B-VG Art.133 Abs4
GEG §6a Abs1
GGG Art.1 §2 Z1 lith
GGG Art.1 §28 Z10
GGG Art.1 §32 TP12 liti
VwGVG §28 Abs2
AVG 1950 §11
B-VG Art.133 Abs4
GEG §6a Abs1
GGG Art.1 §2 Z1 lith
GGG Art.1 §28 Z10
GGG Art.1 §32 TP12 liti
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W208.2017365.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER als Einzelrichter über die Beschwerde, des BUNDES DER REPUBLIK ÖSTERREICH, vertreten durch die FINANZPROKURATUR, 1010 WIEN, Singerstraße 17 - 19, gegen den Bescheid der PRÄSIDENTIN DES XXXX vom 18.09.2015, XXXX zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen und der Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), zulässig.
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der BUND der REPUBLIK ÖSTERREICH vertreten durch das Bundesasylamt (BAA, nunmehr Bundesamt für Fremden- u. Asylwesen - BFA), ersuchte mit Schreiben vom 23.07.2010 (eingelangt 27.07.2010) an das Bezirksgericht XXXX (BG) um Bestellung eines Abwesenheitskurators gem. § 11 AVG, um gegen einen Asylwerber unbekannten Aufenthaltes ein Aberkennungsverfahren gem. § 9 Abs. 1 AsylG durchführen zu können (ON 1)
2. Mit Beschluss des BG vom 12.08.2010 XXXX wurde in dieser Pflegschaftssache eine in WIEN ansässige Rechtsanwältin zur Abwesenheitskuratorin gem. § 276 ABGB bestellt.
3. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) der Kostenbeamtin des XXXX (LG) vom 17.06.2014 (Zustellungsdatum im Akt nicht ersichtlich), wurde die REPUBLIK ÖSTERREICH [Anmerkung BVwG: gemeint: der Bund] per Adresse der FINANZPROKURATUR (im Folgenden BF) aufgefordert in der oa. Pflegschaftssache die Pauschalgebühr nach TP 12 lit h GGG in Höhe von € 232,-, zuzüglich € 8,- Einhebungsgebühr gem. § 6a Abs. 1 GEG, binnen 14 Tagen auf das Konto des LG zu überweisen. Dem Zahlungsauftrag war eine Abklärung mit im GGG einschlägig kundigen namhaften Organen des BMJ vorangegangen. Diese vertraten die Ansicht, dass es keine allgemeine Gebührenbefreiung des Bundes mehr gäbe (Grundsatz der Kostenwahrheit im Bundeshaushaltsrecht) und die Gebührenbefreiungen des § 10 Abs. 2 Z 2 und Z 3 GGG (Sicherheitsbehörden im Rahmen der Erfüllung kriminal- und sicherheitspolizeilicher Aufgaben) im Gegenstand nicht anwendbar seien. Der Zahlungsauftrag wäre gegen den Bund zu erlassen (Wais/Dokalik, § 6a GEG, E 5) gegen den allerdings nicht vollstreckt werden könne. Es wäre bei einer Zahlungsverweigerung auch nicht die Einbringungsstelle, sondern das BMJ zu verständigen.
4. Mit Vorstellung vom 01.07.2014 (eingelangt am 03.07.2014), focht die BF den oa. Zahlungsauftrag an und beantragte die ersatzlose Aufhebung.
5. Mit Schreiben vom 17.07.2014, legte die Kostenbeamtin die Vorstellung der Präsidentin des LG zur Entscheidung vor. Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder sonstige Ermittlungshandlungen nach Eingehen der Vorstellung sind aus dem Akt nicht ersichtlich.
6. Mit dem Bescheid vom 05.11.2014 (Zustellungsdatum 21.11.2014), gab die Justizverwaltungsbehörde der Vorstellung nicht Folge, berichtigte den Zahlungsauftrag dahingehend, dass die Gesetzesstelle "PG TP 12 lit i a.F. GGG, Antrag ON 1" zu lauten habe und bestätigte im Übrigen den Zahlungsauftrag.
7. Dagegen richtet sich die Beschwerde der BF vom 18.12.2014 (überreicht am 19.12.2014) an das BVwG, die mit Schriftsatz vom 13.01.2015 (eingelangt am 20.01.2015) - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - samt Verfahrensakten vorgelegt wurde.
8. Mit Erkenntnis vom 17.04.2015, W208 2017365-1/3E behob das BVwG den oa. Bescheid aus formalen Gründen (nicht rechtzeitige Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gem. § 57 Abs. 3 AVG). Gleichzeitig wurde festgestellt, dass keine res iudicata vorliege und die Behörde nicht daran gehindert sei, in der Sache neuerlich zu entscheiden.
9. Mit Bescheid vom 18.09.2015 (zugestellt an die BF am 24.09.2015) schrieb das LG der Republik Österreich die PG gem. TP 12 lit i a.F. GGG, Antrag ON 1 in Höhe von € 232,- zuzüglich € 8,-
Einhebungsgebühr gem. § 6a Abs. 1 GEG, Gesamtbetrag € 240,- zur Zahlung vor.
Nach Wiedergabe des unstrittigen Sachverhaltes wurde rechtlich im Wesentlichen ausgeführt, das gem. der angeführten TP die Gebühr zu entrichten wäre. Die Zahlungspflicht entstehe mit der ersten Eingabe (§ 2 Z 1 lit h GGG). Zahlungspflichtig sei der Antragsteller (§ 28 Z 10 GGG). Das Ersuchen um Bestellung eines Kurators sei als Antrag zu werten, weil dem Gericht bei der Behandlung des "Ersuchens" kein Ermessensspielraum zukomme, ob es den Antrag behandle oder nicht.
Mit der Neufassung des § 10 GGG durch die Euro-Gerichtsgebühren-Novelle (BGBl. I 131/2001) sei die persönliche Gebührenbefreiung des Bundes zur Gänze entfallen. Die gem. § 10 Abs. 3 Z 1 - Z 3 GGG vorgesehenen Gebührenbefreiungen würden ebenfalls nicht greifen. Dem BAA, das keine Sicherheitsbehörde oder -dienststelle sei, komme keine Gebührenbefreiung zu. Nach dem Grundsatz der Kostenwahrheit im Bundeshaushaltsrecht habe jeder Vollziehungsbereich jene Kosten zu tragen, die er (gerade auch im Vollziehungsbereich eines anderen Ressorts) verursache.
10. Dagegen brachte die BF mit Schriftsatz vom 12.10.2015 (eingelangt beim LG am 15.10.2015) fristgerecht Beschwerde beim BVwG ein.
Im Wesentlichen werden folgende Gründe angeführt, wonach der Bescheid wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung ersatzlos aufzuheben sei.
a) Das damalige BAA habe mit der Beantragung des Abwesenheitskurators in Vollziehung der Hoheitsverwaltung im Rahmen der sicherheitspolizeilichen Aufgabenstellung agiert. Aus den in § 10 Abs. 3 GGG angeführten Gebührenbefreiungen sei abzuleiten, dass Behörden im hoheitlichen Vollzugsbereich von der Gebührenpflicht befreit sein sollten.
b) Das BG sei, gem. Jurisdiktionsnorm auf die § 11 AVG Bezug nehme, bei der Bestellung nicht in einer "bürgerlichen Rechtssache" tätig geworden und daher auch nicht im Rahmen eines außerstreitigen Verfahrens, sondern gem. § 11 AVG für eine Behörde. TP 12 GGG regle "Sonstige Geschäfte des außerstreitigen Verfahrens" (bürgerliche Rechtssachen) und sei ein Agieren nach § 11 AVG einer Behörde nicht angeführt.
c) Die Finanzprokuratur sei nicht zuständig. Die Zustellung an diese könne daher keine Rechtswirkungen entfalten. Es liege weder ein Verfahren nach der ZPO, noch nach dem Außerstreitgesetz, noch nach der Exekutionsordnung vor und sei auch kein Fall der obligatorischen Vertretung der Republik vor den ordentlichen Gerichten bzw. der Justizverwaltung gegeben.
d) Einer genannten Entscheidung des Präsidenten eines namentlich genannten LG sei zu entnehmen, dass ein Zahlungsauftrag mit dem Argument aufgehoben worden sei, dass ein Antrag nach § 11 AVG um Bestellung eines Abwesenheitskurators kein Antrag, sondern eine Mitteilung an das Gericht sei, welches von Amts wegen tätig werden solle. Eine PG gem. TP 12 falle daher nicht an.
e) Das Argument der Kostenwahrheit schlage nicht durch, weil auch die Justiz, wenn in einem Gerichtsverfahren Auskünfte von Verwaltungsbehörden erforderlich seien, keine Verwaltungsabgaben zu entrichten habe.
11. Mit Schriftsatz vom 23.10.2015 (eingelangt am 27.10.2015) legte die belangte Justizverwaltungsbehörde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem BVwG vor und verzichtete auf eine Verhandlung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der im Verfahrensgang angeführte Sachverhalt steht fest und wird der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Die BF bestreitet den Sachverhalt nicht und führt in ihrer Beschwerde ausschließlich rechtliche Gründe an, auf die in der rechtlichen Beurteilung einzugehen sein wird.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit, die gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen.
Da der Bescheid am 18.09.2015 erlassen, am 24.09.2015 zugestellt und die Beschwerde am 15.10.2015 bei der belangten Behörde eingelangt ist, ist diese jedenfalls rechtzeitig.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 (in Folge: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in den Materiengesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Daher wird der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren in der Beschwerde begrenzt. Die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützen kann, umfassen insbesondere Verfahrensfehler, materielle Rechtswidrigkeit oder Unzuständigkeit der Behörde (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K3). Somit erstreckt sich der Prüfungsumfang des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich auf die geltend gemachten Beschwerdegründe; dies bedeutet, dass dem Bundesverwaltungsgericht abseits der geltend gemachten Beschwerdegründe grundsätzlich keine amtswegige Prüfung der objektiven Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung obliegt (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K6). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften von Amts wegen aufgreifen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K2).
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.
§ 28 VwGVG lautet:
"(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist."
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art. 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305 mwN). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art. 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Unter Verweis auf § 39 Abs. 2 Z 6 Verwaltungsgerichtshofgesetz, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), welcher im Wesentlichen § 24 Abs. 4 VwGVG entspricht, hat der Verwaltungsgerichtshof von der Durchführung einer beantragten mündlichen Verhandlung in einer Frage der Gebührenpflicht nach dem GGG Abstand genommen (VwGH 28.03.2014, 2013/16/0218).
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG daher entfallen, zumal keine Verhandlung beantragt wurde und der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage feststeht.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur
Die relevanten Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes (GGG), StF:
BGBl. Nr. 501/1984, zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages 23.07.2010, lauteten:
"§ 1. (1) Den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren im Sinne dieses Bundesgesetzes unterliegt die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.
(2) Die Gebühren sind entweder feste Gebühren oder Hundert(Tausend)satzgebühren. Als feste Gebühren gelten auch die mit einem bestimmten Betrag festgesetzten Pauschalgebühren.
[...]
§ 2. Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr wird, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, begründet:
1. hinsichtlich der Pauschalgebühren [...]
h) für die in der Tarifpost 12 lit. a bis c, f, g und i angeführten außerstreitigen Verfahren mit der Überreichung der ersten Eingabe, bei Protokollaranträgen mit dem Beginn der Niederschrift, bei einer Vereinbarung nach § 55a Abs. 2 EheG oder einem anderen Vergleich über einen im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machenden Anspruch mit der Beurkundung des Verhandlungsprotokolls durch den Richter;
[...]
§ 10. (1) Soweit Staatsverträge nicht entgegenstehen, sind in gesetzlichen Vorschriften vorgesehene persönliche Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren unwirksam. Ausgenommen hievon sind die Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren nach § 45 Bundesimmobiliengesetz, § 12 Abs. 2 Bundesforstegesetz 1996 und § 44 Abs. 4 ORF-Gesetz sowie die sich aus § 10 Bundesstatistikgesetz 2000 ergebende Gebührenbefreiung der Organe der Bundesstatistik für die Einsicht in die Register sowie die Abfrage und Datenübermittlung daraus.
(2) Nach Abs. 1 weiterhin bestehende Gebührenbefreiungen treten nur ein, wenn sie in der Eingabe, bei Aufnahme des Protokolls oder Vornahme einer sonstigen Amtshandlung unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen werden.
(3) Von der Zahlung der Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren sind befreit:
1. der Staatsanwalt;
2. die Gerichte und die Behörden der Justizverwaltung;
3. die Sicherheitsbehörden und -dienststellen im Rahmen der Erfüllung ihrer kriminal- und sicherheitspolizeilichen Aufgaben.
[...]
§ 13. (1) Soweit Staatsverträge nicht entgegenstehen, sind in gesetzlichen Vorschriften ohne Beziehung auf bestimmte Personen aus sachlichen Gründen gewährte Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren unwirksam. Ausgenommen hievon sind die Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren nach § 15 Abs. 3 Agrarverfahrensgesetz, dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, dem Neugründungs-Förderungsgesetz, dem 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz, dem Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz und Art. 34 § 1 Budgetbegleitgesetz 2001.
(2) Nach Abs. 1 weiterhin bestehende Gebührenbefreiungen erstrecken sich auf alle am Verfahren beteiligten Personen, deren gesetzliche Vertreter und Bevollmächtigte; sie treten aber nur ein, wenn sie in der Eingabe, bei Aufnahme des Protokolls oder Vornahme einer sonstigen Amtshandlung unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen werden.
[...]
VI. Pauschalgebühren für sonstige Geschäfte des außerstreitigen Verfahrens
§ 28. Zahlungspflichtig sind: [...]
10. in allen übrigen Fällen die Antragsteller.
[...]
§ 32 [...] TP 12 F. Sonstige Geschäfte des außerstreitigen Verfahrens; Pauschalgebühren für folgende Verfahren: [...]
i) sonstige Anträge in außerstreitigen Verfahren (ausgenommen Verfahren nach dem UbG, nach dem HeimAufG sowie Verfahren über die Sachwalterschaft für behinderte Personen und Verfahren über die Obsorge minderjähriger Personen). - 232 Euro. [...]
[...]"
Die relevante Bestimmung des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, lauteten:
"§ 11. Soll von Amts wegen oder auf Antrag gegen einen handlungsunfähigen Beteiligten, der eines gesetzlichen Vertreters entbehrt, oder gegen eine Person, deren Aufenthalt unbekannt ist, eine Amtshandlung vorgenommen werden, so kann die Behörde, wenn die Wichtigkeit der Sache es erfordert, die Betrauung einer Person mit der Obsorge oder die Bestellung eines Sachwalters oder Kurators beim zuständigen Gericht (§ 109 JN) veranlassen."
Die relevanten Bestimmungen der Jurisdiktionsnorm (JN), RGBl. Nr. 111/1895, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2000, lauteten:
"§. 1. Die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen wird, soweit dieselben nicht durch besondere Gesetze vor andere Behörden oder Organe verwiesen sind, durch Bezirksgerichte, Bezirksgerichte für Handelssachen, Landesgerichte, Handelsgerichte, durch Oberlandesgerichte und durch den Obersten Gerichtshof (ordentliche Gerichte) ausgeübt.
[...]
Obsorge, Sachwalterschaft und Kuratel
§ 109. (1) Zur Besorgung der Geschäfte, die nach den Bestimmungen über die Rechte zwischen Eltern und minderjährigen Kindern, die Obsorge einer anderen Person, die Sachwalterschaft und die Kuratel dem Gericht (Pflegschaftsgericht) obliegen, ist das Gericht zuständig, in dessen Sprengel der Minderjährige oder sonstige Pflegebefohlene seinen gewöhnlichen Aufenthalt, mangels eines solchen im Inland seinen Aufenthalt hat; handelt es sich um eine juristische Person oder ein sonstiges parteifähiges Gebilde, so ist der Sitz maßgebend.
(2) Fehlt ein Aufenthalt im Inland, so ist das Gericht zuständig, in dessen Sprengel der gesetzliche Vertreter seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; mangels eines solchen im Inland, sofern es sich um einen Minderjährigen handelt, das Gericht, in dessen Sprengel ein Elternteil den gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern es sich um einen sonstigen Pflegebefohlenen handelt, das Gericht seines letzten gewöhnlichen Aufenthalts im Inland; sonst das Bezirksgericht Innere Stadt Wien."
Die im Anlassfall relevante Bestimmung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS Nr. 946/1811 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2006, lautete:
"§ 276. (1) Dem Sachwalter (Kurator) gebührt unter Bedachtnahme auf Art und Umfang seiner Tätigkeit, insbesondere auch im Bereich der Personensorge, und des damit gewöhnlich verbundenen Aufwands an Zeit und Mühe eine jährliche Entschädigung. Diese beträgt fünf Prozent sämtlicher Einkünfte nach Abzug der hievon zu entrichtenden Steuern und Abgaben, wobei Bezüge, die kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, nicht als Einkünfte zu berücksichtigen sind; bei besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen des Sachwalters kann das Gericht die Entschädigung auch mit bis zu zehn Prozent dieser Einkünfte bemessen. Übersteigt der Wert des Vermögens des Pflegebefohlenen 10 000 Euro, so ist darüber hinaus pro Jahr zwei Prozent des Mehrbetrags an Entschädigung zu gewähren. Das Gericht hat die Entschädigung zu mindern, wenn es dies aus besonderen Gründen für angemessen hält.
(2) Nützt der Sachwalter (Kurator) für Angelegenheiten, deren Besorgung sonst einem Dritten entgeltlich übertragen werden müsste, seine besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, so hat er hiefür einen Anspruch auf angemessenes Entgelt. Dieser Anspruch besteht für die Kosten einer rechtsfreundlichen Vertretung jedoch nicht, soweit beim Pflegebefohlenen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind oder diese Kosten nach gesetzlichen Vorschriften vom Gegner ersetzt werden.
(3) Die zur zweckentsprechenden Ausübung der Sachwalterschaft (Kuratel) notwendigen Barauslagen, die tatsächlichen Aufwendungen und die Kosten einer zur Deckung der Haftung nach § 277 abgeschlossenen Haftpflichtversicherung sind dem Sachwalter vom Pflegebefohlenen jedenfalls zu erstatten, soweit sie nach gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar von Dritten getragen werden.
(4) Ansprüche nach den vorstehenden Absätzen bestehen insoweit nicht, als durch sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen gefährdet wäre."
Die relevanten Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. 566/1991, lauteten:
" § 2. (1) Die Sicherheitsverwaltung obliegt den Sicherheitsbehörden.
(2) Die Sicherheitsverwaltung besteht aus der Sicherheitspolizei, dem Paß- und dem Meldewesen, der Fremdenpolizei, der Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm, dem Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen sowie aus dem Pressewesen und den Vereins- und Versammlungsangelegenheiten.
Sicherheitspolizei
§ 3. Die Sicherheitspolizei besteht aus der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, ausgenommen die örtliche Sicherheitspolizei (Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG), und aus der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht.
Sicherheitsbehörden
§ 4. (1) Oberste Sicherheitsbehörde ist der Bundesminister für Inneres.
(2) Dem Bundesminister für Inneres unmittelbar unterstellt besorgen Sicherheitsdirektionen, ihnen nachgeordnet Bezirksverwaltungsbehörden und Bundespolizeidirektionen, die Sicherheitsverwaltung in den Ländern.
(3) Der Bürgermeister ist Fundbehörde nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes. Inwieweit Organe der Gemeinde sonst als Sicherheitsbehörden einzuschreiten haben, bestimmen andere Bundesgesetze.
[...]"
Die fallbezogen relevante Bestimmung des AsylG 2005, BGBl. I Nr.100/2005, lautete:
"§ 70. Die in Verfahren nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Eingaben, Vollmachtsurkunden, Niederschriften, Zeugnisse und ausländischen Personenstandsurkunden sowie die Verlängerung von Aufenthaltsberechtigungen sind von den Gebühren befreit. Weiters sind für Amtshandlungen auf Grund oder unmittelbar für Zwecke dieses Bundesgesetzes Verwaltungsabgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten."
Die einschlägigen Bestimmungen des Finanzprokuraturgesetz (ProkG), BGBl. I Nr. 110/2008, idgF lautet (Auszug):
§ 2. (1) Der Finanzprokuratur kommt insbesondere die Befugnis zu,
1. Rechtsträger als Parteien oder sonst Beteiligte vor allen Gerichten und Verwaltungsbehörden zu vertreten; [...]
§ 3. (1) Die Republik Österreich (Bund) ist vor allen ordentlichen Gerichten ausschließlich von der Finanzprokuratur zu vertreten, soweit nicht aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen anderen Organen das Einschreiten in ihrem eigenen Wirkungsbereich gestattet ist. Weiters obliegt der Finanzprokuratur die ausschließliche Vertretung der Stiftungen und Fonds nach dem Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz, BGBl. Nr. 11/1975, soweit es sich um die Konstituierung oder die Einbringung des zugewidmeten Vermögens zum Zwecke der Konstituierung handelt. In allen Fällen der obligatorischen Vertretung können Zustellungen nur an die Finanzprokuratur rechtswirksam erfolgen. [...]
Der VwGH hat in diesem Zusammenhang festgestellt:
Das GGG knüpft bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen Formaltatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinweg sieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Die das Gerichtsgebührengesetz und das gerichtliche Einbringungsgesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane sind an die Entscheidungen der Gerichte gebunden [vgl. die in Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren10, in E 12.ff zu § 1 GGG, wiedergegebene hg. Rechtsprechung]; (VwGH 29.04.2013, 2012/16/0131).
Nach ständiger Rechtsprechung knüpft die Gerichtsgebührenpflicht bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme hievon geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Es geht auch nicht an, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen (vgl. die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren, in E 6 ff zu § 1 GGG zitierte Judikatur) [...] (VwGH 29.04.2013, 2011/16/0004).
Nach dem "Stichtagsprinzip" haben die Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung im Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld vorzuliegen, wenn das Gesetz keine Ausnahmeregelungen normiert (vgl. Arnold, Kommentar zum Gebührengesetz8, Rz 12b zu § 2; VwGH 13.12.2012, 2010/16/0092).
Der äußerste mögliche Wortsinn steckt die Grenze jeglicher Auslegung ab (Hinweis Koziol-Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts 1 8, 21; VwGH 25.10.1990, 89/16/0029).
Die Behörde hat hier im Rahmen einer Interessenabwägung zu entscheiden, ob es wegen der Wichtigkeit der Sache eines Vorgehens nach § 11 AVG bedarf, wobei ihr ein gewisser Beurteilungsspielraum offen steht (vgl in diesem Sinn Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht/7, Rz 148; mit weiteren Nachweisen). Wird dieser Spielraum überschritten und ist das Unterbleiben eines Vorgehens nach § 11 AVG daher rechtswidrig, so ist auch die Zustellung der Entscheidung durch öffentliche Bekanntmachung statt an den zu bestellenden Kurator nicht wirksam (VwGH 20.09.2000, 97/08/0564).
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
Im Gegenstand geht es um die Rechtsfrage, ob das Ersuchen um Bestellung einer Abwesenheitskuratorin beim BG am 23.07.2010 durch das damalige BAA zum Zwecke eines Verfahrens nach § 9 Abs. 1 AsylG 2005, gem. § 11 AVG eine Gebührenpflicht nach § 32 TP 12 lit i GGG in der damals gültigen Fassung [in der Folge: aF] ausgelöst hat oder ob das BAA als staatliche Behörde in Vollziehung der hoheitlichen Aufgaben "Fremdenpolizei" bzw. "Asylwesen" von der Entrichtung dieser Gebühr befreit war.
Zu den von der BF angeführten Argumenten der BF ist das Folgende festzustellen:
Zu a) Das damalige BAA habe mit der Beantragung des Abwesenheitskurators in Vollziehung der Hoheitsverwaltung im Rahmen der sicherheitspolizeilichen Aufgabenstellung agiert. Aus den in § 10 Abs. 3 GGG aF angeführten Gebührenbefreiungen sei abzuleiten, dass Behörden im hoheitlichen Vollzugsbereich von der Gebührenpflicht befreit sein sollten.
Hier verkennt die BF einerseits, dass nach der Definition des § 3 iVm § 2, 19ff SPG, die Fremdenpolizei und das Asylwesen gerade keine sicherheitspolizeilichen Aufgaben sind und das BAA keine Sicherheitsbehörde iSd des § 4 SPG. Andererseits, dass § 10 Abs. 3 GGG aF (ebenso § 10 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 GGG aF) eine taxative Aufzählung enthält, die keiner ausdehnenden Auslegung dahingehend zugänglich ist, dass außer den dort aufgezählten Behörden bzw. Materien(gesetzen), weitere von der Gebührenbefreiung erfasst wären. Das Gegenteil ist der Fall.
Der Gesetzgeber wollte die Gebührenbefreiungen auch im Bund weiter zurückdrängen (vgl. dazu BGBl. I Nr. 131/2001, RV 759 BlgNr 21.GP ) und sie nur mehr für die dort ausdrücklich angeführten Bereiche (Materien), Behörden und Dienststellen, wozu das BAA und das AsylG nicht gehörten, zulassen.
Zu b) Das BG sei, gem. Jurisdiktionsnorm auf die § 11 AVG Bezug nehme, bei der Bestellung nicht in einer "bürgerlichen Rechtssache" tätig geworden und daher auch nicht im Rahmen eines außerstreitigen Verfahrens, sondern gem. § 11 AVG für eine Behörde. TP 12 GGG regle "Sonstige Geschäfte des außerstreitigen Verfahrens" (bürgerliche Rechtssachen) und sei ein Agieren nach § 11 AVG einer Behörde nicht angeführt.
Wie die belangte Behörde zu dieser Einschätzung kommt, ist vor dem Hintergrund, dass die Bestellung des Abwesenheitskurators durch das BG ausdrücklich auf § 276 ABGB gestützt ist, nicht nachvollziehbar. Die Bestellung eines Abwesenheitskurators ist eine bürgerliche Rechtssache und eine Angelegenheit des außerstreitigen Verfahrens vor dem BG, egal wer die Tätigkeit des Gerichts iSd § 1 Abs. 1 GGG aF in Anspruch nimmt. Der § 11 AVG stellt lediglich die Rechtsgrundlage für die Behörde dar und der Hinweis auf § 109 JN löst die Frage, an welches Gericht die Eingabe von der Behörde zu richten ist.
Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, dann hat das Gericht einen Abwesenheitskurator zu bestellen. Die Behörde hat nach der Rspr des VwGH ein Ermessen, ob sie je nach "Wichtigkeit der Sache" gem. § 25 ZustG (Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung) vorgeht oder eben nach § 11 AVG.
Der Tatbestand des § 32 GGG TP 12 lit i) GGG aF war daher nach Ansicht des BVwG durch die Eingabe vom 23.07.2010, mit der beim BG um Bestellung eines Kurators ersucht wurde - unabhängig von der Verpflichtung zum amtswegigen Vorgehen des Gerichtes ab Einlangen der Mitteilung - erfüllt.
Zu c) Die Finanzprokuratur sei nicht zuständig. Die Zustellung an diese könne daher keine Rechtswirkungen entfalten. Es liege weder ein Verfahren nach der ZPO, noch nach dem Außerstreitgesetz, noch nach der Exekutionsordnung vor und sei auch kein Fall der obligatorischen Vertretung der Republik vor den ordentlichen Gerichten bzw. der Justizverwaltung gegeben.
Auch diese Rechtsansicht der BF ist vor dem Hintergrund des oben Festgestellten irrig. Die Kuratorbestellung erfolgte im Rahmen eines Außerstreitverfahrens (gem. § 276 ABGB) das Gerichtsgebühren ausgelöst hat, die im Wege der Justizverwaltung eingebracht werden müssen. Es liegt daher sehr wohl eine Zuständigkeit der BF zur Vertretung des Bundes (in diesem Fall des BAA) vor der Justizverwaltungsbörde LG vor, weil die Vorschreibung der Gerichtsgebühren durch das LG in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Tätigwerden eines ordentlichen Gerichtes steht. In diesen Bereichen können auch Zustellungen nur an die BF wirksam erfolgen (vgl. §§ 2 u. 3 ProkG). Die Zustellung war daher rechtskonform.
Zu d) Einer angeführten Entscheidung des Präsidenten eines namentlich genannten LG - die ansonsten nicht näher dargestellt wurde - sei zu entnehmen, dass ein Zahlungsauftrag mit dem Argument aufgehoben worden sei, dass ein Antrag nach § 11 AVG um Bestellung eines Abwesenheitskurators kein Antrag, sondern eine Mitteilung an das Gericht sei, welches von Amts wegen tätig werden solle. Eine PG gem. TP 12 falle daher nicht an.
Vor dem Hintergrund des oben Gesagten und dass für die Auslösung der Gebührenpflicht im außerstreitigen Verfahren oft gar kein "Antrag" erforderlich ist, sondern nur eine Inanspruchnahme der Tätigkeit des Gerichtes durch die Überreichung einer Eingabe (§ 1 Abs. 1 iVm § 2 Z 2 lit h GGG aF), erscheint die zitierte Entscheidung verfehlt. Der Begriff "Antragsteller" im § 28 Z 10 GGG aF umfasst hingegen jedenfalls auch Einbringer von Eingaben, weil ansonsten die Bestimmung in vielen Fällen ins Leere liefe. Im Übrigen ist das BVwG nicht an (frühere) Entscheidungen von Justizverwaltungsbehörden gebunden.
Zu e) Das Argument der Kostenwahrheit schlage nicht durch, weil auch die Justiz, wenn in einem Gerichtsverfahren Auskünfte von Verwaltungsbehörden erforderlich seien, keine Verwaltungsabgaben zu entrichten habe.
Hier übersieht die BF, dass Gerichte eben anders als das BAA vom Gesetzgeber ausdrücklich ausgenommen wurden und daher der Gesetzgeber sich dieser Ungleichbehandlung durchaus bewusst war. Das Argument der Kostenwahrheit (in der RV 43 BlgNr 23. GP ausdrücklich iZm der Beseitigung von Gebührenbefreiungen angeführt) wird dadurch erstens nicht entkräftet und zweitens sind die formulierten rechtspolitischen Motive für die Auslegung eines Gesetzes dann unbeachtlich, wenn der Wortlaut, wie hier im § 10 Abs. 1 u. Abs. 3 bzw. § 13 Abs. 1 GGG aF, völlig eindeutig ist.
Festzuhalten bleibt abschließend, dass durch Art VI Z 28 GGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 24/2007 (Regenschirmderogation) eine Regelung geschaffen wurde, die, mit Ausnahme der dort angeführten 14 Ausnahmen, alle jene Gerichtsgebührenbefreiungen materiell derogiert hat, die im Zeitraum zwischen 01.01.2001 und 30.06.2007 in Kraft getreten sind. Zu den derogierten Bestimmungen gehört auch § 70 AsylG 2005, daher kommt diese Gebührenbefreiungsbestimmung - soweit damit Gerichtsgebühren erfasst sind - ebenso nicht zum Tragen.
Das BVwG hält daher fest, dass dem angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aus den von der BF angeführten Gründen anhaftet und folglich gem. § 28 Abs. 1 u. 2 VwGVG die Beschwerde abzuweisen war.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es fehlt an einer Rechtsprechung zur Gebührenpflicht hinsichtlich Ersuchen von Behörden gem. § 11 AVG an Gerichte einen Kurator zu bestellen, im Hinblick auf die Außerkraftsetzung sämtlicher gesetzlich vorgesehenen (persönlichen oder sachlichen) Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren durch die sogenannte Regenschirmderogation gem. §§ 10 und 13 GGG bzw. Art VI Z 28 GGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 24/2007.
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