BVwG W208 2167616-1

BVwGW208 2167616-127.9.2017

B-VG Art.133 Abs4
GEG §6a Abs1
GGG Art.1 §2 Z3
GGG Art.1 §23 Abs1
GGG Art.1 §32 TP12a lita
GGG Art.1 §32 TP7 ZI lita
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W208.2167616.1.00

 

Spruch:

W208 2167616-1/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes FÜR ZIVILRECHTSSACHEN WIEN vom 12.07.2017, Zahl: 100 Jv 1949/17k-33a (003 Rev 5027/17m), betreffend Gerichtsgebühren zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Im Grundverfahren vor dem Bezirksgericht XXXX (im Folgenden: BG), Zl 9 PU 136/10 s, beantragten zwei Kinder ihren Vater, die nunmehr beschwerdeführende Partei (im Folgenden: bP), ab 17.06.2006 zu Unterhaltszahlungen in näher genannter Höhe zu verpflichten.

 

2. Am 26.05.2014 fasste das BG zu ON 99 einen Beschluss über die Festsetzung des Unterhaltes mit folgendem Inhalt (auszugsweise):

 

"Der Unterhaltsschuldner [...] ist verpflichtet zum Unterhalt des Kindes

 

a) XXXX,[im Folgenden A.]

 

• für die Zeit vom 17.06.2006 bis 28.02.2008

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 431,00 EUR

 

• für die Zeit vom 01.03.2008 bis 31.07.2008

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 642,00 EUR

 

• für die Zeit vom 01.08.2008 bis 31.07.2009

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 666,00 EUR

 

• für die Zeit vom 01.08.2009 bis 28.02.2010

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 668,00 EUR

 

• für die Zeit vom 01.03.2010 bis 31.07.2010

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 784,00 EUR

 

• für die Zeit vom 01.08.2010 bis 31.07.2011

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 798,00 EUR

 

• für die Zeit vom 01.08.2011 bis 31.07.2012

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 824,00 UR

 

• angefangen vom 01.08.2012 bis auf weiteres,

 

längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 842,00 EUR

 

an den Volljährigen bei sonstiger Exekution

 

b) XXXX, ,[im Folgenden C.]

 

• für die Zeit vom 17.06.2006 bis 28.02.2008

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 355,00 EUR

 

• für die Zeit vom 01.03.2008 bis 31.07.2008

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 560,00 EUR

 

• für die Zeit vom 01.08.2008 bis 28.02.2009

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 580,00 EUR

 

• für die Zeit vom 01.03.2009 bis 31.07.2009

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 666,00 EUR

 

• für die Zeit vom 01.08.2009 bis 31.07.2010

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 668,00 EUR

 

• für die Zeit vom 01.08.2010 bis 31.07.2011

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 680,00 EUR

 

• für die Zeit vom 01.08.2011 bis 31.07.2012

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 702,00 EUR

 

• angefangen vom 01.08.2012 bis auf weiteres

 

• längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes

 

einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 716,00 EUR

 

zu Handen des gesetzlichen Vertreters [...] bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

 

[...]"

 

Der Beschluss wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter der bP am 27.05.2014 zugestellt.

 

2. Gegen diesen Beschluss erhob die bP am 10.06.2014 Rekurs (ON 101). Diesem wurde mit Beschluss des Landesgerichts FÜR ZIVILRECHTSSACHEN WIEN vom 30.01.2015 nicht Folge gegeben.

 

3. Gegen diese Entscheidung erhob die bP am 31.03.2015 einen außerordentlichen Revisionsrekurs (ON 107). Dieser wurde mit Beschluss vom 21.05.2015 des Obersten Gerichtshofes hinsichtlich des

A. zurückgewiesen; hinsichtlich des C. wurde der Akt dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Das Landesgericht FÜR ZIVILRECHTSSACHEN WIEN behandelte den außerordentlichen Revisionsrekurs der bP als einen mit einem Revisionsrekurs verbundenen Abänderungsantrag und wies diesen mit Beschluss vom 07.10.2015 zurück.

 

Am 06.11.2015 wurde die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des erstgerichtlichen Beschlusses vom 26.05.2014, ON 99, beurkundet.

 

4. Mit Beschluss vom 06.07.2016, ON 152, wurde die bP zum Ersatz der Hälfte einer aus Amtsgeldern ausbezahlten Sachverständigengebühr in Höhe von € 942,50 verpflichtet.

 

5. Mit Bescheid vom 12.07.2017 erließ die Präsidentin des Landesgerichtes FÜR ZIVILRECHTSSACHEN WIEN (nachdem ein davor erlassener Mandatsbescheid ex lege außer Kraft getreten war) einen neuen Zahlungsauftrag über in Summe € 5.258,50:

 

Entscheidungsgebühr TP 7 Z I lit a GGG, ON 99,

 

für A. (Bemessungsgrundlage € 76.941,00) € 385,00

 

Entscheidungsgebühr TP 7 Z I lit a GGG, ON 99,

 

für C. (Bemessungsgrundlage € 66.589,00) € 333,00

 

Pauschalgebühr Rekurs TP 12a lit a GGG, ON 101 € 1.436,00

 

Pauschalgebühr "ao Revision" [gemeint: Revisionsrekurs]

 

TP 12a lit b GGG, ON 107 € 2.154,00

 

Ersatz der Sachverständigengebühren gem § 2 Abs 2 GEG

 

It. ON 152 (1/2 von € 1.885,00) € 942,50

 

Einhebungsgebühr gem 5 6a Abs 1 GEG € 8,00

 

offener Gesamtbetrag € 5.258,50

 

Die Bemessungsgrundlagen für die Pauschalgebühren nach § 7 Z I lit a GGG für den Beschluss ON 99 berechnete die belangte Behörde wie folgt:

 

1) für A.:

 

 

Zeitraum Rückständiger Unterhalt

Anzahl Monate

monatl. Betrag

Summe

17.06.2006-28.02.2008

21

€431.00

€ 9.051.00

01.03.2008-31.07.2008

5

€ 642,00

€ 3.210,00

01.08.2008-31.07.2009

12

€ 666,00

€ 7.992.00

01.08.2009-28.02.2010

7

€ 668,00

€ 4.676,00

01.03.2010-31.07.2010

5

€ 784,00

€ 3.920,00

01.08.2010-31.07.2011

12

€ 798,00

€ 9.576,00

01.08.2011-31.07.2012

12

€ 824,00

€ 9.888,00

01.08.2012-31.05.2014 (Datum Beschluss)

22

€ 842,00

€ 18.524.00

Laufender Unterhalt ab 01.06.2014

12 (einfache Jahresleistung)

€ 842,00

€ 10.104,00

 

 

 

€ 76.941,00

    

 

2) für C.:

 

 

Zeitraum Rückständiger Unterhalt

Anzahl Monate

monatl. Betrag

Summe

17.06.2006-28.02.2008

21

€ 355,00

€ 7.455,00

01 03.2008-31.07.2008

5

€ 560,00

€ 2.800,00

01.08.2008-28.02.2009

7

€ 580,00

€ 4.060,00

01.03.2009-31.07.2009

5

€ 666,00

€ 3.330,00

01.08.2009-31.07.2010

12

€ 668,00

€ 8.016,00

01.08.2010-31.07.2011

12

€ 680,00

€ 8.160.00

01.08.2011-31.07.2012

12

€ 702,00

€ 8.424,00

01.08.2012-31.05.2014 (Datum Beschluss)

22

€ 716,00

€15.752.00

Laufender Unterhalt ab 01.06.2014

12 (einfache Jahresleistung)

€ 716,00

€ 8.592,00

 

 

 

€ 66.589,00

    

 

Begründend wurde dazu

im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 23 Abs 1 GGG (in der zum Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenpflicht maßgeblichen Fassung) sei Bemessungsgrundlage für den für die Vergangenheit zuerkannten Unterhaltsanspruch der zugesprochene Betrag. Für die Zuerkennung künftigen Unterhalts sei das Einfache der Jahresleistung als Bemessungsgrundlage anzunehmen. Bei gemeinsamer Zuerkennung von künftigem und bereits fällig gewordenem Unterhalt seien die Beträge zusammenzurechnen.

 

Die Pauschalgebühr nach TP 12a lit a GGG (in der maßgeblichen Fassung) betrage für das Rekursverfahren das Doppelte der für das Verfahren erster Instanz vorgesehenen Pauschalgebühr. Die Pauschalgebühr nach lit b leg cit betrage für das Revisionsverfahren [gemeint: Revisionsrekursverfahren] das Dreifache der für das Verfahren erster Instanz vorgesehenen Pauschalgebühr.

 

6. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 14.07.2017) richtet sich die am 09.08.2017 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde der bP. Darin wird der Bescheid im Umfang einer über den Betrag von €

4.148,50 hinausgehenden Gebührenvorschreibung, somit hinsichtlich eines Betrages von € 1.110,00, bekämpft.

 

Dazu wird im Wesentlichen sinngemäß vorgebracht, die belangte Behörde gehe davon aus, dass der Berechnung der Entscheidungsgebühr sowie der Pauschalgebühr nach TP 12a als "Unterhalt für die Vergangenheit" jener Gesamtbetrag an Unterhalt zugrunde zu legen sei, der bis zur Fassung des über den Unterhaltsanspruch absprechenden Beschlusses fällig würde. Richtigerweise sei der "Unterhalt für die Vergangenheit" hingegen nach dem für die vor dem Antragszeitpunkt liegende Zeitspanne begehrten (und letztlich für diesen Zeitraum bestimmten) Unterhalt auszumessen, wie dies auch dem System der Pauschalgebühren im streitigen Zivilprozess (TP 1 bis 3 GGG) entspreche. Nur jenen Unterhalt meine auch der Gesetzgeber, wenn er ausdrücklich anordne, dass der Wert des durch die Entscheidung zuerkannten Unterhalts mit dem Jahresunterhaltsbetrag (pro futuro) und dem daneben Zuerkannten, zu bestimmen sei und diese Beträge zusammenzurechnen seien. (Dabei weist die bP auf Anmerkung 1 zu TP 7 GGG hin, wobei sie sich offenkundig auf die aktuelle Fassung bezieht, welche im vorliegenden Fall zwar nicht anzuwenden, jedoch inhaltsgleich mit dem zur Anwendung gelangenden § 23 Abs. 1 GGG [in der am 26.05.2014 in Kraft gestandenen Fassung] ist.)

 

Die Bemessungsgrundlage für die Entscheidungsgebühren für den Beschluss ON 99, die Pauschalgebühren für den Rekurs ON 101 und die außerordentliche Revision ON 107 sei lediglich mit € 106.618,00 (statt € 143.530,00) zu bestimmen; auf dieser Basis sei eine Entscheidungsgebühr von € 533,00 und seien Pauschalgebühren nach TP 12a GGG von € 1.066.00 für den Rekurs ON 101 und € 1.599,00 für den Revisionsrekurs ON 107 vorzuschreiben.

 

Überdies bringt die bP vor, ein Teil des von den Antragstellern "begehrten" (und vom Erstgericht ausgemessenen) Unterhaltsanspruchs sei niemals strittig gewesen, sodass bei verständiger Auslegung nicht davon die Rede sein könne, dieser Teil sei den Antragstellern durch die gerichtliche Entscheidung "zuerkannt" (im Sinne von "ihnen verschafft") worden, worauf TP 7 Abschnitt I lit a GGG allerdings abstelle.

 

7. Mit Schreiben vom 14.08.2017 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – dem BVwG zu Entscheidung vor.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der im Punkt I. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt wird festgestellt.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist unbestritten und ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

 

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

 

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG bzw. im GGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Ab. 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

 

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags - der hier ohnehin nicht vorliegt - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305; 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen und ist auch die Rechtsfrage nicht derart komplex, dass es zu deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedürfte.

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde

 

3.2. Gesetzliche Grundlagen

 

Die relevanten Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes (GGG), BGBl. Nr. 501/1984, in der am 26.05.2014 in Kraft gestandenen Fassung (im Folgenden: "aF") lauten (auszugsweise):

 

"Entstehung der Gebührenpflicht

 

§ 2. Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr wird, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, begründet:

 

[ ]

 

3. bei Gebühren für Entscheidungen über Unterhaltsansprüche sowie für Entscheidungen nach Tarifpost 7 lit. c im außerstreitigen Verfahren mit der Zustellung der Entscheidung an den Unterhaltsschuldner beziehungsweise an den gesetzlichen Vertreter [

]

 

IV. Zahlungspflicht

 

§ 7. (1) Zahlungspflichtig sind, soweit für die einzelnen Verfahrensarten nicht besondere Bestimmungen bestehen:

 

[ ]

 

1a. bei sonstigen Rechtsmittelverfahren (Anmerkung 1a zur TP 2 und TP 3, Anmerkung 3 zur TP 13, TP 12a und TP 13a) der Rechtsmittelwerber;

 

[ ]

 

II. Gebühren für Entscheidungen über Unterhaltsansprüche in außerstreitigen Verfahren

 

§ 23. (1) Bemessungsgrundlage für den für die Vergangenheit zuerkannten Unterhaltsanspruch ist der zugesprochene Betrag. Für die Zuerkennung künftigen Unterhalts ist das Einfache der Jahresleistung als Bemessungsgrundlage anzunehmen; wird der Anspruch aber auf eine kürzere Zeit als ein Jahr zuerkannt, so dient der Gesamtbetrag der zugesprochenen Leistungen als Bemessungsgrundlage. Bei gemeinsamer Zuerkennung von künftigem und bereits fällig gewordenem Unterhalt sind der sich nach dem vorstehenden Satz ergebende Betrag für den künftigen Unterhalt und der für die Vergangenheit zugesprochene Betrag zusammenzurechnen.

 

(2) Die Entscheidungsgebühr oder Vergleichsgebühr ist von demjenigen zu entrichten, dem die Unterhaltsleistung auferlegt wurde. Die Gebühr für Entscheidungen nach Tarifpost 7 lit. c ist von der Person zu tragen, in deren Interesse die Prüfung durch das Gericht erfolgt.

 

[...]

 

IV. Pauschalgebühren für Verfahren außer Streitsachen

 

 

Tarif-post

Gegenstand

Höhe der Gebühren

7

A. Pflegschafts- und Unterhaltssachen

 

 

Entscheidungen sowie Vergleiche

 

 

a) über den Anspruch auf Unterhalt vom Wert des Zuerkannten

1/2 vH

   

 

[...]

 

Anmerkungen

 

1. Der Wert des Zuerkannten ergibt sich aus § 23 Abs. 1.

 

2. Wird auf Grund eines neuen Antrages ein bereits rechtskräftig zuerkannter (verglichener) Unterhaltsbetrag erhöht, so ist von dem Unterschied zwischen dem zuerkannten und dem bisher zu leistenden Betrag auszugehen.

 

3. Wird die Entscheidung im Rechtsmittelverfahren abgeändert, so dient als Bemessungsgrundlage der vom Rechtsmittelgericht festgesetzte Unterhaltsbetrag. Wurde für die abgeänderte Entscheidung eine Gebühr bereits vorgeschrieben, so ist sie bei einer Erhöhung einzurechnen, bei einer Ermäßigung oder Aberkennung rückzuerstatten.

 

4. Die Gebührenpflicht ist nicht davon abhängig, daß die Entscheidung in Rechtskraft erwächst.

 

5. Die Gebührenpflicht wird dadurch nicht berührt, daß die Entscheidung aufgehoben wird. Die Entscheidungsgebühr ist nur einmal zu entrichten; dies gilt auch dann, wenn infolge Aufhebung der Entscheidung eine neue Entscheidung gefällt wird.

 

6. Wird ein rechtskräftig zuerkannter (verglichener) Unterhaltsbetrag später herabgesetzt oder aberkannt, so findet eine Rückzahlung der Gebühren für die Entscheidungen, mit denen der Unterhalt früher festgesetzt wurde, nicht statt.

 

[...]"

 

Die relevante Bestimmung des TP 12a GGG idF BGBl. I Nr. 19/2015 lautete bis zum Inkrafttreten der Aufhebung durch den VfGH mit Ablauf des 31.12.2015 (VfGH 11.12.2014, G 157/2014):

 

"IVa. Rechtsmittelgebühren in den unter II. bis IV. angeführten Verfahren

 

 

Tarifpost

Gegenstand

Höhe der Gebühren

12a

Pauschalgebühren a) für das Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz (Rekursverfahren)

das Doppelte der für das Verfahren erster Instanz vorgesehenen Pauschalgebühren

 

b) für das Rechtsmittelverfahren dritter Instanz (Revisionsrekursverfahren und Rekursverfahren)

das Dreifache der für das Verfahren erster Instanz vorgesehenen Pauschalgebühren

   

 

[ ]

 

Anmerkungen

 

[ ]

 

4. Die Pauschalgebühr nach Tarifpost 12a lit b ist ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob es sich um ein ordentliches oder außerordentliches Rechtsmittel handelt. Die Höhe der Pauschalgebühren nach Tarifpost 12a bestimmt sich unabhängig vom Umfang der Anfechtung und unabhängig von der Höhe des Rechtsmittelinteresses. In Exekutionsverfahren bestimmt sich deren Höhe demgemäß ausgehend von der Bemessungsgrundlage nach § 19 GGG. Diese ändert sich auch im Falle einer Einschränkung des vollstreckbaren oder zu sichernden Anspruchs beziehungsweise einer Teilanfechtung für das gesamte Verfahren nicht. Die Gebührenpflicht wird vom Ausgang des Verfahrens nicht berührt.

 

5. Für die Berechnung der Pauschalgebühren nach Tarifpost 12a ermitteln sich die für das Verfahren erster Instanz vorgesehenen Pauschalgebühren nach den für dieses Verfahren zum Zeitpunkt der Rechtsmittelerhebung geltenden Gebührenbestimmungen."

 

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

 

3.3.1. Zur Anwendung der TP 12a GGG (aF)

 

TP 12a GGG idF BGBl I Nr 111/2010 wurde – samt Anmerkungen – mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11.12.2014, Zl G 157/2014, mit Wirksamkeit zum Ablauf des 31.12.2015 aufgehoben, wobei der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen Folgendes ausführte:

 

"Mit der angefochtenen TP12a GGG, die für die Bemessung der Gerichtsgebühren für das Verfahren in zweiter bzw. dritter Instanz an die für das Verfahren erster Instanz maßgebliche Bemessungsgrundlage und die für das erstinstanzliche Verfahren vorgesehenen Gebühren anknüpft und diese verdoppelt bzw. verdreifacht, trifft der Gesetzgeber eine pauschalierende Regelung, die in sich unsachlich ist. Die Unsachlichkeit der angefochtenen Bestimmung ergibt sich daraus, dass TP12a GGG stets den dem erstinstanzlichen Verfahren zugrunde gelegten ‚Wert des Streitgegenstands' auch im Verfahren zweiter und dritter Instanz als Bemessungsgrundlage heranzieht, und zwar auch dann, wenn sich dieser "Wert des Streitgegenstands" im erstinstanzlichen Verfahren und das Rechtsmittelinteresse nicht decken. [...] Es ist somit für den VfGH kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, warum bei Gerichtsgebühren, die im Verfahren außer Streit als Hundertsatz des den Verfahrensgegenstand erster Instanz bildenden Betrags zu berechnen sind, eine Einschränkung des Verfahrensgegenstandes im Rechtsmittelverfahren keine Berücksichtigung in der Bemessungsgrundlage für die Rechtsmittelgebühren im Verfahren außer Streit findet und in jedem Fall, unabhängig vom Rechtsmittelinteresse, dieselbe Bemessungsgrundlage wie im erstinstanzlichen Verfahren heranzuziehen ist. Da die TP12a GGG, aus der sich die Bemessung der Rechtsmittelgebühren ergibt, und die zugehörigen Anmerkungen 1 bis 5 in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, ist diese Bestimmung antragsgemäß zur Gänze aufzuheben. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2015 in Kraft".

 

Mit 01.01.2016 trat die Neufassung der TP 12a GGG samt der zugehörigen Anmerkungen durch die Gerichtsgebühren-Novelle 2015 (GGN 2015), BGBl I Nr 156/2015, in Kraft.

 

Im gegenständlichen Verfahren hat sowohl die belangte Behörde als auch das BVwG gemäß Art 140 Abs. 7 B-VG den bereits als gleichheitswidrig vom VfGH erkannten TP 12a GGG noch in der alten Fassung anzuwenden, da die die Gebühren auslösenden Sachverhalte – nämlich die Erhebung des Rekurses und des Revisionsrekurses – vor dem Inkrafttreten der Aufhebung der genannten Bestimmung mit 31.12.2015 verwirklicht wurden (vgl. VfGH 11.12.2014, G 157/2014; VwGH 09.11.2011, 2011/16/0209).

 

3.3.2. Zur Höhe der Bemessungsgrundlage

 

Gemäß § 23 Abs 1 GGG (aF) ist Bemessungsgrundlage für den für die Vergangenheit zuerkannten Unterhaltsanspruch der zugesprochene Betrag. Für die Zuerkennung künftigen Unterhalts ist das Einfache der Jahresleistung als Bemessungsgrundlage anzunehmen; wird der Anspruch aber auf eine kürzere Zeit als ein Jahr zuerkannt, so dient der Gesamtbetrag der zugesprochenen Leistungen als Bemessungsgrundlage. Bei gemeinsamer Zuerkennung von künftigem und bereits fällig gewordenem Unterhalt sind der sich nach dem vorstehenden Satz ergebende Betrag für den künftigen Unterhalt und der für die Vergangenheit zugesprochene Betrag zusammenzurechnen.

 

Die Pauschalgebühr für das Rekursverfahren beträgt nach TP 12a lit a GGG (aF) das Doppelte, jene für das Revisionsrekursverfahren nach lit b leg cit das Dreifache der für das Verfahren erster Instanz vorgesehenen Pauschalgebühr.

 

Strittig ist im vorliegenden Fall, welche Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist. Die belangte Behörde hat der Berechnung der Entscheidungsgebühr nach TP 7 Z I lit a (und dementsprechend auch der Pauschalgebühr nach TP 12a) als Bemessungsgrundlage für den "für die Vergangenheit zuerkannten Unterhaltsanspruch" jenen Gesamtbetrag angenommen, der bis zur Fassung des über den Unterhalt absprechenden Beschlusses fällig geworden war. Die bP hingegen vertritt zusammengefasst die Meinung, dass die genannte Bemessungsgrundlage (nur) jene Unterhaltsbeträge umfasse, welche vor dem das Unterhaltsverfahren einleitenden Antrag fällig geworden seien.

 

Das GGG trifft zu der Frage, auf welchen Zeitpunkt für die Unterscheidung zwischen "für die Vergangenheit zuerkanntem" bzw. "fällig gewordenem" Unterhalt einerseits und "künftigem" Unterhalt andererseits abzustellen ist, keine explizite Regelung. Auch findet sich in den jeweiligen Gesetzesmaterialien weder zu § 23 Abs 1 GGG (aF) noch zu der diesem inhaltsgleichen Anmerkung 1 zu TP 7 GGG in der aktuellen Fassung eine entsprechende Erläuterung.

 

Jedoch legt die Formulierung "Zuerkennung von künftigem und bereits fällig gewordenem Unterhalt" nahe, dass auf den Zeitpunkt der Zuerkennung des Unterhalts, also der Beschlussfassung durch das Gericht, abzustellen ist. In der Zustellung des gerichtlichen Beschlusses ist auch das gebührenauslösende Ereignis zu sehen (§ 2 Z 3 GGG aF), wohingegen dem verfahrenseinleitenden Antrag für die Bemessung der Entscheidungsgebühr nach TP 7 Z I lit a GGG - anders als im Falle der Antragsgebühren nach TP 1 bis 3 GGG - keinerlei Relevanz zukommt.

 

Somit erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach für die Abgrenzung zwischen für die Vergangenheit zuerkanntem und künftigem Unterhalt der Zeitpunkt der Fassung des Gerichtsbeschlusses heranzuziehen ist, als richtig.

 

Auch das Vorbringen der bP, ein Teil des von den Antragstellern "begehrten" (und vom Erstgericht ausgemessenen) Unterhaltsanspruchs sei niemals strittig gewesen, ist für die Gebührenbemessung ohne Bedeutung. Der Wortlaut des TP 7 Z I lit a GGG aF sowie jener des § 23 Abs 1 GGG aF stellt eindeutig auf jenen Unterhalt ab, der durch gerichtlichen Beschluss zuerkannt wurde. Die Entscheidungsgebühr ist unabhängig von der Frage zu bemessen, ob der Unterhaltsanspruch zwischen den Verfahrensparteien zur Gänze oder nur zum Teil strittig gewesen ist.

 

Das GGG knüpft bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen Formaltatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinweg sieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Die das Gerichtsgebührengesetz und das gerichtliche Einbringungsgesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane sind an die Entscheidungen der Gerichte gebunden [vgl. die in Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren10, in E 12.ff zu § 1 GGG, wiedergegebene hg. Rechtsprechung] (VwGH 29.04.2013, 2012/16/0131).

 

Da formal von einer Zuerkennung frühestens mit Fassung des entsprechenden (rechtskräftigen) Beschlusses gesprochen werden kann, erfolgte die Berechnung der verfahrensgegenständlichen Gebühren durch die belangte Behörde in korrekter Weise.

 

Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG anzulasten ist, ist die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

 

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es fehlt - soweit vom BVwG überblickbar - an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, auf welchen Zeitpunkt hinsichtlich der Gebührenbemessung für die Unterscheidung zwischen "für die Vergangenheit zuerkanntem" bzw. "fällig gewordenem" Unterhalt einerseits und "künftigem" Unterhalt andererseits abzustellen ist. Dies gilt sowohl für die im gegenständlichen Fall anzuwendende Bestimmung des § 23 Abs 1 GGG (aF) als auch für die diesem inhaltsgleichen Anmerkung 1 zu TP 7 GGG in der aktuellen Fassung.

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