BVwG W178 2012051-1

BVwGW178 2012051-11.10.2014

ASVG §410
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3
ASVG §410
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W178.2012051.1.00

 

Spruch:

W178 2012051-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX GmbH, vertreten durch Mag. Franz KELLNER, Rechtsanwalt in 1010 Wien, vom 02.09.2014 gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 22.07.2014, XXXX, beschlossen:

I.

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs 3 VwGVG aufgehoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Wiener Gebietskrankenkasse zurückverwiesen.

II.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1. Verfahrensgang:

1.1 Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) den Antrag der Dienstgeberin XXXX GmbH (Beschwerdeführerin, in der Folge BF) auf Rückerstattung zu Ungebühr entrichteter Beiträge gemäß § 69 Abs 1 ASVG für die in der Anlage namentlich genannten Dienstnehmer für die bezeichneten Zeiten in der Gesamthöhe von € 24.136,95 ab.

Begründend wurde ausgeführt, es sei bei der BF über das Beitragsjahr 2012 eine allgemeine Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) gemäß § 41a ASVG durchgeführt worden. Es sei festgestellt worden, dass es sich bei der Dienstgeberin um eine Arbeitskräfteüberlasserin handele. Bei 18 Personen, welche als Hilfskräfte angemeldet worden seien und der Firma XXXX und XXXX überlassen worden seien, konnte festgestellt worden, dass diese als Regalbetreuer tätig gewesen und als Angestellte zur Sozialversicherung gemeldet worden seien. Aufgrund der Tätigkeit als Regalbetreuer seien diese jedoch als Arbeiter anzumelden. Es sei somit die Beitragsgruppe von "D1" auf "A 1" geändert worden. Die Nachweisungen seien dabei nicht berichtigt worden, da die Beitragssätze gleich geblieben seien. Für die in der Anlage des Bescheides genannten Personen und Zeiten sei seitens des Prüfdienstes der WGKK die Feststellung getroffen worden, dass der falsche Kollektivvertrag angewendet worden sei, aus dem der gegenständliche Beitragsnachtrag resultiere. Daher erfolge für die in der Anlage namentlich genannten Personen die Nachverrechnung aufgrund des Kollektivvertrages für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung.

Nachfolgend wird im angefochtenen Bescheid die gesamte Stellungnahme der BF vom 05.03.2014 zitiert.

Nach Anführung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen führt die belangte Behörde rechtlich aus, der Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung sei zu Recht für die nicht ausbezahlten Entgeltansprüche bei der Bemessung der Beitragsgrundlage herangezogen worden. Die Personen, auf die sich die Nachverrechnung beziehe, seien als Regalbetreuer qualifiziert worden. Der überwiegende Teil der Dienstnehmer sei als Lagerarbeiter beschäftigt gewesen, somit sei die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung des Betriebes die Arbeitskräfteüberlassung. Somit kann der Kollektivvertrag für das Kleintransportgewerbe nicht angewendet werden. Die Nachverrechnung der Beiträge sei daher zu Recht erfolgt.

1.2 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der BF, vertreten durch Mag. Franz Kellner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, mit dem Vorbringen, die belangte Behörde gehe bei ihrer rechtlichen Beurteilung von einem in nur zwei Absätzen auf Bescheid Seite 5 dargelegten Sachverhalt aus, der lediglich feststelle, dass die BF im Kleintransportgewerbe sowie in der Arbeitskräfteüberlassung tätig sei. Die Feststellungen seien in keiner Weise ausreichend, um zu einer gründlichen Beurteilung der Rechtssache führen zu können, sie übergehen außerdem das ausführliche Vorbringen der BF zum Sachverhalt (Schreiben des Rechtsvertreters der BF vom 05.03.2014), welches einerseits den Sachverhaltsdarstellungen und andererseits in der Folge der rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen gewesen wäre. Die belangte Behörde setze sie mit diesem Vorbringen in keiner Weise auseinander, es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen sie davon ausgehe, dass dieses Vorbringen unrichtig oder nicht entscheidungsrelevant sei. Dies gelte namentlich für die Frage, ob wie von der BF vorgebracht, sowohl eine personelle als auch eine räumliche Trennung im Hinblick auf die von ihr ausgeübten Gewerbe vorliegen würden, somit organisatorisch und fachlich abgetrennte Betriebsabteilungen gegeben seien. Unbegründet bleibe weiters, auf welche Annahme die belangte Behörde ihre Feststellung stütze, dass bzw. welche Betriebsmittel der BF von dem beschäftigenden Betrieb zur Verfügung gestellt worden seien.

Die gewerblichen Tätigkeiten der BF im Bereich des Kleintransportgewerbes und der Arbeitskräfteüberlassung erfolgen organisatorisch und fachlich getrennt. Die BF setze im gewerblichen Bereich des Kleintransportgewerbes die erforderlichen LKWs ein, diese ausgestattet mit Fahrern. Der Fuhrpark werde ebenfalls von der BF betreut, dies inklusive Service und Reparaturen. Zur Erfüllung des Kleintransportgewerbes werden Kommissionierer eingesetzt, welche ihre Weisungen von Angestellten der BF erhalten. Diesen obliegen auch die Diensteinteilung und die Schichtaufsicht, sie verfügen über die Befugnis zur Arbeitszeitverlängerung bei Bedarf sowie zur Ersatzorganisation bei Ausfällen. Die Kommissionierer sind in den Organisationsablauf des Lagers des Kunden XXXX in keiner Weise eingebunden, sie obliegen auch nicht den Weisungen deren Personals. Die BF treffe auch das unternehmerische Risiko für sämtliche Handlungen ihrer Mitarbeiter gegenüber der Firma XXXX.

Da im konkreten Fall organisatorisch und fachlich abgegrenzte Betriebsabteilungen für die Bereiche des Kleintransportgewerbes und der Arbeitskräfteüberlassung im Betrieb der BF vorliegen, sei gemäß § 9 Abs 2 ArbVG der fachlich und örtlich jeweils entsprechende Kollektivvertrag anzuwenden. Es bestehe demnach auch kein Anlass dafür, auf die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung oder die größere Anzahl von Arbeitnehmern abzustellen.

Auch die richtigerweise erst nachfolgend vorzunehmende Prüfung, ob insbesondere die Kommissionierungstätigkeiten dem Kollektivvertrag für das Kleintransportgewerbe unterliegen, sei von der belangten Behörde rechtsunrichtig gelöst worden: Unter Zugrundelegung des oben angeführten richtigerweise festzustellenden Sachverhaltes ergebe sich, dass gemäß § 4 Abs 2 AÜG keine der dort genannten Voraussetzungen für die Annahme von Arbeitskräfteüberlassung vorliege. Es werde ein eigenständiges Werk im Sinne des § 4 Abs 2 Z 1 AÜG erbracht, die wesentlichen Betriebsmittel seien von der BF bei gestellt, die eingesetzten Mitarbeiter seien nicht in den Betrieb der Firma XXXX eingegliedert und unterliegen nicht deren Dienst- und Fachaufsicht. Auch trage die BF das unternehmerische Risiko für sämtliche Handlungen ihrer Mitarbeiter. All das zeige, dass die von der BF vorgenommene kollektivvertragliche Einstufung zutreffend sei.

Die BF entnehme den Ausführungen auf Bescheid Seite 2 hinsichtlich der 18 Personen, die an die Firmen XXXX und XXXX überlassen werden, dass es zu keiner Nachweisberichtigung gekommen sei, lediglich eine Bezeichnungsänderung von Beitragsgruppe "D1" auf "A1" vorgenommen worden sei. Im angefochtenen Bescheid finden sich dazu allerdings keinerlei weitere Ausführungen, weder in den Sachverhaltsfeststellungen noch in der rechtlichen Beurteilung. Aus diesem Grund wiederhole die BF, dass die eingesetzten Arbeitnehmer im selben Bereich wie das tätige Eigenpersonal als Angestellte angesehen und arbeitsrechtlich als solche behandelt werden. Sie seien mit Wareneinsortierung auf der Verkaufsfläche, dies verbunden mit potentiellen Kundenkontakten, befasst sowie mit der Inventur im Lagerbereich und sei daher davon auszugehen, dass diese Tätigkeiten als höhere, nicht kaufmännische Dienste im Sinne des § 2 Angestelltengesetz anzusehen seien. Dementsprechend seien diese Dienstnehmer auch sozialversicherungsrechtlich als Angestellte einzustufen.

Hätte die belangte Behörde dies alles richtig festgestellt und rechtlich beurteilt, so wäre dem Rückforderungsantrag der BF zur Gänze Folge zu geben gewesen.

1.3 Die BF stelle den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie dem Rückforderungsantrag Folge zu geben; in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und nach Verfahrensergänzung neuerlich zu entscheiden bzw. die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und Entscheidungsfindung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2. Zuständigkeit und verfahrensrechtliche Bestimmungen:

Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG bestimmt:

Mit 1. Jänner 2014 werden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern, das Bundesvergabeamt und der unabhängige Finanzsenat (im Folgenden: unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst; ferner werden die in der Anlage genannten Verwaltungsbehörden (im Folgenden: sonstige unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei diesen Behörden anhängigen Verfahren sowie der bei den Aufsichtsbehörden anhängigen Verfahren über Vorstellungen (Art 119a Abs 5) geht auf die Verwaltungsgerichte über; dies gilt auch für die bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde.

Seit dem 01.01.2014 kann gemäß § 414 Abs 1 ASVG unter anderem gegen einen Bescheid des Versicherungsträgers in Verwaltungssachen eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des

IV. Teiles, ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen

Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Absatz 2: Über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Absatz 3: Liegen die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

3. Sachverhalt:

Bei der BF wurde eine allgemeine Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) gemäß § 41a ASVG über das Beitragsjahr 2012 durchgeführt. Die WGKK hat der Dienstgeberin XXXX GmbH einen Beitragsnachtrag in Gesamthöhe von € 26.331,60 vorgeschrieben. Aufgrund einer Mediationsvereinbarung wurden zwei Dienstnehmer um gemeldet und bei der Firma XXXX GmbH XXXX zur Sozialversicherung gemeldet. Daher erfolgte eine Stornierung der Anmeldung für diese zwei Personen bei der BF. Eine weitere Person war als Ferialpraktikant beim Unternehmen beschäftigt und daher nicht zur Pflichtversicherung anzumelden. Das gespeicherte Dienstverhältnis wurde storniert. Es erfolgte eine Rückverrechnung mit € 1505,90, somit ergibt der Restbetrag der Nachverrechnung € 24.825,70. Im Rahmen der Prüfung wurden auch die überlassenen Arbeitskräfte von Angestellten auf Arbeiter umgestellt und der entsprechenden (anderen) Beitragsgruppe zugeordnet.

Laut Feststellung der WGKK sind die Geschäftszweige der BF die Überlassung von Arbeitskräften sowie das Kleintransportgewerbe.

Einerseits werden an die Firmen XXXX und XXXX Regalbetreuer überlassen, andererseits beschäftigt die BF auch - laut eigenem Vorbringen - eigenes Personal, welches Kleintransporte und Dienstleistungen im Bereich der Lagerlogistik erbringt.

4. Rechtliche Beurteilung:

4.1 Zum Spruchpunkt I:

4.1.1 Der im angefochtenen Bescheid vorgeschriebene, aus der GPLA-Prüfung resultierende, Differenzbetrag in der Höhe von EUR 24.136,95 ergebe sich aus der Anwendung des Kollektivvertrages für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung auf die in der Anlage zum angefochtenen Bescheid angeführten Dienstnehmer.

Im Bescheid auf Seite 8 unten befindet sich folgender Absatz:

"Der Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung wurde zu Recht für die nicht ausbezahlten Entgeltansprüche bei der Bemessung der Beitragsgrundlage herangezogen. Die Personen, auf die sich die Nachverrechnung bezieht, wurden als Regalbetreuer qualifiziert." Sodann heißt es in der rechtlichen Beurteilung, "aus der Aufstellung der Qualifizierung der 136 Dienstnehmer ist ersichtlich, dass es einen Kommissionierer, einen Praktikanten, acht Kraftfahrer, 18 Hilfskräfte und 108 Lagerarbeiter gibt. Der überwiegende Teil der Dienstnehmer war als Lagerarbeiter beschäftigt, somit ist die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung des Betriebes die Arbeitskräfteüberlassung. Somit kann der Kollektivvertrag für das Kleintransportgewerbe Österreich nicht angewendet werden."

Die angeschlossene, einen Bestandteil des Bescheides bildende, Dienstnehmerliste beinhaltet - nach Zählung durch das Gericht - 119 (zwei-bis zehnfach angeführte) Namen, wobei neben jedem dieser Namen als "Art der Feststellung" "falscher Kollektivvertrag" angeführt ist. Aus dem bisherigen Verfahrensgeschehen, dem Akt und dem Sachverhalt ergibt sich jedoch (insbesondere aus dem eingangs angeführten Absatz der belangten Behörde), dass sich die Anwendung eines falschen Kollektivvertrages nicht auf alle Dienstnehmer beziehen sollte, sondern nur diejenigen, die ursprünglich - laut Verrechnung der Dienstgeberin - dem Kollektivvertrag für das Kleintransportgewerbe unterlegen seien. Dies wären jedoch nicht die Regalbetreuer welche den Firmen XXXX und XXXX überlassen werden, sondern die Kraftfahrer und Lagerarbeiter. Die rechtliche Beurteilung im angefochtenen Bescheid zu diesem Punkt kann jedoch aufgrund dieser Widersprüche nicht nachvollzogen werden.

4.1.2 Die BF hat bereits in ihrer Stellungnahme vom 05.03.2014 ausführlich vorgebracht, dass sie sich bei ihrem Betrieb um einen Mischbetrieb handele, die gewerblichen Tätigkeiten organisatorisch und fachlich getrennt erfolgen. Für die Erfüllung der Kleintransporter- und Dienstleistungsaufträge der Firma XXXX verwende die BF ihr eigenes Personal sowie eigene Betriebsmittel. Die "Qualitätssicherer" der BF würden dem Personal auch Weisungen erteilen und die Dienstpläne erstellen. Die BF führe im Rahmen ihres Vertragsverhältnisses mit der XXXX weitestgehend eigenständig den Bereich der Lagerverwaltung/Lagerlogistik und erbringe insbesondere Kommissionierungsdienstleistungen, in der Folge Kleintransportdienstleistungen, somit ein eigenständiges Werk im Sinne des § 4 Abs 2 Z 1 AÜG, dies ohne dass ihre Mitarbeiter in den Betrieb der XXXX eingegliedert und deren Dienst- und Fachaufsicht unterstehen würden.

Die belangte Behörde wiedergibt zwar die gesamte Stellungnahme in ihrem Bescheid, setzt sich jedoch mit dem Vorbringen überhaupt nicht auseinander. Der Frage, ob tatsächlich eine Trennung der Geschäftszweige vorliegt und wie diese Tätigkeiten im Näheren ausgestaltet sind, ging die belangte Behörde nicht nach. Es wurden weder die betroffenen Dienstnehmer noch die Dienstgeberin zu den Gegebenheiten der Beschäftigung befragt. Es wurde weder ermittelt, ob eine entsprechende Infrastruktur vorhanden ist, noch ob es sich um Werkverträge handelt oder wer an die Dienstnehmer Weisungen erteilt etc. In ihrem Sachverhalt stellt die belangte Behörde selber fest, dass die BF als Berufszweige das Kleintransport- und Personaldienstleistungen umfasst. Wie sie jedoch diese Feststellung in Zusammenschau mit dem Vorbringen der BF rechtlich würdigt bzw. aufgrund welcher Erwägungen sie zu dem Schluss kommt, dass die Nachverrechnung zu Recht bzw die Unterwerfung aller Dienstnehmer unter den Kollektivvertrag für die Arbeitskräfteunterlassung zu Recht erfolgt sei, ist aus dem Bescheid nicht ersichtlich.

4.1.3 Die belangte Behörde führt die angewendeten Gesetzesbestimmungen an - so auch den § 4 AÜG -, verabsäumt es aber gleichzeitig zu erklären, welchen Tatbestand sie unter dieser Gesetzesbestimmung subsumiert bzw. aus welchem Grund sie den Tatbestand nicht als erfüllt ansieht. Auch in diesem Punkt sind Ermittlungen der belangten Behörde unterblieben, welche eine rechtliche Beurteilung ermöglicht hätten.

4.1.4 Letztendlich ist auch dem Vorbringen der BF bezüglich der "Umqualifizierung" der überlassenen Regalbetreuer beizupflichten:

Die belangte Behörde hat es verabsäumt - obgleich dies von der BF wiederholt vorgebracht wurde - zu erklären, aus welchem Grund sie die Regalbetreuer als Arbeiter und nicht als Angestellte sieht. Im angefochtenen Bescheid befindet sich hierzu nur ein einziger Satz, welcher als feststellend bzw beurteilend qualifiziert werden könnte:

"Auf Grund der Tätigkeit als Regalbetreuer sind diese jedoch als Arbeiter anzumelden." Auch diese Feststellung entbehrt einer (rechtlichen) Nachvollziehbarkeit.

4.1.5 Gemäß § 28 Abs 2 leg cit hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs 3 leg cit hat das Verwaltungsgericht, liegen die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vor, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendung der vergleichbaren Vorgängerbestimmung des § 66 Abs 2 AVG berechtigt die Berufungsbehörden unter Berücksichtigung eines strengen Prüfungsmaßstabes bei Mängel in der Sachverhaltsfeststellung, d.h. im Tatsachenbereich, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Unterinstanz zurückzuverweisen. Das Bundesverwaltungsgericht ist ab 01.01.2014 als Rechtsmittelinstanz in Angelegenheiten nach dem GSVG an die Stelle der Berufungsbehörden getreten (vgl. VwGH 15.12.1994, 91/06/0074; 19.11.2009, 2008/07/0168; 26.01.2011, 2009/07/0094).

Eine Zurückverweisung nach der vergleichbaren Vorgängerbestimmung des § 66 Abs 2 AVG ist jedoch nur zulässig, wenn die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung stellt sich im Tatsachenbereich, wobei die Erforderlichkeit einer kontradiktorischen Verhandlung oder nur einer Parteienvernehmung nicht maßgeblich sind. Die Voraussetzung für eine Kassation gemäß § 66 Abs 2 AVG sind demnach erfüllt, wenn zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes auch nur die Vernehmung einer Partei erforderlich ist (VwGH 28.03.2008, 2005/12/01878).

Zum Umfang der Ermittlungspflicht stellt der Verwaltungsgerichtshof ausführlich klar, dass die belangte Behörde in der Begründung eines Bescheides gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (§§ 37 ff AVG), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen hat. Die konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes ermöglicht in einem ersten Schritt eine eindeutige Rechtsverfolgung durch die Partei und macht die Entscheidung einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglich. Dann sind in einem zweiten Schritt jene Gründe anzugeben, die die belangte Behörde im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt sind die rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben darzustellen. Liegen keine einander widersprechenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vor, wird die Zusammenfassung in Bezug auf die Beweiswürdigung kurz ausfallen können. Gibt es hingegen Widersprüche zwischen den Behauptungen und Angaben der Verfahrensparteien und sonstigen Ermittlungsergebnissen bedarf es einer klaren und übersichtlichen Zusammenfassung der maßgeblichen, bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen, damit der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung der Behörde auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit überprüfen kann (VwGH 25.05.2005, 2002/08/0106). Nicht oder unzureichend begründete Bescheide hindern den Verwaltungsgerichtshof seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie in § 41 Abs 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als derartige Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (VwGH 20.02.2014, 2013/09/0166-10 unter Hinweis auf 26.02.2009, 2007/09/0088, mwN).

4.1.6 Der vorliegende Bescheid entspricht - wie oben ausführlich dargelegt - nicht diesen vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Anforderungen. Die Ermittlungen der belangten Behörde zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides sind unvollständig und demzufolge nicht nachvollziehbar. Die belangte Behörde nutzte auch nicht das Rechtsinstitut einer Beschwerdevorentscheidung, um ihre Versäumnisse nachzuholen. Selbst bei der Vorlage der gegenständlichen Rechtssache beim Bundesverwaltungsgericht wurde zu den von der BF (wiederholt) bestrittenen Punkten keine Stellungnahme erstattet.

4.1.7 Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde daher von Amts wegen die oben beschriebenen Mängel zu beseitigen haben. Es sind insbesondere weiter führende Nachforschungen bzw Ermittlungen zur Frage anzustellen, ob eine Trennung der Geschäftszweige vorliegt, wie die Tätigkeit des nicht überlassenen sondern eigenen Personals ausgestaltet ist sowie gegebenenfalls, ob die Anwendung der §§ 4 ff AÜG geboten ist. Auch die den Bestandteil eines Bescheides bildende Aufstellung der Dienstnehmer muss nachvollziehbar sein und die Anordnung in der Liste erörtert werden.

In weiterer Folge ist von der Behörde der BF Gelegenheit zu geben, zu den eingeholten Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen. Schließlich hat die zu treffende erstinstanzliche Entscheidung eine nachvollziehbare Begründung zu enthalten, wobei vor allem auf die Überprüfbarkeit bzw. Nachvollziehbarkeit zu achten sein wird.

4.1.8 Mangels Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens durch die belangte Behörde liegt derzeit - wie dargestellt - keine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die Lösung der in diesem Beschwerdeverfahren anliegenden Rechtsfragen vor. Unter Zugrundelegung der oben angeführten Erwägungen und im Sinne der Erhaltung des Instanzenzuges für Tatsachenfragen war daher der angefochtene Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse gemäß § 28 Abs 3 VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

4.2 Zum Spruchpunkt II:

Gemäß § 25a Abs 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 122/2013 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

In den rechtlichen Ausführungen (Punkt 4.1) wurde ausgeführt, dass im Verfahren vor der belangten Behörde notwendige Ermittlungen unterlassen wurden und es der angefochtenen Entscheidung an einer nachvollziehbaren, schlüssigen Begründung mangelt. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil § 28 Abs 3 2. Satz leg cit inhaltlich § 66 Abs 2 AVG (mit Ausnahme des Wegfalls des Erfordernisses der Durchführung einer mündlichen Verhandlung) entspricht, sodass die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Zurückverweisung wegen mangelhafter Sachverhaltsermittlungen heranzuziehen ist. Im Übrigen trifft § 28 Abs 3 2. Satz VwGVG eine klare Regelung (im Sinne der Entscheidung des OGH 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

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