Normen
AVG §66 Abs2 idF 1998/I/158;
AVG §66 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §66 Abs2 idF 1998/I/158;
AVG §66 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W (kurz: BH) vom 10. Jänner 2007 wurde dem Beschwerdeführer als Wasserberechtigten zu Postzahl WB 627 gemäß § 138 Abs. 1 lit. a i. V.m. § 50 Abs. 1 WRG 1959 aufgetragen, im Bescheid konkret umschriebene Erhaltungsmaßnahmen am L.-Werkskanal alleine (Punkt 2) bzw. gemeinsam (Punkt 1 und 3) mit dem Wasserberechtigten zu Postzahl WB 536 (Dr. A. S.) bis spätestens 30. März 2007 durchzuführen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Mai 2007 wurde die Berufung abgewiesen, der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt und gleichzeitig bestimmt, dass die aufgetragenen Erhaltungsmaßnahmen bis längstens 15. Juli 2007 durchzuführen sind.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof; mit Erkenntnis vom 27. März 2008, Zl. 2007/07/0089, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid der belangten Behörde vom 9. Juli 2008 wurde der Berufung des Beschwerdeführers stattgegeben, der erstinstanzliche Bescheid vom 10. Jänner 2007 aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die BH zurückverwiesen.
In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, es sei im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes unumgänglich, die "Entstehung" des L.-Werkskanals zu klären und auch, ob für diesen eine eigene wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden sei, oder ob dieser ein rechtmäßig bestehender Teil einer sonstigen Wasseranlage sei.
Wenn dies geklärt sei, seien daraus die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen und es werde die Instandhaltung des Werkskanals in einem neuen Verfahren und zweckmäßigerweise in einer Verhandlung dem bzw. den dann festgestellten Verpflichteten aufzutragen sein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer wendet u.a. ein, es sei zum Erfordernis einer mündlichen Verhandlung darauf hinzuweisen, dass nur Sachverhaltsmängel, welche die Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheinen ließen, die Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG begründen würden. Die Frage des Vorliegens einer wasserrechtlichen Bewilligung für den L.-Werkskanal könne schon durch schlichte Einsichtnahme in die bzw. durch Beschaffung der relevanten Akten durch die belangte Behörde bzw. unter Heranziehung der Behörde erster Instanz geklärt werden. Eine neuerliche mündliche Verhandlung sei für die Beantwortung dieser Frage jedenfalls nicht notwendig. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang ausführe, dass nach Klärung des Bewilligungsstandes die Instandhaltung des Werkskanals "zweckmäßigerweise" in einer Verhandlung dem bzw. den dann festgestellten Verpflichteten aufzutragen sei, könne sie damit selbst nicht darlegen, dass eine mündliche Verhandlung "unvermeidlich" sei.
Ferner wendet der Beschwerdeführer die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgrund einer nach Ansicht des Beschwerdeführers vom hg. Vorerkenntnis vom 27. März 2008, Zl. 2007/07/0089, abweichenden Rechtsmeinung der belangten Behörde hinsichtlich der rechtlichen Grundlage für die allenfalls aufzutragenden Instandhaltungspflichten betreffend den L.- Werkskanal ein; bezüglich der näheren gleichlautenden Ausführungen wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/07/0167, verwiesen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Die beschwerdeführende Partei erstattete hiezu ergänzende Äußerungen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Hinsichtlich der nicht gegebenen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides unter dem Gesichtspunkt des § 63 Abs. 1 VwGG aufgrund der vom Beschwerdeführer eingewendeten anderen Rechtsansicht der belangten Behörde bezüglich der Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Instandsetzungsauftrages am L.-Werkskanal wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des bereits zitierten hg. Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 2008/07/0167, verwiesen.
§ 66 Abs. 2 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 lautet:
"Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen."
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 9. Oktober 2007, Zl. 2007/02/0214, m.w.N.) kann sich die "Notwendigkeit" einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG immer nur im Tatsachenbereich, nie aber in der Frage der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ergeben, wobei nicht maßgebend ist, ob eine solche Verhandlung im kontradiktorischen Sinne (oder nur eine Vernehmung) erforderlich ist.
"Allenfalls" notwendige Erhebungen können dann eine Voraussetzung für die Behebung des Bescheides gemäß § 66 Abs. 2 AVG sein, wenn zu ihrer Vornahme die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I, 2. Auflage, S. 1308, unter E 356 zu § 66 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).
Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung nach § 66 Abs. 2 AVG im Wesentlichen damit, dass zunächst zu klären sei, ob für den gegenständlichen Werkskanal überhaupt jemals eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden sei. Wenn dies geklärt sei, seien daraus die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen und die Instandhaltung des Werkskanals sei in einem neuen Verfahren und "zweckmäßigerweise in einer Verhandlung" dem oder den dann festgestellten Verpflichteten aufzutragen.
Allein schon aus der Formulierung, dass die entsprechenden Instandhaltungsmaßnahmen "zweckmäßigerweise" in einer Verhandlung dem oder den Verpflichteten aufzutragen seien, lässt sich erkennen, dass es an der Voraussetzung der "Unvermeidlichkeit" einer mündlichen Verhandlung im Sinne der dargelegten Judikatur fehlt. Die belangte Behörde ist daher von einer unzutreffenden Auslegung des § 66 Abs. 2 AVG ausgegangen, wenn sie meinte, dass bereits die Zweckmäßigkeit einer mündlichen Verhandlung die Aufhebung nach dieser Gesetzesbestimmung rechtfertigt, weshalb der angefochtene Bescheid - ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen war - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 19. November 2009
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