BVwG W208 2263657-1

BVwGW208 2263657-119.5.2023

B-VG Art133 Abs4
GEG §6c Abs2
GGG Art1 §32 TP1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W208.2263657.1.00

 

Spruch:

 

 

 

 

W208 2263657-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde der XXXX GmbH, vertreten durch MAYER & HERMANN Rechtsanwälte, Baumannstraße 9/8, 1030 WIEN, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen WIEN vom 18.10.2022, GZ 100 Jv 4269/22v–33a, betreffend Rückzahlung von Gerichtsgebühren, zu Recht:

 

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 32 TP 1 Anm 4 lit b und § 6c Abs 2 GEG als unbegründet abgewiesen.

 

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 24.09.2020 brachte die Beschwerdeführerin (BF) als Klägerin in einem Verfahren vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen XXXX (in der Folge: LG) eine Klage zu XXXX mit einem Streitwert von insgesamt € 30.000,00 (Zahlung von 20.000,00 und 2 x Unterlassung zu je 5.000,00) gegen die beklagte Partei im Grundverfahren ein (ON 1.1). Dafür wurden Pauschalgebühren gemäß Tarifpost (TP) 1 Gerichtsgebührengesetz (GGG) iHv € 743,00 vom Konto des Rechtsvertreters der BF eingezogen.

2. Daraufhin erging am 30.10.2020 ein Versäumungsurteil, dessen Vollstreckbarkeit aber mit Beschluss vom 06.07.2021 aufgehoben wurde. In der daraufhin anberaumten und einmal verschobenen Tagsatzung am 06.07.2022 wurde das Versäumungsurteil aufgehoben, zwischen den Streitparteien ein Teilvergleich hinsichtlich der Unterlassungen (Streitwert 2 x € 5.000,00) geschlossen und für den Fall des Rechtswirksamwerdens des Vergleiches „einfaches Ruhen“ des Verfahrens vereinbart (ON 48).

3. Mit Aktenvermerk vom 21.07.2022 wurde vom zuständigen Richter festgehalten, dass keiner der Streitparteien einen Widerruf (bis zum vereinbarten Termin 20.07.2022) eingebracht habe und der Vergleich rechtswirksam sei. Das Verfahren ruhe (ON 49.1.).

4. In der Folge beantragte die BF am 18.08.2022 die Rückzahlung der halben Pauschalgebühr und führte darin begründend im Wesentlichen aus, dass das Streitverfahren in der ersten Verhandlung vergleichsweise bereinigt worden sei.

5. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 18.10.2022 wies die Präsidentin des LG (belangte Behörde vor dem BVwG) das Rückzahlungsbegehren der BF ab.

Begründend führte sie nach Wiedergabe des unstrittigen Sachverhaltes im Wesentlichen aus, dass gem „Anmerkung 4 lit b zu TP 1 GGG“ sich die Pauschalgebühr auf die Hälfte ermäßige, wenn die Rechtssache in der ersten Verhandlung rechtswirksam verglichen werden. Im vorliegenden Fall hätten die Streitparteien einen Teilvergleich geschlossen hinaus und darüber hinaus vereinbart, dass im Falle der Rechtswirksamkeit des Vergleiches „einfaches Ruhen“ des Verfahrens eintreten solle. Somit sei nicht die gesamte Rechtssache verglichen worden und keine Enderledigung des Verfahrens erfolgt. Die Voraussetzungen für eine Rückzahlung nach § 6c Abs 2 GEG lägen daher nicht vor.

6. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 19.10.2022) richtet sich die am 15.11.2022 fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher eine mündliche Beschwerdeverhandlung sowie die Abänderung bzw Aufhebung des Bescheides begehrt wurde, sodass dem Antrag der BF auf Rückzahlung der halben Pauschalgebühr vollinhaltlich stattgegeben werde, in eventu werde die Aufhebung und Zurückverweisung an die belangte Behörde beantragt.

Mit näherer Begründung wurde zusammengefasst angeführt, dass sich aus dem Gesetz nicht ergebe, dass nur bei einer Beendigung des gesamten Verfahrens die halbe Pauschalgebühr rückzuerstatten wäre. Vereinbartes Ruhen sei ein zeitlich begrenzter Stillstand des Verfahrens. Nach Ablauf von drei Jahren trete nach der Rsp der Abschluss des Verfahrens ein. Sollte einer der beiden Streitteile binnen der Frist von drei Jahren das Verfahren fortsetzen, könne die Refundierung der halbe Pauschalgebühr von der Behörde wieder rückgefordert werden.

7. Mit Schreiben vom 30.11.2022 (beim BVwG eingelangt am 02.12.2022) legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – dem BVwG zu Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I.1.-3. angeführte Sachverhalt wird festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des Grundverfahrens.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG bzw im GGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet – den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von „civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305; 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen und ist auch die Rechtsfrage nicht derart komplex, dass es zu deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedürfte.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen

§ 32 GGG Tarifpost (TP) 1 legt Gerichtsgebühren (Pauschalgebühren) in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz in abgestufter Höhe nach dem Wert des Streitgegenstandes fest. Danach betrug die Pauschalgebühr nach TP 1 zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage (hier: 24.09.2020) bei einem Streitwert von über € 7.000,00 bis € 35.000,00 € 743,00 Euro. Das wird von der BF nicht bestritten.

Die Anmerkung 4 zur TP 1 GGG – in der Fassung zum Zeitpunkt des Teilvergleiches bzw der Vereinbarung des einfachen Ruhens (hier: 06.07.2022) – lautet:

„4. Die Pauschalgebühren nach Tarifpost 1 ermäßigen sich auf die Hälfte, wenn entweder

a. die Klage nach Zustellung, aber noch vor oder in der ersten Tagsatzung zurückgezogen wird, oder

b. die Rechtssache in der ersten Tagsatzung oder infolge einer spätestens in dieser Tagsatzung angeregten Mediation zu Beginn der zweiten Tagsatzung verglichen wird und dieser Vergleich rechtswirksam wird.

Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuzahlen. Die Durchführung der Mediation ist schriftlich nachzuweisen.“

Gemäß § 6c Z 1 GEG sind die nach § 1 GEG einzubringenden Beträge mit Ausnahme der Beträge nach § 1 Z 6 zurückzuzahlen, soweit sich in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde und der Rückzahlung keine rechtskräftige Entscheidung entgegensteht.

Die Rückzahlung ist von Amts wegen oder auf Antrag der Partei, die die Beträge entrichtet hat, zu verfügen. Insoweit sich jedoch der Rückzahlungsanspruch als nicht berechtigt erweist, ist er von der Behörde (§ 6) mit Bescheid abzuweisen (§ 6c Abs 2 GEG).

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

3.3.1. Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die Bestimmung des § 32 GGG TP 1 Anm 4 lit b, wonach bei Abschluss eines Vergleiches in der ersten Tagsatzung nur die halbe Pauschalgebühr nach TP 1 zu entrichten bzw zurückzuzahlen ist, auch auf den Fall anzuwenden ist, dass nur ein Teil der Klagsforderung verglichen wird und für den Rest „einfaches Ruhen“ des Verfahrens gem § 168 ZPO vereinbart wird.

In ihrer Beschwerde vertritt die BF die Ansicht, dass Anmerkung 4 lit b zur TP 1 GGG, auch anzuwenden sei, wenn die Rechtssache durch Vereinbarung des Ruhens zumindest zeitlich begrenzt beendet wurde. Sollte keiner der beiden Streitteile das Verfahren nach der Dreijahresfrist fortsetzen, sei von einem formellen Abschluss des Verfahrens iSd § 71 Abs 1 Satz 2 ZPO auszugehen und wäre iSd der Anmerkung 4 die halbe Pauschalgebühr zu refundieren. Sollte das Verfahren hingegen innerhalb der Dreijahresfrist fortgesetzt werden, wäre die Refundierung der halben Pauschalgebühr von der klagenden Partei wiederum zu ersetzen.

3.3.2. Den Ausführungen der BF ist aus folgenden Gründen nicht zu folgen:

Der Wortlaut der Anmerkung 4 lit b zur TP 1 GGG ist eindeutig: Die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG ermäßigt sich auf die Hälfte, wenn die Rechtssache in der ersten Tagsatzung rechtswirksam verglichen wird. Eine Reduktion bei Teilvergleichen oder bei bloßer Ruhensvereinbarung ist nicht vorgesehen.

Im Bereich des öffentlichen Rechts ist ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut nur dann zulässig, wenn eindeutig feststeht, dass der Gesetzgeber etwas anderes gewollt hat, als er zum Ausdruck gebracht hat. Dies ist etwa dann gegeben, wenn den Gesetzesmaterialien mit Sicherheit entnommen werden kann, dass der Wille des Gesetzgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen ist, als sie in der getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt (VwGH 22.03.2019, Ra 2018/04/0089). Im Zweifel ist das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechts als beabsichtigt anzusehen (VwGH 24.02.2016, Ro 2014/10/0061 mwN).

Im Bereich des GGG tritt hinzu, dass die Bestimmungen des GGG nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH bewusst an formale äußere Tatbestände anknüpfen, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme hievon geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden (VwGH 22.10.2015, Ro 2014/16/0021 mwN).

Die Zitierung dieser Bestimmung durch die Behörde ist daher – entgegen der Ansicht der BF – einschlägig, weil der VwGH sinngemäß bereits ausgesprochen hat, dass eine analoge Anwendung der Ermäßigungstatbestände der Anmerkungen 2 (entspricht nunmehr Anmerkung 4 lit b) und 3 zu TP 1 GGG – entgegen dem Wortlaut – nicht in Betracht kommt (dort: Ruhen des Verfahrens erst nach der Klagszustellung, vgl VwGH 06.10.2020, Ra 2020/16/0126, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Analogieschluss auch im öffentlichen Recht zwar grundsätzlich zulässig. Voraussetzung hierfür ist das Bestehen einer echten (dh planwidrigen) Rechtslücke. Sie ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig, ist, und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Da das öffentliche Recht, im Besonderen das Verwaltungsrecht, schon von der Zielsetzung her nur einzelne Rechtsbeziehungen unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses zu regeln bestimmt ist, muss eine auftretende Rechtslücke in diesem Rechtsbereich im Zweifel als beabsichtigt angesehen werden (VwGH 17.10.2012, 2012/08/0050).

Die Wirksamkeit der Ruhensvereinbarung tritt mit ihrer Anzeige durch beide Parteien an das Gericht ein (§ 168 ZPO). Das Gericht hat über das Ruhen des Verfahrens keinen Beschluss zu fassen, sondern dies nur durch Aktenvermerk festzustellen (Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht, Rz 486). Das von den Parteien vereinbarte Ruhen des Verfahrens lässt die Gerichts- und Streitanhängigkeit unberührt (OGH 13.12.2018, 5 Ob 195/18i; RIS-Justiz RS0081556; Gitschthaler in Rechberger4 §§ 168 - 170 ZPO Rz 1). Dies gilt auch für ein jahrzehntelanges oder „ewiges“ („immerwährendes“ oder „dauerndes“) Ruhen des Verfahrens (RIS-Justiz RS0036976; vgl. ua OGH 19.04.2018, 4 Ob 60/18d). Ein Ruhen des Verfahrens hat sohin keine „enderledigende“ Wirkung für das Gericht. Es kann nur bei einer tatsächlichen Beendigung des Verfahrens mit Sicherheit gesagt werden, dass der Aufwand des Gerichts mit der halben Pauschalgebühr abgedeckt ist, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei einem lediglich ruhenden Verfahren in keinem Fall mehr Bearbeitungsschritte durch das Gericht gesetzt werden müssen. So könnte etwa nach Ablauf von drei Monaten jederzeit von einer der Parteien ein (wenn möglicherweise auch materiell rechtlich unberechtigter) Fortsetzungsantrag gestellt werden, wodurch ein abermaliges Tätigwerden des Gerichts erforderlich wäre und allenfalls weitere Gerichtskosten auflaufen könnten. Auch durch die Vereinbarung eines „ewigen Ruhens“ wird die Möglichkeit der Stellung eines Fortsetzungsantrages nicht ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0036976).

Die mit dem Bundesgesetz BGBl I Nr 81/2019 erfolgte Ergänzung der Anmerkung 2 zu TP 1 GGG, wonach sich die Pauschalgebühr auf die Hälfte reduziert, „wenn die Rechtssache in der ersten Verhandlung rechtswirksam verglichen wird“, geht auf den Initiativantrag BlgNR 80/A, XXVI. GP zurück. In der Begründung ist dort ausdrücklich nur die Rede von in der ersten Verhandlung geschlossenen Vergleichen, nicht jedoch von Ruhensvereinbarungen.

Mit der Zivilverfahrens-Novelle 2022 (ZVN 2022, BGBl I Nr 61/2022 in Kraft seit 01.05.2022) wurde die Anmerkung 2 unverändert in die Anmerkung 4 lit b übernommen und die Ermäßigungstatbestände der TP 1 ausgeweitet, die Erläuterungen RV 1291 XXII. GP lauten:

„Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 81/2019 wurde die Anmerkung 2 zur Tarifpost 1 GGG dahingehend ergänzt, dass sich die Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 GGG (Zivilverfahren erster Instanz) auch in den Fällen auf die Hälfte reduziert, in denen „die Rechtssache in der ersten Verhandlung rechtswirksam verglichen wird“. In der Praxis wurde kritisiert, dass diese Ermäßigungsvorschrift nicht auch für vor der ersten Tagsatzung geschlossene außergerichtliche Vergleiche, aufgrund derer eine Tagsatzung in der Folge nicht mehr notwendig ist, gelten soll (siehe insbesondere die E des BVwG L521 2231218-1/2E). Mangels einer Anordnung in der Anmerkung 2 zur Tarifpost 1 blieb außerdem unklar, wie mit bereits entrichteten Mehrbeträgen zu verfahren ist, und ob es Voraussetzung für die Gebührenermäßigung ist, dass der Vergleich bereits in der ersten Tagsatzung selbst rechtswirksam wird. Es wird daher vorgeschlagen, die mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 81/2019 eingefügte Ergänzung zur Anmerkung 2 zur Tarifpost 1 wieder zu beseitigen und in einer neuen Anmerkung 4 zur Tarifpost 1 zu regeln, dass sich die Pauschalgebühr auf die Hälfte reduziert, wenn die Klage nach Zustellung, aber noch vor oder in der ersten Tagsatzung zurückgezogen wird (lit. a.), oder wenn die Rechtssache in der ersten Tagsatzung verglichen wird und dieser Vergleich rechtswirksam wird (lit. b). Durch diese Änderung soll die Gebührenermäßigung insbesondere auch dann zur Anwendung gelangen, wenn sich die Parteien bereits vor der ersten Tagsatzung außergerichtlich vergleichen und die Klage in der Folge zurückgezogen wird. Wie in der Anmerkung 3 zur Tarifpost 1 GGG (Zurückziehung und Zurückweisung der Klage oder eines in den Anmerkungen 1 oder 2 zur Tarifpost 1 angeführten Antrags vor Zustellung an den Verfahrensgegner) soll auch für die von der Anmerkung 4 zur Tarifpost 1 GGG erfassten Fälle ausdrücklich angeordnet werden, dass bereits entrichtete Mehrbeträge zurückzuzahlen sind. Durch eine Formulierungsänderung soll letztlich klargestellt werden, dass die Ermäßigungsvorschrift nicht nur dann zum Tragen kommt, wenn die Parteien in der ersten Tagsatzung einen unbedingten Vergleich schließen, sondern auch dann, wenn die Rechtsache in der ersten Tagsatzung bedingt verglichen wird und dieser Vergleich in der Folge rechtswirksam wird. Die Gebührenermäßigung auf die Hälfte soll auch dann zum Tragen kommen, wenn sich die Parteien infolge einer spätestens in der ersten Tagsatzung angeregten Mediation zu Beginn der zweiten Tagsatzung vergleichen und dieser Vergleich rechtswirksam wird (lit. b). In der Praxis verschränken sich Zivilgerichtsverfahren und Zivilrechts-Mediation zunehmend in der ersten Tagsatzung. Ist die Rechtssache für die Zivilrechts-Mediation geeignet, wird diese in der ersten Tagsatzung vorgestellt. Entscheiden sich die Parteien in der Folge für die Mediation und wird die Rechtssache infolge der Mediation spätestens zu Beginn der zweiten Tagsatzung rechtswirksam verglichen, liegt ein Fall vor, der sich dem Vergleich in der ersten Tagsatzung stark annähert, sodass die Ermäßigungsvorschrift auch in diesem Fall zur Anwendung gelangen soll. Eine Einschränkung auf Mediationen durch Mediatoren iSd ZivMedG oder des EU-MediatG wird dabei nicht vorgenommen. Zum Nachweis, dass der Vergleich infolge einer Mediation geschlossen wurde, müssen die Parteien in der zweiten Tagsatzung eine vom Entscheidungsorgan zu protokollierende Erklärung abgeben, dass sie den Vergleich infolge einer Mediation am … (Datum der Mediation) geschlossen haben. Gleichzeitig haben sie die in dem Mediationsverfahren erzielte schriftliche Vereinbarung sowie eine Bestätigung des Mediators/der Mediatorin, dass in der Mediation am … (Datum der Mediation) eine Vereinbarung in der Rechtssache … (Aktenzahl des Gerichts) getroffen wurde, vorzulegen.“

Selbst dieser Novellierung ist daher – trotz der damit verbundenen klar erkennbaren Ausweitung der Ermäßigungstatbestände – der eindeutige Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, nur bei rechtswirksam geschlossenen Vergleichen über die gesamte anhängig gemachte Rechtssache eine Halbierung der Pauschalgebühr vorzusehen. Von einer Ermäßigung bei Ruhensvereinbarungen (in welcher Form auch immer) ist keine Rede.

Da auch die anderen Fälle einer Ermäßigung nicht vorliegen ermäßigt sich die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG daher nicht auf die Hälfte, wenn nur eine Vereinbarung des Ruhens getroffen wird.

3.3.3. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass mit der Überreichung der Klage über einen Streitwert von € 30.000,00 die Gebührenschuld im bezeichneten Umfang entstanden ist. Die Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG wurde daher zu Recht im Betrag von iHv € 743,00 (Streitwert über € 7.000,00 bis € 35.000,00) bemessen und von der BF durch Einziehung vom Konto ihres Vertreters entrichtet.

Für die Rückzahlung von Gebühren ist es gemäß § 6 Abs 1 Z 1 und 2 GEG erforderlich, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde. Das ist nach dem oben Gesagten nicht der Fall.

Die belangte Behörde hat dem Rückzahlungsantrag der BF daher zu Recht nicht stattgegeben.

3.4. Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG anzulasten ist, war die Beschwerde gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.

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