Asylwerber losgelöste Zuständigkeitsregelung zu treffen ist.

Insgesamt ergibt sich aus dem Parteivorbringen sohin weder eine systemische noch eine individuell drohende Gefahr für den Beschwerdeführer in Rumänien, welche für die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würde.

 

3.2.4.3. Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art. 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Fall kein Vorbringen in Zusammenhang mit dem Vorliegen von Krankheiten bzw. eines aktuellen medizinischen Behandlungsbedarfs im Verfahren vor dem Bundesamt erstattet und finden sich auch sonst nach der Aktenlage keine Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers in physischer oder psychischer Hinsicht. Im Rahmen seiner Einvernahme gab er an, dass er keine Krankheiten habe und keine Medikamente nehme. Auch in der Beschwerde bzw. im Beschwerdeverfahren wurde kein Vorbringen erstattet, das auf eine Erkrankung und/oder auf eine etwaige Behandlungsbedürftigkeit des Beschwerdeführers hindeutet. Ungeachtet dessen ist festzuhalten, dass nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen Asylwerber in Rumänien das Recht auf kostenlose medizinische Erstversorgung und Behandlung sowie auf klinische Behandlung bei lebensbedrohlichen akuten oder chronischen Krankheiten haben. Auch im Fall von besonderen Bedürfnissen haben sie Zugang zu adäquater medizinischer Behandlung. Ferner wird die Gesundheitsversorgung von Asylwerbern durch medizinisches Personal in den Aufnahmezentren sichergestellt, das im Krankheitsfall primäre Gesundheitsversorgung leistet und kostenfreie Behandlungen durchführt (vgl. Seite 14 des angefochtenen Bescheides). In einer Gesamtbetrachtung ist sohin davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer – wenn erforderlich - eine entsprechende medizinische Versorgung in Rumänien gewährt werden würde.

 

Im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer ein gesunder, junger Mann im Alter von 28 Jahren ist, womit er nicht unter die Risikogruppen der älteren Personen oder der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ein bei einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Rumänien vorliegendes individuelles „real risk“ einer Verletzung von Art. 3 EMRK ist sohin nicht erkennbar.

 

Der mentale Stress bei einer Abschiebung selbst ist ebenfalls kein ausreichendes „real risk“, weshalb eine – nach dem Maßstab der Judikatur des EGMR – maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers gemäß Art. 3 EMRK nicht erkannt werden konnte. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Fall von bekannten Erkrankungen des Fremden durch geeignete Maßnahmen dem jeweiligen Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat.

 

3.2.4.4. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Im Entscheidungszeitpunkt sind beim Beschwerdeführer keine Hinweise auf besondere Vulnerabilitätsaspekte erkennbar, welche einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat konkret entgegenstünden. Dafür, dass aktuell ein konkretes Überstellungshindernis vorliegen könnte, bestehen keine Anhaltspunkte.

 

Da der Beschwerdeführer sohin in einer Gesamtbetrachtung keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, die für die reale Verletzung des Art. 3 EMRK sprächen, glaubhaft machen konnte, kommt die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet, zur Anwendung.

 

3.2.5. Mögliche Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC:

 

3.2.5.1. Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. EGMR vom 31.07.2008, Nr. 265/07, Darren Omoregie u.a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage im Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VfGH vom 29.09.2007, B 328/07 sowie VwGH vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 und vom 22.01.2013, Zl. 2011/18/0012).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung, ob im Fall der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben des oder der Fremden eingegriffen wird, eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt. Maßgeblich sind dabei etwa die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert sowie die Bindungen zum Heimatstaat (vgl. u.a. VwGH vom 15.03.2016, Ra 2016/19/0031).

 

3.2.5.2. Der Beschwerdeführer lernte im August 2021 eine österreichische Staatsangehörige kennen, mit der er eine Lebensgemeinschaft einging und die er am XXXX 02.2022 ehelichte. Zunächst ist betreffend das Vorbringen, der Beschwerdeführer sei ein begünstigter Drittstaatsangehöriger, da seine Ehegattin ihr unionsrechtliches Freizügigkeitsrecht in Anspruch genommen hat auf die Ausführungen in der Beweiswürdigung des gegenständlichen Erkenntnisses zu verweisen, denen zufolge es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, durch Vorlage eindeutiger, nachvollziehbarer Unterlagen (Bestätigung der Arbeitnehmer- bzw. Selbstständigeneigenschaft, Anmeldebescheinigung etc.) die tatsächliche Inanspruchnahme des unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht seiner Ehegattin nachzuweisen (vgl. hierzu auch §§ 51 bis 57 NAG).

 

Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin leben aktuell im gemeinsamen Haushalt und wie festgestellt besteht zwischen ihnen ein aufrechtes Ehe- bzw. Familienleben. Daher stellt die Überstellung des Beschwerdeführers nach Rumänien einen Eingriff in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Familien- und Privatleben dar. Dieser Eingriff ist jedoch im gegenständlichen Fall gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt.

 

Wie erwähnt lernten der Beschwerdeführer und seine Ehegattin einander im August 2021 kennen und besteht ein gemeinsamer Wohnsitz (gemäß dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister) seit 22.11.2021. Unbeschadet der vorliegenden Ehe sowie der gemeinsamen Wohnsitznahme in Österreich ist darauf Bedacht zu nehmen, dass das in Österreich gemeinsam bestehende Zusammenleben von kurzer Dauer ist. Darüber hinaus darf nicht übersehen werden, dass der gemeinsame Haushalt zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin zu einem Zeitpunkt begründet wurde, zu dem sich beide Partner des unsicheren Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers bewusst gewesen sein mussten. Sie konnten somit von Beginn an nicht mit einer Fortsetzung des Familienlebens in Österreich rechnen, zumal der angefochtene Bescheid, mit dem seine Anordnung zur Außerlandesbringung nach Rumänien vom 21.04.2021 stammt und der Beschwerdeführer sohin im Zeitpunkt des Eingehens der Partnerschaft mit seiner nunmehrigen Ehegattin im August 2021 nicht damit rechnen konnte, in Österreich zu bleiben.

 

Bei der Abwägung der Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass es dem Beschwerdeführer nach einer asylrechtlichen Ausweisung nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren. Es wird dadurch nur jener Zustand hergestellt, der bestünde, wenn er sich rechtmäßig (hinsichtlich der Zuwanderung) verhalten hätte und wird der Beschwerdeführer dadurch lediglich anderen Fremden gleichgestellt, welche ebenfalls gemäß dem Auslandsantragsstellungsgrundsatz ihren Antrag nach dem FPG bzw. NAG vom Ausland aus stellen müssen und die Entscheidung der zuständigen österreichischen Behörden dort abzuwarten haben. Es ist im gegenständlichen Fall auch nicht erkennbar, dass der Kontakt des Beschwerdeführers zu seiner Ehegattin aus Rumänien nicht aufrechterhalten werden kann. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau hätten die Möglichkeit, ihr Familienleben durch Besuche der Ehegattin in Rumänien aufrechtzuerhalten und ist dies dem Beschwerdeführer auch zumutbar, zumal es sich um einen zeitlich beschränkten Zeitraum (nämlich bis zum Abschluss eines Niederlassungsverfahrens als Familienangehöriger nach den Bestimmungen des FPG bzw. des NAG) handelt. Darüber hinaus ist der Kontakt auch über Telefon, Internet oder sonstige soziale Medien von Rumänien aus möglich. Es ist im Verfahren auch nicht hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer von seiner Ehegattin finanziell oder in sonstiger Hinsicht abhängig ist. Auch tatsächlich ist er nicht davon abhängig, dass seine Ehegattin für seinen Unterhalt aufkommt, da der Beschwerdeführer während seines laufenden Asylverfahrens Anspruch auf eine Grundversorgung (sowohl in Österreich als auch in Rumänien) hat.

 

Zum Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers ist im vorliegenden Fall darauf zu verweisen, dass der EGMR die Bestimmung des Art. 8 EMRK durch die Ausweisung eines Fremden dann nicht als verletzt erachtet, wenn das Familienleben zu einem Zeitpunkt begründet wurde, in dem auf ein dauerhaftes Familienleben im Gastland nicht mehr vertraut werden durfte. Weiters erachtet der EGMR eine Übersiedlung in den Heimatstaat des Fremden nicht als übermäßige Härte für die Familienangehörigen, wenn der Kontakt des Fremden zu den Familienangehörigen auch von seinem Heimatland aufrechterhalten werden kann (vgl. VwGH vom 19.02.2009, Zl. 2008/18/0721).

 

Letztlich ist bei einer Interessensabwägung noch darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einreise nach Österreich bewusst versucht hat, die österreichischen Behörden zu täuschen, indem er eine falsche Identität nannte, was bei einer Interessensabwägung zu seinen Lasten zu werten ist. Hinzu kommt, dass sich der Beschwerdeführer zwischen 17.07.2021 und 21.11.2021 dem Zugriff der Behörden entzogen hat, was eine Verletzung seiner Mitwirkungspflichten im Verfahren darstellt und ebenfalls zu seinen Lasten zu werten ist. Dass der Beschwerdeführer offensichtlich nicht gewillt ist, die österreichischen bzw. europarechtlichen Bestimmungen zur Einwanderung zu respektieren, zeigt sich daran, dass er im Juni 2021 seine Überstellung nach Rumänien vereitelt hat, obwohl er in diesem Zeitpunkt seine nunmehrige Ehegattin noch nicht kannte und sohin kein nachvollziehbarer Grund vorlag, unbedingt in Österreich bleiben zu wollen.

 

Ebenso wenig sind - schon aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer – weitere schützenswerte Aspekte des Privatlebens hervorgekommen, wie beispielsweise eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer (vgl. VfGH vom 26.02.2007, B1802/06 u.a.). Derartige Umstände sind vom Beschwerdeführer auch zu keinem Zeitpunkt behauptet worden. Der durch die normierte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet erfolgende Eingriff in sein Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu seinem privaten Interesse an einem Verbleib in Österreich gedeckt.

 

Der legale Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von ca. dreieinhalb Monaten (von der Einreise bis zum Untertauchen) war nur ein vorläufig berechtigter. Gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ist dieser Zeitraum als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib in Österreich die öffentlichen Interessen überwiegen können (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (vgl. VwGH vom 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124).

 

Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich haben nur sehr geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund.

 

3.2.6. Da das Bundesverwaltungsgericht insgesamt zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist, bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz vorzunehmen. Daher war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid gemäß § 5 AsylG, § 61 FPG als unbegründet abzuweisen.

 

3.2.7. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Unbeschadet des Abs. 7 kann das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 6a leg. cit. über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, der diese von Gesetz wegen nicht zukommt (§ 17) oder der diese vom Bundesamt aberkannt wurde (§ 18), und über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden.

 

Da es sich im gegenständlichen Verfahren um eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung im Zulassungsverfahren handelt und sich zudem keine Hinweise auf die Notwendigkeit ergeben haben, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern, konnte ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden. Dem steht auch nicht der Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme der Ehegattin des Beschwerdeführers entgegen, da nicht ersichtlich ist, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers im Zuge einer Verhandlung in der Lage wäre, die Inanspruchnahme ihres unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechts durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen, wenn ihr dies in Beantwortung der diesbezüglichen Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht möglich war. Da das Vorliegen einer aufrechten Ehe bzw. eines bestehenden Familienlebens dieser Entscheidung ohnehin zugrunde gelegt wurde, ist die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung auch unter diesem Aspekt nicht geboten.

 

3.2.8. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG lagen zu keinem Zeitpunkt des gegenständlichen Verfahrens vor.

 

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die tragenden Elemente der Entscheidung liegen hier allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedstaat, die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen des Bundesamtes über die Lage im Vertragsstaat beruht sowie in der Bewertung des Gesundheitszustandes und der Intensität des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

 

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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