BVwG W221 2153744-1

BVwGW221 2153744-117.5.2017

B-VG Art.133 Abs4
GehG §12 Abs3
RPG §2 Abs1
RPG §5 Abs2
RStDG §2 Abs1 Z5
RStDG §211b
RStDG §67
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W221.2153744.1.00

 

Spruch:

W221 2153744-1/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, vertreten durch RA Mag. Victoria Müller, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts XXXX vom 28.02.2017, betreffend eine Angelegenheit nach dem Gehaltsgesetz, zu Recht:

 

A)

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Mit im Spruch genannten Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts XXXX vom 28.02.2017, zugestellt am 08.03.2017, wurden der Beschwerdeführerin gemäß § 12 Abs. 5 Gehaltsgesetz 1956 (GehG 1956) für die Ermittlung des Besoldungsdienstalters Vordienstzeiten im Ausmaß von 4 Jahren, 2 Monaten und 18 Tagen angerechnet. Darin wurde ausgeführt, dass die von der Beschwerdeführerin in ihrem Erhebungsblatt angegeben Zeiten der Gerichtspraxis vom XXXX bis XXXX gemäß § 211b Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG) in jenem Ausmaß, in dem sie fünf Monate übersteigen, als Vordienstzeiten anzurechnen seien. Die angegebene Zeit als Rechtsanwaltswärterin bei einer Rechtsanwälte OG von XXXX bis XXXX sei in vollem Umfang anrechenbar, da ihr diese Praxiszeit schon mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts XXXX vom 01.04.2014 gemäß § 15 RStDG in den vierjährigen Ausbildungsdienst eingerechnet worden sei, und somit eine berufseinschlägige Anrechenbarkeit iSd § 12 Abs. 3 GehG 1956 vorliege. Die Zeit als Richteramtsanwärterin von XXXX bis XXXX und von XXXX bis XXXX sei als Zeit in einem aktiven Dienstverhältnis in vollem Umfang anrechenbar. Hinsichtlich einer Anrechnung ihres beim Verbindungsbüro des Landes XXXX in XXXX im Zeitraum von XXXX bis XXXX absolvierten Praktikums führte die belangte Behörde aus, dass – wie sich aus den Erläuterungen zu § 12 Abs. 3 GehG 1956 ergebe – Verwaltungspraktika nicht schlechthin anrechenbar seien, sondern nur dann, wenn sie einschlägig seien, was dann gegeben sei, wenn das Verwaltungspraktikum unmittelbar vor der Aufnahme in das Dienstverhältnis absolviert worden sei und die Bedienstete im Dienstverhältnis weitgehend mit denselben Aufgaben betraut werden solle wie während des Verwaltungspraktikums. Weiters verstehe das Gesetz im engeren Sinn damit nur ein Verwaltungspraktikum gemäß § 36 VBG, das hier ebenfalls nicht vorliege. Sehe man davon ab, erfülle auch die im Dienstzeugnis beschriebene Aufgabenqualität und die zeitliche Dauer von nur etwas drei Monaten die Kriterien für eine Anrechenbarkeit nicht.

 

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde, welche am 07.04.2017 bei der belangten Behörde einlangte. Darin führt sie aus, dass sie den Bescheid nur insoweit anfechte, als ihr fünf Monate der von ihr absolvierten Gerichtspraxis und ihr Praktikum beim Verbindungsbüro des Landes XXXX in XXXX nicht als Vordienstzeit iSd § 12 GehG 1956 angerechnet worden seien. Sie brachte vor, dass ihr Vorrückungsstichtag mit Bescheid vom 22.10.2014 festgesetzt, und dem Beginn ihres Dienstverhältnisses anrechenbare Vordienstzeiten im Gesamtausmaß von sechs Jahren und zwölf Tagen vorangestellt worden seien. Dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 12 Abs. 7 GehG 1956 seien daher die ihr bereits im Zuge der Ernennung zur Richteramtsanwärterin und Begründung eines Dienstverhältnisses zum Bund angerechneten Vordienstzeiten laut Bescheid vom 22.10.2014 auch nach der neuen Gesetzeslage anzurechnen. Darüber hinaus werde mit der gegenständlichen Nichtanrechnung der bereits angerechneten Vordienstzeiten der im Rahmen des verfassungsrechtlich gewährleisteten Gleichheitsrechtes (Art. 7 B-VG) geschützte Vertrauensgrundsatz und das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums (iSd Art. 5 StGG, Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK) verletzt, weil einseitig ein bereits rechtskräftiger Bescheid aufgehoben worden sei. Weiters erachte die Beschwerdeführerin es als gleichheitswidrig und auch altersdiskriminierend, dass ihre Zeit als Rechtspraktikantin nicht zur Gänze angerechnet worden sei. Eine Gleichheitswidrigkeit sei deshalb gegeben, da einschlägige Verwaltungspraktikumszeiten gemäß § 12 Abs. 3 GehG 1956 in vollem Ausmaß berücksichtigt würden, die ersten fünf Monate der Rechtspraktikantenzeit gemäß § 211b RStDG jedoch nicht. Die gesamte Zeit als Rechtspraktikantin stelle eine für den Beruf als Richter eine einschlägige Berufstätigkeit dar, unabhängig davon, ob es sich dabei um die ersten oder letzten Monate dieser Tätigkeit gehandelt habe. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung gebe es nicht. Eine Altersdiskriminierung erblicke die Beschwerdeführerin überdies darin, dass die Zeiten, welche über die ersten fünf Monate hinausgingen, sehr wohl angerechnet würden, die ersten fünf Monate jedoch nicht. Es liege in der Natur der Sache, dass die ersten Monate des Rechtspraktikums in einem früheren Lebensalter absolviert würden, als jene danach. Außerdem liege auch hier ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, weil die Ungleichbehandlung von Rechtspraktikumszeiten vor und nach der Absolvierung von fünf Monaten objektiv nicht rechtfertigbar sei. Die Tätigkeiten seien grundsätzlich von gleicher Natur und variierten lediglich abhängig von der jeweiligen Zuteilung zu einer bestimmten Abteilung. Bei der Anrechnung seien daher auch die ersten fünf Monate ihrer Gerichtspraxis zu berücksichtigen, weil der Anwendungsvorrang des Unionsrechts hinsichtlich der unzulässigen altersbezogenen Diskriminierung die innerstaatlich gesetzliche Ausklammerung der ersten fünf Monate unwirksam mache. Bei dem Praktikum beim Verbindungsbüro des Landes XXXX in XXXX handle es sich um einschlägige Vordienstzeiten gemäß § 12 Abs. 3 GehG 1956, weil die dabei gesammelte Erfahrung und damit verbundenen Aufgaben auf europäischer und internationaler Ebene mit Bezug zur Republik Österreich und dem Bundesland XXXX eine für ihre aktuelle richterliche Tätigkeit wertvolle Berufserfahrung darstellen würden. Konkret habe die Beschwerdeführerin dabei redaktionell am wöchentlich elektronisch veröffentlichten Newsletter zum aktuellen, insbesondere auch rechtlichen Geschehen in Europa mitgearbeitet, europarechtliche Fachveranstaltungen besucht und darüber Protokolle erstellt, wobei auch rechtliche Aspekte herauszuarbeiten und vorab zu recherchieren gewesen seien, darüber hinaus habe sie Recherchen zu europaspezifischen Anfragen, wie u.a. EU-Förderprogrammen und ähnlichem getätigt und entsprechende Antwortschreiben verfasst. Ihr hätten weiters auch administrative und organisatorische Tätigkeiten, wie Terminkoordinationen, die Unterstützung bei der Vorbereitung von Veranstaltungen, die Mitarbeit an Publikation samt Bearbeitung und Übersetzung von Texten etc. oblegen. Aus diesem Grund sei ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene Routine an ihrem Arbeitsplatz gegeben und zu erwarten. Das Praktikum sei deshalb als einschlägig zu qualifizieren und als Vorzeit anzurechnen.

 

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Oberlandesgericht XXXX vorgelegt und sind am 21.04.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Die Beschwerdeführerin absolvierte ihre Gerichtspraxis im Zeitraum vom XXXX bis zum XXXX. Davor absolvierte sie im Zeitraum von XXXX bis XXXX während ihres Studiums ein Praktikum im Verbindungsbüro des Landes XXXX in XXXX. Mit Wirksamkeit vom XXXX wurde sie auf eine Planstelle einer Richteramtsanwärterin für den Sprengel des Oberlandesgerichts XXXXernannt. Mit Wirksamkeit vom XXXX wurde sie auf die Planstelle einer Sprengelrichterin ernannt.

 

Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 28.02.2017 wurden der Beschwerdeführerin Vordienstzeiten im Ausmaß von vier Jahr, zwei Monaten und achtzehn Tagen angerechnet.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und sind soweit unstrittig.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

 

Gemäß der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 08.02.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden).

 

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und auch unstrittig ist, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Zu A)

 

1. Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten – auszugsweise – wie folgt:

 

"§ 211b des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes, BGBl. 305/1961 idF BGBl. I 65/2015, lautet:

 

"Anrechnung von Zeiten der Gerichtspraxis

 

§ 211b. Bei Bediensteten, bei denen das Besoldungsdienstalter nach § 12 GehG festgesetzt wird, sind Zeiten der Gerichtspraxis als Zeiten nach § 12 Abs. 3 GehG anrechenbar, soweit sie die Dauer nach § 5 Abs. 2 des Rechtspraktikantengesetzes (RPG), BGBl. Nr. 644/1987, überschreiten."

 

Die maßgebliche Bestimmung des Gehaltsgesetzes 1956 idF BGBl. I 64/2016 lautet auszugsweise:

 

"Besoldungsdienstalter

 

§ 12. (1) Das Besoldungsdienstalter umfasst die Dauer der im Dienstverhältnis verbrachten für die Vorrückung wirksamen Zeiten zuzüglich der Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten.

 

(2) Als Vordienstzeiten auf das Besoldungsdienstalter anzurechnen sind die zurückgelegten Zeiten

 

Z 1 bis Z 3

 

4. der Leistung

 

a) des Grundwehrdienstes nach § 20 Wehrgesetz 2001 – WG 2001, BGBl. I Nr. 146/2001,

 

b) des Ausbildungsdienstes nach § 37 Abs. 1 WG 2001,

 

c) des Zivildienstes nach § 1 Abs. 5 Z 1 Zivildienstgesetz 1986 – ZDG, BGBl. Nr. 679/1986, oder eines anderen Dienstes nach § 12a Abs. 1 oder § 12c Abs. 1 ZDG, aufgrund dessen der Zivildienstpflichtige nicht mehr zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes heranzuziehen ist,

 

d) eines militärischen Pflichtdienstes, eines vergleichbaren militärischen Ausbildungsdienstes oder eines zivilen Ersatzpflichtdienstes in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums, in der Türkischen Republik oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

 

Zeiten der militärischen Dienstleistung nach lit. a, b und d sind bis zur Dauer von insgesamt höchstens sechs Monaten, Zeiten einer zivilen oder sonstigen Ersatzdienstleistung nach lit. c und d bis zur Dauer von insgesamt höchstens neun Monaten anzurechnen.

 

(3) Über die in Abs. 2 angeführten Zeiten hinaus sind Zeiten der Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit oder eines einschlägigen Verwaltungspraktikums bis zum Ausmaß von insgesamt höchstens zehn Jahren als Vordienstzeiten anrechenbar. Eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum ist einschlägig, insoweit eine fachliche Erfahrung vermittelt wird, durch die

 

1. eine fachliche Einarbeitung auf dem neuen Arbeitsplatz überwiegend unterbleiben kann oder

 

2. ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene Routine zu erwarten ist.

 

[ ]"

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Rechtspraktikantengesetzes, BGBl. 644/1987 idF BGBl. I 111/2010 lauten auszugsweise wie folgt:

 

"Gerichtspraxis

 

§ 1. (1) Die Gerichtspraxis soll Personen, die die vorgesehene wissenschaftliche Berufsvorbereitung für einen Beruf abgeschlossenen haben, für den die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist, die Möglichkeit geben, ihre Berufsvorbildung durch eine Tätigkeit in der Gerichtsbarkeit fortzusetzen und dabei ihre Rechtskenntnisse zu erproben und zu vertiefen.

 

(2) – (3) [ ]

 

Zulassung zur Gerichtspraxis

 

§ 2. (1) Auf die Zulassung zur Gerichtspraxis besteht in dem Ausmaß ein Rechtsanspruch, in dem die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist. Die Zulassung für einen längeren Zeitraum kann nach Maßgabe der budgetären, personellen und räumlichen Möglichkeiten erfolgen.

 

(2) – (4) [ ]

 

Ablauf der Ausbildung

 

§ 5. (1) [ ]

 

(2) Die Ausbildung in der Dauer von fünf Monaten hat jedenfalls beim Bezirksgericht und beim Landesgericht zu erfolgen. Einer Ausbildung in Strafsachen bei Gericht steht jene bei einer Staatsanwaltschaft unter sinngemäßer Anwendung dieses Bundesgesetzes gleich. Für die Verwendung bei der Staatsanwaltschaft gelten sinngemäß die Bestimmungen der §§ 32 Abs. 3 und 38 Abs. 2 des Staatsanwaltschaftsgesetzes (StAG), BGBl. Nr. 164/1986.

 

(3) – (4) [ ]

 

Ausbildungsbeitrag

 

§ 16. Den Rechtspraktikanten gebührt für die Dauer der Gerichtspraxis ein Ausbildungsbeitrag."

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, BGBl. 86 idF BGBl. I 64/2016 lauten auszugsweise wie folgt:

 

"Verwaltungspraktikum

 

Allgemeines

 

§ 36a. (1) Um Personen die Möglichkeit einzuräumen, ihre Berufsvorbildung oder Schulbildung durch eine entsprechende praktische Tätigkeit in der Bundesverwaltung zu ergänzen und zu vertiefen und auf diese Weise die Verwendungen im Bundesdienst kennen zu lernen, kann mit ihnen ein Ausbildungsverhältnis als Verwaltungspraktikant (Verwaltungspraktikum) begründet werden. Durch das Eingehen dieses Ausbildungsverhältnisses wird kein Dienstverhältnis begründet. [ ]

 

Rechte des Verwaltungspraktikanten

 

§ 36b. (1) Der Verwaltungspraktikantin oder dem Verwaltungspraktikanten gebührt für die Dauer der ordnungsgemäßen Teilnahme am Verwaltungspraktikum ein monatlicher Ausbildungsbeitrag. [ ]"

 

2. Auf den aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ableitbaren Vertrauensgrundsatz bzw. auf die Unverletzlichkeit des Eigentums (iSd Art. 5 StGG, Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK) kann sich die Beschwerdeführerin deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil sie aus dem rechtskräftigen Vorrückungsstichtagsbescheid keine (wohlerworbenen) Rechte hinsichtlich der dabei angerechneten Zeiten ableiten kann:

 

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Besoldungsreform 2015 (Stichtag 11.02.2015) befand sich die Beschwerdeführerin bereits in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Richteramtsanwärterin. Infolge des für sie nach § 67 RStDG geltenden Fixgehaltes war der für sie errechnete Vorrückungsstichtag, welcher mit Bescheid vom 22.10.2014 festgestellt wurde, für ihr Monatsentgelt nicht maßgebend und es konnte daher auch keine Überleitung der Beschwerdeführerin nach § 169c GehG 1956 stattfinden. In der in § 169d Abs. 1 GehG 1956 vorgenommenen Auflistung der für eine Gruppenüberleitung vorgesehenen Verwendungsgruppen scheint die Verwendungsgruppe der Richteramtsanwärterinnen/Richteramtsanwärter nicht auf.

 

Für die vorliegende Fallkonstellation normiert § 169d Abs. 6 dritter Satz GehG 1956 ausdrücklich: "Hat die Beamtin oder der Beamte noch nie ein Gehalt bezogen, für das ihr oder sein Vorrückungsstichtag maßgebend war, unterbleibt eine pauschale Überleitung nach § 169c und ihr oder sein Besoldungsdienstalter zum Beginn des Dienstverhältnisses wird mit der Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten nach den Bestimmungen des § 12 wie bei erstmaliger Begründung eines Bundesdienstverhältnisses festgesetzt."

 

Das Besoldungsdienstalter der Beschwerdeführerin ist demnach nach dem (neuen) § 12 GehG 1956 völlig neu zu ermitteln wie bei einer Neuaufnahme in den Bundesdienst.

 

Der neu gefasste § 12 GehG 1956 sieht nur noch vier Anrechnungstatbestände vor:

 

 

 

 

 

Für Richteramtsanwärter wird darüber hinaus mit § 211b RStDG die Anrechnung der Zeit der Gerichtspraxis normiert, soweit als sie deren gesetzliche Dauer von fünf Monaten übersteigt.

 

Der Einwand der Beschwerdeführerin, die ihr mit Bescheid vom 22.10.2014 angerechneten Vordienstzeiten seien auch nach der neuen Rechtslage zum Besoldungsdienstalter anzurechnen, erweist sich als nicht berechtigt:

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum § 12 GehG 1956 idF vor der Besoldungsreform 2015 ist nämlich "Sache" des in Abs. 9 leg. cit. angeordneten Verwaltungsverfahrens lediglich die "Feststellung des Vorrückungsstichtages", nicht aber die dort vorweg zu beurteilende Frage, welche Zeiten in welchem Umfang anzurechnen waren. Es handelt sich dabei bloß um Begründungselemente, die für sich genommen nicht rechtskraftfähig sind (vgl. VwGH 29.01.2014, 2012/12/0047).

 

Aus diesen Überlegungen ist für den Beschwerdefall zu folgern, dass aus dem rechtskräftigen Vorrückungsstichtagsbescheid die dort angerechneten Zeiten nicht der Rechtskraft unterlegen sind. Eine Feststellung der dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung als Richteramtsanwärterin hatte wegen des der Beschwerdeführerin als Richteramtsanwärterin gemäß § 67 RStDG gebührenden Fixgehaltes nicht zu erfolgen und ist auch nicht geschehen.

 

Da bisher noch keine Anrechnung von Vordienstzeiten auf das Besoldungsdienstalter vorgenommen wurde, kann eine Subsumtion unter § 12 Abs. 7 GehG 1956 im vorliegenden Fall nicht erfolgen. Das Besoldungsdienstalter ist demnach wie bei einer Neuaufnahme in den Bundesdienst zu berechnen.

 

Den von der Beschwerdeführerin gegen die im neuen Besoldungssystem nur mehr eingeschränkt vorgesehene Berücksichtigung der Gerichtspraxis geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken ist Folgendes zu entgegnen:

 

Nach dem klaren Wortlaut des § 211b RStDG sind Zeiten der Gerichtspraxis als Zeiten nach § 12 Abs. 3 GehG 1956 anrechenbar, soweit sie die Dauer nach § 5 Abs. 2 RPG (somit fünf Monate) überschreiten.

 

Den Erläuterungen zur Dienstrechts-Novelle 2015 (RV 585 BlgNR 25. GP , 8) ist auszugsweise Folgendes zu entnehmen:

 

"Zu § 12 Abs. 3 GehG und § 26 Abs. 3 VBG:

 

Mit dieser Änderung wird klargestellt, dass die Höchstgrenze von zehn Jahren für die Berufstätigkeit und das Verwaltungspraktikum gemeinsam gilt. Darüber hinaus wird klargestellt, dass die Vordienstzeiten nur teilweise anzurechnen sind, wenn sie nur zum Teil einschlägig sind. Im Übrigen bleiben die Kriterien zur Beurteilung, ob eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum einschlägig ist, im Vergleich zur Stammfassung der Novelle BGBl. I Nr. 32/2015 unverändert:

 

 

 

 

 

[ ]"

 

Vorweg ist auf die ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, der zu Folge dem Gesetzgeber auf dem Gebiet des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechts (vgl. VfSlg. 16.176/2001 mwH und 17.452/2005) ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum offen gelassen ist (er ist lediglich gehalten, das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrecht derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen in einem angemessenen Verhältnis zu den dem Beamten obliegenden Pflichten steht).

 

Nach dem durch die zitierten Erläuterungen zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers ist die Gerichtspraxis als Tätigkeit, die überwiegend der Ausbildung dient, keinesfalls als Berufstätigkeit anrechenbar.

 

§ 12 Abs. 3 GehG 1956 erachtet ausschließlich die Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit für anrechenbar und dem Gesetz wird kein verfassungswidriger Inhalt unterstellt, wenn im Sinne der Erläuterungen davon ausgegangen wird, dass die Gerichtspraxis, die überwiegend der Ausbildung dient, keine solche einschlägige Berufstätigkeit darstellt.

 

Dem Argument der Beschwerdeführerin, wonach eine unsachliche Differenzierung zwischen Verwaltungspraktika und der Gerichtspraxis vorliege, ist entgegenzuhalten, dass – wie sich aus den Erläuterungen zu § 12 Abs. 3 GehG 1956 ergibt – Verwaltungspraktika nicht schlechthin anrechenbar sind, sondern nur dann, wenn sie einschlägig sind, was dann gegeben sein wird, wenn das Verwaltungspraktikum unmittelbar vor der Aufnahme in das Dienstverhältnis absolviert wurde und der Bedienstete im Dienstverhältnis weitgehend mit denselben Aufgaben betraut werden soll wie während des Verwaltungspraktikums.

 

Darüber hinaus ergibt sich aus den Erläuterungen, dass nur solche Zeiten anrechenbar sind, die nicht ohnehin von der Mehrheit der potentiellen Bewerber vorgewiesen werden können oder die gar vorausgesetzte Ausbildungszeiten für den jeweiligen Arbeitsplatz sind. Es geht daher vor allem um Zeiten, durch welche sich der Bedienstete hinsichtlich seiner Verwendbarkeit deutlich vom typischen Berufseinsteiger abhebt.

 

Weiters ist auch darauf hinzuweisen, dass die Erläuterungen zum Ausdruck bringen, dass die Absolvierung von Ausbildungen wie die Gerichtspraxis bereits mit dem Einstiegsgehalt pauschal abgegolten wird. Dies ist erkennbar am höheren Einstiegsgehalt eines Richters in der Gehaltsstufe 1 mit € 3.711,60 (§ 66 RStDG) gegenüber einem Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes (A1) in der Gehaltsstufe 1 mit € 2.382,60 (§ 28 GehG 1956).

 

Der entscheidende Unterschied zwischen einem Verwaltungspraktikum und der Gerichtspraxis liegt darin, dass auf die Zulassung zur Gerichtspraxis gemäß § 2 Abs. 1 RPG ein Rechtsanspruch besteht, weshalb es dem Gesetzgeber innerhalb seines Gestaltungsspielraums zuzugestehen ist, dass sie diese Zeit von der Anrechnung ausschließt und stattdessen die Absolvierung dieser Ausbildung im Einstiegsgehalt pauschal abgeltet.

 

§ 211b RStDG stellt demgegenüber eine Privilegierung der Richter in dem Sinn dar, dass in ihrem Fall das Gerichtsjahr, obwohl es grundsätzlich von der Anrechenbarkeit in § 12 Abs. 3 GehG 1956 ausgeschlossen ist, hinsichtlich jener Zeiten, die über fünf Monate hinausgehen, für anrechenbar erklärt wird. Damit wird auch zum Ausdruck gebracht, dass insbesondere die ersten fünf Monate, auf deren Absolvierung ein Rechtsanspruch besteht, der Ausbildung dienen und erst die darüber hinausgehenden Monate einer "einschlägigen Berufstätigkeit" iSd § 12 Abs. 3 GehG 1956 hinsichtlich einer möglichen Ernennung zum Richter entsprechen.

 

Dem Einwand der Beschwerdeführerin, sie würde eine Altersdiskriminierung darin erblicken, dass nur Gerichtspraxiszeiten, die über die ersten fünf Monate hinausgehen, angerechnet werden, die ersten fünf Monate (die in einem früheren Lebensalter absolviert würden) hingegen nicht, ist entgegenzuhalten, dass nicht ersichtlich ist, gegenüber welchen Personen in einer vergleichbaren Situation die Beschwerdeführerin damit aufgrund ihres Alters eine Schlechterbehandlung erfahren würde. Die angesprochene Differenzierung erfolgt nicht zwischen verschiedenen Personen, sondern zwischen verschiedenen Phasen der Ausbildung und kann daher keine Altersdiskriminierung darstellen.

 

Diese rechtlichen Ausführungen hinsichtlich der Verfassungskonformität des § 211b RStDG wurden mittlerweile vom Verfassungsgerichtshof bestätigt. In seiner Beschwerdeablehnung wird ausgeführt, dass der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die in §§ 2 und 26 RStDG normierten Ernennungsvoraussetzungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der angewendeten Bestimmung des § 211b RStDG iVm § 5 Abs. 2 RPG iVm § 12 Abs. 3 GehG idF BGBl I 64/2016 hegt (vgl. VfGH 14.03.2017, E 623/2017).

 

Betreffend das von der Beschwerdeführerin absolvierten Praktikums ist Folgendes auszuführen:

 

Zwar ist seit der Besoldungsreform 2015 eine Anrechnung von Ausbildungszeiten oder sonstigen Zeiten nicht mehr vorgesehen, jedoch mit den neuen Gehaltsansätzen pauschal abgegolten, weiters findet die Vorrückung in die nächsthöhere Gehaltsstufe – demnach auch wieder von der 1. in die 2. Gehaltsstufe – nach einer Verweildauer von zwei Jahren in der jeweiligen Gehaltsstufe, bei der Richterin/beim Richter nach vier Jahren (§ 66 Abs. 2 RStDG) statt.

 

Das Bundesverwaltungsgericht hegt keine Bedenken gegen die mit der Besoldungsreform 2015 vorgenommene Ausgestaltung des neuen Gehaltssystems der Bundesbediensteten vor dem Hintergrund des Gleichheitsgebotes. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Anrechnung von Vordienstzeiten gegenüber der früheren Rechtslage zu beschränken oder solche nur mehr anzurechnen, insoweit sie als einschlägige Berufstätigkeit anzuerkennen sind und dafür einen Ausgleich in den neuen (höheren) Gehaltsansätzen und in einer Verkürzung der Verweildauer von der 1. in die 2. Gehaltsstufe vorzusehen.

 

Vor dem Hintergrund der Erläuterungen, wonach die Einschlägigkeit des Verwaltungspraktikums regelmäßig dann gegeben sein wird, wenn dieses unmittelbar vor der Aufnahme in das Dienstverhältnis absolviert wurde und die Bedienstete oder der Bedienstete im Dienstverhältnis weitgehend mit denselben Aufgaben betraut werden soll wie während des Verwaltungspraktikums, ist auszuführen, dass eine Einschlägigkeit im vorliegenden Fall nicht als gegeben angesehen werden kann, da das Praktikum einerseits der Ernennung als Richterin bzw. Richteramtsanwärterin nicht vorangegangen ist und die Beschwerdeführerin auch nicht mit denselben Aufgaben betraut ist. Darüber hinaus hat es sich nicht um ein Verwaltungspraktikum iSd § 36a VBG 1948 gehandelt. Da es sich bei dem absolvierten Praktikum (genannt "Berufseinarbeitungsvertrag") um eine Tätigkeit handelte, die überwiegend der Ausbildung diente (laut Vertrag:

"fachorientierte und praktische Einführung in die während des Studiums erlernten Studienfächer und Einblick ins Berufsleben") und während des Studiums absolviert wurde, kommt auch eine Anrechnung als einschlägige Berufserfahrung nicht in Betracht.

 

Da sich aus dem Wortlaut des § 211b RStDG eindeutig ergibt, dass Zeiten der Gerichtspraxis als Zeiten nach § 12 Abs. 3 GehG 1956 nur anrechenbar sind, soweit sie die Dauer nach § 5 Abs. 2 RPG (somit fünf Monate) überschreiten und der Beschwerdeführerin dementsprechend alle Zeiten ihrer Gerichtspraxis, die über fünf Monaten liegen, angerechnet wurden, und die Praktikumszeit einer Anrechnung als Vordienstzeit nicht unterliegt, ist die Beschwerde abzuweisen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Der Wortlaut der angewendeten Bestimmungen ist eindeutig.

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