AVG §10 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ZustG §9 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W170.2164801.1.00
Spruch:
W170 2164801-1/5EW170 2164796-1/4EW170 2164798-1/4EW170 2164804-1/4E
BESCHLUSSI. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , staatenlos, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, diese vertreten durch XXXX , gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.06.2017, Zl. 1089651005 – 151479255/BMI-BFA_BGLD_RD, beschlossen:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 und § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, nicht zulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, diese vertreten durch XXXX , gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.06.2017, Zl. 1089650106 – 151479242/BMI-BFA_BGLD_RD, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit §§ 34 Abs. 4 und 5, 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 84/2017, behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, nicht zulässig.
III. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, diese vertreten durch XXXX , gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.06.2017, Zl. 1089650901 – 151479919/BMI-BFA_BGLD_RD, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit §§ 34 Abs. 4 und 5, 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 84/2017, behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, nicht zulässig.
IV. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, diese vertreten durch XXXX gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.6.2017, Zl. 1089650803 – 151479927/BMI-BFA_BGLD_RD der, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit §§ 34 Abs. 4 und 5, 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 84/2017, behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) stellte am 2.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz; gleichzeitig mit diesem stellten seine damals minderjährige Ehefrau bzw. Lebensgefährtin XXXX (in Folge: Beschwerdeführerin) sowie ihre gemeinsamen, minderjährigen Kinder XXXX und XXXX (in Folge: BF 3 und BF 4) gleichartige Anträge.
2. Nach Durchführung des Administrativverfahrens wurde der gegenständliche Antrag des Beschwerdeführers mit im Spruch I. bezeichneten Bescheid vom 20.6.2017, nach einem Zustellversuch vom 22.6.2017 am 23.6.2017 hinterlegt, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde diesem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
Nach Durchführung des Administrativverfahrens wurde der gegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin mit im Spruch II. bezeichneten Bescheid vom 20.6.2017, nach einem Zustellversuch vom 22.6.2017 am 23.6.2017 hinterlegt, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde dieser der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
Nach Durchführung des Administrativverfahrens wurde der gegenständliche Antrag des XXXX mit im Spruch III. bezeichneten Bescheid vom 20.6.2017, nach einem Zustellversuch vom 22.6.2017 am 23.6.2017 hinterlegt, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde diesem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
Nach Durchführung des Administrativverfahrens wurde der gegenständliche Antrag der XXXX mit im Spruch IV. bezeichneten Bescheid vom 20.6.2017, nach einem Zustellversuch vom 22.6.2017 am 23.6.2017 hinterlegt, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde dieser der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
Mit am 13.7.2017 bei der Behörde eingebrachten Schriftsatz wurde vom in den Sprüchen I.-IV. genannten Vertreter gegen den jeweiligen Spruchpunkt I. der in den Sprüchen I.-IV. bezeichneten Bescheide Beschwerde erhoben.
3. Die Beschwerde wurde samt den bezugnehmenden Verwaltungsakten am 19.7.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Am 13.5.2017 hat XXXX XXXX dazu bevollmächtigt, ihn in Asylangelegenheiten uneingeschränkt zu vertreten. Dieser Umstand ist dem BFA spätestens seit 15.5.2017 bekannt. Dennoch lautete die Zustellverfügung des gegenständlich bekämpften, in Spruch I. genannten, Bescheids auf „ XXXX “.
Der in Spruch I. genannte Bescheid wurde am 23.6.2017 hinterlegt; er wurde noch nicht erlassen.
1.2. Der Schwester der XXXX , XXXX , sowie deren Ehemann, XXXX , wurden mit Bescheiden des Bundesamtes vom 10.8.2016, Verfahrenszahl 160575143, bzw. vom 31.7.2015, Verfahrenszahl 140038801, jeweils der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Das Bundesamt hat nicht ermittelt, von welcher Bedeutung die Zuerkennung der Status der Asylberechtigten an die Familienangehörigen der XXXX für deren Verfahren ist. Das Bundesamt hat nicht ermittelt, aus welchen Gründen XXXX und XXXX der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde und ob XXXX auf Grund ihrer Verwandtschaft Verfolgung droht; diesbezüglich hat das Bundesamt jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen.
1.3. Das Bundesamt hat das Geburtsdatum der XXXX mit XXXX festgestellt, demnach wurde sie am 1.1.2016 volljährig.
1.4. Das Bundesamt hat nicht ermittelt, ob die angegebene Ehe von XXXX und XXXX überhaupt gültig ist.
1.5. Das Bundesamt hat nicht ermittelt, ob XXXX , XXXX oder XXXX wegen der rechtswidrigen Ausreise aus Syrien im Falle der Rückkehr nach Syrien eine Verfolgung drohen würde. Diesbezüglich hat das Bundesamt jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen.
1.6. XXXX und XXXX sind die minderjährigen, ledigen Kinder des XXXX und der XXXX . XXXX , XXXX , XXXX und XXXX haben in Syrien und im Irak ein Familienleben geführt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweiswürdigung zu 1.1.:
Mit E-Mail vom 15.5.2017 brachte der Unterkunftgeber, XXXX , von XXXX , XXXX , XXXX und XXXX der belangten Behörde zur Kenntnis, dass XXXX ihn am 13.5.2017 bevollmächtigt hat, ihn u.a. „zukünftig in Asylangelegenheiten, falls dies möglich ist, uneingeschränkt zu vertreten.“ Dass dies dem Bundesamt bekannt war, ergibt sich aus dem Eingangsstempel am Ausdruck des E-Mails im Verwaltungsakt sowie aus der Tatsache, dass danach erfolgte Ladungen, im Gegensatz zum gegenständlichen Bescheid, auch an XXXX zugestellt wurden. Dass der Bescheid noch nicht erlassen wurde ergibt sich daraus, dass aus dem Verwaltungsakt nicht hervorgeht, dass der Bescheid dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
2.2. Beweiswürdigung zu 1.2.:
Im Administrativverfahren hat die Beschwerdeführerin mehrmals angegeben, dass sich ihre Schwester, ihr Schwager und deren Kinder in Österreich aufhalten. Diese hatten zum Zeitpunkt der Einvernahme der Beschwerdeführerin bereits den Status der Asylberechtigten erhalten. Das Bundesamt führte die Schwester und den Schwager der Beschwerdeführerin namentlich und mit IFA am Datenblatt der Einvernahme an. Die Fluchtgründe der Schwester oder des Schwagers könnten auch für die beschwerdeführende Partei relevant sein, da etwa die Weigerung den Wehrdienst anzutreten auch zu einer Verfolgung von Familienangehörigen führen kann (eine entsprechende Gefährdung hat sich auch schon zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesamtes aus den Länderberichten und der darauf aufbauenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, siehe etwa [vor der Entscheidung des Bundesamtes] BVwG 15.09.2016, W170 2126775-1/10E und BVwG 02.08.2016, W170 2123389-1/15E erkennen lassen). Die Behörde hat diesen Umständen jedoch keinerlei Aufmerksamkeit gewidmet, es finden sich hiezu keine weiterführenden Fragen oder Feststellungen. Das Bundesamt hat sich mit der Relevanz dieser Frage für die Beschwerdeführerin nicht beschäftigt.
Dass das Bundesamt hinsichtlich einer allfälligen Verfolgung auf Grund der Familienzugehörigkeit zu ihren asylberechtigten Angehörigen keinerlei Ermittlungen getätigt hat, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Zum gegenständlichen Fragenkomplex wurden in der behördlichen Einvernahme nicht einer Frage gestellt.
2.3. Beweiswürdigung zu 1.3.:
Dass das Bundesamt das Geburtsdatum der XXXX mit XXXX festgestellt hat, ergibt sich aus dem gegenständlichen Bescheid. Die Beschwerdeführerin hat ihr Geburtsdatum bei der Erstbefragung am 2.2.2015 mit 1.1.1996 angegeben und auf Vorhalt in der Einvernahme des als XXXX im Familienbuch eingetragenen Datums angegeben, dieses als Analphabetin nicht lesen zu können. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass bereits am 3.10.2015 in einem E-Mail des BFA Journal EASt-Ost an die BMI III/9-Koordinierungsstelle (und auch in weiterer Folge) das Geburtsdatum der Beschwerdeführerin mit XXXX angegeben wird und deren (damalige) Minderjährigkeit dem Bundesamt daher bekannt war.
2.4. Beweiswürdigung zu 1.4.:XXXX hat in ihrer Einvernahme vom 10.5.2017 vor dem Bundesamt angegeben, mit 12 Jahren und nur traditionell, nicht standesamtlich, geheiratet zu haben. Die Gültigkeit dieser Ehe ist für Syrien nicht gegeben und verstößt angesichts der Tatsache, dass sie im Fall von XXXX im Alter von unter 16 Jahren geschlossen wurde, jedenfalls gegen den ordre public. Stellt das Bundesamt daher fest, dass die Ehe nicht gültig ist, ist für XXXX daher ein eigenes Asylverfahren durchzuführen; sie kann nicht wie im Familienverfahren allfällige Verfolgungsgründe von XXXX ableiten. Dennoch ist zu prüfen, ob diese im Sinne einer Putativfamilienangehörigkeit Auswirkungen auf eine mögliche Verfolgung von XXXX haben.
Das Bundesamt hat nicht ermittelt, ob XXXX und XXXX auch in Österreich gültig verheiratet sind und was die Auswirkungen dessen auf das Verfahren der XXXX sind. Diesbezüglich hat das Bundesamt praktisch jede sinnvolle Ermittlung oder Feststellung unterlassen.
2.5. Beweiswürdigung zu 1.5.:
In der Erstbefragung hat die Beschwerdeführerin ausdrücklich angegeben, Syrien „illegal“ verlassen zu haben. Das Bundesamt hat aber diesbezüglich weitergehende Ermittlungen, wie die Befragung zu den Modalitäten des Grenzübertritts, unterlassen.
Das Bundesamt hat weiters weder ermittelt, auf welchem Weg bzw. auf welchen Wegen die Beschwerdeführerin, BF 3 und BF 4 nach Syrien (legal und sicher) zurückkehren könnten, wer dort die Macht in der Hand hat und wie der jeweilige Machthaber mit rechtswidrig aus Syrien ausgereisten Personen umgeht, obwohl sich aus den Länderberichten (vgl. aktuell das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation S. 41 und den UNHCR-Bericht „Relevante Herkunftsinformationen zur Unterstützung der Anwendung des UNHCR-Länderleitfadens für Syrien“ S. 5) und der darauf aufbauenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, siehe etwa [vor der Entscheidung des Bundesamtes] BVwG 02.08.2016, W170 2123389-1/15E und BVwG 20.04.2015, W170 2016405-1/7E, sowie die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur möglichen Asylrelevanz einer illegalen Ausreise (VwGH 29.01.2004, 2001/20/0346) auch schon zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesamtes eine entsprechende Gefährdung zumindest durch das syrische Regime hat erkennen lassen.
Dass das Bundesamt diesbezüglich praktisch keinerlei Ermittlungen getätigt hat, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt; zu den möglichen Aus- oder Heimreisewegen, den betroffenen Machthabern und deren Umgang mit rechtswidrig aus Syrien ausgereisten Personen hat das Bundesamt keine Ermittlungen getätigt oder Feststellungen getroffen.
2.6. Beweiswürdigung zu 1.6.:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, den diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin im Administrativverfahren und dem diesbezüglich unwidersprochen festgestellten Sachverhalt in den verfahrensgegenständlichen Bescheiden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Eine Zurückweisung durch Beschluss hat etwa im Falle des Fehlens eines Bescheides zu erfolgen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 28 K 2).
3.2. Zum Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, dass er erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz (VwGH 26.04.2000, 99/05/0239; 23.07.2009, 2007/05/0139). Solange ein Bescheid noch nicht erlassen wurde, kann er keine Rechtswirkung nach außen entfalten (Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht, 2011, Rz 426). Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung oder Ausfolgung zu erfolgen. Erlassen ist ein Bescheid ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung oder Ausfolgung vorliegt (VwGH 26.06.2001, 2000/04/0190).
Aus § 10 Abs. 1 AVG ergibt sich, dass sich Parteien in einem behördlichen Verfahren durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen können. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen.
Die Wirksamkeit der Vollmacht gegenüber der Behörde tritt mit dem Zugang der Mitteilung bei der Behörde ein (VwGH 25.03.1996, 95/10/0052) und ist die Behörde an diese Vollmacht solange gebunden und zur Zustellung an den namhaft gemachten Zustellungsbevollmächtigten verpflichtet, als die Vollmacht nicht widerrufen bzw. aufgekündigt wird (Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht, § 9 Rz 6).
Eine allgemeine Vollmacht zur Vertretung beinhaltet, so nicht explizit ausgeschlossen, auch die Befugnis zur Empfangnahme von Schriftstücken iSd § 9 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, (siehe Hengstschläger/Leeb, AVG2, § 10 Rz 17). Einem Bevollmächtigten sind alle Schriftstücke bei sonstiger Unwirksamkeit zuzustellen (VwGH 26.04.2011, 2010/03/0186) und ist dieser in der Zustellverfügung als Empfänger zu bezeichnen (VwGH 03.07.2001, 2000/05/0115; 28.08.2008, 2008/22/0607).
Aus § 9 Abs. 3 ZustG folgt, dass für den Fall, dass ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist, die Behörde, soweit nichts anderes gesetzlich bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen hat. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
Im gegenständlichen Fall ergibt sich schon allein durch den E-Mailverkehr des Zustellungsbevollmächtigten mit der belangten Behörde am 15.5.2017 sowie aus der übermittelten Vollmacht, datiert mit 13.05.2017, unstrittig, dass der Beschwerdeführer vor der versuchten Zustellung des angefochtenen Bescheides vertreten war und dieser Umstand der belangten Behörde auch bekannt war.
Die belangte Behörde verfügte die Zustellung des Bescheides jedoch nicht an den Vertreter. Gemäß § 9 Abs. 3 ZustG wäre der angefochtene Bescheid an den Vertreter als Zustellbevollmächtigten zuzustellen gewesen, weswegen die verfügte und auch durchgeführte Zustellung an den Beschwerdeführer selbst nicht rechtswirksam war.
Eine ordnungsgemäße Zustellung fand nicht statt, der Bescheid wurde folglich nicht erlassen. Wird ein Bescheid nicht ordnungsgemäß erlassen, dann wird er als Rechtsnorm nicht existent und ist daher auch nicht anfechtbar (Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, 2. Teilband, RZ 8 zu § 62, S 781).
Die direkte Zustellung an den Beschwerdeführer war somit nicht rechtswirksam.
Der in Spruch I. angefochtene Bescheid wurde bislang nicht rechtswirksam erlassen. Mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes war damit die Beschwerde mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig zurückzuweisen.
Erst nach allfälliger neuerlicher und rechtswirksamer Erlassung eines Bescheides und abermaliger Beschwerde ist ein Rechtszug an das Bundesverwaltungsgericht möglich.
3.3. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat. Daher sind XXXX und XXXX Familienangehörige des XXXX und der XXXX .
Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG – der gemäß Abs. 5 leg.cit. auch für das Bundesverwaltungsgericht gilt – hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 leg.cit. erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.
Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 18.09.2015, E1174/2014), nach dieser ist das Verfahren einer Asylwerberin oder eines Asylwerbers ab dem Zeitpunkt des Asylantrages ihrer bzw. seiner Familienangehörigen, deren Verfahren im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamtes noch nicht abgeschlossen waren, gemäß §34 AsylG 2005 zwingend gemeinsam mit denen der genannten Verwandten als Familienverfahren durchzuführen gewesen.
Da XXXX und XXXX Familienangehörige des XXXX sind und das Bundesamt gemäß § 34 Abs. 4 AsylG die Verfahren von Familienangehörigen unter einem zu führen hat, ist der Spruchpunkt I. der diese betreffenden, jeweils angefochtenen Bescheide ebenfalls zu beheben, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Verfahren „unter einem“ geführt werden, wenn diese bei verschiedenen Instanzen anhängig sind.
3.4. Hinsichtlich des Verfahrens von XXXX ist zu beachten, dass für diese, sollte das BFA nach Ermittlungen feststellen, dass XXXX und XXXX nicht Ehegatten im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG sind, nicht ein Familienverfahren gem. § 34 AsylG, sondern ein eigenes Asylverfahren gem. §§ 17 ff AsylG mit Prüfung persönlicher Verfolgungsgründe zu führen ist.
3.5. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).
3.6. Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
Daher ist auch relevant, ob der beschwerdeführenden Partei im Falle der Rückkehr nach Syrien wegen Umständen, die bei oder nach der Ausreise eingetreten sind, Verfolgung droht.
3.7. Gemäß § 18 Abs. 1 1. Fall AsylG hat das Bundesamt in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen.
Diesbezüglich wäre – so die Beschwerden nicht mangels erlassenem Bescheid zurückzuweisen bzw. die Verfahren nicht im Familienverfahren zurückzuverweisen wären – hier relevant, dass sich das Bundesamt weder mit den Folgen der illegalen Ausreise aus Syrien noch mit den asylrelevanten Fluchtgründen der in Österreich asylberechtigten Angehörigen und den möglichen Folgen der Angehörigeneigenschaft der Beschwerdeführerin und der BF 3 und 4 auseinandergesetzt hat.
Da das Bundesamt, wie oben festgestellt, Ermittlungen hinsichtlich relevanten Vorbringens bzw. hinsichtlich relevanter amtswegig wahrzunehmender Umstände unterlassen hat, steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht fest.
3.8. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe E vom 26.06.2014, Gz. Ro 2014/03/0063) hätte – so die Beschwerden nicht mangels erlassenem Bescheid zurückzuweisen bzw. die Verfahren nicht im Familienverfahren zurückzuverweisen wären – das Verwaltungsgericht jedenfalls dann selbst in der Sache zu entscheiden, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht fest, so darf das Verwaltungsgericht nach der eben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den bekämpften Bescheid nur beheben und die Angelegenheit zurückverweisen, wenn die Behörde lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt bzw. bloß ansatzweise ermittelt hat oder konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass diese (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit die Ermittlungen dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Auch ähnlich schwerwiegende Ermittlungsmängel werden eine Zurückverweisung rechtfertigen. Zusätzlich ist Voraussetzung für die Zurückverweisung, dass die Entscheidung in der Sache durch das Verwaltungsgericht selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Da das Bundesamt hinsichtlich der oben dargestellten Ermittlungsmängel keinerlei (lösungsorientierte) Ermittlungen gepflogen hat – es finden sich weder Fragen zu den relevanten Themenkomplexen noch Feststellungen zur allgemeinen Lage in Syrien mit Bezug zu den relevanten Themenkomplexen – liegt der Schluss offenkundig nahe, dass das Bundesamt diese Ermittlungen unterlassen hat, damit diese vom Verwaltungsgericht nachgeholt werden; dass die Ermittlungen relevant waren, war dem Bundesamt auf Grund der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes bekannt und wurde dieser Umstand vom Bundesamt ignoriert.
3.9. Hinsichtlich des Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sind die Beschwerdeführer/innen darauf hinzuweisen, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt – nämlich das Vorliegen von mangelhaften Ermittlungen zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aufhebung des Bescheides und die Zurückverweisung der Angelegenheit an das Bundesamt – durch den vorliegenden Bescheid unter Bedachtnahme auf die Beschwerde feststand und daher auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden konnte und der entsprechende Antrag in der Beschwerde abgewiesen wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2017, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die für die Lösung des Falles relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt und ist dieser gefolgt; es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen.
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