BVwG W136 2012963-1

BVwGW136 2012963-13.11.2014

BDG 1979 §123 Abs2
BDG 1979 §44 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
StGB §302 Abs1
VwGVG §28 Abs2 Z1
BDG 1979 §123 Abs2
BDG 1979 §44 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
StGB §302 Abs1
VwGVG §28 Abs2 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W136.2012963.1.00

 

Spruch:

W136 2012963-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerden des Disziplinarbeschuldigten XXXX, vertreten durch Dr. Klaus PLÄTZER, Hellbrunnerstraße 5, 5020 Salzburg, gegen den Beschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, XXXX, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 123 Abs. 2 BDG 1979 iVm § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit dem im Spruch genannten Beschluss leitete die belangte Behörde gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1079 ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer (im Weiteren kurz BF) wegen des Verdachtes der schuldhaften Verletzung seiner Dienstpflichten nach § 91 BDG 1979 ein. Der Spruch dieses Beschlusses lautet auszugsweise wörtlich (Anonymisierung durch das Bundesverwaltungsgericht):

"[ Der BF] ist verdächtig, er habe am 02. Mai 2014 das Verwaltungsstrafverfahren VStV/914100082710/2014 gegen [E. K.] (§ 99 Abs. 1 lit b i.V.m. § 5 Abs. 2 2.Satz Ziffer 1 StVO) entgegen der bestehenden - ihm zuletzt am 18. März 2014 mitgeteilten - Rechts- und Erlasslage rechtswidrig eingestellt und es dadurch unterlassen ein Straferkenntnis zu erlassen."

Die Begründung des angefochtenen Bescheides lautet auszugsweise wie folgt (Schreibfehler im Original, Anonymisierung durch das Bundesverwaltungsgericht):

"...... Wegen des Verdachtes des Amtsmissbrauchs wurde die

Disziplinaranzeige - laut Mitteilung der Dienstbehörde - auch dem Bundesamt für Korruptionsbekämpfung übermittelt. ....

Der Verdacht von Dienstpflichtverletzungen ergibt sich aus der Disziplinaranzeige GZ P6/32137-2014/PA vom 07. August 2014. Daraus ergibt sich folgender, für das Disziplinarverfahren relevanter Sachverhalt:

Am 15. März 2014, um ca. 16:00 Uhr kam es im Bereich der Hans-Sachs-Straße in Salz-burg zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, an dem Frau K. beteiligt war. Mit der Unfallbeteiligten wurde wegen des Verdachtes der Alkoholisierung ein so genannter Alkovortest durchgeführt, der einen Alkoholisierungsgrad von 0,88 mg/l (1,76 Promille) ergab. Aufgrund dieses Vortestes wurde Frau K. vom einschreiten-den Beamten aufgefordert, sich einem Alkomatentest zu unterziehen, wobei sie - laut Sachverhaltsdarstellung in der Verwaltungsstrafanzeige - aufgefordert wurde, während des 15-minütigen Beobachtungszeitraumes weder etwas zu trinken, noch zu essen, noch zu rauchen. Frau K. ersuchte dann darum, in einem naheliegenden Gasthaus auf die Toilette gehen zu dürfen, was ihr auch gestattet wurde. Sie wurde dabei von einer Polizeibeamtin begleitet. Während dieses Toilettenganges trank Frau K. Wasser, bzw. spülte sie sich den Mund aus, obwohl ihr dies unmittelbar zuvor nochmals ausdrücklich untersagt wurde. Trotz dieses neuerlichen Verbots spülte sie sich weiter den Mund aus. Die einschreitenden Beamten setzten sie daraufhin in Kenntnis, dass ihr Verhalten eine Verweigerung der Durchführung eines Alkotestes darstellt. Der Führerschein wurde gegen Bescheinigung abgenommen und der LPD XXXX vorgelegt.

Mit Verwaltungsstrafanzeigen vom 17. März 2014 erstattete die PI XXXX folgende An-zeigen gegen Frau K.:

• § 99 Abs. 1 lit b i.V.m. § 5 Abs. 2 2. Satz Ziffer 1 StVO Alkohol - Verweigerung nach Verdacht des Lenkens

§ 18 Abs. 1 StVO - Hintereinanderfahren, Abstand auf fahrendes Fahrzeug

§ 4 Abs. 1 lit. a StVO - Fahrerflucht

§ 4 Abs. 1 lit. b StVO - Maßnahmen zur Vermeidung von Folgeschäden

§ 4 Abs. 5 StVO - Fahrerflucht, Identitätsaustausch

Mit Bescheid der LPD XXXX wurde Frau K. die Lenkberechtigung für die Dauer von 10 Monaten entzogen. Gegen die Dauer des Entzuges erhob sie am 31. März 2014 Vorstellung, wobei sie bei der niederschriftlichen Einvernahme zugab, ein Kraftfahrzeug alkoholisiert gelenkt zu haben. Die Entzugsdauer wurde von der Behörde daraufhin auf 7 Monate herabgesetzt.

Das Verwaltungsstrafverfahren wurde vom Disziplinarbeschuldigten durchgeführt.

Am 18. März 2014, um 09:12 Uhr, erhielt der Disziplinarbeschuldigte ein E-Mail seines Vorgesetzten XXXX, in welchem explizit auf die Frage einer Ver-weigerung des Alkotests im Zusammenhang mit der Einnahme von Flüssigkeiten einge-gangen wird. Ob dieses E-Mail aufgrund des konkreten Falles erging, oder ob es zeitlich zufällig damit zusammenfällt, ist derzeit nicht bekannt. In diesem Schreiben wurde auch auf die bestehende Judikatur und einschlägige Kommentare zu §§ 5, 99 StVO eingegangen. Der wesentliche Teil des E-Mails lautet wie folgt: Im Zusammenschau dieser Ausführungen ist jedenfalls davon auszugehen, dass ein Lenker dann einen Alkotest verweigert, wenn er trotz Anordnung des Straßenaufsichtsorgans keine Flüssigkeiten zu sich zu nehmen, eine Flüssigkeit aufnimmt. Auch Wasser stellt eine Flüssigkeit dar.

Am 04. April 2014 wies der Disziplinarbeschuldigte die PI XXXX wie folgt an:

Betr.: Verwaltungsstrafverfahren gegen Frau K.

Gegen Retournierung mit dem höflichen Ersuchen um Stellungnahme im Sinne des rezent ergangenen Erkenntnisses des VwGH vom 26.02.2014, 2013/02.0262, ob der Konsum von Wasser im Sinne der Betriebsanleitung des verwendeten Alkomaten geeignet war, eine Verfälschung des Messergebnisses herbeizuführen.

Die PI XXXX antwortete mit Stellungnahme vom 29. April 2014 darauf wie folgt:

Bezüglich des [vom BF] an den ML gerichtete Ersuchen um Stellungnahme bezüglich der gegenständlichen Sachlage wird mitgeteilt, dass weder durch den ML noch Koll. XXXX (Hauptsachbearbeiter Verkehrsbereich der hs. PI) in der Betriebsanleitung des verwendeten Alkomaten ein Passus vorgefunden werden konnte, welcher sich auf den Konsum von Wasser und der damit verbundenen etwaigen Verfälschung des Messergebnisses bezieht.

Auch seitens des Koll. XXXX (Verkehrsinspektion XXXX) verliefen Erhebungen diesbezüglich negativ.

Am 02. Mai 2014 wurde Frau K.N zur Behörde vorgeladen und vom Disziplinarbeschuldigten niederschriftlich einvernommen. Sie gab zu, Alkohol konsumiert zu haben und dass der Alkovortest positiv gewesen sei. Zur angezeigten Verweigerung des Alkotests führte sie aus, dass sie lediglich darauf aufmerksam gemacht worden sei nicht zu rauchen und nichts tun zu dürfen, was das Ergebnis des Testes verfälschen könnte. Nach einem Toilettengang habe sie dann beim Händewaschen einen Schluck Wasser genommen, was ihr - ihrer Meinung nach - nicht verboten worden sei. Plötzlich sei dann gesagt worden, dass sie den Alkotest verweigert hätte. Am Ende der Niederschrift findet sich folgender Passus: "Nach Prüfung des Sachverhalts wird mir mitgeteilt, dass das Verwaltungsstrafverfahren gegen mich gemäß § 45 Abs. 1 Ziffer 1 erster Fall VStG eingestellt wird".

Unmittelbar nach dieser Niederschrift ging XXXX in das Verkehrsamt und begehrte die Aufhebung des Entzugsbescheides. Mit Bescheid vom 02. Mai 2014 hob das Verkehrsamt den Entzugsbescheid gemäß § 68 Abs. 2 AVG auf und folgte den Führerschein wieder aus.

Der Disziplinarbeschuldigte unterließ es die einschreitenden Polizeibeamten XXXX zu den Aussagen der K., die im deutlichen Widerspruch zu der Sachverhaltsdarstellung in der Verwaltungsstrafanzeige stehen, zu befragen, bzw. zu vernehmen.

Angaben des Disziplinarbeschuldigten:

Er bestreitet zunächst jegliche Weisung von XXXX erhalten zu haben; dessen Behauptung in der Disziplinaranzeige stelle eine Verleumdung dar. Es sei über einen anderen Fall gesprochen worden. In der Sache selbst habe er ein korrektes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Aufgrund der Entscheidung des VwGH vom 26.02.2014, Zahl 2013/02/0262, der die Einnahme eines Medikamentes und von Bonbons behandelte, sei es entscheidungserheblich, ob ein Verhalten des Probanden überhaupt geeignet ist, ein Messergebnis zu verfälschen. Er habe - auch nach Einholung einer Stellungnahme des Meldungslegers dahingehend, ob der Konsum von Wasser eine Beeinträchtigung des Messergebnisses bewirken könne - daraufhin den Schluss gezogen, dass ein Schluck Wasser keine Beeinträchtigung des Messergebnisses bewirken könne. Der Tatbestand der Verweigerung sei daher nicht vorgelegen, weil nicht Frau K. die Durchführung des Alkotestes verweigert habe, sondern ihr die Untersuchung verweigert worden sei. Das Verwaltungsstrafverfahren sei von ihm nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" eingestellt worden.

Die Disziplinarkommission hat dazu erwogen:

Auf dieses Disziplinarverfahren ist die Geschäftsordnung der Disziplinarkommission für das Jahr 2014 anzuwenden.

[Wiedergabe §§ 43 Abs. 1 und 2, 44 Abs. 1 bis 3 BDG 1979]

Erlass BMI-EE2010/0020-II/2/d/2005, vom 01. Dezember 2005

Punkt 2.

Durchführung des Alkomat-Test

Mit der Messung ist erst zu beginnen, wenn sichergestellt ist, dass

2.1.1 seit dem letzten bekannten Alkoholkonsum vor der Betretung 15 Minuten vergangen sind und

2.1.2 der Proband innerhalb der letzten 15 Minuten nichts getan hat, das geeignet wäre, die Messung des Atemalkoholgehaltes zu behindern. Als solche Behinderung werden etwa die Verwendung eines Mundsprays und der Konsum von Alkohol, Flüssigkeiten, Nahrung, Genussmittel, Medikamente oder Nikotin nach der Betretung anzusehen sein.

Eine Mundspülung ist, da die Gefahr der Verfälschung besteht, keinesfalls durchzuführen.

Judikatur

VwGH 5.7.1996, 96/02/0298

"Mundspülung verweigert"

Die Verweigerung der vom Probanden beantragte Mundspülung durch das einschreitende Organ der Straßenaufsicht nach Ablauf von 15 Minuten nach dem letzten Alkoholkonsum ist zulässig (Hinweis E 29.1.1992, 91/02/0132). Der Proband ist daher auch nicht berechtigt, nach Ablauf von 15 Minuten nach dem Alkoholkonsum die Vornahme der Atemluftuntersuchung zu verweigern, wenn seinem Begehren auf Mundspülung nicht nachgekommen wird.

VwGH 29.05.2001, 98/03/0157; 25.11.2004, 2003/03/0297

Die von den Organen der Straßenaufsicht erforderlichen Anordnungen sind, soweit dies nicht unzumutbar ist, zu befolgen und bedeutet es daher dann, wenn derartigen Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet wird, eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich untersuchen zu lassen.

Zum Vorliegen des Verdachtes von Dienstpflichtverletzungen

In Anwendung auf den vorliegenden Fall hatte die Disziplinarkommission zu prüfen, ob ein ausreichender Verdacht einer Dienstpflichtverletzung besteht. Nach ständiger Rechtspre-chung des VwGH reicht es für die Einleitung des Verfahrens aus, wenn genügend Ver-dachtsgründe gegen den Beamten vorhanden sind, welche die Annahme des Vorliegens einer oder mehrerer Dienstpflichtverletzungen rechtfertigen. Ein solcher Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen, wobei "Verdacht" mehr als eine bloße Vermutung ist. Es kommt auf die Kenntnis von Tatsachen an, aus denen - nach der Lebenserfahrung - auf ein Vergehen geschlossen werden kann.

Laut derzeit vorliegender Akten- und Beweislage bestehen insgesamt hinreichende An-haltspunkte, aus denen nach der Lebenserfahrung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91 BDG ge-schlossen werden kann. Die Amtsführung des Disziplinarbeschuldigten, im Hinblick auf die Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren, weist insofern Mängel auf, als er verdächtig ist, entscheidungsrelevante höchstgerichtliche Judikate, sowie ergangene Weisungen (Erlässe), sowie klar formulierte Rechtsmeinungen (Weisungen) seines Vorgesetzten außer Acht zu lassen. Ob der gegenständliche - disziplinär relevante - Sachverhalt auch den Tatbestand des Verbrechens des Amtsmissbrauchs nach § 302 StGB begründen kann, wird im strafgerichtlichen Verfahren zu beurteilen sein, an dessen Ausgang die Disziplinarkommission gem. § 95 Abs. 2 BDG gebunden ist.

Es ist zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens nicht die Aufgabe der

Disziplinarkommission den ihr vorgelegten Sachverhalt einer

umfassenden strafrechtlichen Würdigung zu unterziehen. ........

......

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG hat der Beamte seine dienstlichen Aufgaben treu, gewissenhaft und engagiert aus eigenem zu erfüllen. Er darf also während der Ausübung seines Dienstes keine strafbaren Handlungen (Beachtung der geltenden Rechtsordnung) begehen (VwGH 4.9.1990, 88/09/0013) und muss die ihm übertragenen Aufgaben ordentlich erledigen (treu und gewissenhaft, engagiert). Konkret versteht man darunter, dass die zugewiesenen Verwaltungsstrafakten ordnungsgemäß zu administrieren und die entsprechenden Verfügungen gesetzeskonform zu treffen sind, was auch eine Auseinandersetzung mit der für den Arbeitsbereich relevanten Rechtslage und Judikatur bedeutet.

Der Disziplinarbeschuldigte ist verdächtig das Verwaltungsstrafverfahren gegen Frau K. in rechtswidriger Weise eingestellt zu haben. Zu diesem - unabhängig von einer allfälligen strafrechtlichen Sanktion - disziplinär relevanten Verdacht ist folgendes auszuführen: Die Stellungnahme des Disziplinarbeschuldigten erhellt, dass er - nach dem von ihm durchgeführten Beweisverfahren - selbst von einer tatsächlich durchgeführten Mundspülung, bzw. Konsumation von Wasser durch die Verdächtige ausging. Weil er diese Konsumation von Wasser (Mundspülung) aber als unbeachtlich für ein späteres Mess-ergebnis erachtete, sah er den Tatbestand der Verweigerung des Alkotestes als nicht ge-geben. Dabei lässt er aber den bereits am 01. Dezember 2005 ergangen oben angeführten Erlass des BMI außer Acht, der in seinem Punkt 2.1.2 ausdrücklich feststellt, dass die Konsumation von Flüssigkeiten, bzw. eine Mundspülung das Messergebnis verfälschen könnte und daher zu unterlassen ist. Auch in der oben angeführten Judikatur wird vom VwGH ausdrücklich festgestellt, dass den Anordnungen der Organe der Straßenaufsicht Folge zu leisten ist; daraus ist ableitbar, dass ein wegen des Verdachtes der Alkoholbeein-trächtigung angehaltener Fahrzeuglenker auch die Anordnung kein Wasser zu trinken und keine Mundspülung zu machen, zu befolgen hat. Auch der Vorgesetzte XXXX hat in seinem zeitnahen E-Mail vom 18. März 2014 - offenbar nach umfassender Prüfung dieser Frage - ausdrücklich klargestellt, dass die Aufforderung zur Durchführung eines Alkotestes dann verweigert wird, wenn trotz Aufforderung dies zu unterlassen, Flüssigkeiten (Wasser) konsumiert werden.

Das vom Disziplinarbeschuldigten zitierte VwGH-Erkenntnis ist nicht geeignet den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung zu entkräften. Es bezieht sich nämlich auf einen ganz anderen Sachverhalt, bei dem ein Alkomatentest, trotz der Konsumation von Medikamenten und Bonbons, durchgeführt und vom Betroffenen später eine Verfälschung des Messergebnisses behauptet wurde (ein Sachverständiger führte schließlich aus, dass konkret keine Verfälschung gegeben war). Im hier vorliegenden Fall geht es aber um die Missachtung einer Anordnung durch Sicherheitsorgane, nämlich während der Wartezeit auf Durchführung eines Alkomatentests, die Konsumation von Wasser, bzw. die Durchführung einer Mundspülung zu unterlassen. Die maßgebliche Beweisfrage wäre also - berücksichtigt man die Aussagen der betroffenen Fahrzeuglenkerin bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 02. Mai 2014 - gewesen, ob die Sicherheitsorgane tatsächlich eine ordnungsgemäße Aufforderung das Wassertrinken/Mundspülen zu unterlassen an Frau K. gerichtet haben. Dies wurde aber vom Disziplinarbeschuldigten überhaupt nicht geprüft, sondern nahm er einfach an, dass die Konsumation von Wasser keine Einflüsse auf das Messergebnis haben kann und die Missachtung einer entsprechenden Aufforderung dies zu unterlassen, daher keine Verweigerung im Sinne des § 99 Abs. 1 lit b i.V.m. § 5 Abs. 2 2. Satz Ziffer 1 StVO darstellt. Damit stellt er sich - wie schon oben ausgeführt - gegen die klare Erlass- und Rechtslage, die ihm jedoch aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit im Strafamt, der als Strafamtsleiter noch dazu vordergründig mit der Bearbeitung von § 5 StVO Fällen betraut ist, jedenfalls hätte bekannt sein müssen. Noch dazu, wo es sich beim gegenständlichen Sachverhalt um keine neue, oder besonders schwierige Materie, bzw. Rechtsfrage handelte, sondern ausreichend Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dazu besteht.

Der erkennende Senat geht daher davon aus, dass der Disziplinarbeschuldigte derzeit verdächtig ist, das Verwaltungsstrafverfahren rechtswidrig eingestellt zu haben. Ob er dies im Bewusstsein der bestehenden Erlass- und Rechtslage gemacht hat, oder ob er es einfach unterlassen hat, sich ausreichend damit auseinanderzusetzen und das Verwaltungs-strafverfahren aus Schlamperei/Nachlässigkeit rechtswidrig eingestellt hat, wird in der mündlichen Verhandlung, in der auch die Ergebnisse eines allfälligen Strafverfahrens zu berücksichtigen ein werden, zu klären sein.

Sollte die Entscheidung des Disziplinarbeschuldigten aber tatsächlich den Tatbestand des § 302 StGB erfüllen, wird eine weitere disziplinäre Verfolgung nach § 43 Abs. 1 BDG grundsätzlich ausscheiden, zumal es sich bei § 302 StGB um ein echtes

Beamtendelikt handelt......

Gemäß § 43 Abs. 2 BDG ist der Beamte verpflichtet in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit, aber auch des Dienstgebers in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Diese Pflicht verletzt der Beamte immer dann, wenn er durch ein inner- oder außerdienstliches Verhalten bei Dritten Bedenken dagegen auslöst, dass er bei der Vollziehung immer rechtmäßig vorgehen werde und damit seine Glaubwürdigkeit einbüßt. Das von dieser Bestimmung geschützte Rechtsgut liegt nach Auffassung des VwGH in der allgemeinen Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt, damit in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft (VwGH 24.11.1997, 95/09/0348; 15.12.1999, 98/09/0212; 18.4.2002, 2000/09/0176); insofern stellt § 43 Abs. 2 BDG auch eine für alle Beamten gemeinsame Verhaltensrichtlinie dar (VwGH 28.7.2000, 97/09/0324; 16.10.2001, 2000/09/0012) und wird von keinem anderen Tatbestand des Dienstrechts abgedeckt. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 43 Abs. 2 BDG 1979 bereits wiederholt ausgesprochen hat, lassen die Worte 'in seinem gesamten Verhalten' den Schluss zu, dass hierdurch nicht nur das Verhalten im Dienst gemeint ist, sondern auch außerdienstliches Verhalten, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 29.6.1989, Zl. 86/09/0164, sowie vom 31.5.1990, Zl. 86/09/0200 = Slg. N.F. Nr. 13.213/A). Dieser sogenannte Dienstbezug ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben - das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen - nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen (vgl. dazu z. B. Schwabel/Chilf, Disziplinarrecht der Bundesbeamten, Landeslehrer und Soldaten, zweite Auflage, Fußnote 17 zu § 43 BDG, Seite 7 f). Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Ob das dienstliche oder außerdienstliche Verhalten des Disziplinarbeschuldigten an die Öffentlichkeit gedrungen ist oder nicht, spielt bei der Beurteilung des Dienstbezuges keine rechtserhebliche Rolle.

Der Disziplinarbeschuldigte ist - wie oben ausgeführt - verdächtig ein Verwaltungsstraf-verfahren rechtswidrig eingestellt zu haben. Die Dienstbehörde hat deswegen auch Straf-anzeige nach § 302 StGB an das BAK erstattet. Ob der Sachverhalt tatsächlich zum Ge-genstand eines Strafverfahrens gemacht wird, ist der Disziplinarkommission derzeit nicht bekannt. Der Strafrahmen für dieses, vor den Landesgerichten zu verhandelnde Delikt, beträgt immerhin bis zu fünf Jahre. Sollte er strafgerichtlich verurteilt werden, wird zusätz-lich eine Sanktion nach § 43 Abs. 2 BDG zu verfügen sein. Der spezifisch dienstrechtliche Aspekt wird nämlich vom strafrechtlichen Tatbestand (§ 302 StGB) nicht wahrgenommen. Das Dienstrecht hat eine völlig andere Zielrichtung und soll gewährleisten, dass sich Beamte, die die Gesetze zu vollziehen haben, ihrer besonderen Verantwortung bewusst sind und sicherstellen, dass das Vertrauen der Bevölkerung in den Beamtenapparat und die staatliche Vollziehung, somit das Ansehen des Amtes bzw. der Beamtenschaft an sich, erhalten bleibt. In der öffentlichen Wahrnehmung sind nämlich gerade die Polizeibehörden besonderer Beobachtung und Kritik ausgesetzt. Gerade ihrem ordnungs- und gesetzmäßigen Vollzug kommt besondere Bedeutung zu. Daran orientieren sich auch die Anforderungen an die einzelnen Mitarbeiter solcher Behörden. Von Beamten der Sicherheitsbehörde muss daher eine besondere Sensibilität und Rechtstreue erwartet werden. Sie haben sowohl im, als auch außer Dienst alles zu vermeiden, was das Vertrauen des Bürgers in die Polizei beeinträchtigen könnte. Gerade in Zeiten, in denen der öffentliche Dienst kritischen Augen der Öffentlichkeit gegenübersteht, muss von den Bediensteten ein ein-wandfreies Verhalten erwartet werden. Polizeibeamte, die im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben im Übrigen auch zum Schutz des gesamten Strafrechts berufen sind, dürfen die von ihnen zu schützenden Rechtsgüter nicht selbst verletzen (zB:

VwGH 24.2.1995, 93/09/0418; 23.2.2000, GZ: 99/09/0010; DOK 23.10.1990, GZ 58/5-DOK/90; 26.9.1988, GZ 47-DOK/88)

Sollte seitens des Strafgerichtes keine Anklage wegen des Verdachtes des Amtsmissbrauchs nach § 302 StGB erfolgen, wird die Disziplinarkommission neu zu prüfen haben, ob der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG überhaupt besteht.

.....

Gemäß § 44 Abs. 1 BDG hat der Beamte die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen. Das bedeutet, dass er sowohl die vom Bundesministerium für Inneres verlautbarten Erlässe, sowie schriftliche Befehle der zuständigen Landespolizeidirektion und schriftliche oder mündliche

Befehle/Dienstaufträge/Diensteinteilungen seiner Vorgesetzten, zu befolgen hat. Gerade die Befolgung von Weisungen ist in einem militärisch organisierten Wachkör-per wie der Exekutive Voraussetzung dafür, eine dem gesetzlichen Auftrag entsprechende Erfüllung der sicherheits- und kriminalpolizeilichen Aufgaben zu garantieren. Wie auch die Disziplinaroberkommission schon wiederholt entschieden hat, zählen Verletzungen der Dienstpflicht nach § 44 Abs. 1 BDG zu den schwerwiegenden Verfehlungen gegen die grundlegendsten Pflichten im Rahmen eines jeden Beamtendienstverhältnisses und ist die Befolgung von dienstlichen Anordnungen für den ordnungsgemäßen sowie effizienten Ablauf des Dienstes von essentieller Bedeutung (57/8-DOK/08 vom 11.11.2008 ).

Der oben angeführte Erlass des BMI vom 01. Dezember 2005 nimmt im Punkt 2.1.2. aus-drücklich auf den Genuss von Wasser und die Durchführung einer Mundspülung vor einem Alkomatentest Bezug. Er stellt fest, dass die Konsumation, bzw. Vornahme einer Mundspülung zu unterlassen ist. Mit E-Mail vom 18. März 2014, 09:12 Uhr, weist der Vor-gesetzte XXXX auch ausdrücklich darauf hin. Dieses E-Mail wurde dem Disziplinarbeschuldigten übermittelt.

Die Disziplinarkommission erachtet das E-Mail des Vorgesetzten als ergänzende, bzw. den Erlass wiederholende Weisung im Sinne des § 44 Abs. 1 BDG. Es ist nämlich nicht - wie der Disziplinarbeschuldigte meint - maßgebend, ob sich die Weisung auf einen konkreten Fall (Verwaltungsstrafverfahren K.) bezieht; es reicht, wenn sie sich auf bestimmte Sachverhalte bezieht. Der Vorgesetzte stellt in seiner E-Mail ausdrücklich klar, dass dann von einer Verweigerung des Alkotest auszugehen ist, wenn der Lenker, trotz der Anordnung keine Flüssigkeiten zu sich zu nehmen, eine Flüssigkeit aufnimmt. Dies entspricht auch der oben angeführten Erlasslage, sowie der Judikatur des VwGH. Dass das E-Mail nicht den Wortlaut "Weisung" enthält, ist nach Ansicht der erstinstanzlichen Behörde ohne Belang, zumal der Erlass des BMI ja offenbar beigefügt war und auf dessen Punkt 2.1.2. ausdrücklich Bezug genommen wird. Der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung nach § 44 Abs. 1 BDG ergibt sich daher nicht isoliert aus diesem E-Mail, sondern aus dem gegenständlichen Erlass, der dem Disziplinarbeschuldigten vom Vorgesetzten am 18. März 2014 nochmals ausführlich zur Kenntnis gebracht wurde.

Der Disziplinarbeschuldigte ist daher nach derzeitiger Verdachtslage verdächtig, Weisungen missachtet zu haben.

Ein Einstellungsgrund nach § 118 BDG ist aufgrund der Schwere des Verdachtes nicht gegeben. Mangelnde Strafwürdigkeit nach § 118 Abs. 1 Ziffer 4 BDG wäre darüber hinaus nur dann anzunehmen, wenn kumulativ sowohl die disziplinäre Schuld des Disziplinarbe-schuldigten als gering einzuschätzen ist, eine Disziplinierung zur Wahrung des dienstlichen, durch das Disziplinarrecht geschützten Interesses nicht notwendig erscheint, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und eine Bestrafung auch unter dem Gesichtspunkt der Spezial- und Generalprävention nicht geboten ist (vgl. Beru-fungskommission 4.4.2003, 130/10-BK/03; 2.2.2006, 160/12-BK/05 u.a.). Diese Voraus-setzungen liegen nicht vor."

2. Gegen den verfahrensgegenständlichen Einleitungsbeschluss erhob der BF fristgerecht am 06.10.2014 Beschwerde und brachte Folgendes vor:

Er habe weder § 43 Abs. 1 und 2 noch § 44 Abs. BDG 1979 verletzt. Er sei seinem Abteilungsgleiter und Verfasser der Disziplinaranzeige bekanntermaßen weitaus überlegen und habe die neueste Rechtsprechung des VwGH im Sinne eines näher zitierten Erkenntnisses angewendet und daher seine Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung besorgt. Im gegenständlichen Fall käme es nämlich darauf an, ob die Fahrzeuglenkerin ein Verhalten gesetzt habe, das als Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt zu qualifizieren sei. Dies sei gegenständlich nicht der Fall, da das Trinken von Wasser und eine Mundspülung auch entgegen der Anordnung einer Polizeibeamtin nicht geeignet sei, das Messergebnis zu verfälschen. Nur das Zusichnehmen aromatischer Flüssigkeiten sei geeignet, ein ungültiges Messergebnis herbeizuführen, Wasser als neutrales Element jedenfalls nicht. Die im Einleitungsbeschluss näher zitierten Erkenntnisse des VwGH würden einerseits andere Sachverhalte betreffen und würden durch das vom BF herangezogene Erkenntnis derogiert. Auch habe der BF nicht gegen den zitierten Erlass des BMI vom Dezember 2005 verstoßen, weil sich dieser nicht an ihn als Verwaltungsorgan im Strafverfahren sondern an die Organe der Straßenaufsicht richte.

Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens sei überhaupt nur auf die Voreingenommenheit des Senatsvorsitzenden zurückzuführen, den der BF bereits zweimal wegen des Verdachtes des Missbrauches der Amtsgewalt angezeigt habe und behänge auch derzeit gegen den Vorsitzenden bei der Staatsanwaltschaft ein offenes Verfahren, was dem Senatsvorsitzenden auch bekannt sei, weil der BF diesem seinen Schriftsatz an die Staatsanwaltschaft über seinen Privatbeteiligtenanschluss übermittelt habe. Da der schwerwiegende Verdacht eines Verbrechens keinen Organwalter unbeeinflusst ließe, hätte sich dieser gemäß § 47 BDG 1979 seines Amtes zu enthalten gehabt.

Der BF stellte den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Einholung eines Gutachtens aus dem Bereich Messwesen zum Beweis dafür, dass ein Schluck Wasser bzw. eine Mundspülung nicht geeignet wären, einen Alkomatentest zu beeinflussen, weiters den Einleitungsbeschluss zu beheben und das Disziplinarverfahren einzustellen, in eventu zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurück zu verweisen.

3. Mit Schreiben vom 09.10.2014, beim Bundesverwaltungsgericht am 13.10.2014 eingelangt, legte die belangte Behörde die Beschwerde des DB samt Verfahrensakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt) und Beweiswürdigung

1.1. Die Beschwerde des DB wurde rechtzeitig erhoben und ist zulässig.

1.2. Der oben unter I.1. (Verfahrensgang) dargestellte Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aus der Aktenlage und konnte somit der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Der DB bestreitet nicht, das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Fahrzeuglenkerin K. eingestellt zu haben, vermeint jedoch, dass dies rechtskonform gewesen wäre, weshalb keine Dienstpflichtverletzung vorliege.

1.3. Bei der Staatsanwaltschaft XXXX behängt zu XXXX wegen des im Spruch des bekämpften Bescheides dargestellten Verdachtes einer Dienstpflichtverletzung ein Ermittlungsverfahren gegen den DB wegen des Verdachtes des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB. Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) hat der Staatsanwaltschaft am 27. August 2014 diesbezüglich einen Anfallsbericht sowie am 24. September 2014 einen Zwischenbericht vorgelegt. Über das gegen den BF als Beschuldigten geführte Ermittlungsverfahren wurde dieser gemäß § 50 StPO vom BAK informiert und hat dieser seine Stellungnahme zur Disziplinaranzeige im gegenständlichen Verfahren am 06.08.2014 auch dem BAK übermittelt. Gegenständliche Feststellungen konnten unmittelbar auf Grund der unbedenklichen Aktenlage getroffen werden.

2. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen eine Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Vom BF wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens für den Fall der Nichtstattgebung seiner Beschwerde beantragt. Ungeachtet dieses Antrages wurde vom Bundesverwaltungsgericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Gegenstand gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des bekämpften Bescheides notwendige Sachverhalt den Akten zu entnehmen war und einer weiteren Klärung in einer Verhandlung nicht bedurfte. Insbesondere war im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen, ob der BF tatsächlich Dienstpflichtverletzungen begangen hat, sondern ob hinreichende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens vorliegen. Art 6 Abs. 1 EMRK steht im derzeitigen Verfahrensstadium dem Entfall einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen, da nur die Frage der Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu klären war und zivile Rechte im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK mit der gegenständlichen Entscheidung nicht verändert oder gestaltet werden (VwGH vom 16.09.2010 Zl. 2007/09/0141). Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) kommt im gegenständlichen Fall mangels Vorliegens eines unionsrechtlichen Sachverhaltes nicht zur Anwendung (VwGH vom 09.09.2014, Zl. Ra 2014/09/0017).

Zu Spruchpunkt A):

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333/1979 i.d.F. BGBl. I Nr. 210/2013 (BDG 1979) maßgeblich:

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

.....

§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

(3) Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt.

§ 114. (1) Kommt die Disziplinarbehörde während des Disziplinarverfahrens zur Ansicht, daß eine von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare Handlung vorliegt, so hat sie gemäß § 78 StPO vorzugehen.

(2) Hat die Disziplinarbehörde Anzeige an die Staatsanwaltschaft, die Sicherheitsbehörde oder die Verwaltungsbehörde erstattet oder hat sie sonst Kenntnis von einem anhängigen Strafverfahren nach der StPO oder verwaltungsbehördlichen Strafverfahren, so wird dadurch das Disziplinarverfahren unterbrochen. Die Parteien sind vom Eintritt der Unterbrechung zu verständigen. Ungeachtet der Unterbrechung des Disziplinarverfahrens ist ein Beschluß, ein Disziplinarverfahren durchzuführen (§ 123), zulässig.

.......

§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.

(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben.

(3) Sind in anderen Rechtsvorschriften an die Einleitung des Disziplinarverfahrens Rechtsfolgen geknüpft, so treten diese nur im Falle des Beschlusses der Disziplinarkommission, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, und im Falle der (vorläufigen) Suspendierung ein.

Zu A)

1. Wie der Verwaltungsgerichtshof zur vergleichbaren Rechtslage des BDG 1979 und des LDG 1984 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (Hinweis E 9.9.1997, 95/09/0243, sowie E 16.9.1998, 96/09/0320), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verfahren auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen (VwGH vom 18.12.2012, Zl. 2011/09/0124).

2. Nur offenkundige Gründe für eine sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens gem. § 118 Abs. 1 BDG 1979 stehen der Einleitung des Disziplinarverfahrens entgegen (VwGH vom 25.06.1992, Zl. 92/09/0056).

3. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus Folgendes:

3.1. Wie sich aus der oben dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 123 Abs. 2 BDG 1979 ergibt, hat die Disziplinarkommission im Rahmen zur Klärung der Einleitungsfrage lediglich zu prüfen, ob offenkundige Gründe für eine sofortige Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen und in diesem Fall die Einstellung des Verfahrens mit Bescheid verfügen. Sofern die Disziplinarkommission nicht zu diesem Schluss kommt, kann sie allenfalls erforderliche weitere Erhebungen durch die Dienstbehörde vornehmen lassen, oder aber, wenn ihr der Sachverhalt für die Fassung eines Einleitungsbeschlusses bereits aufgrund der Disziplinaranzeige ausreichend geklärt erscheint, einen derartigen Bescheid erlassen. Im Zuge dieses Verfahrens hat die Disziplinarkommission keinesfalls positiv durch eine Beweisverfahren zu prüfen ob eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung begangen wurde sondern lediglich, ob ein begründeter Verdacht derselben gegeben ist. Im gegenständlichen Verfahren ist zudem beachtlich, dass die dem BF im Verdachtsbereich zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung Gegenstand strafprozessualer Ermittlungen nach der StPO ist, sodass weitere Ermittlungen aufgrund der Unterbrechung des Disziplinarverfahrens ohnehin nicht anzustellen sind.

3.2. Mit seinem Beschwerdevorbringen er habe keine Dienstpflichtverletzungen begangen, weil seine Entscheidung der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens rechtskonform gewesen sei, zeigt der BF keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides auf, da im gegenständlichen Fall lediglich zu prüfen war, ob ein begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung gegeben ist. Nach der vorliegenden Aktenlage ist jedoch von einer begründeten Verdachtslage auch bei Bedachtnahme auf die vom DB zu dem erhobenen Vorwurf abgegebenen Stellungnahme - nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass dieser Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen wegen des Verdachtes des Amtsmissbrauches ist - auszugehen.

Hinsichtlich der vom BF vertretenen Rechtsmeinung, das Strafverfahren gegen die Fahrzeuglenkerin wäre einzustellen gewesen, da das Trinken von Wasser bzw. eine Mundspülung nicht geeignet wären, das Ergebnis eines Alkomatentests zu verfälschen, weswegen der Tatbestand der Verweigerung des Alkomatentests nicht vorliegen könne, und im Sinne dieses Vorbringens auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.02.2014, Zl. 2013/02/0262 verweist, welches nach Meinung des BF der früheren Rechtsprechung des VwGH derogieren würde, verkennt der BF, dass es sich bei dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Sachverhalt um eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO und die Frage der "Verwertbarkeit" einer bereits durchgeführten Atemluftprobe, nicht aber um deren Verweigerung nach § 5 Abs. 2 StVO handelt, weshalb aus diesem Erkenntnis für die Rechtsansicht des BF, wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, nichts zu gewinnen ist.

Hinsichtlich des Deliktes der Verweigerung des Alkomatentests nach § 5 Abs. 2 StVO hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch ausgesprochen, dass "als Weigerung, sich dem Atemalkoholtest zu unterziehen, auch ein Verhalten des Untersuchten [gilt], das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindert. Ein solches ist auch darin zu erblicken, dass der Proband - trotz vorheriger Belehrung - ein Verhalten setzt, das zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen kann. Es bedurfte daher für die Beurteilung der Verweigerung des Atemalkoholtests iSd § 5 Abs. 2 StVO 1960 auch nicht der Beiziehung eines Sachverständigen zur Klärung der Frage, ob allenfalls doch entgegen der Bedienungsanleitung ein verwertbares Resultat beim Atemalkoholtest zu erzielen gewesen wäre." (VwGH vom 25.11.2005, Zl. 2005/02/0254.). Im Sinne dieser Rechtsprechung ist die Verantwortung des BF hinsichtlich der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens keineswegs geeignet, den vorliegenden Verdacht einer Dienstpflichtverletzung zu entkräften und vermag einen Grund für die Einstellung des Verfahrens nicht darzutun.

Zum Vorbringen des BF, wonach sich der von der belangten Behörde zitierte Richtlinienerlass des BMI vom 01.12.2005, GZ BMI-EE2010/0020-II/2d/2005, betreffend Einschreiten der Organe der Straßenaufsicht nicht an ihn gerichtet sei, ist nichts zu gewinnen. Sein Dienstvorgesetzter hat nämlich unter Bezugnahme auf diesen Erlass sowie einschlägige Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes und des UVS Oberösterreich nach der vorliegenden Aktenlage schriftlich unmissverständlich und ausführlich begründet die Vorgehensweise bei Vorliegen eines derartigen Sachverhaltes angeordnet, weshalb der Verdacht eines weisungswidrigen Verhaltens nach der Aktenlage gegeben ist. Eine allfällige Remonstration des BF gegen diese Weisung wurde nicht behauptet und kann den Akten nicht entnommen werden.

3. Dem Beschwerdevorbringen, wonach der bekämpfte Bescheid rechtswidrig sei, weil der Senatsvorsitzende der belangten Behörde parteilich und voreingenommen zugunsten der anzeigenden Dienstbehörde sei und somit befangen im Sinne des § 7AVG, ist nicht zu folgen. Jeder Vorwurf einer Befangenheit hat konkrete Umstände aufzuzeigen, welche die Objektivität des Entscheidungsträgers in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist. Nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen (VwGH vom 31.01.2012, Zl. 2010/05/0212). Die vom BF in diesem Sinne aufgezeigten Umstände, welche die Voreingenommenheit des Vorsitzenden des Disziplinarsenates dartun soll, sind die Tatsache, dass der BF zu einem früheren Zeitpunkt gegen den Vorsitzenden der belangten Behörde bereits zwei Strafanzeigen wegen Missbrauchs der Amtsgewalt eingebrachte, zu denen das Verfahren jedoch eingestellt wurde. Das Einbringen von offenbar unberechtigten Strafanzeigen gegen den Vorsitzenden der belangten Behörde ist nicht per se geeignet eine Befangenheit desselben in den den BF betreffenden Disziplinarverfahren herbeizuführen. In diesem Sinne wird auf die Ausführungen in den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes GZ W136 2008367, W136 2008368 und W 136 2006475 zum gleichlautenden Beschwerdevorbringen des BF hinsichtlich der Befangenheit des Vorsitzenden der belangten Behörde bzw. hinsichtlich behaupteter Verfahrensfehler verwiesen. Wenn der BF darauf verweist, dass er am 05.09.2014 den Vorsitzenden der belangten Behörde über eine neuerliche Strafanzeige gegen ihn informiert habe, weswegen dieser bei Verfassung des Einleitungsbeschlusses am XXXX angesichts "des schwerwiegenden und schwebenden Verdachts eines Verbrechens" nicht unbeeinflusst habe entscheiden können, ist dem entgegen zu halten, dass der verfahrensgegenständliche Beschluss durch die belangte Behörde nach nicht-öffentlicher Sitzung bereits am 04.09.2014 gefasst wurde.

4. Zusammenfassend ist festzustellen, dass entgegen der Ansicht des DB der bekämpfte Bescheid ausreichend substantiiert ist, um den Einleitungsbeschluss zu tragen. Die vom BF behauptete Befangenheit des Vorsitzenden der belangten Behörde konnte nicht erkannt werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die maßgebliche Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Fassung eines Einleitungsbeschlusses nach § 123 Abs. 2 BDG 1979 wurde in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH mehrfach behandelt. Die gegenständliche Entscheidung weicht von dieser nicht ab. Auf die unter Spruchpunkt A zitierte Judikatur wird verwiesen.

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