B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W110.1434426.1.00
Spruch:
W110 1434426-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. CHVOSTA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz: nunmehr:
Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 29.3.2013, Zl. 12 02.708-BAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.5.2014 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Asylgesetz 2005 als unbegründet
abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
I. Der minderjährige Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger der paschtunischen Volksgruppe, stellte am 6.3.2012 nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.
1. In seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag der Antragstellung gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, seine Heimat ungefähr vier Monate zuvor verlassen zu haben und gemeinsam mit seiner Tante über den Iran, die Türkei und Griechenland auf unbekannter Route auf dem Landweg nach Österreich gelangt zu sein. Zu seiner Person erklärte der Beschwerdeführer, ledig und 1997 geboren worden zu sein. Er habe zuletzt in der Provinz XXXX gelebt. In Afghanistan würden noch seine Eltern und seine drei Geschwister im Heimatort leben. Seine Tante befinde sich mit ihm in Österreich. Er habe sechs Jahre die Grundschule besucht.
Als Grund für seine Ausreise aus Afghanistan gab der Beschwerdeführer an, dass er und seine Tante in Afghanistan niemanden hätten, der sich um sie kümmere. Seine Tante habe Herzprobleme und könne im Heimatland nicht behandelt werden.
2. In seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 19.3.2012 in Anwesenheit eines Rechtsberaters als gesetzlicher Vertreter führte der Beschwerdeführer aus, dass er keinen Kontakt zu seinen leiblichen Eltern habe. Er sei bei seiner Tante aufgewachsen und habe erst vor wenigen Jahren erfahren, dass sie nicht seine Mutter sei. Zu seinen Fluchtgründen ergänzte der Beschwerdeführer, dass die Sicherheitslage in Afghanistan miserabel sei und die Taliban Jugendliche mitnehmen und als Selbstmordattentätern heranziehen würden. Auch den Beschwerdeführer hätten sie mehrmals mitnehmen wollen und dies der Tante mitgeteilt, er habe jedoch jeweils fliehen können.
Im Anschluss an die Einvernahme ließ das Bundesasylamt das Verfahren des Beschwerdeführers durch Ausfolgung der Aufenthaltsberechtigungskarte in Österreich zu.
In seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 21.6.2012 wurde der Beschwerdeführer (in Anwesenheit eines Vertreters des örtlich zuständigen Jugendwohlfahrtsträgers als gesetzlicher Vertreter) zunächst ausführlich zu seinen persönlichen Verhältnissen in Afghanistan befragt. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe wiederholte der Beschwerdeführer sein bisher erstattetes Vorbingen und ergänzte, es seien zweimal Drohbriefe in das Haus seiner Tante geworfen worden.
Mit Schriftsatz vom 27.3.2013 übermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesasylamt Kopien einer Schulnachricht und einer Schulbesuchsbestätigung zum Nachweis seiner Integration in Österreich.
3. Mit (am 3.4.2013 dem Magistrat der Stadt Graz als gesetzlichem Vertreter des Beschwerdeführers zugestelltem) Bescheid vom 29.3.2013 wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005 (im Folgenden: AsylG 2005), ab (Spruchpunkt I.) und erkannte dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.); weiters erteilte das Bundesasylamt dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.). In seiner Begründung traf das Bundesasylamt Länderfeststellungen zur Situation in Afghanistan und stellte die Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers, nicht jedoch seine Identität fest. Seine Fluchtgründe erachtete das Bundesasylamt als unglaubwürdig. Beweiswürdigend führte es dazu aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich seines letzten Aufenthalts widersprüchlich gewesen sei. Es liege nahe, dass der Beschwerdeführer zuletzt in Pakistan gelebt habe. Hinsichtlich der angeblichen Zwangsrekrutierung sei sein Vorbringen in sich und zu jenem seiner Tante widersprüchlich. Rechtlich wies das Bundesasylamt darauf hin, dass der Beschwerdeführer keinen Sachverhalt dargetan habe, der an einen in der Genfer Flüchtlingskonvention normierten Grund anknüpfe. Die Unzulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers begründete das Bundesasylamt damit, dass aufgrund der allgemein schlechten Lage in Afghanistan und aufgrund der Minderjährigkeit sowie der Erkrankung seiner Tante davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten würde.
Mit Verfahrensanordnung vom 29.3.2013 gab das Bundesasylamt dem Beschwerdeführer einen Rechtsberater bei.
4. Gegen Spruchpunkt I. richtete sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde, in der er unter Verweis auf höchstgerichtliche Judikatur und Berichte des UNHCR Verfahrensfehler aufgrund unzureichender Sachverhaltsermittlung und die inhaltliche Unrichtigkeit des Bescheides behauptete.
5. Am 14.5.2014 führte das Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Dari eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer, seine Tante und seine gesetzliche Vertreterin teilnahmen. Das Bundesasylamt hatte auf die Teilnahme an der Verhandlung verzichtet. In der Verhandlung wurden die Fluchtgründe des Beschwerdeführers eingehend erörtert:
Der Beschwerdeführer wiederholte im Wesentlichen sein vor dem Bundesasylamt gemachtes Vorbringen und erklärte, er habe zwar keinen persönlich Kontakt zu den Taliban gehabt, er wisse jedoch, dass diese in seiner Umgebung Jugendliche zwangsrekrutieren würden. Es sei vorgekommen, dass Mitschüler plötzlich nicht mehr in der Schule erschienen seien.
Mit Schriftsatz vom 22.5.2014 übermittelte der Beschwerdeführer durch seine Vertreterin eine Stellungnahme, in der er unter Verweis auf (höchst)gerichtliche Judikatur und auf die ihm vom Bundesverwaltungsgericht übermittelte Länderberichtszusammenfassung u. a. die Ansicht vertrat, dass gemäß den Richtlinien des UNHCR vom August 2013 Männer und Burschen im wehrfähigen Alter per se bereits eine Risikogruppe hinsichtlich Zwangsrekrutierungen darstelle. Ferner wurde auf die Sicherheitslage in XXXX hingewiesen.
6. Beweis wurde erhoben, indem der Beschwerdeführer einvernommen, der Akteninhalt und die von ihm vorgelegten Beweismittel sowie folgende, auch in der Verhandlung erörterte und ihm zur Stellungnahme übermittelte Unterlagen eingesehen wurden:
Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes vom 04.06.2013;
INSO-Report vom Jänner 2014;
Länderberichtszusammenfassung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Folgender Sachverhalt wird festgestellt:
1.1 Zur Situation in Afghanistan:
1.1.1 Allgemeines:
Am Nato-Gipfeltreffen im Mai 2012 in Chicago wurden der schrittweise Abzug der internationalen Truppen bis 2014 sowie die Grundzüge des Nachfolgeeinsatzes diskutiert (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 3.9.2012). Nach einer Strategie der Übergabe der Sicherheitsverantwortung ("Transition") haben die afghanischen Sicherheitskräfte schrittweise die Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan von den internationalen Streitkräften übernommen. Ein Abzug aller ausländischen Streitkräfte aus dem Land ist bis Ende 2014 geplant. Es wird eine Intensivierung des Konflikts zwischen regierungstreuen und -feindlichen Kräften infolge des Abzugs der internationalen Truppen erwartet, sofern nicht vorher eine Friedensvereinbarung geschlossen wird (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).
Die afghanische Regierung ist weiterhin weit davon entfernt, ihren Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit, effiziente Regierungsinstitutionen, Rechtsstaatlichkeit, soziale Basisdienstleistungen und Schutz vor Menschenrechtsverletzungen bieten zu können (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). Mittlerweile reklamieren die Taliban mit der systematischen Einrichtung parallelstaatlicher Strukturen in immer weiter nördlich gelegenen Gebieten den Anspruch für sich, als legitime Regierung Afghanistans betrachtet zu werden. Die regierungsähnlichen Strukturen in den von den Taliban kontrollierten Gebieten (mit Schattengouverneuren und in wichtigeren Gebieten mit verschiedenen Kommissionen z.B. für Justiz, Besteuerung, Gesundheit oder Bildung) sind relativ gut etabliert (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 3.9.2012).
1.1.2 Sicherheitslage:
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt unvorhersehbar, die Zivilbevölkerung trägt weiterhin die Hauptlast des Konflikts (UNAMA-Midyear Report von Juli 2013). Im Jahr 2013 stieg die Zahl der Verluste unter den Zivilisten um 14% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die steigende Zahl der Toten und Verletzten revidiert den Rückgang im Jahr 2012 und steht im Einklang mit den hohen Rekordzahlen von Zivilopfern im Jahr 2011 (UNAMA-Annual Report vom Februar 2014). Der Rückgang der Zahl der Anschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen im Jahr 2012 war als taktische Reaktion der Aufständischen auf den Rückzug der internationalen Truppen und keineswegs als Verlust an operationeller Fähigkeit interpretiert worden (ANSO Quarterly Report vom Juni 2012). Schon im Frühjahr 2013 waren die Anschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen im Vergleich zum Vorjahr um 47% angestiegen. Zudem nahmen militärische Konfrontationen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und afghanischen Sicherheitskräften, in denen vermehrt Zivilisten ums Leben kamen, in den ersten sechs Monaten 2013 zu (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). Konstant bleibt jedenfalls eine bewusste Verlagerung der Angriffsziele von internationalen Truppen zu afghanischen Zielen (ANSO Quarterly Report vom April 2013).
Mittlerweile betrifft der Konflikt, der sich zuvor auf den Süden und Osten des Landes konzentrierte, die meisten Landesteile, insbesondere den Norden, aber auch Provinzen, die zuvor als die stabilsten im Land gegolten hatten. Die zwölf Provinzen mit den insgesamt meisten Sicherheitsvorfällen im Jahr 2012 waren Helmand, Kandahar und Urusgan (südliche Region), Ghazni, Paktika und Khost (südöstliche Region), Nangarhar und Kunar (östliche Region), Herat und Farah (westliche Region) und Kabul und Wardak (Zentralregion). Die südliche, die südöstliche und die östliche Region entwickelten sich zu einem zunehmend zusammenhängenden Kampfgebiet. In den Provinzen Kandahar, Kunar, Nangarhar, Logar und Wardak kam es im Jahr 2012 zu einem deutlich höheren Grad an Sicherheitsvorfällen als 2011 (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).
1.1.2.1 Sicherheitslage im Raum Kabul:
Der Fokus des Terrors liegt nicht auf Kabul oder allgemein auf städtischen Zentren, sondern der Großteil der Gewalt passiert in ländlichen Gegenden. Dennoch verüben die Taliban (einschließlich das Haqqani-Netzwerk) in Kabul weiterhin öffentlichkeitswirksame Angriffe und demonstrieren, dass die Aufständischen überall im Land zuschlagen und selbst den "Stahlring" der afghanischen Sicherheitskräfte um die Zentren großer Städte überwinden können, was anscheinend darauf abzielt, die Aufmerksamkeit internationaler Medien und möglicher "Geldgeber" zu erregen und Unsicherheit in der afghanischen Bevölkerung, der afghanischen Regierung und den afghanischen Streitkräften zu verbreiten (Ruttig, After the "operational pause", vom 2.6.2013).
1.1.2.2 Sicherheitslage im Norden des Landes:
Im Norden sind enge Verstrickungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen, lokalen Machthabern und Kräften der organisierten Kriminalität bedeutsam. Während die Aktivitäten regierungsfeindlicher Gruppierungen 2012 mit Ausnahme der Provinzen Baghlan und Faryab abnahmen, wurde im ersten Quartal 2013 in den meisten Provinzen des Nordens eine Verschlechterung der Sicherheitslage verzeichnet. Grund dafür sind zahlreiche militärische Operationen der internationalen Truppen, zunehmende Anschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen sowie die Aktivitäten lokaler Milizen. Die regierungsfeindlichen Gruppierungen sind im Begriff, neben dem Süden und Osten des Landes eine dritte Front vom Norden Richtung Süden zu schaffen (Faryab-Badhis-Ghor-Farah-Helmand). In der bisher als ruhig geltenden Provinz Badakhshan gewannen die regierungsfeindlichen Gruppierungen nach dem Abzug der internationalen Streitkräfte ebenfalls an Einfluss. Ende September 2013 brachten die Taliban den Distrikt Keran-wa-Monjan der Provinz Badakhshan unter ihre Kontrolle (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). Auch die Zahl der Vorfälle in Ghor und Herat erhöhten sich vergleichsweise (Länderinformation der Staatendokumentation vom 28.1.2014). Die Sicherheitslage in Kunduz ist angespannt und hat sich in den vergangenen Monaten verschlechtert (Abzug aus Afghanistan, Der Spiegel vom 6.10.2013).
1.1.3 Menschenrechte:
Zivilisten, die der Unterstützung regierungsfeindlicher Kräfte verdächtigt werden, können willkürlichen Festnahmen (inklusive Inhaftierung ohne Anklage) sowie Misshandlungen durch internationale Truppen oder durch afghanische Behörden ausgesetzt sein (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).
Was Repressionen Dritter anbelangt, geht die größte Bedrohung der Menschenrechte von lokalen Machthabern und Kommandeuren aus. Es handelt sich hierbei meist um Anführer von Milizen, die nicht mit staatlichen Befugnissen, aber mit faktischer Macht ausgestattet sind. Die Zentralregierung hat auf viele dieser Urheber von Menschenrechtsverletzungen praktisch keinen Einfluss und kann sie weder kontrollieren noch ihre Taten untersuchen oder verurteilen. Wegen des desolaten Zustands des Verwaltungs- und Rechtswesens bleiben Menschenrechtsverletzungen daher häufig ohne Sanktionen. Immer wieder kommt es zu Entführungen, die entweder politisch oder finanziell motiviert sind (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013).
Regierungsfeindliche Kräfte greifen systematisch und gezielt Zivilisten an, die tatsächlich oder vermeintlich die afghanische Regierung und die internationale Gemeinschaft in Afghanistan, einschließlich der internationalen Streitkräfte und internationalen humanitären Hilfs- und Entwicklungsakteure unterstützen bzw. mit diesen verbunden sind. Zu den primären Zielen solcher Anschläge zählen u.a. politische Führungskräfte, Lehrer und andere Staatsbedienstete, ehemalige Polizisten und Zivilisten, die der Spionage für regierungstreue Kräfte bezichtigt werden. Auch afghanische Zivilisten, die für die internationalen Streitkräfte als Fahrer, Dolmetscher oder in anderen zivilen Funktionen arbeiten, werden von Taliban bedroht und angegriffen. In Gebieten, die ihrer tatsächlichen Kontrolle unterliegen, nutzen regierungsfeindliche Kräfte Berichten zufolge verschiedene Methoden zur Rekrutierung von Kämpfern, einschließlich Rekrutierungsmaßnahmen auf der Grundlage von Zwang. Personen, die sich einer Rekrutierung widersetzen, sind gefährdet, der Spionage für die Regierung angeklagt und getötet oder bestraft zu werden (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).
Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013). UNHCR geht davon aus, dass eine interne Schutzalternative in den vom aktiven Konflikt betroffenen Gebieten unabhängig davon, von wem die Verfolgung ausgeht, nicht gegeben ist. Wenn die Verfolgung von regierungsfeindlichen Akteuren ausgeht, muss berücksichtigt werden, ob die Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese Akteure den Antragsteller im vorgeschlagenen Neuansiedlungsgebiet verfolgen. Angesichts des geografisch großen Wirkungsradius der regierungsfeindlichen Kräfte existiert für Personen, die durch solche Gruppen verfolgt werden, keine sinnvolle interne Schutzalternative. Es sei insbesondere darauf hingewiesen, dass die Taliban, das Haqqani-Netzwerk und die Hezb-e-Islami Hekmatyar sowie andere bewaffnete Gruppierungen die operativen Kapazitäten haben, Angriffe in allen Teilen des Landes auszuführen, darunter auch in solchen Gebieten, die nicht von den regierungsfeindlichen Kräften kontrolliert werden, wie anhand des Beispiels von öffentlichkeitswirksamen Anschlägen in urbanen Gebieten, die sich unter der Kontrolle regierungsfreundlicher Kräfte befinden, ersichtlich wird (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).
Exkurs: Zwangsrekrutierungen
Zwangsrekrutierungen durch Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen, konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihre Familien kaum an die Öffentlichkeit (Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013).
Grundsätzlich scheint die Zwangsrekrutierung im Sinn einer Rekrutierung durch Waffengewalt eher ein Randphänomen zu sein. Es muss jedoch festgehalten werden, dass die allgemeine Quellenlage bezüglich Erlebnisberichte über Rekrutierungen durch die Taliban rar sind (Analyse der Staatendokumentation vom 2.4.2012). Folglich werden derartige Fälle u.a. auch als "Ausnahmefälle", die in Helmand, Kunduz, Kunar, Uruzgan und in bestimmten Gebieten Pakistans stattgefunden haben sollen, bewertet (EASO Report über Taliban Strategies - Recruitment vom Juli 2012), wogegen von anderer Stelle auf den eingeschränkten Zugang von Journalisten und NGO-Vertretern in Teilen Afghanistans und die damit verbundene Limitierung vorhandener Informationen sowie darauf hingewiesen wird, dass ein Fehlen glaubwürdiger Informationen über Zwangsrekrutierungen nicht das Fehlen solcher Praktiken überhaupt bedeutet (Stellungnahme von UNHCR vom Juli 2012).
Auffällig ist, dass sich die Fälle von Zwangsrekrutierungen mit Waffengewalt fast ausschließlich in Pakistan zutragen. Es gibt keine Berichte von konkreten Fällen aus jüngerer Zeit. Die vorliegenden Belege über Zwangsrekrutierungen durch die Taliban sind meist älteren Datums. Die Mehrheit der Kämpfer scheint sich freiwillig den aufständischen Gruppen anzuschließen. Geht man davon aus, dass die Taliban in einem nicht geringen Ausmaß auf die Unterstützung der lokalen Bevölkerung beim Kampf gegen die Regierung und die internationalen Truppen angewiesen sind und die Zuverlässigkeit von zwangsrekrutierten Kämpfern sehr zweifelhaft ist, wäre eine Politik der Zwangsrekrutierung kontraproduktiv. Dies würde die eigene Schlagkraft schwächen und den Widerstand der Bevölkerung provozieren. Dieser Befund deckt sich auch mit der Feststellung, dass die Taliban bemüht sind, Konflikte mit der lokalen Bevölkerung weitestgehend zu vermeiden, indem sie die lokalen Würdenträger vor dem Beginn ihrer Aktivitäten in einem bestimmten Gebiet davon in Kenntnis setzen und ihre Zustimmung für ihre Aktivitäten einholen bzw. indem sie gezielt lokale Kommandanten einsetzen, um sich so der Unterstützung der lokalen Gemeinschaften zu versichern.
Erst nachdem sich die Taliban in einem Gebiet etabliert haben, wird verstärkt Druck auf Andersdenkende ausgeübt. So kam es in Kandahar relativ früh zu gezielten Tötungen von Mullahs und Stammesführer, die sich gegen die Taliban aussprachen. Es wird deshalb auch davon ausgegangen, dass es nur in Gemeinschaften, die von den Taliban kontrolliert wurden, zu Zwangsrekrutierungen gekommen sein kann. Falls sich dort Familien gegen die Taliban stellen, könnten die Taliban zu Zwangsmaßnahmen greifen, um diese Familien zu zwingen, ihre Söhne dem Kampf zur Verfügung zu stellen (Analyse der Staatendokumentation vom 2.4.2012).
1.1.4 Versorgungslage:
Die Grundversorgung ist für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Für Rückkehrer gilt dies naturgemäß verstärkt. Eine hohe Arbeitslosigkeit wird verstärkt durch vielfältige Naturkatastrophen. Das World Food Programme reagiert das ganze Jahr hindurch in verschiedenen Landesteilen auf Krisen bzw. Notsituationen wie Dürre, Überschwemmungen oder extremen Kälteeinbruch. Auch der Norden des Landes ist extremen Natureinflüssen wie Trockenheiten, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte fehlt es an vielen Orten an grundlegender Infrastruktur für Transport, Energie und Trinkwasser.
Die medizinische Versorgung ist trotz erkennbarer Verbesserungen landesweit aufgrund ungenügender Verfügbarkeit von Medikamenten, Ausstattung der Kliniken, Ärzten und Ärztinnen sowie mangels gut qualifizierten Assistenzpersonals (v.a. Hebammen) immer noch unzureichend. Dies führt dazu, dass Afghanistan weiterhin zu den Ländern mit der höchsten Mütter- und Kindersterblichkeitsrate der Welt gehört (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013).
1.1.5 Rückkehrfragen:
Die Fähigkeit Afghanistans, Rückkehrer aufzunehmen, bleibt gering (Country Report des U.S. Department of State vom 19.4.2013). Gemäss UNHCR waren rund 40% der Rückkehrenden nicht in der Lage, sich in ihren Heimatgemeinden wieder zu integrieren, was zu einer signifikanten zweiten Vertreibung geführt hat. Bis zu 60% der Rückkehrenden kämpfen mit Schwierigkeiten, sich in Afghanistan wieder einzugliedern. Erschwert wird die Wiedereingliederung durch die anhaltend prekäre Sicherheitslage, den Verlust der Lebensgrundlage, den fehlenden Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen sowie durch die Herausforderungen bei der Einforderung von Land und Besitz (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013).
Bei der Rückkehr von Frauen, Kindern, alten Menschen oder Alleinerziehenden stellt die Reintegration in ein religiöses und sozial traditionelles Umfeld oft eine Herausforderung dar (Bericht von IOM vom Oktober 2012). Rückkehrer können auf Schwierigkeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Art vor allem dann stoßen, wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit aus dem (westlich geprägten) Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013).
UNHCR spricht sich gegen eine Rückkehr von Personen an einen Ort aus, der weder dem Herkunftsort noch früheren Wohnorten entspricht, wo keine tatsächlichen Familien- oder Stammesstrukturen und entsprechende Unterstützung bestehen (Anfragebeantwortung des UNHCR vom 11.11.2011).
1.2 Zur Person des Beschwerdeführers und zu seinen Fluchtgründen:
Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger der paschtunischen Volksgruppe, stammt aus XXXX und trägt den im Spruch genannten Namen. Der Beschwerdeführer ist bei seiner Tante aufgewachsen. Seine Eltern, zu denen er gelegentlichen Kontakt hat, und seine Geschwister leben nach wie vor in XXXX nicht weit vom Wohnort des Beschwerdeführers entfernt.
Es kann nicht festgestellt werden, dass Taliban den Beschwerdeführer vor seiner Ausreise (zwangs-)rekrutieren wollten. Dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan der Gefahr einer Zwangsrekrutierung ausgesetzt wäre, kann ebenfalls nicht festgestellt werden.
2. Diese Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:
2.1 Die Länderfeststellungen gründen auf den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen, denen in einer Stellungnahme nicht entgegengetreten wurde, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten (die Länderberichte können auch im Lichte jüngster Berichte, wie etwa des deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014, als nach wie vor aktuell angesehen werden).
2.2 Die Feststellungen zur Nationalität, Volksgruppenzugehörigkeit und zur Herkunftsregion des Beschwerdeführers stützen sich - soweit sie nicht bereits von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellt wurden - auf die insofern unbedenklichen Angaben des Beschwerdeführers, die in diesen Belangen über das gesamte Verfahren hindurch gleichbleibend und widerspruchsfrei gewesen sind. Auf seine Aussage stützt sich auch die Feststellung über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers (S. 2 der Verhandlungsniederschrift).
2.3 Das Fluchtvorbringen konnte das Bundesverwaltungsgericht aus folgenden Gründen den Feststellungen nicht zu Grunde legen:
2.3.1 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer keine schriftlichen oder sonstigen Beweismittel vorgelegt hat, die das Fluchtvorbringen insgesamt bestätigen hätten können.
2.3.2 Die - mangels weiterer Beweismittel für die Glaubwürdigkeitsbeurteilung besonders entscheidungsrelevanten - Angaben des Beschwerdeführers zu einer allfälligen Verfolgung in seiner Heimat erwiesen sich als äußerst vage und insgesamt als nicht geeignet, die behauptete Verfolgung durch die Taliban als glaubwürdig feststellen zu können:
Bedenkt man die Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen im Laufe seines Verfahrens, fällt eine "Steigerung" seines Vorbringens bzw. der Intensität der letztlich behaupteten persönlichen Verfolgung auf: Im Rahmen seiner Erstbefragung hatte der Beschwerdeführer seinen Asylantrag noch ausschließlich mit dem Umstand begründet, dass er sein Heimatland wegen der Herzprobleme seiner Tante verlassen und in Afghanistan niemanden habe (AS 21). In seinen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt änderte der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbingen dahingehend, dass er auch eine Zwangsrekrutierung durch die Taliban befürchte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erweiterte er sein Vorbringen schließlich insoweit, als er nunmehr angab, dass sogar ein Cousin bereits von den Taliban entführt worden und nur gegen Zahlung eines Lösegelds wieder freigekommen sei. Wenn auch die Angaben in der Erstbefragung, die sich gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen hat, auch angesichts der Minderjährigkeit und möglicher Auswirkungen der Reisestrapazen nicht überbewertet werden sollten (vgl. idS auch VfGH 27.6.2012, U 98/12), so ist dennoch unübersehbar, dass der Beschwerdeführer zwar Gründe anführte, gerade aber jenen, der seine persönliche Verfolgung betraf, nicht einmal ansatzweise ansprach. Es ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, dass der Beschwerdeführer eine allfällige konkrete Verfolgung durch bestimmte Personen in der Erstbefragung gänzlich unerwähnt lässt (und dort stattdessen auf die gesundheitlichen Probleme seiner Tante, die allgemein schlechte Lage in Afghanistan und seine nicht vorhandene familiäre Unterstützung verweist), wenn er tatsächlich aus den von ihm später genannten Gründen in Afghanistan gefährdet wäre. Dagegen kann auch nicht das Alter des Beschwerdeführers eingewendet werden, da seine Tante bei der Erstbefragung anwesend war. Im Übrigen hat auch die Tante des Beschwerdeführers im Rahmen ihrer eigenen Erstbefragung diese Thematik mit keinem Wort auch nur angedeutet; wenn sie schließlich in der Beschwerdeverhandlung sogar so weit geht, die Zwangsrekrutierung als mehr oder weniger einzigen Grund für die Ausreise darzustellen, muss dies noch zusätzlich Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Verfolgungsszenarios in der geschilderten Form wecken (S. 5 der Verhandlungsniederschrift: "ER: War es lediglich dieser Brief, der Sie veranlasst hat, das Land zu verlassen? - BF1:
Wenn man der Aufforderung der Taliban nicht nachkommt, besteht die Möglichkeit, dass sie die Personen entführen oder ihnen etwas anderes antun. Aus Angst um Obaidullahs Leben habe ich mich dazu entschlossen, Afghanistan zu verlassen.").
Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass eine in ihrer Heimat verfolgte Person im Zufluchtsstaat den Asylantrag gleich zu Beginn mit den tatsächlichen Fluchtgründen und nicht etwa mit Hinweisen auf die allgemeine Lage im Heimatland begründet, womit das Ziel, Asyl zu erlangen, lediglich unnötig gefährdet würde. Das erwähnte Aussageverhalten des Beschwerdeführers legt den Schluss nahe, dass - wenn überhaupt eine Gefährdungssituation vor der Ausreise aus Afghanistan jemals bestanden haben sollte - das Bedrohungspotenzial im Ausreisezeitpunkt nicht bzw. nicht mehr jene Intensität gehabt hat, die zur Ausreise tatsächlich motiviert hat. Vielmehr dürften die in der Erstbefragung erwähnten Umstände, die fehlende familiäre Unterstützung sowie die gesundheitlichen Probleme der Tante des Beschwerdeführers, die eigentlichen fluchtauslösenden Aspekte gewesen sein, während die Zwangsrekrutierungsproblematik vom Beschwerdeführer bzw. seiner Tante offenbar als völlig nachrangig eingestuft wurde, was aber letztlich nur darauf zurückzuführen sein kann, dass eine gezielte Verfolgung des Beschwerdeführers jedenfalls nicht unmittelbar drohte. Damit aber ist einer Feststellung der drohenden Zwangsrekrutierung des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund des gegenständlich anzuwendenden Wahrscheinlicheitsmaßstabes der Boden entzogen.
Abgesehen davon erwiesen sich die Angaben des Beschwerdeführers und jene seiner Tante als äußerst vage: Die Frage, um welche Gruppe von Taliban es sich konkret gehandelt haben soll, konnte die Tante des Beschwerdeführers nicht beantworten (S. 6 der Verhandlungsniederschrift). Der genaue Inhalt der Briefe der Taliban musste - da die Beschwerdeführerin Analphabetin ist - zwangsläufig eher im Unklaren bleiben (S. 6 der Verhandlungsniederschrift). Überdies verwickelte sich die Tante des Beschwerdeführers auch insofern in Widersprüche, als sie in der Einvernahme vom 19.3.2012 ein Gespräch mit einem Boten der Taliban geschildert hatte, der mit ihr über die Rekrutierung ihres Neffen gesprochen habe (AS 57), wogegen sie in den übrigen Befragungen stets jeden Kontakt mit den Taliban verneinte und lediglich den Erhalt von Drohbriefen bestätigte. Den Widerspruch mit ihren Angaben über den Boten der Taliban konnte sie weder in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt noch in der Beschwerdeverhandlung überzeugend aufklären (siehe AS 109; S. 7 der Verhandlungsniederschrift).
Das Bedrohungsszenario erschien auch insofern unplausibel, als zu erwarten gewesen wäre, dass der Beschwerdeführer zunächst zu seinen tatsächlichen Eltern übersiedelt, um sich einer allfälligen Bedrohung zu entziehen. Die diesbezügliche Erklärung der Tante des Beschwerdeführers, wonach sie von einer solchen Vorgangsweise Abstand genommen habe, da die Taliban den Beschwerdeführer fälschlicherweise als ihren Sohn betrachtet und ihn auch bei seinen tatsächlichen Eltern entführt hätten (S. 6 der Verhandlungsniederschrift), vermag in dieser Form nicht zu überzeugen. Wenn der Beschwerdeführer überdies erklärte, Verfolgung durch die Taliban auch in Kabul befürchtet zu haben (S. 9 der Verhandlungsniederschrift), erscheint dies ebenfalls unplausibel.
2.3.3 Was die Behauptung des Beschwerdeführers, dass in Afghanistan bzw. in seiner Heimatregion Jugendliche von den Taliban zum Zwecke der Kollaboration entführt würden, anbelangt, übersieht das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass die Länderfeststellungen Hinweise auf (Zwangs‑)Rekrutierungen in Afghanistan bieten. Diese Berichte bilden jedoch keine Grundlage für die Annahme, dass jeder afghanische Bürger im wehrfähigen (oder auch nur jugendlichen) Alter (auch nicht in bestimmten Regionen Afghanistans) mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit gefährdet ist, von den Taliban zwangsweise rekrutiert zu werden. Selbst wenn man das Vorbringen als glaubwürdig ansehen würde, ist zu konstatieren, dass der Beschwerdeführer keine derartigen Kontakte bzw. Vorfälle geschildert hat, die zur Annahme berechtigen würden, dass der Beschwerdeführer im konkreten Einzelfall (insbesondere auch nach einer Heimkehr nach längerer Abwesenheit) einer gezielten Zwangsrekrutierungsmaßnahme ausgesetzt wäre. Dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit derart massiv in den Fokus der Aufmerksamkeit der Taliban geraten wäre, lässt sich auch dem vorgebrachten Sachverhalt - unabhängig von der Frage der Glaubwürdigkeit der Angaben - nicht entnehmen. Dafür spricht auch die Aussage des Beschwerdeführers, dass die Taliban "willkürlich jeden mitgenommen" hätten (vgl. AS 61), womit Vorfälle der Zwangsrekrutierung durch die Taliban eher als Ausfluss des Bürgerkriegs, denn als zielgerichtete Übergriffe auf bestimmte Personen erscheinen müssen.
2.3.3 Somit bildet weder das Vorbringen des Beschwerdeführers (mangels Glaubwürdigkeit) noch die Länderberichtslage zu Zwangsrekrutierungen in Afghanistan eine ausreichende Grundlage, eine gezielte und persönliche Verfolgung des Beschwerdeführers mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können.
3. Rechtlich folgt daraus:
3.1 Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 idF BGBl. I 68/2013 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen.
Nach § 75 Abs. 1 erster Satz AsylG 2005 idF BGBl. I 29/2009 ist das AsylG 2005 auf alle Verfahren anzuwenden, die - wie im vorliegenden Fall - am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren. Die Einzelrichterzuständigkeit ergibt sich aus § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I 10/2013, wonach das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.
Gemäß § 17 VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, sind, soweit nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG insbesondere die Bestimmungen des AVG und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in jenem Verfahren, das dem Verwaltungsgericht vorangegangen ist, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (siehe insbesondere § 1 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 144/2013).
3.2 zu A.)
3.2.1 Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates oder wegen Schutzes in einem EWR-Staat oder in der Schweiz zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Ausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
3.2.2 Im vorliegenden Fall ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, objektiv begründete Furcht vor aktueller und landesweiter Verfolgung in gewisser Intensität glaubhaft zu machen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung von internationalem Schutz, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe, liegen daher nicht vor.
3.2.3 Hinweise, dass eine asylrelevante Verfolgung aufgrund der Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit angenommen werden könnte, sind nicht hervorgekommen.
3.2.4 Auch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan lässt sich für den Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH vom 14.3.1995, 94/20/0798; 17.6.1993, 92/01/1081). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 9.5.1996, 95/20/0161; 30.4.1997, 95/01/0529, 8.9.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen wäre (dies gilt gleicher Maßen für die vom Beschwerdeführer angedeuteten Gefahren, die sich aus der allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan ergeben).
3.2.5 Mangels Glaubhaftmachung einer asylrelevanten Verfolgung war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.3 zu B.)
Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die unter Punkt 3.2 angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich.
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