Umsatzbesteuerung von weiterverrechneten Roaminggebühren ausländischer Telekommunikationsunternehmen an ihre ausländischen Kunden
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100888.2022
Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2025/15/0003.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***1*** als Vorsitzenden, ***2*** als beisitzende Richterin und die fachkundigen Laienrichter ***3*** und ***4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BDO Assurance GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Am Belvedere 4, 1100 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 25. Mai 2018 betreffend
1. Festsetzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 1-12/2010
2. Festsetzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 1-12/2011
3. Festsetzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 1-12/2012
4. Festsetzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 1-12/2013
5. Festsetzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 1-12/2014
6. Festsetzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 1-12/2016
und Verspätungszuschläge für
7. Umsatzsteuer 1-12/2010
8. Umsatzsteuer 1-12/2011
9. Umsatzsteuer 1-12/2013
10. Umsatzsteuer 1-12/2014
11. Umsatzsteuer 1-12/2016
sowie
12. Umsatzsteuer für das Jahr 2016 (Jahresbescheid) vom 11. Oktober 2022
Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10. September 2024 in Anwesenheit der Schriftführerin zu Recht erkannt:
I. Die angefochtenen Bescheide 1.-2. betr. Umsatzsteuervorauszahlungen 1-12/2010 und 1-12/2011 werden ersatzlos aufgehoben.
Die angefochtenen Bescheide 3.-5. sowie 12. werden abgeändert.
3. Die Umsatzsteuervorauszahlungen für 1-12/2012 werden mit € 1.412.337,04 (Zahllast) festgesetzt.
4. Die Umsatzsteuervorauszahlungen für 1-12/2013 werden mit € 1.560.326,35 (Zahllast) festgesetzt.
5. Die Umsatzsteuervorauszahlungen für 1-12/2014 werden mit € 1.180.612,61 (Zahllast) festgesetzt.
12. Die Umsatzsteuer für das Jahr 2016 wird mit € 2.061.557,86 (Zahllast) festgesetzt.
Damit ist gleichzeitig die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung von Vorauszahlungen (6.) an Umsatzsteuer für den Zeitraum 1-12/2016 erledigt.
Im Übrigen werden die Beschwerden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
2. Die angefochtenen Bescheide 7.-11. (Verspätungszuschläge) werden ersatzlos aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
In den genannten Bescheiden wurden Umsatzsteuerbeträge aus Vorsteuerminderungen für gewährte Rabatte für die die folgenden Voranmeldungszeiträume festgesetzt:
Die Vorsteuerbeträge aus Entgeltsminderungen teilten sich auf die einzelnen leistenden Telekommunikationsunternehmen wie folgt auf:
Für das Jahr 2016 wurde ein mit dem oa. Vorauszahlungsbescheid 1-12/2016 gleichlautender Jahresbescheid erlassen und gilt mit der Beschwerde gegen den Vorauszahlungsbescheid als mitangefochten.
In ihrer Begründung verwiesen sie darauf, dass die Festsetzung auf Grund gewährter Rabatte seitens drei inländischer Telekommunikationsgesellschaften erfolgte. Weiters verwiesen sie auf eine Überprüfungsliste 11/2017 durch die Großbetriebsprüfung, wobei die Jahressummen der auf die drei genannten Gesellschaften kumuliert ausgewiesen wurden.
In gesonderten Bescheiden wurden unter Hinweis auf die Bestimmungen der § 135 BAO und § 20 BAO entsprechende Verspätungszuschläge in Höhe von 10% festgesetzt.
In ihrer Beschwerde vom 3. Juli 2018 (OZ. 12) wandte sich die Bf. gegen die oa. Festsetzungen und führte Folgendes aus:
"Die Bf. ist ein im Drittstaat ansässiger Unternehmer, der dort ein Mobilfunknetz betreibt und Telekommunikationsleistungen erbringt. Wenn Kunden von Bf. ihr Mobiltelefon in Österreich nutzen, so stellen die österreichischen Netzbetreiber Bf. dafür Roaminggebühren in Rechnung. Diese Telekommunikationsdienstleistungen gelten aufgrund von § 1 der VO BGBl II 2003/383 idgF als in Österreich ausgeführt und werden von den österreichischen Netzbetreibern daher mit österreichischer USt verrechnet.
Bf. ist aus derartigen Eingangsrechnungen grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Kommt es zur nachträglichen Gewährung von Preisnachlässen oder Rabatten, so ist ein in Anspruch genommener Vorsteuerabzug unstrittigerweise in jenem Zeitraum, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eintritt, zu berichtigen (§ 16 Abs. 1 Z 2 UStG).
1. Vorliegen von Entgeltsminderungen
Unser Klient (Bf.) hat von österreichischen Mobilfunkanbietern im verfahrensgegenständlichen Zeitraum auskunftsgemäß lediglich die folgenden Gutschriften erhalten:
• Diverse am 1.9.2014 ausgestellte Gutschriften des Lieferanten A. AG über einen Nettobetrag iHv insgesamt EUR 129,28. Diese Gutschriften weisen keine USt aus und wurden dem Finanzamt Graz-Stadt bereits mit Schreiben vom 31.1.2017 übermittelt. Sofern sich diese Gutschriften trotz fehlendem USt-Ausweis auf von der A erbrachte, mit USt fakturierte Telekommunikationsdienstleistungen beziehen sollten, hätten diese eine VSt-Berichtigung iHv EUR 21,55 im Jahr 2014 zur Folge (in EUR 129,28 enthaltener USt-Betrag).
• Gutschrift der A. AG vom 11.5.2017 mit einem auf im Jahr 2016 erbrachte österreichische Telekommunikationsdienstleistungen entfallenden USt-Betrag iHv EUR 3.286.675,77 (vgl anbei). Das Erfordernis einer VSt-Berichtung in dieser Höhe im Jahr 2017 ist daher unstrittig. Diese Entgeltsminderung tritt im Jahr 2017 ein (Ausstellungsdatum der Gutschrift) und ist von Bf. daher auch erst im Rahmen des VSt-Erstattungsantrages für 2017 zu melden.
Weitere Gutschriften oder Entgeltsminderungen für österreichische oder Roamingdienstleistungen im Zeitraum 2010 bis 2016 liegen nach Auskunft unseres Mandanten nicht vor, sodass auch die vom Finanzamt unterstellten Entgeltsminderungen von unserem Mandanten nicht nachvollzogen werden können. Mangels Vorliegens derartiger Entgeltsminderungen erweisen sich die angefochtenen Bescheide daher als rechtswidrig.
Selbst wenn es in den Jahren 2010 bis 2016 zu den vom Finanzamt unterstellten Gutschriften gekommen sein sollte, wäre aber gegenständlich keine Entgeltsminderung vorzunehmen. Dies deshalb, weil sich Gutschriften von Telekommunikationsanbietern erfahrungsgemäß stets auf das vorangegangene Kalenderjahr beziehen. Da das Finanzamt die von unserem Klienten (Bf.) beantragte Vorsteuererstattung für die Jahre 2012 bis 2016 abgelehnt hat bzw. ursprünglich erstattete Vorsteuern von unserem Mandanten zurückfordert, würde auch eine allfällige Reduzierung dieser Vorsteuerbeträge aufgrund nachträglicher Rabatte zu keinen umsatzsteuerlichen Konsequenzen in Österreich führen. Dies ergibt sich neben dem Sinn und Zweck des § 16 UStG auch eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut des § 16 Abs 1 Z 2 UStG, wonach der Leistungsempfänger (nur) einen "in Anspruch genommenen" Vorsteuerabzug zu berichtigen hat (ebenso Gaedke/Huber-Wurzinger in Melhard/Tumpel, UStG2, § 16 Tz 100). Für die Jahre 2010 bis 2012 kann zudem bereits deshalb keine Entgeltsminderung eintreten, da unser Klient für den Zeitraum bis Ende 2011 - auf den sich derartige Gutschriften beziehen würden - keine VSt-Erstattungsanträge gestellt hat, sodass auch eine allfällige Reduzierung dieser Vorsteuerbeträge aufgrund nachträglicher Rabatte zu keinen umsatzsteuerlichen Konsequenzen in Österreich führt.
Wir beantragen daher die ersatzlose Aufhebung der Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer für die Veranlagungszeiträume 01-12/2010, 01-12/2011, 01-12/2012, 01-12/2013, 01-12/2014 und 1-12/2016.
2. Verfahrensrechtliche Aspekte
Die gegenständlichen Entgeltsminderungen aufgrund von Rabatten wurden vom Finanzamt Graz-Stadt mit gesonderten Bescheiden über die Festsetzung von Umsatzsteuer für die Zeiträume 01-12/2010, 01-12/2011, 01-12/2012, 01-12/2013, 01-12/2014 und 1-12/2016 - d.h. im Veranlagungsverfahren - festgesetzt. Daneben existieren für unseren Klienten auch Bescheide über die Verweigerung der Erstattung von Vorsteuern für die Zeiträume 2012 bis 2016. Es wird daher über den gleichen Veranlagungszeitraum sowohl im Veranlagungs- als auch im Erstattungsverfahren abgesprochen. Diese Vorgehensweise ist u.E. verfahrensrechtlich unzulässig, da es für jeden Veranlagungszeitraum nur einen Bescheid - entweder im Veranlagungs- oder im Erstattungsverfahren - geben darf.
Im Fall von Bf. ist richtigerweise ausschließlich das Vorsteuererstattungsverfahren anwendbar, da Bf. ein ausländischer Unternehmer ist, der keine umsatzsteuerbaren Ausgangsumsätze in Österreich ausführt und somit die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 der VO BGBl 1995/279 idgF erfüllt. Auch das allfällige Vorliegen von Entgeltsminderungen für mit österreichischer USt bezogene Eingangsleistungen führt nicht dazu, dass Bf. in Österreich steuerbare Umsätze iSd § 1 Abs. 1 Z 1 VO BGBl 1995/279 idgF ausführt, da es sich bei der Entgeltsminderung nur um eine Korrektur (Reduktion) des ursprünglichen Vorsteuerabzugs handeln würde (vgl. auch § 16 Abs. 1 Z 2 UStG). Bf. bleibt daher ein ausländischer Unternehmer, der die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 VO BGBl 1995/279 idgF erfüllt und über dessen Vorsteuerbeträge ausschließlich im Erstattungsverfahren auszusprechen ist, wobei die in dem jeweiligen Erstattungszeitraum erhaltenen Eingangsrechnungen zu einer Erhöhung des Vorsteuerabzugs führen und in diesem Zeitraum erhaltene allfällige Entgeltsminderungen zu einer entsprechenden Verminderung des Vorsteuerabzugs. Dieses Verständnis entspricht auch der Rechtsauffassung des BMF (vgl. die Ausführungen auf Seite 2 des amtlichen Vordrucks U5), welches davon ausgeht, dass Entgeltsminderungen für Eingangsrechnungen aus früheren Erstattungszeiträumen von drittländischen Unternehmern im Rahmen des Vorsteuererstattungsantrages für den Zeitraum, in dem die Entgeltsminderung eintritt, zu melden sind und die für diesen Zeitraum zu erstattenden Vorsteuern kürzen.
3. Festsetzung von Verspätungszuschlägen
Durch Verspätungszuschläge gem. § 135 BAO wird die nicht fristgerechte Abgabe von Abgabenerklärungen durch einen Steuerpflichtigen sanktioniert. Im gegenständlichen Fall liegen die Voraussetzungen für die Verhängung von Verspätungszuschlägen bereits deshalb nicht vor, weil mangels Vergütung (bzw. Rückforderung) der ursprünglichen Vorsteuern an unseren Mandanten von diesem auch keine Entgeltsminderung iSd § 16 UStG zu erklären war. Selbst im Fall des Vorliegens von Entgeltsminderungen bestünde jedoch keine Verpflichtung von Bf. zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen oder -Jahreserklärungen, da die gegenständlichen Entgeltsminderungen ausschließlich im Rahmen der Vorsteuererstattungsanträge zu melden gewesen wären (vgl. dazu Punkt 2).
Wir beantragen daher die ersatzlose Aufhebung der Bescheide über die Festsetzung von Verspätungszuschlägen für 01-12/2010, 01-12/2011, 01-12/2013, 01-12/2014 und 1-12/2016.
4. Antrag auf Aussetzung der Einhebung
…"
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 6. Oktober 2022 (OZ. 13) wurden sämtliche Beschwerden vollinhaltlich abgewiesen und Folgendes ausgeführt:
"Bei der Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf.) handelt es sich um ein im Drittland (UAE) ansässiges Telekommunikationsunternehmen, welches an Kunden Telekommunikationsdienstleistungen erbringt. Soweit die Kunden der Bf. in Österreich mit einem Mobiltelefon telefonieren, müssen sie die Netze österreichischer Provider benützen. Zu diesem Zweck schließt die Bf. mit den österreichischen Providern Roaming-Verträge ab, für deren Nutzung Entgelte (samt 20%iger österr. Umsatzsteuer), sogenannte Roaminggebühren, in Rechnung gestellt werden, welche die Bf. mit entsprechenden Aufschlägen an ihre Kunden weiterverrechnet.
Auf die Umsatzsteuerveranlagungspflicht, d.h. die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen unter Berücksichtigung des Gewinnzuschlages sowie gewährter Rabatte (§ 16 UStG 1994 zu TADIG-Code: ARETC) wurde wiederholt verwiesen. Eine Abgabe von U-Erklärungen oder eine ho. Umsatzschätzung 2010ff ist bis dato nicht erfolgt (vgl. EuGH Urteil vom 15.4.2021, Rs. C-593/19).
Mit oa. Beschwerde wurde nunmehr vorgebracht, dass ggfs., im Jahr 2014 EUR 21,55 bzw. im Jahr 2017 EUR 3.286.675,77 It. Big Credit Note Nr. 2516599572 v 11.5.2017 zu berichtigen wären (§ 16 UStG 1994), im ggstl. Fall jedoch die Aufhebung aller Bescheide beantragt werde.
Ergänzend zu den Ausführungen in den Erstbescheiden wird unter Hinweis auf das nunmehrige EuGH-Urteil C-593/19 v 15.4.2021 sowie VwGH v 10.6.2021, Ra 2019/15/0009 und 2019/15/0010, v 1.6.2021, Ro 2019/15/0011-7 (vgl. auch BFG v 6.5.2021, RV/2101058/2018, BFG v 7.5.2021, RV/2100357/2019, BFG v 12.7.2021, RV/2100114/2020) bemerkt:
Die (vormals noch) strittigen Roamingleistungen stellen Umsätze iSd § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 im Inland dar, die die Anwendung der Verordnung BGBl. Nr. 279/1995 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. II Nr. 222/2009, "mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmen geschaffen wird", ausschließen; die beantragte Erstattung der von der Bf. in den Streitzeiträumen entrichteten Vorsteuern für die Nutzung des inländischen Netzes ist danach nicht zulässig. Die beantragten
Vorsteuern sind in der jeweiligen U-Veranlagung zu gewähren.
Gewährte Rabatte führen zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 16 Abs. 1 UStG 1994 und lösen eine Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Vorsteuerkorrektur aus (vgl. VwGH 26.2.2014, 2009/13/0254). Grundlage für die Berichtigung des Entgelts ist jeweils der Minderungs-(Erhöhungs-)Betrag und der Steuersatz, dem der betreffende Umsatz unterzogen wurde. Die Berichtigung hat jeweils für den Veranlagungszeitraum (Voranmeldungszeitraum) zu erfolgen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist; d.h. nachträgliche Rabattierungen/ "rückwirkende Mengenrabatte"/,,Discounts" stellen eine Änderung der Bemessungsgrundlage iSd § 16 UStG 1994 dar und sind (immer) in UVAs ex nunc (Kz 067) zu erfassen/ entrichten (Fälligkeit). § 11 UStG 1994 findet hier keine Anwendung - d.h. eine ordnungsgemäße Rechnung ist hier nicht erforderlich.
Die IT-Systemprüfung mit Standort Wien konnte letztlich erst nach aufwändigen/ mehrmonatig dauernden und mehrmaligen Abgleichungen der letztendlich im Jahr 2017 übermittelten Daten [...eine Liste sämtlicher Kunden, die in einem Drittland ein Telekommunikations-Unternehmen, soweit es mit diesen Unternehmen Abrechnungen und Gutschriften gab, bzw. deren Debitorenkonten mit sämtlichen Gutschriften pro Jahr (mit und ohne Umsatzsteuer und inklusive dem Leistungszeitraum), Drittstaaten) bzw. die von ausländischen Telekommunikationsunternehmen an ihre Unternehmen ausgestellt wurden] der drei betroffenen inländischen Telekommunikationsunternehmen: A., T. GmbH und H. GmbH (vormals: O. GmbH) für den Prüfungszeitraum 2010 ff in die Prüfsoftware ACL einlesen und im November 2017 auswerten.
Die Festsetzung an Umsatzsteuer erfolgte sodann an Hand der übermittelten GBP-IT-Liste vom November 2017 betreffend nachträglich ausbezahlter Rabatte (Credit Notes).
Bezugnehmend auf die gewährte Rabatthöhe wird mitgeteilt, dass die seitens der GBP-IT 11/2017 übermittelten Beträge zu den gewährten Rabatten 2011ff Ergebnisse aus den originalen Rohdaten (USt-Berichtigungen) darstellen, mittlerweile in einer Anzahl von Fällen überprüft, verglichen und für richtig befunden wurden.
Weiters wird auf das BFG-Erkenntnis vom 23.3.2022, RV/2100108/2020, verwiesen, wonach die Pflicht zur Berichtigung von Vorsteuern infolge Minderung des Entgelts in- und ausländische Unternehmer trifft und die Tatsache, dass für Zeiträume, in denen Vorsteuern in Rechnung gestellt wurden, keine Erstattungsanträge eingereicht (Vorsteuererstattungen gewährt) wurden, unbeachtlich sei. Durch die Inanspruchnahme inländischer Roamingleistungen (Vorsteuerabzug) sei davon auszugehen, dass Inlandsumsätze aus der Zurverfügungstellung des inländischen Mobiltelefonnetzes an ausländische Kunden erzielt wurden.
Es ist auch im ggstl. Fall davon auszugehen, dass die Bf. grundsätzlich auch für die bezugnehmenden Zeiträume der Rabattgutschriften steuerbare und steuerpflichtige Umsätze ausgeführt hat.
Der in diesem Zusammenhang von der Bf. erhobene Einwand "kein Vorliegen von umsatzsteuerlich relevanten Entgeltsminderungen", d.h. die Bf. sei zur Berichtigung der Vorsteuern nicht weiter verpflichtet, weil § 16 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 zu entnehmen sei, der Leistungsempfänger habe nur "einen in Anspruch genommenen" Vorsteuerabzug zu berichtigen und dies sei im ggstl. Fall nicht gegeben, erscheint auf erstem Blick verständlich, hält aber einer genaueren Betrachtung nicht Stand.
Auch wenn die Bf. für die Jahre 2010, 2011, 2014ff keine Vorsteuer/Vergütungen ausbezahlt erhalten hat, ist dennoch von einer Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges für die bezogenen Leistungen auszugehen. Wie bereits oben erwähnt - erzielt die Bf. nach rechtsrichtiger steuerlicher Beurteilung steuerbare und steuerpflichtige Umsätze - auch wenn dies in der Vergangenheit mangels Einreichung von Umsatzsteuererklärungen oder Erstattungsanträgen bzw. Vorsteuererstattungen nicht zur Versteuerung gelangt ist. Gedanklich ändert dies an der Nichteinreichung von Erstattungsanträgen oder Umsatzsteuererklärungen nichts, da entsprechende Steuertatbestände verwirklicht wurden. Aus dieser Vorgangsweise ist daher zumindest anzunehmen, dass den Vorsteuern von inländischen Leistungsbezügen (Roaminggebühren inländischer Telekommunikationsbetreiber) eine gedanklich anzusetzende Leistungsumsatzsteuer zumindest in gleicher Höhe gegenüberstand und somit eine Steuerschuld von Null ergibt.
Ob eine entsprechende Gewinnmarge aus den weiterverrechneten Roaminggebühren erzielt wurde, konnte mangels entsprechender Offenlegung nicht festgestellt werden - die Erzielung eines Rohverlustes aus der Verrechnung von Roaminggebühren ist nach allgemeiner Lebenserfahrung jedoch nicht anzunehmen und von einem dem Vorsteuerabzug gegenüber zu stellenden Ausgangsumsatz auszugehen; vgl. § 22 Abs. 1 UStG 1994 (Besteuerung von Umsätzen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe - Annahme: Umsätze und Vorsteuern in gleicher Höhe; die mit diesen Umsätzen zusammenhängenden Vorsteuern werden nicht exakt erfasst, sondern stets in gleicher Höhe festgesetzt und da durch die automatische Äquivalenz von eigener Steuerschuld und Vorsteuern weder eine Zahllast noch ein Überschuss entstehen kann, entfällt die Notwendigkeit der Ermittlung der Steuer und ihrer Berechnungsgrundlagen).
Auch Unternehmer, deren Umsatzsteuer im Wege der Pauschalbesteuerung erhoben wird, sind grundsätzlich als vorsteuerabzugsberechtigt anzusehen. Die Vorsteuerabzugsberechtigung ist (bei oa. Land- und Forstwirten ebenso wie) bei der Bf. gegeben, weshalb davon auszugehen ist, dass die Bf. de facto den Vorsteuerabzug in der Weise in Anspruch genommen hat, als sie die Vorsteuern von der angefallenen Leistungsumsatzsteuer in Abzug brachte, deren Ergebnis einen Saldo von Null ergibt. Sohin treffen die Bf. auch die entsprechenden Pflichten zur Berichtigung des Vorsteuerabzuges aus der nachträglichen Minderung des Entgelts (§§ 4, 16 UStG 1994).
Betreffend die Festsetzung von Verspätungszuschlägen wird ergänzend ausgeführt:
Gemäß § 135 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Verspätungszuschlag bis zu 10% der festgesetzten bzw. selbstberechneten Abgabe auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar war.
Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages sind:
•Ein Abgabepflichtiger (§ 77 BAO) hält die Frist oder die Nachfrist (§ 134 Abs. 2 BAO) zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht ein.
•Diese Verspätung ist nicht entschuldbar.
•Eine Abgabe wurde festgesetzt bzw. selbstberechnet.
Als Verspätung gilt auch die Nichtabgabe der Abgabenerklärung. Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn der Abgabepflichtige oder sein Vertreter die nach seinen persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt - seit mehreren Jahren - außer Acht gelassen hat.
Das durch § 135 BAO eingeräumte Ermessen war gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände auszuüben, u.a. folgende Umstände:
a) Der Grad des Verschuldens des Abgabepflichtigen (VwGH 24.2.1972, 1157/70, 1179/70),
wobei ein Verschulden des Vertreters den Vertretenen trifft (zB VwGH 12.8.2002, 98/17/0292),
b) das Ausmaß der Fristüberschreitung (zB VwGH 9.11.2004, 99/15/0008), wobei im Fall einer Fristüberschreitung nicht zuletzt auch der zeitliche Abstand zum jeweiligen gesetzlichen Termin für die Einreichung der Abgabenerklärung berücksichtigt werden könnte,
c) die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Erklärung erreichten finanziellen Vorteiles (zB VwGH 9.11.2004, 99/15/0008),
d) der Umstand, ob der Abgabepflichtige nur ausnahmsweise oder bereits wiederholt säumig war (zB VwGH 17.5.1999, 98/17/0265),
e) die Neigung des Abgabepflichtigen zur Missachtung abgabenrechtlicher Pflichten (VwGH 21.1.1998, 96/16/0126),
f) die persönlichen, insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen.
Wiederholt wurde in den letzten Jahren darauf hingewiesen, dass sich mangels Nachweis einer vergleichbaren Umsatzbesteuerung im Ansässigkeitsstaat die Umsatzsteuerpflicht nach Österreich verlagere und daher das Umsatzsteuerveranlagungsverfahren und nicht das Vorsteuererstattungsverfahren anzuwenden (vgl. VO BGBl II 383/2003 - keine EU-Widrigkeit/keine Berechtigung, sich unmittelbar auf Unionsrecht zu berufen), dh die Bf. zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen unter Berücksichtigung eines Gewinnzuschlages sowie gewährter Rabatte verpflichtet sei.
Bei Auslandssachverhalten trifft den Abgabepflichtigen eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Diese erhöhte Mitwirkungspflicht umfasst insbesondere die Beweisvorsorgepflicht und Beweismittelbeschaffungspflicht. Eine Abgabe von U-Erklärungen (...eine ho. Umsatzschätzung 2010ff) ist bis dato nicht erfolgt (vgl. EuGH Urteil vom 15.4.2021, Rs C-593/19).
Das Nichtmitwirken am Verfahren, das Nichtbeantworten von Vorhalten und das sich darinzeigende Verhalten der Beteiligten (fehlende Offenlegung, fehlende Mitwirkung, Nichtbekanntgabe der TADIG-Codes ARETC) wirken sich auf die Beweiswürdigung der Behörde aus. Die oa. Voraussetzungen liegen vor - das Maximum von 10% erscheint als gerechtfertigt.
…"
Gegen diese Beschwerdevorentscheidung brachte die Bf. den Vorlageantrag vom 15. November 2022 (OZ. 14) ein und führte Folgendes aus:
Zur Begründung des Vorlageantrages verweisen wir auf die Ausführungen in unserer Beschwerde. Ergänzend dazu nehmen wir wie folgt Stellung:
1. Vorliegen von Entgeltsminderungen
Entsprechend den Ausführungen unseres Klienten liegen im verfahrensgegenständlichen Zeitraum folgende Rabatte vor (nachstehend ist jeweils der USt-Betrag angeführt):
Die entsprechenden Gutschriften für 2014 und 2016 übermitteln wir Ihnen anbei. Da in den Gutschriften der A aus 2014 keine Umsatzsteuer ausgewiesen wird, war der USt-Betrag aus den Gutschriften (EUR 390,49) herauszurechnen.
Soweit das Vorliegen weiterer Rabatte für die gegenständlichen Zeiträume vom Finanzamt unterstellt wird, fordern wir das Finanzamt zur Vorlage der entsprechenden Gutschriften, Zahlungsbelege oder vergleichbarer Beweismittel auf, aus denen sich nach Ansicht des Finanzamtes die Gewährung derartiger Rabatte ergibt. Entsprechende Beweismittel ist das Finanzamt bisher schuldig geblieben.
Ungeachtet dessen haben die gewährten Rabatte u.E. ohnedies keinen Einfluss auf die Besteuerung (vgl. Punkt 2.)
2. Keine abgabenrechtliche Relevanz von Entgeltsminderungen
Entsprechend den Ausführungen in der Beschwerde hat unser Klient für die Jahre 2010 bis 2016, auf welche sich etwaige Rabatte beziehen könnten, keine Vorsteuererstattung erhalten. Die gestellten Vorsteuererstattungsanträge wurden entweder von vornherein abgewiesen oder die Vorsteuererstattung wurde zu Beginn gewährt aber anschließend durch amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens wieder zurückgefordert. Mangels gewährten Vorsteuerabzug kann auch keine Vorsteuerberichtigung erforderlich sein, selbst wenn sich die Höhe der Vorsteuern aufgrund von Entgeltsminderungen verringert hätte.
Da nur ein "In Anspruch genommener" Vorsteuerabzug gemäß § 16 Abs1 Z 2 UStG zu korrigieren ist, hat unser Klient in allen verfahrensgegenständlichen Zeiträumen keine Vorsteuern zu berichtigen. Der gegenteiligen Ansicht des BFG in zwei zuletzt ergangenen Erkenntnissen (BFG 23. 3. 2022, RV/2100108/2020; BFG 13.4.2022, RV/2100410/2019) treten wir aus nachstehenden Gründen ausdrücklich entgegen:
Die vom BFG in den angeführten Verfahren vertretene Ansicht, wonach die theoretische Möglichkeit zur Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs für das nachgelagerte Erfordernis einer Vorsteuerberichtigung bereits ausreichend und Letztere somit auch bei fehlendem ursprünglichen Vorsteuerabzug vorzunehmen sei, steht im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut. Hätte der österreichische Gesetzgeber ein derart weitreichendes Berichtigungserfordernis normieren wollen, so hätte es der Wortfolge "In Anspruch genommenen" in § 16 Abs. 1 Z 2 UStG nicht bedurft. Nachdem sich diese Formulierung jedoch im Gesetzestext findet, muss ihr der Gesetzgeber substanzielle Bedeutung zumessen. Diese kann unseres Erachtens nur darin erblickt werden, dass der Gesetzgeber eine Akzessorietät zwischen einem geltend gemachten Vorsteuerabzug und dem Erfordernis einer Vorsteuerberichtigung herstellen 1 und Letztere somit nur für den Fall, dass der ursprüngliche Vorsteuerabzug durch den Leistungsempfänger (zumindest partiell) erfolgreich geltend gemacht wurde, anordnen wollte.
Dieses Ergebnis einer Wortinterpretation wird auch durch eine systematische und teleologische Interpretation des § 16 Abs. 1 Z 2 UStG gestützt: § 16 UStG stellt sicher, dass entsprechend dem Charakter der Umsatzsteuer als Einkommens- bzw. Vermögensverwendungssteuer 2 (nur) jener Betrag der Umsatzsteuer unterworfen wird, den der Abnehmer tatsächlich aufwenden muss, 3 der also den tatsächlichen Kosten der Erstellung der Ausgangsleistung entspricht. 4 Spiegelbildlich zwingt § 16 UStG den Leistungsempfänger zur Anpassung seines Vorsteuerabzugs auf die Höhe des vom leistenden Unternehmer letztlich (nach erfolgter Entgeltsänderung) geschuldeten Umsatzsteuerbetrags, nachdem er einen Vorsteuerabzug vor dem Hintergrund der steuerlichen Neutralität der Mehrwertsteuer (maximal) in jener Höhe geltend machen kann, der seine effektive Umsatzsteuerbelastung widerspiegelt. 5 Hat der Leistungsempfänger
xxxxxxxxxxxxxxxxxx
Fußnoten:
1 Vgl zum systematischen Gleichlauf zwischen Berichtigung der Umsatzsteuerschuld und Berichtigung des Vorsteuerabzugs VwGH 14. 6. 1984, 83/15/0177; 16. 3. 1987, 86/15/0012; Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz: Kommentar (5. Auflage 2017) § 16 Tz 64; Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union (2018) § 8 Rn 563; Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON301
§ 16 Tz 3; UStR 2000 Rz 2381. Vgl zum Erfordernis einer kohärenten Ausdeutung der korrespondierenden Bestimmungen der MwStSystRL EuGH 22. 2. 2018, C-396/16, T-2, Rn 35.
2 Vgl zBTipke, Die Steuerrechtsordnung II (2. Auflage 2003) 976; Ruppe/Achatz, UStG5 Einführung Tz 36; Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Steuerrecht II (8. Auflage 2019) Tz 200;
Van Doesum/Van Kesteren/Cornielje/Nellen, Fundamentals of EUVAT Law (2. Auflage 2020) 7; Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht (24. Auflage 2021) Rz 17.11.
3 Vgl. z.B. EuGH 23. 11. 1988, C-230/87, Naturally Yours Cosmetics, Rn 16; 24. 10. 1996, C-317/94, Elida Gibbs, Rn 28; 3. 7. 1997, C-330/95, Goldsmiths, Rn 15; 15. 10. 2002, C-427/98, Kommission/Deutschland, Rn 30. Siehe auch Scheiner/Kolacny/Caganek in Ecker/Epply/Rößler/Schwab (Hrsg), Mehrwertsteuer: Kommentar (34. Lfg, Juli 2012) § 16 Anm 12; Ruppe/Achatz, UStG5 § 16 Tz 4; Gaedke in Melhardt/Tumpel, UStG3 § 16 Rz 5.
4 Vgl. in diesem Sinne Kokott, Steuerrecht der EU,§ 8 Rn 561; Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht24 Rz17.286.
5 Vgl auch EuGH 16. 6. 2016, C-186/15, Kreissparkasse Wiedenbrück, Rn 47; 11. 4. 2018, C-532/16,SEB bankas, Rn 37 f; 28. 5. 2020, C-684/18, World Comm Trading Gfz, Rn 34. In diese Richtung auch UStR 2000 Rz 2381, gemäß derer nur "den Leistungsempfänger, der ganz oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt ist", die Verpflichtung zur Vorsteuerberichtigung trifft. Die Vorsteuerberichtigung hat bei Vorliegen der Voraussetzungen unabhängig von einer etwaigen Umsatzsteuerkorrektur beim Leistungsempfänger zu erfolgen; vgl EuGH13. 3. 2014, C-107/13, FIRIN, Rn 57; 28. 5. 2020, C-684/18, World Comm Trading Gfz, Rn 41.
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demgegenüber keinen (oder einen unter dem vom Leistenden nach erfolgter Entgeltsänderung geschuldeten Umsatzsteuerbetrag liegenden 6) Vorsteuerabzug geltend gemacht, so bedarf es auch keiner Berichtigung des Vorsteuerabzugs, um das vom Gesetzgeber intendierte und systematisch gebotene Ergebnis herbeizuführen. § 16 Abs. 1 Z 2 UStG ist daher aus systematischer und teleologischer Perspektive die Bedeutung beizumessen, dass er eine Deckelung des Vorsteuerabzugs mit dem vom leistenden Unternehmer letztlich geschuldeten Umsatzsteuerbetrag vorsieht. Demgegenüber kann aus § 16 Abs1 Z 2 UStG kein von einem etwaigen vorgelagerten Vorsteuerabzug entkoppeltes originäres Besteuerungsrecht gegenüber dem Leistungsempfänger abgeleitet werden. Ein solches Verständnis des § 16 Abs. 1 Z 2 UStG würde außerdem den Feststellungen des EuGH in der Rs Lennartz7 zur systematisch ähnlichen Vorsteuerberichtigung bei Investitionsgütern (§ 12 Abs. 10 UStG) zuwiderlaufen8 und somit in Konflikt mit den unionsrechtlichen Vorgaben stehen.9
Die Rechtsprechung des BFG steht zudem im Widerspruch zu jener bei Vorsteuerberichtigungen gemäß § 12 Abs. 10 ff UStG: Bei diesen stellen sich aus systematischer Sicht ähnliche Fragen wie im Kontext des § 16 Abs.1 Z 2 UStG.10
Nach § 12 Abs. 10 ff UStG ist ein in Vorjahren geltend gemachter Vorsteuerabzug zu korrigieren, wenn sich die für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse ändern. Typischer Anwendungsfall ist die spätere (ggf partielle) Nutzung eines Gegenstandes, für den ursprünglich ein voller Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde, für unecht steuerbefreite Umsätze (negative Vorsteuerberichtigung) und vice versa (positive Vorsteuerberichtigung).11
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Fußnoten:
6 Letztlich handelt es sich beim Vorsteuerabzug um ein Recht des unternehmerischen Leistungsempfängers; somit kann er, muss aber nicht die auf Vorleistungen entfallende Umsatzsteuer (vollumfänglich) abziehen; in diesem Sinne auch Ruppe/Achatz, UStG5 § 16 Tz 63. Vgl auch den diesbezüglich präziseren Wortlaut des § 17 Abs. 1 dUStG, dem gemäß ein Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug nicht zu berichtigen hat, "soweit er durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt wird".
7 EuGH11. 7. 1991, C-97/90, Lennartz.
8 Vgl EuGH11. 7. 1991, C-97/90, Lennartz, Rn 12, wo der EuGHdezidiert festgehalten hat, dass Art 20 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie (entspricht Art 187 MwStSystRL) kein Recht auf Vorsteuerabzug entstehen lassen kann; in diesem Sinne auch EuGH 2. 6. 2005, C-378/02, Waterschap Zeeuws Vlaanderen, Rn 38.
9 So wie hier (zur einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmung des Art 184 MwStSystRL) Van Doesum/Van Kesteren/Cornielje/Nellen, Fundamentals of EUVAT Law2 450: "Neither does Article184 VAT Directive cover situations in which the taxable person did not reclaim any input VAT; even though he has a right to do so".
10 Dies zeigt sich bereits anhand der Notwendigkeit einer Definition des Verhältnisses zwischen § 12 Abs. 10 ff und § 16 Abs. 1 UStG. Sollten die Voraussetzungen beider Berichtigungsvorschriften erfüllt sein, so geht § 16 Abs. 1 UStG dem § 12 Abs. 10 ff UStG vor (dh Berechnung der ggf aliquoten Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 ff UStG auf Grundlage der adaptierten Bemessungsgrundlage); vgl hierzu Ruppe/Achatz, UStG5 § 16 Tz 5; Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON301 § 16 Tz 8. So wie hier Kokott, Steuerrecht der EU, § 8 Rn 564, und wohl auch Van Doesum/Van Kesteren/Cornielje/Nellen, Fundamentals of EU VAT Law2 449.
11 Für Gegenstände, die als Anlagevermögen verwendet oder genutzt werden, erfolgt die Berichtigung zeitanteilig über den jeweils maßgeblichen Berichtigungszeitraum (5, 10 oder 20 Jahre; vgl § 12 Abs. 10 UStG). Bei Gegenständen des Umlaufvermögens, noch nicht in Gebrauch stehenden Anlagegegenständen und sonstigen Leistungen ist die Vorsteuer zeitlich unbeschränkt und zur Gänze im Veranlagungszeitraum, in dem die Änderung eintritt, zu berichtigen (vgl § 12 Abs 11 UStG). Bei sonstigen Leistungen unterbleibt eine Berichtigung aber, wenn deren Wert bereits vollständig verbraucht wurde; vgl EuGH17. 5. 2001, verb Rs C-322/99 und C-232/99, Fischer, Rn 91 f; vgl auch Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Tz 326; Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Steuerrecht IIs Tz 2481; Kanduth-Kristen/Payerer in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg), UStG-ON302 (Stand 1. 12. 2021, rdb.at) § 12 Rz 446.
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Ein Vergleich der Wortlaute des § 12 Abs. 10 UStG und § 16 Abs. 1 Z 2 UStG zeigt, dass der Gesetzgeber für Zwecke des § 12 Abs. 10 UStG i n allgemeingültiger Weise eine "Berichtigung des Vorsteuerabzugs" vorschreibt. Anders als im Kontext des § 16 Abs. 1 Z 2 UStG wird daher
expresses verbis nicht verlangt, dass der Vorsteuerabzug ursprünglich "in Anspruch genommen" wurde. Trotz dieses vermeintlich weitergehenden Berichtigungserfordernisses haben sich Literatur, Verwaltungspraxis und Rechtsprechung zu § 12 Abs. 10 UStG eindeutig positioniert: Ist ein an sich möglicher Vorsteuerabzug (aus welchen Gründen auch immer) unterblieben und ändern sich nachträglich die Verhältnisse, so hat eine (negative) Vorsteuerberichtigung zu unterbleiben. Es widerspräche nämlich sowohl dem Gesetzeswortlaut - der vom "Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs" spricht12 - als auch dem Zweck der Vorschrift - Anpassung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs für den Leistungsbezug entsprechend den Verwendungsverhältnissen im gesamten Berichtigungszeitraum -, eine Vorsteuer zurückzufordern, die zuvor nicht abgezogen wurde.13
Angesichts der vergleichbar gelagerten Normzwecke (der Herstellung eines Vorsteuerabzugs in richtiger - keinesfalls jedoch in überschießender - Höhe) wäre es nicht nachvollziehbar, warum für § 12 Abs. 10 UStG diesbezüglich andere Grundsätze als für § 16 Abs. 1 Z 2 UStG zur Anwendung gelangen sollten. Nachdem § 16 Abs. 1 Z 2 UStG - anders als § 12 Abs. 10 UStG - ausdrücklich auf die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs Bezug nimmt, muss für dessen Zwecke vielmehr erst recht Voraussetzung für eine Vorsteuerberichtigung sein, dass ursprünglich ein Vorsteuerabzug vorgenommen wurde.
Die Festsetzung von Vorsteuerberichtigungen für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2016 erweist sich daher als rechtswidrig.
Sollte das BFG die Ansicht vertreten, dass entgegen den vorstehenden Ausführungen eine Vorsteuerkorrektur vorzunehmen ist, so regen wir an, dem Europäischen Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
• Ist Artikel 183 der RL 2006/112/EG dahingehend auszulegen, dass der Steuerpflichtige auch dann zur Berichtigung eines Vorsteuerabzugs verpflichtet ist, wenn er im Jahr des Leistungsbezugs keinen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat und sich das Entgelt für den Eingangsumsatz i n einem späteren Jahr nachträglich verringert?
Das Erfordernis einer Vorsteuerberichtigung im gegenständlichen Fall steht u.E. im Widerspruch zur vorstehend dargestellten Rechtsprechung des EuGH sowie zur Neutralität der MWSt in der Unternehmerkette als tragendem europarechtlichen Grundsatz der Mehrwertsteuer. Eine abschließende Klärung dieser Rechtsfrage kann nur durch den Europäischen Gerichtshof als in Umsatzsteuerangelegenheiten zuständigem Höchstgericht erfolgen. Eine rasche höchstgerichtliche Klärung dieser Rechtsfrage und damit eine Vorlage durch das Bundesfinanzgericht wäre auch im Sinne der Verfahrenseffizienz gelegen, da sich die gleiche Rechtsfrage derzeit in einer Vielzahl gleichgelagerter Verfahren stellt, welche bereits gerichtsanhängig sind oder in naher Zukunft sein werden.
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Fußnoten:
12 Sofern ursprünglich kein Vorsteuerabzug vorgenommen wurde, bedarf es keines "Ausgleiches".
13 Vgl Ruppe/Achatz, UStG5 § 12 Tz 304; Kanduth-Kristen/Payerer in Berger/Bürgler/Kanduth- Kristen/Wakounig, UStG-ON3 02 § 12 Rz 390 f und 431; Ecker/Epply/Rößler/Schwab, Mehrwertsteuer Kommentar62 § 12 Rz 577; Kollmann in Meihardt/Tumpel, UStG3 § 12 Tz 492; UFS 25. 2. 2009, RV/0634-G/06 (hierzu Fink, Unterlassung der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs - kein Anwendungsfall der Berichtigung, UFSjournal 2009, 139 [139 ff]); UStR 2000 Rz 2078.
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3. Verfahrensrechtliche Aspekte
Die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2016 sind bereits deshalb verfahrensrechtlich rechtswidrig, weil hinsichtlich dieser Veranlagungszeiträume bereits (abweisende) Bescheide im Vorsteuer-Erstattungsverfahren ergangen sind. Es wurde jedoch nunmehr weder eine Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt noch die Rechtskraft dieser Bescheide aus anderen Gründen durchbrochen. Soweit das Finanzamt die Ansicht vertritt, dass keine umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsumsätze vorliegen, jedoch den Vorsteuerabzug kürzende Entgeltsminderungen vorliegen, wäre über derartige Entgeltsminderungen eines ausländischen Unternehmers aber ausschließlich im Vorsteuererstattungsverfahren abzusprechen. Gesonderte Festsetzungsbescheide hinsichtlich der Entgeltsminderungen, welche neben die Vorsteuererstattungsbescheide treten, sind dagegen unzulässig (BFG 7.4.2020, RV/2100143/2020; Haller, SWK 2020, 743).
Wir beantragen daher auch aus diesem Grund die ersatzlose Aufhebung der gegenständlichen Bescheide.
4. Bescheide über die Festsetzung von Verspätungszuschlägen
Bezüglich der Bescheide über die Festsetzung von Verspätungszuschlägen, weisen wir darauf hin, dass die festgesetzten Verspätungszuschläge auf einer unzulässigen Festsetzung von Umsatzsteuer beruhen. Daraus ergibt sich, dass den Bescheiden eine falsche Bemessungsgrundlage zu Grunde liegt und diese somit jedenfalls rechtswidrig sind. Entsprechend der obenstehenden Ausführungen beantragen wir daher eine ersatzlose Aufhebung aller verfahrensgegenständlichen Bescheide über die Festsetzung von Verspätungszuschlägen.
5. Antrag auf Aussetzung der Einhebung
Wir beantragen eine Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO iHv insgesamt EUR 6.208.805,14 resultierend aus den nachstehend angeführten Bescheiden (alle Beträge in EUR):
…
6. Weitere Anträge
Wir beantragen die Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO.
Wir beantragen eine mündliche Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO.
Für den Fall einer abweisenden Entscheidung durch das BFG beantragen wir, die ordentliche Revision zuzulassen. U.a. die Frage, ob trotz Unterlassen des Vorsteuerabzugs in späteren Veranlagungszeiträumen eine Berichtigungspflicht gemäß § 16 UStG besteht, stellt eine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung dar, zu der höchstgerichtliche Rechtsprechung fehlt.
Auch das BFG hat vor diesem Hintergrund zur gleichen Rechtsfrage die ordentliche Revision in einem anderen Verfahren bereits zugelassen (BFG 13.4.2022, RV/2100410/2019).
Für eventuelle Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
…"
Mit Vorlagebericht vom 20. Dezember 2022 (OZ. 58) wurden die oa. dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und zum Sachverhalt Folgendes ausgeführt:
"Dieser Vorlageantrag betrifft Festsetzungsbescheide betreffend Umsatzsteuer - nachträglich erteilte Gutschriften - hervorgekommen durch Erhebung der GBP-IT-Abteilung betreffend diesen Drittland-Telekom-Erstattungsfall.
Um Mängel infolge falschen Zeitraums der Gutschrift zu vermeiden, wurde der Zeitraum 1-12 für die jeweiligen Festsetzungen gewählt.
…
Beweismittel:
...
GBP-IT-Liste (Erhebung GBP), November 2017 (Anm.: Auf den angefochtenen Bescheide abgedruckt)
Stellungnahme:
Es wird die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Da entsprechend EUGH-Urteil Rs C-593/19 v. 15.4.2021 Umsätze in Österreich stattfinden, besteht ein Recht auf Festsetzung von Vorsteuerberichtigungsbeträgen (Festsetzungen 1-12/2010, 2011, 2012, 2013,2014 und 1-12/2016).
Im Übrigen wird auf BFG vom 23.3.2022, GZ. RV/2100108/2020 (betr. § 16 UStG 1994) bzw. BFG vom 3.6.2022, GZ. RV/2100084/2020 (betr. Umsatzschätzung) verwiesen.
Anm.: Aufgrund von Erstattungsanträgen wurde auf diesem Abgabenkonto für die Zeiträume der bekämpften Festsetzungsbescheide EUR 2.019.195,45 ausbezahlt (siehe Abfragen) - für 1997-2002 EUR 208.316,48. Eine Rückzahlung erstatteter Beträge aufgrund von nachträglich erteilten Gutschriften bzw. eine Feststellung, inwieweit tatsächlich ausbezahlte Beträge durch Gutschriften annulliert wurden, wurde von der TK-Firma nicht vorgenommen.
Es wurden mehrere Vertreterwechsel vorgenommen und weitere Folge-Erstattungsanträge eingebracht; somit bleibt nur mehr die Möglichkeit der Festsetzung anhand vorhandener Datenlage."
Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichts vom 31. Jänner 2023 (OZ. 62) wurde an die Bf. folgender Bedenken- und Ergänzungsvorhalt gerichtet:
" …
1. In den angefochtenen Bescheiden wurden folgende Berichtigungen der Vorsteuern aus Rabatten, Gutschriften, Discounts etc. ausgewiesen.
In Ihrem Vorlageantrag listen Sie folgende Vorsteuerberichtigungen aus Rabatten auf und
schließen einige bezugnehmenden Gutschriften der A an. In den Jahren 2011, 2013, 2014 und 2016 sind doch erhebliche Differenzen festzustellen. Für 2010 und 2012 sind die Differenzen geringer.
Unklar bleibt in diesem Zusammenhang, ob die Gutschriften der D. (H.) und T. nun anerkannt oder angezweifelt werden.
Da Richtigkeit der Berechnung der Vorsteuerberichtigungen der belangten Behörde in den oa. Streitjahren bestritten wird, wird Ihnen aufgetragen, sämtliche in den Jahren 2010-2016 ausgestellten und erhaltenen Rabattgutschriften (Tadig-Code: Bf.) bei den inländischen Telekombetreibern D., A., und T. beizuschaffen und von diesen eine entsprechende Vollständigkeitserklärung vorzulegen, dass nur diese Rabatte gewährt und der Abgabenbehörde in den Steuererklärungen als Umsatzberichtigungen der steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze nach § 16 UStG 1994 geltend gemacht wurden.
Weiters werden diese Gutschriften durch entsprechende Ausdrucke aus den bei den Telekommunikationsanbietern geführten Kundenkonten nachvollziehbar zu bescheinigen sein.
Es wird darauf hingewiesen, dass diese Unterlagen der belangten Behörde als Amtspartei zur Kenntnis, Überprüfung und Äußerung übermittelt werden müssen.
Eine amtswegige Beischaffung dieser Unterlagen ist aufgrund fortgeschrittener Zeit (gesetzliche Aufbewahrungspflicht) und der bisher zurückhaltenden Auskunftsbereitschaft der inländischen Telekommunikationsunternehmen nicht mehr möglich.
2. In den Jahren 2010-2016 wurden hinsichtlich der Zeiträume 1-12/2010 bis 1-12/2016 Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide unter Hinweis auf erhaltene Entgeltsminderungen erlassen und lediglich eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges vorgenommen.
Im Hinblick auf die Bestimmungen des § 279 Abs. 1 BAO werden für die Jahre 2012, 2013, 2014 und 2016 unter Berücksichtigung von Vorsteuern im derzeit bekannten Ausmaß entsprechende Feststellungen zu den erzielten Umsätzen vorzunehmen sein.
In den angefochtenen Bescheiden wurden die Vorsteuern aus der Minderung der vereinbarten Entgelte gemäß § 16 UStG 1994 berichtigt. Die Minderungen wurden in tatsächlicher Hinsicht außer Streit gestellt. Die Rechtmäßigkeit der Vorgangsweise der belangten Behörde wird in der Beschwerdebegründung angezweifelt.
In Abweichung von den angefochtenen Bescheiden werden die Höhe der Umsätze aus dem Vorsteuervolumen unter Ansatz eines 30%igen Aufschlages im Schätzungswege ermittelt.
Zu den Schätzungsgrundlagen darf vorerst festgestellt werden, dass der Umfang des Vorsteuervolumens die Ausgangsbasis der abgabenbehördlichen Schätzung der erzielten Umsätze bildet. In Anlehnung an die bisherige Vorgangsweise der belangten Behörde wird ein Aufschlag von 30% angenommen.
2.1. Was die Berücksichtigung der Entgeltsminderungen, die in einem späteren Veranlagungsjahr stattgefunden haben, anlangt, haben diese keinen Einfluss auf die erzielten Umsätze, sondern nur auf die insgesamt zu berücksichtigende Zahllast. Sollten die von den Telekommunikationsunternehmen auf die verrechneten Roaminggebühren gewährten Rabatte, Discounts, etc. Einfluss auf die von der Bf. ihren Kunden angebotenen Telekommunikationsleistungen gehabt haben, müsste dies von der Bf. schlüssig nachgewiesen werden, dass eine Weiterrechnung der geminderten "Einkaufspreise" in Form von Gutschriften und sonstigen Entgeltsminderungen auch tatsächlich stattgefunden haben, denn es ist im Geschäftsleben nicht üblich, dass der Unternehmer erstens seine Preisgestaltung einschließlich erhaltener Rabatte offenlegt. Im Übrigen müsste nachgewiesen werden, dass bei dieser Vorgangsweise die Bf. überhaupt eine ausreichende Gewinnspanne erzielt hat, um ihre Kosten zu decken und noch einen Gewinn aus dem Anbieten von ausländischen Kommunikationsdienstleistungen zu erzielen. Mit einer bloßen Prozessbehauptung ist es dabei nicht getan.
2.2. Zur aufgestellten Behauptung der Bf., es seien zu 50% der Leistungen an Unternehmer (§ 19 UStG 1994) erbracht worden, wird festgehalten, dass diese in keiner Weise quantifiziert ist und die Bf. daher eingeladen wird, entsprechend schlüssige Nachweise aus den Unternehmensdaten vorzulegen.
Abschließend wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung der österreichischen Behörden bei ausländischen Unternehmen entsprechend sehr beschränkt ist und daher die Bf. zur erhöhten Mitwirkung verpflichtet ist.
Abgesehen davon ist ihr größere Sachverhaltsnähe zuzurechnen.
…"
Mit Schreiben vom 15. März 2023 (OZ. 73) nahm die Bf. zum Vorhalt des Bundesfinanzgerichts wie folgt Stellung:
" …
1. Zur Höhe der Entgeltsminderungen und deren abgabenrechtlicher Relevanz. Unstrittig ist, dass von österreichischen Netzbetreibern ausgestellte Gutschriften über Roamingdienstleistungen auf Ebene unseres Mandanten zum Erfordernis einer Vorsteuerberichtigung gern § 16 UStG führen, sofern unser Klient aus den entsprechenden Vorleistungen einen VSt-Abzugs geltend gemacht hat. Ob ein Erfordernis zur VSt-Berichtigung auch dann besteht, wenn unser Klient keinen Vorsteuerabzug aus den später rabattierten Leistungen geltend machen konnte, ist dagegen eine strittige Rechtsfrage. Bevor wir auf diese eingehen, nehmen wir zunächst zur Höhe der Rabatte gegliedert nach Leistendem (österreichische Telekomanbieter) Stellung.
a) A.
Folgende Gutschriften wurden gewährt, wobei wir die Darstellung aus dem E-Mail von A. vom 21.2.2023 - welches wir als Anlage 1 übermitteln - der Authentizität halber übernehmen:
Die Gutschriften und USt-Beträge können daher wie folgt zusammengefasst werden:
Jahressummen (bezogen auf das Gutschriftsdatum):
Dem Grunde nach besteht für die Jahre 2010 bis 2017 daher Übereinstimmung zwischen den Beträgen laut unserem Klienten und den von A. bestätigten. Auch für 2018 (VSt-Minderung iHv EUR 769.816,61 aufgrund einer Gutschrift) besteht Einigkeit in Hinblick auf die Höhe der Entgeltsminderungen. Die EUR 429.494,33 Minderung des VSt-Abzugs werden vom Finanzamt aber fälschlich dem Jahr 2014 anstatt richtigerweise dem Jahr 2015 zugeordnet.
Weiters ergibt sich aus der Bestätigung der A. auch, dass daneben keine weiteren Rabatte gewährt wurden.
b) H.
Unser Klient hat wie aufgetragen mit H. Kontakt aufgenommen. H. hat mit E-Mail vom 22.2.2023 (vgl. Anlage 2) bestätigt, dass seit 2010 keine Rabatte gewährt wurden bzw. ein offenbar zunächst angedachter Rabatt für den Zeitraum 2010 bis 2013 nie gewährt ("reconciled") wurde.
Die vom Finanzamt unterstellte Minderung des VSt-Abzugs iHv EUR 995,34 im Jahr 2010 ist daher u.E. widerlegt, da nunmehr auch H. bestätigt, dass kein derartiger Rabatt vorliegt.
Sollte das Finanzamt entgegen der Darstellung des leistenden Unternehmers und unseres Klienten auf dem Vorliegen der Gutschrift beharren, so fordern wir dieses erneut auf, die behauptete Gutschrift vorzulegen. Wir verweisen dazu im Übrigen auf die Ausführungen unter lit. c) .
c) T.
Unser Klient hat wie aufgetragen T. um Bestätigung ersucht, dass in den Jahren 2010 bis 2016 keine Gutschriften gewährt wurden (vgl Anlage 3). Trotz mehrfacher Urgenzen und Fristerstreckungen durch unseren Klienten ist T. dieser Aufforderung bislang nicht nachgekommen.
Wie bereits im bisherigen Rechtsmittelverfahren ausgeführt, hat unser Klient auskunftsgemäß keine Rabatte von T. erhalten und werden die vom Finanzamt unterstellten Beträge daher nicht anerkannt.
Einen Beweis für die behaupteten Rabatte - etwa die Vorlage der Gutschriften - ist das Finanzamt bis jetzt schuldig geblieben. Es handelt sich bei den vom Finanzamt unterstellten Vorsteuerberichtigungen aufgrund von durch T. gewährten Rabatten daher lediglich um eine unbewiesene Prozessbehauptung. UE ist das Vorliegen der behaupteten Rabatte aus nachstehenden Gründen vom Finanzamt nachzuweisen und nicht lediglich zu behaupten:
• Nach ständiger Rspr des VwGH trifft die Abgabenbehörde die objektive Beweislast für Tatsachen, die den Abgabenanspruch begründen. Den Steuerpflichtigen trifft dagegen die objektive Beweislast für nicht erwiesene Tatsachen, Begünstigungen, Steuerermäßigungen udgl (Schilcher, Grenzen der Mitwirkungspflicht im Lichte des Gemeinschaftsrechts, Wien 2010, Seite 101, mit Verweis auf VwGH 20.5.1983, 81/16/0105; 4.9.1986, 86/16/0114; VwGH 28.2.1995, 95/14/0016). Auch die Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen begründet keine subjektive Beweislast für diesen, da das Abgabeverfahren ein vom Untersuchungsgrundsatz sowie dem Prinzip der materiellen Wahrheit beherrschtes Verfahren ist (Schilcher, aaO, Seite 10Of).
Umgelegt auf den konkreten Fall bedeutet dies, dass unser Klient das Vorliegen der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug - insb. durch Vorlage der Eingangsrechnungen - nachweisen muss, was unstrittig geschehen ist. Ist das Vorliegen von Entgeltsminderungen strittig, so liegt es jedoch an der Abgabenbehörde, deren Existenz nachzuweisen, da sie damit einen Abgabenanspruch geltend macht. Dies liegt u.E. mangels formeller Beweisregeln in der BAO auch in der Natur der Sache: Jene Partei, die die Existenz eines Umstandes behauptet, hat diesen auch nachzuweisen. Es läge daher am Finanzamt, die Existenz der Entgeltsminderungen nicht nur zu behaupten, sondern zu beweisen.
• Diese Schlussfolgerung ergibt sich auch daraus, dass der Partei nicht zugängliche Beweismittel mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar und derartige "geheime" Beweismittel daher verboten sind (Ritz/ Koran, BAO7, § 166 Tz 7 mit Verweis auf VwGH 26.6.1980, 911/79; 16.1.1984, 83/10/0238; 13.9.1991, 91/18/0065; 19.12.2000, 2000/14/0104; 28.6.2012, 2009/15/0201; zuletzt auch VwGH 8.3.2022, Ra 2020/15/0010; vgl dazu auch Fiala, AVR2022/7, 81f). Trotz Aufforderungen im Rahmen des Verfahrens stützt sich das Finanzamt aber weiterhin und ausschließlich auf derartige geheime Beweismittel, indem es behauptet, dass es Kenntnis von Rabatten habe, aber jeglichen Beweis dafür schuldig bleibt. Wir fordern, dass Finanzamt erneut auf, im Rahmen das BFG-Verfahrens Beweise für die behaupteten Rabatte, insbesondere durch Vorlage von Gutschriften, vorzulegen und beantragen diesbezüglich erneut Akteneinsicht.
• Es ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen daher auch nicht vereinbar, wenn das Recht auf den Vorsteuerabzug, das nach ständiger Rechtsprechung des EuGH einen integralen Bestandteil des MWSt-Systems bildet, vom Finanzamt im Ergebnis dadurch ausgehebelt wird, indem von der Behörde unsubstantiiert und nicht nachgewiesen das Vorliegen von Entgeltsminderungen behauptet und dem Abgabepflichtigen aufgetragen wird, sich von dieser Behauptung freizubeweisen. Anders als die Abgabenbehörde, welche über staatliche Hoheitsgewalt verfügt, ist es für den Leistungsempfänger unmöglich, Prüfungen auf Ebene des leistenden Unternehmers vorzunehmen oder die Ausstellung wie auch immer gearteter Bestätigungen von diesem zu erzwingen. Ungeachtet dessen hat sich unser Klient - wie vorstehend ausgeführt - bemüht, die vom BFG angeforderten Bestätigungen der Lieferanten einzuholen und diese auch in 2 von 3 Fällen erhalten. Unser Klient verfügt aber - anders als die Behörde - über keine rechtlichen Möglichkeiten, in das Rechnungswesen der Lieferanten Einblick zu nehmen oder die Ausstellung von Bestätigungen durch diese zu erzwingen. Die größere "Sachverhaltsnähe" ist somit jedenfalls auf Ebene der Behörde, welche den österreichischen Lieferanten prüfen und dies auch mit Zwangsgewalt durchsetzen kann, gegeben.
• Wir treten der Darstellung im Vorhalt entgegen, dass "auf Grund fortgeschrittener Zeit" eine amtswegige Beischaffung der Unterlagen durch die Behörde nicht möglich ist. Dem Finanzamt ist seit Erhebung der Beschwerde am 25.5.2018, somit seit beinahe 5 (!) Jahren, bekannt, dass der gegenständliche Rabatt strittig ist. Die Behörde hätte jede Möglichkeit gehabt, seitdem und somit auch innerhalb der abgabenrechtlichen Aufbewahrungsfrist - insbesondere bei T. Ermittlungen zum Sachverhalt und zum Vorliegen von Rabatten anzustellen. Dies wurde von der Behörde jedoch unterlassen. Weder Finanzamt noch BFG können aus dieser Untätigkeit der Behörde nunmehr eine Verpflichtung unseres Klienten ableiten, Nachweise selbst zu beschaffen. Es entspricht zudem der VwGH-Rspr, dass derjenige, der im Wissen um die weiterhin gegebene Relevanz von Unterlagen nach Ablauf der abgabenrechtlichen Aufbewahrungspflicht deren Vernichtung veranlasst, die Nachteile daraus zu tragen hat, bzw. dieses Verhalten in freier Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist (Ritz/ Koran, BAO7, § 132 Tz 9 mit Verweis auf VwGH 24.11.1998, 97/14/0152). Es wird daher am BFG liegen, in freier Beweiswürdigung das Verhalten der Abgabenbehörde zu würdigen, welches darin bestanden hat, im gesamten Verfahren die Vorlage von Beweisen zu unterlassen, spätestens seit dem 25.5.2018 als geboten bekannte Ermittlungen weiterhin zu unterlassen, und sich nunmehr offenbar darauf beruft, diese Ermittlungen aufgrund der (selbst verschuldeten) fortgeschrittenen Zeit nicht mehr vornehmen zu können.
Auch bei einer wirtschaftlichen Betrachtung erscheint zudem nicht nachvollziehbar, worauf sich die vom Finanzamt behaupteten Rabatte der T. beziehen sollen:
• Die Gesamtsumme der geltend gemachten Vorsteuern aus den Jahren 2012 bis 2018 beträgt unstrittig EUR 8.702.263,09 (vgl. auch die Zahlen in den beiden Vorhalten des BFG).
• Die Gesamtsumme der USt auf durch A. gewährte Rabatte beträgt unstrittig EUR 8.686.450,54 (vgl. lit. a).
• Nach Abzug der Entgeltsminderungen verbleibt somit saldiert ein marginaler VSt-Abzug iHv EUR 15.812,55.
• Es sollte wirtschaftlich unzweifelhaft sein, dass österreichische Netzbetreiber zwar hohe Rabatte gewähren, jedoch diese Rabatte niemals den Betrag der zuvor verrechneten Leistungen übersteigen können. Denn kein österreichischer Netzbetreiber wird Bf. dafür bezahlen, dass Bf. sein österreichisches Netz nutzen darf, sondern vielmehr eine Gebühr dafür verlangen.
• In den verbleibenden EUR 15.812,55 VSt-Abzug können die vom Finanzamt behaupteten Rabatte der T. (VSt-Volumen EUR 919.688,96 für den Zeitraum 2012-2018) daher unmöglich Deckung finden.
• Jede - wenngleich allenfalls geschätzte - Festsetzung von Entgeltsminderungen muss als logisches Denkgesetz berücksichtigen, dass Rabatte die Höhe der Vorleistungen nicht übersteigen können. Bereits vor diesem Hintergrund erweisen sich die bisherigen Festsetzungen des Finanzamtes als denkunmöglich was als Verhältnis zwischen gewährten Vorsteuern und Minderungen des VSt-Abzugs aufgrund von behaupteten Rabatten betrifft. Auf diesen Widerspruch wird vom Finanzamt jedoch nicht eingegangen und ebenso wurde unserem Klienten keine Möglichkeit eingeräumt, dazu Stellung zu beziehen.
d) Rechtliche Relevanz der Engeltsminderungen
Ungeachtet der Frage, ob und in welcher Höhe Entgeltsminderungen vorliegen, ergibt sich aus diesen u.E. nur dann ein Vorsteuerberichtigungserfordernis, wenn unserem Klienten vorgelagert ein VSt-Abzug aus den Vorleistungen, für die die Rabatte gewährt wurden, gewährt wurde. Da diese Vorsteuererstattung vom Finanzamt entweder von vornherein oder im späteren Verfahren verwehrt wurde, kann bereits aus diesem Grund kein Erfordernis einer VSt-Berichtigung gem. § 16 UStG bestehen. Wir verweisen diesbezüglich weiterführend auf unsere entsprechenden Ausführungen in den Beschwerden bzw. in den Vorlageanträgen.
2. Umsatzsteuerschätzung von Ausgangsumsätzen
Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass im gesamten Abgabenverfahren unseres Klienten bislang nur die Frage der Anwendbarkeit des Vorsteuererstattungsverfahrens sowie die Höhe allfälliger Entgeltsminderungen strittig war. Eine Besteuerung von Ausgangsumsätzen wurde vom Finanzamt erstmalig in den Beschwerdevorentscheidungen für die Jahre 2017 und 2018 vom 12.12.2022 auf Schätzungsbasis vorgenommen, ohne dass unser Klient dazu angehört oder zur Bekanntgabe seiner Ausgangsumsätze aufgefordert wurde. Eine Besteuerung von Ausgangsumsätzen für die Jahre 2012 bis 2016 ist im verwaltungsbehördlichen Verfahren bislang überhaupt nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund treten wir der Darstellung entgegen, der vom Finanzamt im Rahmen der Schätzung angewendete Gewinnaufschlag iHv 30% sei unbestritten, da unser Klient dazu bislang überhaupt nicht angehört wurde. Wir treten ebenso der Darstellung entgegen, dass nachträgliche Rabatte keinen Einfluss auf die Höhe der (geschätzten) Ausgangsumsätze haben sollen sowie der Behauptung, es handle sich bei den Kunden unseres Klienten zu 100% um Nichtunternehmer. Im Detail nehmen wir dazu wie folgt Stellung:
Roaminggebühren werden zwischen Mobilfunkanbietern im ersten Schritt auf Basis sehr hoher Listenpreise in Rechnung gestellt. Anbieter, die ein signifikantes Geschäftsvolumen untereinander tätigen, treten nach Auskunft unseres Klienten jedoch regelmäßig in Verhandlungen zueinander, um entsprechende Rabatte untereinander zu vereinbaren. Diese Rabatte werden nach Auskunft unseres Klienten sehr wohl in der Preisfestlegung gegenüber den Endkunden berücksichtigt, da der Mobilfunkanbieter nur bei Zugrundelegung der rabattierten Einkaufspreise seinen Kunden wettbewerbsfähige Roamingpreise - insbesondere "Roamingpackages" mit inkludierten Minuten, SMS und/oder Datenvolumen - anbieten kann.
Es ist dem Vorhalt zwar zuzustimmen, dass die Rabatte keine Auswirkungen auf die Ausgangsumsätze des Kalenderjahres haben, in dem der Rabatt - regelmäßig für das Vorjahr - bezogen wird. Sie haben aber sehr wohl Auswirkungen auf die Ausgangsumsätze des Vorjahres, da die Preise und damit auch die Ausgangsumsätze in Kenntnis des zukünftigen Rabattes niedriger angesetzt werden. Letztlich ist es daher nur eine Frage der Periodenabgrenzung, ob der Rabatt bei der Schätzung von Ausgangsumsätzen im Jahr der Gewährung oder im Jahr, auf das er wirtschaftlich entfällt (dies ist regelmäßig das Vorjahr), von den Vorsteuern in Abzug gebracht wird. Über alle Perioden betrachtet ist das rechnerische Ergebnis ident.
Ungeachtet dieser Überlegungen hat unser Klient in Hinblick auf die nunmehr vom BFG erstmals vertretene Steuerpflicht für die Ausgangsumsätze in seinem Rechnungswesen die Umsätze aus der Weiterverrechnung von Roaminggebühren in Österreich erhoben. Diese Daten stehen ab dem Jahr 2016 zur Verfügung. Für die Jahre 2016 bis 2018 ergeben sich dabei unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Umrechnungskurses folgende Ausgangsumsätze (für Detaildaten sowie Ergebnisse bei Anwendung anderer Umrechnungskurse verweisen wir auf Anlage 4).
Weiters hat unser Klient auf Basis der Daten für die Jahre 2020 bis 2013 den Anteil unternehmerischer und nichtunternehmerischer Leistungsempfänger identifiziert. Daraus ergibt sich im Durchschnitt ein Anteil nichtunternehmerischer Leistungsempfänger iHv 80,3% sowie unternehmerischer Leistungsempfänger iHv EUR 19,7%. Für die diesbezüglichen Rohdaten verweisen wir auf Anlage 5. Laut Auskunft unseres Mandanten ist davon auszugehen, dass das Verhältnis unternehmerischer zu nichtunternehmerischen Leistungsempfängern auch in den Vorjahren im Verhältnis 20:80 angesetzt werden kann, da sich die Zusammensetzung der Kunden, welche Roamingleistungen in Anspruch nehmen, nicht wesentlich geändert hat. Diese Annahme ist u.E. ebenso realitätsnah wie ein unternehmerischer Anteil an Kunden iHv 20%. Die Annahme des Finanzamtes, dass es sich bei sämtlichen Kunden von Bf. um Nichtunternehmer handelt, ist demgegenüber u.E. schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung als völlig realitätsfremd anzusehen, da Telekommunikationsleistungen in beträchtlichem Umfang auch von Unternehmern in Anspruch genommen werden.
Da gegenüber unternehmerischen Leistungsempfängern das Reverse Charge-System greift (Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger gem. § 19 Abs1 UStG), sind diese aus der Bemessungsgrundlage der Inlandsumsätze auszuscheiden. Bei einem Anteil der nichtunternehmerischen Leistungsempfänger iHv 80% ergeben sich somit nachstehende Bemessungsgrundlagen und USt-Beträge für die Besteuerung in Österreich:
Ein Vergleich der vorstehend angeführten Umsätze mit den Schätzungen des Finanzamtes bzw. den vorläufigen Berechnungen im Vorhalt zeigt, dass die geschätzte USt (EUR 4.574.94,95 in 2016, EUR 1.477.307,40 in 2017 und EUR 221.743,85 in 2018) zu weitaus überhöhten Steuerfestsetzungen führen würde. Dies ist auch plausibel, da die Schätzungsmethodik des Finanzamtes gerade nicht - wie auch von uns immer beanstandet - berücksichtigt, dass die Vorleistungen um erhaltene Entgeltsminderungen zu kürzen sind und erst dieser Wert (unter Berücksichtigung eines nichtunternehmerischen Kundenanteils iHv 80%) als Basis für eine Schätzung heranzuziehen ist. Die o.a. Zahlen unseres Klienten sind zudem auch deshalb plausibel, weil sie eine relativ kontinuierliche Umsatzentwicklung zeigen. Demgegenüber erscheinen die geschätzten Umsätze auch deshalb unplausibel, weil diese erhebliche Schwankungen von mehreren 100% zwischen den Jahren aufweisen, was auch nicht realistisch ist, da sich das Volumen der in Anspruch genommenen Roamingleistungen typischerweise auf einem etwa gleichbleibenden Niveau entwickeln wird (alle gegenständlichen Zeiträume betreffen noch die Zeit vor dem Corona-Ausbruch, der mutmaßlich mangels Reisebewegungen zu entsprechenden Einbrüchen geführt haben wird).
Wenn - wie gegenständlich aufgrund der vorliegenden Zahlen der Fall - beinahe sämtliche Eingangsrechnungen später gutgeschrieben werden und der Unternehmer von vornherein davon Kenntnis hat, dann ist es u.E. auch - entgegen der Darstellung im Vorhalt - nicht unplausibel, dass ein wirtschaftlich kalkulierender Unternehmer die um die Rabatte gekürzten
Eingangsleistungen als Basis für die Kalkulation seiner Ausgangsumsätze verwendet. Dies wird vielmehr sogar der Regelfall sein, um wirtschaftlich kompetitiv zu sein.
Für den Zeitraum vor 2016 stehen unserem Klienten keine Umsatzzahlen zur Verfügung, da die diesbezüglichen Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind. Die Schätzungsmethodik im Vorhalt erscheint jedoch aus den vorstehende dargestellten Gründen u.E. nicht sachgerecht. Sollte es für den Zeitraum 2012 bis 2014 zu Festzungen von Umsatzsteuer kommen, so können diese Schätzungen aber u.E. nunmehr auf Basis der Umsätze der Jahre 2016 bis 2018 vorgenommen werden. Auf Basis eines annähernd kontinuierlichen bis ansteigenden Geschäftsganges würde dies Umsatzsteuer iHv ca. EUR 300.000 bis 400.000/annum bedeuten.
Entgegen der Darstellung im Vorhalt weisen wir zudem darauf hin, dass unser Klient im Jahr 2015 im Rahmen von Erstattungsanträgen Vorsteuern iHv EUR 3.529.079 geltend gemacht hat.
Die entsprechenden Vorsteuererstattungsanträge liegen dem Finanzamt vor und wurden (rechtskräftig) abweisend beschieden. Dieser Vorsteuerabzug ist jedoch nunmehr im Rahmen des Veranlagungsverfahrens zu gewähren, zumal im Jahr 2017 auch eine sehr hohe Entgeltsminderung durch A. (EUR 3.529.078 VSt - vgl. dazu Punkt 1 lit. a) für den Leistungszeitraum 2016 als Minderung des VSt-Abzugs Berücksichtigung findet.
3. Verfahrensrechtliche Aspekte
Ungeachtet der Höhe der strittigen Rabatte ist die Vorgehensweise des Finanzamtes, hinsichtlich der Entgeltsminderungen eigene Festsetzungsbescheide zu erlassen, welche neben den Vorsteuererstattungsbescheiden bestehen, u.E. verfahrensrechtlich unzulässig. Wir verweisen diesbezüglich auf die Ausführungen in unseren Beschwerden sowie in den Vorlageanträgen. Wir verweisen in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Erkenntnis des BFG vom 23.8.2022, RV/2100079/2022, zu einem vergleichbaren Fall, wonach mit (stattgebenden) Vorsteuererstattungsbescheiden abschließend über einen Zeitraum abgesprochen wird und daher keine USt-Festsetzungsbescheide über den gleichen Zeitraum ergehen dürfen. Diese Thematik stellt sich bei unserem Klienten insbesondere in den Jahren 2012 und 2013, da für diese zunächst eine Vorsteuererstattung gewährt wurde. In weiterer Folge hat das Finanzamt die Verfahren jedoch wiederaufgenommen. Gegen diese u.E. rechtswidrige Wiederaufnahme dieser Verfahren sind Rechtsmittel anhängig. Wir regen daher an, das BFG möge im ersten Schritt über die diesbezüglichen Rechtsmittel entscheiden, da es sich hierbei um eine bedeutende verfahrensrechtliche Vorfrage hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Zulässigkeit der später ergangenen Festsetzungsbescheide handelt.
4. Anregung
Entsprechend den vorstehenden Ausführungen hoffen wir, zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen zu haben. Dies ändert jedoch nichts daran, dass im bisherigen Verfahren des Finanzamtes eklatante Fehler sowohl in Hinblick auf die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes und die Plausibilität der Festsetzungen (insbesondere im Verhältnis Vorleistungen zu späteren Rabatten) passiert sind, als auch, dass das Parteiengehör massiv verletzt wurde. Eine erstmalige Festsetzung von Umsatzsteuer durch das BFG würde für unseren Klienten jedoch einen gänzlichen Entfall der Möglichkeit, im ordentlichen Instanzenzug eine Überprüfung der Entscheidung zu erreichen, bedeuten. Die verfahrensrechtliche Möglichkeit zur Festsetzung von Umsatzsteuer für die Jahre 2012 und 2013 ist zudem noch vom Ausgang eines anderen anhängigen Rechtsmittelverfahrens abhängig (vgl Punkt 3.).
Aus diesem Grund regen wir an, dass das BFG gem. § 278 Abs. 1 BAO kassatorisch entscheiden und die Sache an die Abgabenbehörde zurückverweisen möge. Denn es wird im fortgesetzten Verfahren noch im Detail zu klären sein, wie hoch die Vorleistungen und die Rabatte tatsächlich sind, da trotz der vorstehenden Ausführungen u.E. derzeit von einem unrealistischen Missverhältnis auszugehen ist (praktisch kein VSt-Abzug für unseren Klienten im Gegenzug zur Besteuerung hoher Ausgangsumsätze trotz gleichem Leistungsort für Ein- und Ausgangsumsätze). Die diesbezüglichen Besteuerungsgrundlagen hätten von vornherein im Rahmen einer Betriebsprüfung und unter Wahrung des Parteiengehörs ermittelt werden müssen und nicht im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens.
Alternativ regen wir an, dass das BFG auf eine einvernehmliche Lösung zwischen Finanzamt und Abgabepflichtigem drängen wolle, welche in weiterer Folge in eine Erledigung nach § 300 BAO münden könnte. Wie dargestellt wurde vom Finanzamt bisher im Verfahren jegliches Parteiengehör negiert. Mit entsprechenden Vorgaben des BFG könnte eine diesbezügliche Einigung u.E. aber weiterhin erzielt werden.
Bei allfälligen Rückfragen sehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
…"
Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom 28. März 2023 (OZ. 76) wurden der belangten Behörde die Ergebnisse des bisherigen finanzgerichtlichen Ermittlungsverfahrens mitgeteilt und sie zu weiteren Auskünften veranlasst:
"Bedauerlicherweise konnte in diesem keine ausreichende Sachverhaltsklärung herbeigeführt werden, ob die vom Finanzamt behaupteten Umsatzberichtigungen tatsächlich von den leistenden Telekommunikationsunternehmen der Bf. gewährt wurden.
1. Für die Jahre 2010-2016 sind folgende Vorsteuerberichtigungen (in Euro) nach wie vor strittig:
2010: 995,34 (O.)
2011: 93.765,50 (T.)
2012: 436,06 (T.)
2013: 347,928,74 (T.)
2014: 429.494,33 (A.) (weil die Berichtigung erst ins Jahr 2015 fällt)
193.847,10 (T.)
2016: 377.477,06 (T.)
Von O. wird eine Rabattgewährung in Abrede gestellt und T. habe der Bf. trotz Urgenzen keine Auskünfte erteilt. Von Seiten des Finanzamtes ist lediglich die Beilage zur Beschwerdevorentscheidung als Nachweis für die erhaltenen Rabatte in den vorgelegten Akten. Diese Rabatte werden von der Bf. zum größten Teil als unrichtig (insbes. H. und T.) bestritten. Die belangte Behörde hat es im Rahmen des bisherigen Beschwerdeverfahren bisher vermieden, darauf inhaltlich einzugehen.
2. Ermittlung der Ausgangsumsätze:
Was die schätzungsweise Ermittlung der Ausgangsumsätze anlangt, ist die von der Bf. ermittelte Ausgangsbasis ebenso wie die finanzamtliche Schätzung aus dem Vorsteuersteuervolumen unter Anwendung eines 30% Aufschlages nicht näher überprüfbar.
Abgesehen von der Annahme, dass 20% der Umsätze an Unternehmer erfolgten und daher auszuscheiden wären, bleibt die Ausgangsgröße von der Bf. dargestellten Umsätze eher unsicher.
Nach dem Vorbringen der Bf. sei anzunehmen, dass die (zu einem wesentlichen Teil auch noch bestrittenen) Entgeltsminderungen bei der Weiterverrechnung der Roaminggebühren an ihre Kunden doch Eingang gefunden hätten, weil diese bei der Preisfestlegung gegenüber den Endkunden berücksichtigt würden, da der Mobilfunkanbieter nur bei Zugrundelegung der rabattierten Einkaufspreise seinen Kunden gegenüber wettbewerbsfähige Roamingpreise - insbes. "Roamingpackages" anbieten könne.
Sollte das Finanzamt weiterhin auf die (angeblich) festgestellten Vorsteuerberichtigungen aus gewährten Rabattgutschriften in der vorhin erwähnten Höhe festhalten, müssten entsprechend seiner Darlegungspflicht diese durch entsprechend nachvollziehbare und der Bf. vorzuhaltende Beweismittel belegt werden. Ohne Abklärung der angeblich gewährten oder nicht gewährten Rabatte kann ein Besteuerungsergebnis im Schätzungswege nicht einmal ansatzweise ermittelt werden.
Gemäß § 269 Abs. 2 BAO können Verwaltungsgerichte das zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes erforderliche Ermittlungsverfahren durch eine von ihnen selbst zu bestimmende Abgabenbehörde durchführen oder ergänzen lassen.
Daher wird das Finanzamt Österreich aufgefordert, selbst oder durch das Finanzamt für Großbetriebe im Wege einer durchzuführenden Nachschau und Bucheinsicht (Auszüge aus den Kontoblättern) festzustellen, welche Umsatzberichtigungen aus gewährten Rabatten die leistenden Telekommunikationsunternehmen (T. und H.) in den oa. Jahren aus der Geschäftsbeziehung mit der Bf. in den Steuererklärungen gegenüber der Abgabenbehörde geltend gemacht bzw. und wie diese gegenüber der Bf. als Kundin gutgeschrieben oder verrechnet wurden.
…"
Mit Schreiben vom 9. Juni 2023 (OZ. 84) nahm die belangte Behörde zum Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom 28. März 2023 wie folgt Stellung:
" …
P.1. Rabattgewährung/ Umsatzsteuerberichtigung(en):
1.1. Nach Offenlegung von T.- Gutschriftsbeträgen in den Jahren 2016, 2017 und 2018, im Anhang der Vorhaltsbeantwortung vom 15.3.2023, bestätigt (hier: im Jahr 2016) iHv netto EUR 2.387.656,87 und 20% USt, welche zu (erhöhten) T.- § 16- Berichtigungen iHv EUR 477.531,37 (bisher ho. bekannt EUR 377.477,06) führen, wurden diese (auch) in die Blg. "Korr./bea. U-Festsetzung nach Offenlegung im Anhang v 15.3.2023" eingearbeitet/ 2016 hinzugerechnet (vgl. Anhang).
1.2. Zu den übrigen - noch strittigen - Gutschriften von D. (2010) und insbesondere von T. (2011-2014), wird ausgeführt:
Auf Basis von zwischen der Konzernmutter des österreichischen Telekomunternehmers und dem Drittstaatstelekommunikationsunternehmer geschlossener Rabattvereinbarungen kommt es zur nachträglichen Rabattierung von Roamingdienstleistungen, wobei der Rabatt über die Konzernmutter verrechnet/ weitergeleitet wird. Die Gutschrifts-Infomationen ("Credit Information") der Deutschen T. weisen üblicherweise auf S. 1 sämtliche Gutschriften einer Gruppe (Subject: Settlement of Interoperator Discounts DTAG/...), d.h. auf der Vorderseite der Schreiben gesamt, VAT %/ von allen Ländern, auf. Aus diesen Bestätigungen ("This document is not a VAT document") kann man dann z.B. auf Seite 2 ff den österreichischen Anteil des Rabattes (z.B. Austria 30%) ersehen - die darüberhinausgehenden Gutschriften betreffen dann jeweils andere Staaten.
Die Deutsche T. ist für die Mitgliedsunternehmen die Clearingstelle und berechnet lediglich die Rabatte für die Vertragsteilnehmer - es wurden nachträglich Rabattierungen/"Discounts" in Form von Rabattgutschriften von bis zu 97 % ausgestellt. Diese oa. Rabattgutschriften wurden oft erst Jahre später ausgestellt, das Datum der Gutschrift korrespondiert nicht mit dem Leistungszeitraum - darüber hinaus wurden oft in einer Gutschrift mehrere Leistungszeiträume abgedeckt. Diese Leistungszeiträume sind wiederum nicht deckungsgleich mit dem in den Erstattungsanträgen beantragten Zeiträumen. Bei T. wurden Gutschriften in Höhe von € xx,xx berichtigt und resultiert daraus eine Umsatzsteuerkürzung in Österreich in Höhe von € xx,xx. Diesen Betrag hat der österr. Telekommunikationsanbieter auch von der österr. Finanzverwaltung rückerstattet bekommen. Eine Verpflichtung zur Belegerteilung seitens des Leistenden besteht hier nicht. Die Gutschriften wurden "physisch" nicht korrigiert, sondern nur als inklusive Umsatzsteuer kommuniziert, sodass der ausländische TK-Unternehmer/ die Bf. die Gutschriften brutto/als inklusive Umsatzsteuer betrachten musste und die Gutschriften/ § 16-Berichtigungen in Abzug bringen hätte müssen. Dh., diese (üblichen, in vielen anderen TK-Fällen ho. vorgelegten) Credit Informationen der D. müssen auch bei der Bf. vorhanden sein und wird dbzgl. nochmals angemerkt, dass auch bei bloß erhaltenen/rückgewährten EUR- (Telekom)Entgelten/ Rabatten/ Gutschriften/ Discounts, d.h. eben auch solchen Schreiben/ohne "Rechnung"/ ohne MwSt-Ausweis, diese durch den Leistungsempfänger/ die Bf. selbst (!) herausgerechnet und an das Finanzamt abgeführt werden muss bzw. wären diese (USt/VSt aus) Rabattgutschriften bei den ho. eingereichten Erstattungsanträgen U5 von den ausländischen Netzanbietern in Abzug zu bringen gewesen. Insofern das Finanzamt Österreich nunmehr aufgefordert wird, selbst oder durch das Finanzamt für Großbetriebe im Wege einer durchzuführenden Nachschau und Bucheinsicht (Auszüge aus den Kontoblättern) festzustellen, welche Umsatzberichtigungen aus gewährten Rabatten die leistenden Telekommunikationsunternehmen (A., T. und H.) in den oa. Jahren aus der Geschäftsbeziehung mit der Bf. in den Steuererklärungen gegenüber der Abgabenbehörde geltend gemacht bzw. und wie diese gegenüber der Bf. als Kundin gutgeschrieben oder verrechnet wurden, wird ausgeführt, dass eben dies bereits - nachweislich überprüft - erfolgt ist und nimmt die Finanzverwaltung zu den USt- bzw. Vorsteuerberichtigungen gem.. § 16 UStG 1994 in den Jahren 2010 ff nochmals wie folgt Stellung: Bereits im September 2016, mit Erhebungsauftrag gemäß § 143 Bundesabgabenordnung (BAO) bzw. wiederholt - nach BMF-Besprechung am 24. Oktober 2016 zum Thema: Vorsteuererstattung/ Telekommunikationsdienstleistungen Drittstaaten/ Umsatzsteuerausfall durch (bloße) Umsatzsteuerberichtigungen wegen/nach nachträglich gewährter Rabatte - im Februar 2017 wurde u.a. das österreichische Telekommunikationsunternehmen D. aufgefordert, für den Zeitraum 2010 bis 2016 eine vollständige Kundenliste ausländischer Telekommunikationsunternehmen, die Gutschriften erhalten haben und/oder erhalten, mit Angabe der Firmen- und Rechnungsadresse, sowie Discount-Verträge bzw. Berechnungsbeispiele für die nachträglichen Rabattgutschriften - eine offenbar ab 2010 übliche Vorgangsweise in der TK-Branche - an die drei größten Drittlands(TK)-kunden, jeweils mit Anhang der ausgestellten Gutschriften und der jeweiligen Debitoren- und/oder Kreditorenkonten samt Zahlungsbelegen und -nachweisen auf dem Bankauszug beizubringen.
Nach mehreren Vorhalten an T. wurde festgestellt, dass (von der Kunden- Liste des ersten Erhebungsauftrages betreffend den Zeitraum 2010 bis 2015) nur an ein einziges ausländisches Telekommunikations-Unternehmen mit Umsatzsteuer fakturiert wurde (nicht an die Bf), d.h. an alle anderen ausländischen Telekommunikationsunternehmen die Gutschriften ohne Umsatzsteuer ausgestellt wurden. In einer Vorhaltsbeantwortung vom März 2017 wurde dazu lediglich ausgeführt, es gäbe tw. in beiden Richtungen ein Send-or-Pay Commitment, die Volumen werden mit den jeweiligen Discount Raten multipliziert und die daraus resultierenden Kosten mit dem Send-or-Pay Commitment Betrag verglichen. Sei das Commitment höher als die final berechneten Kosten, dann ergäbe sich der Discount aus den bereits verrechneten Kosten abzüglich dem Commitment - sei das Commitment geringer als die final berechneten Kosten, ergäbe sich der Discount aus den bereits verrechneten Kosten abzüglich final berechneter Kosten. Weiters gäbe es Volume Thresholds für Voice und Data, d.h. werde eine bestimmte Schwelle für einen Service überschritten, sei die Discount Rate für die darüberliegenden Volumen geringer bzw. u.a. ein Minimum Payment Commitment. Um die Höhe der nachträglich gewährten Roaming-Gutschriften an ausländische TK- GeseIIschäften, ua. auch von D. GmbH (vormals O. GmbH, nunmehr: H. GmbH, Österreich), zu erheben und für die UMA-Prüfung aufzubereiten, wurde die Großbetriebsprüfung Standort Wien - IT-Systemprüfung eingebunden (aus GBP-IT-Prüfungsbericht vom 4.12.2017).
Angefordert wurde eine Liste sämtlicher Kunden bzw. deren Debitorenkonten (inkl. Gutschriften), die in einem Drittland ein Telekommunikationsunternehmen, soweit es mit diesen Unternehmen Abrechnungen und Gutschriften gibt, mit sämtlichen Gutschriften pro Jahr (mit und ohne Umsatzsteuer und inklusive dem Leistungszeitraum), die an sämtliche ausländische Telekommunikationsunternehmen (in Drittstaaten) ausgestellt bzw. die von ausländischen Telekommunikationsunternehmen an ihre Unternehmen ausgestellt wurden. Übergeben wurden erstmal Excel-Arbeitsmappen mit nicht durchgängig gleich strukturierten Arbeitsblättern, die damit für eine Bearbeitung in der Prüfsoftware ACL nicht geeignet waren - nach diversen Besprechungen schlussendlich Daten in benötigter Form (Struktur, Format). Sämtliche übergebenen Daten wurden in die Prüfsoftware ACL eingelesen. Keiner der übergebenen Datenbestände beinhaltete aber die Steuernummern der angeführten Unternehmen. Der Versuch des Erhebungsdienstes, diese Steuernummern in mehreren zeit- und personalaufwändigen Arbeitsschritten zu ermitteln, scheiterte u.a. an bis zur Unkenntlichkeit verkürzten Firmennamen in den DB2-Daten, abweichende Firmenadressen etc., sodass dbzgl. für die Richtigkeit der Zuordnung nicht garantiert werden konnte. Es wurde jedoch der sogenannten TAP- oder TADIG-Code als ein eindeutiges Identifikationskriterium erkannt und die weltweite Eindeutigkeit dieses Codes von allen österr. TK-Betreibern bestätigt. In der Prüfsoftware ACL wurden nun die drei Tabellen für die jeweiligen (drei) österr. TK-Betreiber in entsprechende (nahezu gleiche) Form gebracht, um eine Auswertung unternehmensübergreifend zu erleichtern; ein Zusammenfügen aller drei Datenbestände war aufgrund der sehr unterschiedlichen Datenstruktur nicht möglich. Diese Daten wurden zur Übermittlung in Excel-Tabellen folgenden Aussehens exportiert und anschließend auf Anforderung in folgender Weise aufbereitet: TADIG - Name des Stpfl - Jahr(e) USt-Berichtigungen - Gesamtergebnis. Die diesen Daten zugrundeliegenden Rohdaten aus dem Jahr 2017 sind in der IT derzeit nicht mehr vorhanden, wurden im Jahr 2020 gelöscht.
Die oa. ho. vorliegenden Zusammenfassungen (zB Berechnungsblatt Bf.) It. GBP-IT- Liste 11/2017 sind Ergebnisse aus diesen anher bekannt gegebenen originalen Rohdaten und wurden mittlerweile in einer Anzahl von Fällen überprüft, verglichen und für richtig befunden. Ergebnisse betreffend andere Firmen aus eben diesen Rohdaten konnten einwandfrei nachvollzogen werden; weiter wurden logische Überprüfungen der übergebenen Datenmenge (z.B. Abgleich ausgewertete mit den übergebenen Daten, Summenüberprüfung etc.) vorgenommen. Nach mehrmaliger/erneuter Filterung/Sortierung der oa./anher übermittelten GBP-IT-Liste 11/2017 ergibt sich für den TADIG-Code der Bf. im Jahr 2014 (auch) eine Umsatzsteuerberichtigung (=Vorsteuerberichtigung wegen nachträglich gewährter Rabatte gem.. § 16 UStG 1994) durch/von Al iHv unstrittig EUR 429.494,33.
Strittig ist It. Vorhaltsbeantwortung vom 15.3.2023, S. 2 betreffend A.-Rabatten nunmehr bloß die ZUORDNUNG an A.-VSt-Berichtigung iHv unstrittig EUR 429.494,33
*lt GBP-IT/FAÖ ins Jahr 2014 oder
*lt. Bf. in das einzig nicht angefochtene/ bisher ustrl. noch nicht veranlagte Jahr 2015, zumal hier ho. lediglich die beantragten U5-Beträge (s.u.) abgewiesen bzw. seitens der GBP keine §16 UStG-Berichtigungen anher gemeldet wurden! Wh, ua. auch bereits im Erstbescheid betr. Abweisung des Antrags über die Erstattung von Vorsteuern (U5) 01-03/2015 vom 3.5.2018 (!), wurde darauf hingewiesen, dass die Bf. - Rechtslage ab 1.1.2010 - in Österreich steuerbare und steuerpflichtige Leistungen habe, die das Erstattungsverfahren ausschließen, d.h. ihre Umsätze im allgemeinen Umsatzsteuerveranlagungsverfahren zu erklären (§ 21 Abs. 4 UStG 1994) und bekomme auch (nur) dort die Vorsteuern aus der Rechnung des österr. Netzbetreibers. Eine Umsatzsteuer-Voranmeldung/ -erklärung unter Berücksichtigung des Gewinnaufschlags bzw. erhaltener Rabatte sei abzugeben (Tadig-Code: Bf.).
Ho. ersichtlich sind die U5-Anträge 2015 iHv gesamt EUR 3.529.080,86 für
1-3/2015 iHv EUR 361.669,97,
4-6/2015 iHv EUR 466.069,97,
7-9/2015 iHv EUR 2.113.982,87 und
10-12/2018 iHv EUR 587.358,05.
Ein U5-Antrag 1-12/2015 wurde nicht mehr eingereicht. Bis dato wurde (auch) keine U-Erklärung 2015 abgegeben der unstrittige § 16 UStG-Betrag iHv EUR 429.494,33 wurde in keinem (!) U5-Antrag 2015 abgerechnet und (bis dato) auch nicht anher überwiesen!
Die in der Stellungnahme vom 15.3.2023 (bloß) angeführte A. -Bestätigung vom 15.4.2015 (?) liegt ho. nicht vor/ wurde offenbar auch dem BFG nicht übermittelt - vielmehr erscheint das dbzgl. Vorbringen daher eher als reine Schutzbehauptung zur Verfahrensverzögerung (wie auch die Anregung § 278 Abs. 1 BAO) bzw. um den oa. unstrittigen VSt- Berichtigungsbetrag aus diesem BFG-Verfahren in das ustrl. nichtveranlagte Jahr 2015 "auszulagern".
Auf die Big "ENTWURF Umsatzschätzung gem. § 184 BAO bei Bf. (TADIG: Bf.)" zu U 2015 wird verwiesen (USt Zahllast EUR 1.058.724,13).
Für die Richtigkeit der noch strittigen Vorsteuerberichtigungsbeträge nach erhaltenen Rabatten für 2010ff spricht nach Ansicht der Finanzverwaltung aber auch Folgendes:
Es gibt (ho. auch andere) TK-Fälle, in denen die Vorsteuerberichtigungen höher als die beantragten Vorsteuern in U5 sind - sei es, dass auf diese Vorsteuern einfach "vergessen" oder diese aus irgendwelchen (wirtschaftlichen?) Gründen nicht geltend gemacht/mittels Formular U5 ho. zur Vorsteuererstattung beantragt wurden. Dieser Umstand ist jedoch in Hinblick auf § 16 UStG 1994 unbeachtlich.
Diesbezüglich wird auf BFG vom 23.3.2022, GZ. RV/2100108/2020 verwiesen, wonach die Pflicht zur Berichtigung von Vorsteuern infolge Minderung des Entgelts in- und ausländische Unternehmer trifft und die Tatsache, dass für Zeiträume, in denen Vorsteuern in Rechnung gestellt wurden, keine Erstattungsanträge eingereicht wurden, unbeachtlich ist, weil durch die Inanspruchnahme inländischer Roamingleistungen (Vorsteuerabzug) davon auszugehen ist, dass Inlandsumsätze aus der Zurverfügungstellung des inländischen Mobiltelefonnetzes an ausländische Kunden erzielt wurden. Ebenso:
BFG vom 13.04.2022, RV/2100410/2019 und BFG vom 17.05.2022, RV/2100143/2019 zur Vorsteuerabzugsberichtigung trotz nicht eingereichter Steuererklärungen in den Vorjahren: Eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges iSd § 16 UStG 1994 ist auch dann vorzunehmen, wenn in den Vorjahren trotz Ausführung von Umsätzen keine Steuererklärungen eingereicht wurden. Ähnlich wie in § 22 UStG 1994 vorgesehen, ist nämlich von einer Versteuerung der Umsätze und dem Abzug der Vorsteuern in zumindest derselben Höhe auszugehen.
Nochmals bemerkt wird, dass das GBP-IT-Zahlenmaterial in allen übrigen (bisher) erhobenen TK-Fällen für die Jahre 2010ff (kommastellengenau) korrekt (wie oa. ausgeführt anher übermittelt) übereinstimmt. Die im November 2017 ermittelten GBP-IT-Daten stammen zur Gänze von den (drei) österr. TK-Betreibern, die Auswertungen wurden nach aufwändigen/ mehrmonatig dauernden und mehrmaligen Abgleichungen mit diesen Betreibern abgestimmt und den errechneten Gutschriften und USt-Beträgen von den drei Betreibern explizit zugestimmt. Dh., jene Rabattbeträge, die die drittländischen TK-Unternehmen von den österr. TK- Unternehmen erhalten haben, hat das FA Graz-Stadt, nunmehr FAÖ DS 68, vollständig und lückenlos von der GBP-IT erhalten und wurden diese Zahlen als Umsatzsteuerberichtigungen gemäß § 16 UStG 1994 anerkannt. Die Rabatte wurden meist mehrere Jahre später und dann gleich für mehrere vorangegangene Jahre gewährt und besteht ho. kein Zweifel an der Höhe der Gutschriften bzw. Discounts. Eventuelle Fehler könnten daher allenfalls nur in den der GBP-IT 2017 vorgelegten Rohdaten liegen.
Schlüssig erscheint aber im ggstl. TK-Fall das jew. Verhältnis nachträglich gewährter Rabatte/VSt-Berichtigungen iSd § 16 UStG zu den (zuvor) beantragten U5-VSt: vgl. ENTWURF Umsatzschätzung gem.. § 184 BAO bei Bf. (TADIG: Bf. )"/ Übersicht - (mind.) Berechnung 2010-2018, uzw.
Gesamt ergeben sich sohin idJ 2012-2015 beantragte U5-Vorsteuern iHv EUR 7.405.846,43 nachträgl. gew. Rabatten/VSt-Berichtigungen iHv EUR 5.958.706,28 (2013-2016).
Diese Beträge sind nach Ansicht der Finanzverwaltung nachvollziehbar und würden auch der Ende 2016 erkannten TK-(Vorsteuerbetrugs-)Praxis entsprechen - dass es bei österr. Telekomanbietern auf Grund gewährter Rabatte zur Minderung der Bemessungsgrundlage (§ 16 UStG 1994) gekommen ist, die Vorsteuererstattung bei Drittlands-Telekomunternehmern jedoch nicht korrigiert/bekannt gegeben wurde und sich dadurch ein Umsatzsteuerausfall in (Mio.-) Höhe ergab. Nach ho. Vorhalt und Hinweis auf "aufbewahrungspflichtige Zeiträume", d.h. es sei It. T. nur mehr eine Lieferung von Daten für die Jahre ab 2016 (an das FAÖ!) möglich, wäre es nach Ansicht der Finanzverwaltung aber längst Sache der Bf. gewesen, sämtliche in den Jahren 2010ff ausgestellten und erhaltenen Rabattgutschriften (vgl. auch Schreiben von D., s.o.) mit TADIG-Code: Bf. bei den inländischen Telekombetreibern beizuschaffen sowie diese Gutschriften durch entsprechende Ausdrucke aus den geführten Kundenkonten nachvollziehbar zu bescheinigen und von diesen österr. TK-Betreibern eine entsprechende "Vollständigkeitserklärung" vorzulegen, dass nur diese Rabatte gewährt und der Abgabenbehörde in den Steuererklärungen als Umsatz(steuer-) Berichtigungen der steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze nach § 16 UStG 1994 geltend gemacht wurden (Anm.: auch und insbesondere für do. STRNR zur Kenntnis/Überprüfung bzw. weiteren Veranlassung betr. des Differenzbetrages von gesamt EUR 1.013.454,46 von T. - nunmehr jedoch bestätigt für 2016: EUR 477.531,37, vgl. Offenlegung von T Gutschriftsbeträgen im Anhang der Vorhaltsbeantwortung vom 15.3.2023, Rabattgewährung netto EUR 2.387.656,87 und 20% USt i.H.v. EUR 477.531,37 - vgl. Anhang Berechnungsbeilage). Auf die erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten, insbesondere die Beweisvorsorgepflicht und Beweismittelbeschaffungspflicht, wird verwiesen.
Anm: VAT-offices (hier V. GROUP S.A.R.L. in J., South Africa, Zahlung erbeten an Barclays Bank Plc, Isle of Man) betrieben massives Marketing bei den TK-Firmen und boten dort ihre Dienste an - für das Entgegennehmen und Weiterreichen der Unterlagen/ Rechnungen verrechneten sie eine Provision in Höhe von 10 %. Diese VAT-offices konzentrierten sich aber nur auf gewisse Länder - so auch auf Österreich, wo sie aus Erfahrungen bereits wussten, dass ihre U5/Erstattungsanträge "erfolgreich" sind. Bei den Erstattungsanträgen, vor allem den arabischen Raum betreffend, ließ sich auf Basis der eingereichten Erstattungsanträge erkennen, dass im Laufe der Jahre immer neue Länder dazugekommen sind, die ihre Erstattungsanträge in Österreich eingereicht haben und ist auch aufgefallen, dass man am Anfang nur geringe Erstattungsbeträge/-anträge einreichte. Bei "Erfolg", d.h. wenn die Beträge/Vorsteuern rückerstattet wurden, stiegen die beantragten Vorsteuerbeträge oft plötzlich sehr hoch. Für andere Länder, d.h. dort, wo die Vorsteuer- Erstattungsanträge sehr aufwendig sind, boten diese VAT-offices ihre Dienstleistungen nicht an, da ihre Honorare ausschließlich erfolgsabhängig sind.
Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auf den Doppelantrag U5 7-9/2016 und U5 10- 12/2016, EUR 2.542.920,82 - wiederholt beantragt in U5 1-12/2016 (vgl. Big).
ANTRAG:
Nach Offenlegung von T.- Gutschriftsbeträgen im Anhang der Vorhaltsbeantwortung vom 15.3.2023, welche zu nunmehr bestätigten (höheren) nachträglichen T.- § 16-Berichtigungen iHv EUR 477.531,37 (2016) führen und in die Big "Korr./bea. U-Festsetzung nach Offenlegung im Anhang v 15.3.2023" eingearbeitet/ hinzugerechnet wurden, wird nunmehr beantragt, die Umsatzsteuer 2016 (vgl. § 253 BAO) i.H.v. mind. EUR 5.733.855,57 festzusetzen.
P.2. schätzungsweise Ermittlung der Ausgangsumsätze:
Zur ho. Berechnung/Umsatzsteuerschätzung/ Aufschlägen wird auf die Berechnungsbeilage zu U 2016, aber auch auf die ho. Stellungnahme vom 6.6.2023 zu GZ RV/2100046/2023 betreffend U 2017 und U 2018 verwiesen:
"Zur Plausibilisierung der Aufschläge hat die belangte Behörde Auskunftsersuchen an österreichische Telekommunikationsunternehmen verschickt und eine Aufstellung ihrer Aufschläge bei den Roaminggebühren in den gegenständlichen Jahren abverlangt. Mit Antwortschreiben vom 28.2.2023 wurde ua. bekanntgegeben, dass nur Daten für die Jahre ab 2016 geliefert werden können ("aufbewahrungspflichtige Zeiträume"). Eine Darstellung pro Einheit sei für Roaming nicht möglich, daher wurde eine Gesamtaufstellung der Kosten ("Cost") und der Einnahmen ("Revenue") iZm verrechneten Roaminggebühren vorgelegt. Dabei ergibt sich bei Telefongesprächen ein Aufschlag von 174%, bei SMS ein Aufschlag von 202% und bei Datenvolumen sogar ein Aufschlag von 651%.
Der durchschnittliche Aufschlag beträgt daher 342%. Die Roaminggebühren für Datenvolumen machen in absoluten Zahlen den größten Teil der Einnahmen aus. Einkaufspreise werden laut Antwortmail vom 14.3.2023 auf Minutenbasis bzw. MB vereinbart. In diesem Einkaufspreis müssen sowohl die variablen Entgelte als auch die Paketpreise Deckung finden. Es ist eindeutig erkennbar, dass die Aufschläge in den gegenständlichen Jahren weit über 30% betragen haben.
Die hohen Kosten bei Handynutzung im Drittland kann man auch noch anhand der derzeitigen Preise erkennen, so ist auf der Homepage von A. bzw. M. ersichtlich, dass ein abgehendes Gespräch/Telefonat in den V. € 4,99/Min bzw. € 3,49 kostet. Innerhalb der EU wird der gleiche Preis wie für Inlandstelefonate verrechnet (Zone 1 € 0,00), in Drittländern der Zone 2 wird für ankommende Gespräche € 1,49/Min, in der Zone 3 bzw. 5 (betreffend V.) € 2,49/Min, für Datenvolumen - hier über E. - € 15,00/MB bzw. € 15,36/MB verrechnet (Anm.: innerhalb der EU gilt der gleiche Preis wie in Österreich € 0,00/MB).
Die Aufschläge für Roaming sind und waren weltweit extrem hoch, wie die obige Darstellung aus Sicht eines österreichischen Kunden, der im Ausland telefoniert bzw. im Internet surft, eindeutig zeigt und wäre es wäre weltfremd zu glauben, dass es umgekehrt aus Sicht eines VAE-Kunden anders ist. Die bisherigen Aufschläge von 30% sind nach den obigen Ausführungen isoliert betrachtet sicherlich deutlich zu niedrig.
Festgehalten wird, dass die Bf. bisher zum Ausmaß der unternehmerischen Kunden (nunmehr geschätzt i.H.v. 20%) keinerlei Unterlagen vorgelegt hat. Auch wenn es durchaus glaubwürdig ist, dass keine exakte Feststellung der Anzahl der unternehmerischen Kunden möglich ist, verfügt die Beschwerdeführerin über Daten die eine Schätzung erleichtern würden (Gesellschaft oder natürliche Person als Kunde, Anzahl der Telefonnummer, Häufigkeit der Aufenthalte in Österreich, etc.). Die Nutzung in Österreich müsste jedenfalls den einzelnen Kunden zugeordnet werden können, insbesondere bei den Umsätzen, die den Kunden direkt verrechnet wurden.
Trotz der fehlenden Mitwirkung der Beschwerdeführerin wäre es unrealistisch zu behaupten, dass es keinerlei unternehmerische Kunden gegeben hat, die in Österreich das Handy genutzt haben. Dies wurde auch bereits bisher in den sehr niedrigen Aufschlägen berücksichtigt (siehe oben). Im äußerst niedrigen Aufschlag von 30% ist bereits eine bestimmte Anzahl an unternehmerischen Kunden berücksichtigt.
Es wird noch einmal festgehalten, dass weiterhin keinerlei Nachweise bzw. Beweismittel über die Qualifikation der Leistungsempfänger vorgelegt wurden. Außerdem haftet der leistende Unternehmer gem.. § 19 Abs. 1 letzter Satz UStG für die Umsatzsteuer. Nachdem die Bf. in den streitgegenständlichen Jahren selbst die Steuerpflicht in Österreich bestritten und somit auch keine Rechnungen mit Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld ausgestellt hat, kann ausgeschlossen werden, dass die Leistungsempfänger tatsächlich die Umsatzsteuer abgeführt haben. Mangels Vorlage einer entsprechenden Kundenliste kann auch nicht festgestellt werden, ob bzw. in welchem Ausmaß die unternehmerischen Leistungsempfänger Recht auf Vorsteuerabzug hatten. Einem Ausscheiden von einem gewissen Prozentsatz von Umsätzen für unternehmerische Leistungsempfänger kann die belangte Behörde daher nicht zustimmen.
Betrachtet man die beiden Punkte isoliert, dann müsste jedenfalls ein deutlich höherer Aufschlag berücksichtigt werden (vgl. der durchschnittliche Aufschlag beträgt 342%). Gleichzeitig könnte dann ein bestimmter Prozentsatz an unternehmerischen Kunden berücksichtigt werden, wobei bei unternehmerischen Kunden davon auszugehen ist, dass insbesondere größere Unternehmen eher Roamingpakete in Anspruch nehmen und somit der Anteil an den Umsätzen hinsichtlich der Höhe niedriger ist. Mangels Vorlage von Unterlagen bewegt man sich bei der Schätzung der unternehmerischen Kunden allerdings völlig im Dunkeln.
Eine Reduktion der Aufschläge bei gleichzeitigem Ausscheiden eines Anteils der Umsätze als RC-Umsätze würde nach Ansicht der belangten Behörde zu einem wirklichkeitsfremden Ergebnis führen. Ziel der Schätzung ist immer, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen (vgl. zB VwGH 22.3.2010, 2007/15/0265; 29.4.2010, 2008/15/0122; 11.6.2021, Ro 2020/13/0005), somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (zB VwGH 21.10.2015, 2012/13/0097). Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent (siehe zB. VwGH 23.4.2014, Ro 2014/13/0022). Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (siehe zB. VwGH 11.6.2021, Ro 2020/13/0005). Unter der Berücksichtigung der vorhandenen Informationen über Roaminggebühren im Drittland erscheint die bisher vorgenommene Umsatzschätzung der belangten Behörde sich jedenfalls im unteren Bereich des Möglichen zu bewegen."
ANTRAG (Zsfg): Unter Hinweis auf die Big "ENTWURF Umsatzschätzung gem. § 184 BAO bei Bf. (TADIG: Bf.)"/ ho. Übersichttabellen mit (vorab berechneter) Umsatzschätzung (Gewährung der beantragten VSt, 30%iger Gewinnaufschlag nach/auf Grund der Hochrechnung der beantragten U5-VSt sowie Hinzurechnung der VSt-Berichtigungen gem. § 16 UStG 1994) für die Jahre 2010-2018 (dzt. angefochten: FSU-Bescheide für 01-12/xx) wird- zumindest, vgl. Durchschnittsaufschlag 342% (!) die dbzgl. U-Festsetzung 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2016 (bzw. 2017 und 2018, vgl. GZ RV/2100046/2023) beantragt.
…"
Die beigefügte Tabelle mit dem Schätzungsantrag des Finanzamtes hat folgendes Aussehen:
Mit Vorhalt vom 27. Juni 2023 (OZ. 87) wurde die Bf. aufgefordert, zu den oa. Äußerungen des Finanzamtes vom 9.6.2023 und seiner Ergänzung vom 12.6.2023 Stellung zu nehmen. U.a. wurde Folgendes ausgeführt:
"Aus der Ergänzung geht hervor, dass die für das Jahr 2012 gewährten Discounts am 27.3.2014 verbucht und gewährt wurden, weshalb vorerst davon auszugehen ist, dass die Entgeltsminderungen im Jahr 2014 und nicht im Jahr 2015 stattgefunden haben.
Abgesehen davon wurde keine entsprechende Gutschriftsnote der A. vom 15.4.2015, sondern lediglich ein E-Mail eines bulgarischen Sachbearbeiters der A. vorgelegt. Entsprechend einer anderen unter OZ. 8 im Akt einliegenden Creditnote Nr. 2516599572 vom 11.5.2017 über brutto 19.720.054,62 € geht im Zusammenhang mit Ihrem vorgelegten lt. E Mail vom 21.2.2023 (als Beilage zur Vorhaltsbeantwortung) hervor, dass diese am 12.7.2017 verbucht wurde. Da die Verbuchung dieser Gutschrift bereits zwei Monate später erfolgt ist ("Settled on") erscheint es unwahrscheinlich, dass die Gutschrift vom 27.3.2014 erst am 15.4.2015 in den von Ihnen reklamierten Fall des angeblichen Discounts vom 15.4.2015 erst ein Jahr später verbucht und der Bf. übersandt wurde.
…"
Mit Schreiben der Bf. vom 27. Juli 2023 (OZ. 94) wurde der Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom 27. Juni 2023 (OZ. 87) wie folgt beantwortet:
"1. Keine Bekanntgabe von Rabatten durch T.:
Vorauszuschicken ist, dass nicht nachvollziehbar ist, weshalb das Finanzamt in seinen Vorhaltsbeantwortungen vom 06.06.2023 und 09.06.2023 davon ausgeht, dass per "Offenlegung vom 15.03.2023" Rabatte, welche in den Jahren 2016 bis 2018 von T. gewährt worden wären, bekanntgegeben wurden. Weder im Schriftsatz vom 15.03.2023 noch in dessen Anlage noch in einem sonstigen Schriftsatz bzw. dessen Anlage wurden von uns Rabatte bzw. Credit Notes von T. bekanntgegeben, da unser Mandant in den betroffenen Jahren auskunftsgemäß keine nachträglichen Rabatte von T. erhalten hat.
In der Vorhaltsbeantwortung vom 15.03.2023 wurde vielmehr bereits dargelegt, dass etwaige Rabatte von T. auch keine Deckung in dem Gesamtbetrag der von 2012 bis 2018 geltend gemachten Vorsteuern finden würden, sodass die angebliche Existenz derartiger Gutschriften auch wirtschaftlich nicht schlüssig erscheint.
Im Übrigen verweisen wir auf unsere diesbezüglichen Ausführungen im Schriftsatz vom 15.03.2023.
2. Zuordnung der Gutschrift von A. für 2012:
Wegen des Ablaufs der Aufbewahrungspflichten im Ansässigkeitsstaat unseres Mandanten kann die von A. für 2012 ausgestellte Gutschrift in Höhe von EUR 2.576.966 (brutto) nicht mehr vorgelegt werden. Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass die Gutschrift in zeitlicher Nähe zur 2015 zum vorgenommenen "Settling" ausgestellt wurde - eine zeitnahe Vornahme des "Settlings" würde auch den GoB (siehe dazu auch gleich Punkt 3.) entsprechen. UE ist daher sehr wohl anzunehmen, dass betreffende Gutschrift im Jahr 2015 und nicht wie vom Finanzamt angenommen 2014 ausgestellt wurde. Wir gehen daher auch davon aus, dass sie im Veranlagungszeitraum 2015 (für den noch kein Umsatzsteuerbescheid ergangen ist) zu berücksichtigen wäre. Da dieser aber nicht verfahrensgegenständlich ist, wird im Weiteren verzichtet gesondert auf dieses Jahr einzugehen.
Ergänzend sei erklärt, dass - wie auch das Finanzamt richtigerweise ausgeführt hat - die technische und zumeist auch finanzielle Abwicklung von Roamingdienstleistungen üblicherweise von sogenannten Clearingstellen vorgenommen wird. Diese ermitteln einerseits das wechselseitige Roamingvolumen und nehmen in der Regel auch eine entsprechende Aufrechnung vor - in der Folge wird dann nur mehr die ausstehende Differenz überwiesen. Clearingstellen übernehmen auch die Abwicklung von Rabattvereinbarungen; das "Settling" betrifft genau diese Aufrechnung. Die in der Beilage zum Vorhalt vom 15.03.2023 übermittelte Bestätigung von A. wurde von der zuständigen Clearingsstelle ausgestellt, da alle diesbezüglichen Informationen bei dieser vorliegen.
Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass die betreffende Gutschrift vom Finanzamt ebenfalls nicht vorgelegt werden konnte und es sich sohin gleichermaßen um eine unbewiesene Prozessbehauptung handelt. Zur diesbezüglichen Beweispflicht wurde bereits umfassend Stellung genommen.
3. Keine Schätzungsbefugnis wegen Offenlegung von Ausgangsumsätzen (2016-2018):
Mit Vorhaltsbeantwortung vom 15.03.2023 wurden von unserem Mandanten die in den Jahren 2016 bis 2018 mit in Österreich ausgeführten Roamingdienstleistungen erzielten Umsätze bekanntgeben. Da unser Mandant an der Abu Dhabi Securities Exchange zu ISIN AEE xxx notiert ist, unterliegt er Buchhaltungs- und Reportingstandards, welche jenen Standards, denen an der Börse Wien notierte Unternehmen unterliegen, vergleichbar sind. Aus diesem Grund gilt die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit des § 163 Abs. 1 BAO für vorgelegten Umsatzzahlen und sind sie der Abgabenerhebung zu Grunde zu legen.
Eine Schätzungsbefugnis ist für diese Veranlagungsjahre nicht mehr gegeben (so auch Kuderer, Telekommunikationsdienstleistungen in der Umsatzsteuer, SWK 35/2022, 1350 [1356]; ebenso Ritz/ Koran, BAO7 § 163 Rz 2 f und § 184 Rz 9, jeweils mwN). Es erübrigt sich daher für den Zeitraum 2016 bis 2018 auf die Ausführungen des Finanzamts zur Schätzung einzugehen. Erwähnt sei aber, dass das Finanzamt die vorgelegten Umsatzzahlen nicht in Zweifel gezogen hat, weshalb sie aus unserer Sicht als unstrittig anzusehen und der Festsetzung der Umsatzsteuer zugrunde zu legen sind. Eine Schätzungsbefugnis besteht nur mehr insoweit, als der Anteil unternehmerischer bzw. nichtunternehmerischer Leistungsempfänger zu schätzen ist (vgl dazu Punkt 5.).
4. Wahl der Schätzungsmethode für 2010-2014
Für die Vorjahre können keine Ausgangsumsätze mehr vorgelegt werden, weshalb eine Schätzung der Ausgangsumsätze - sofern diese sachgerecht vorgenommen wird - dem Grunde nach zulässig ist. Da bisher vom Finanzamt keine Festsetzung von Ausgangsumsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2014 vorgenommen wurde, wird erneut angeregt, das BFG möge hinsichtlich dieser Veranlagungsjahre kassatorisch entscheiden und das Verfahren an das Finanzamt zurückverweisen. In der Folge könnte eine entsprechend sachgerechte Schätzung im Rahmen einer Betriebsprüfung erfolgen.
Sofern das BFG beabsichtigt meritorisch zu entscheiden, wird ergänzend wie folgt ausgeführt: Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist für die Schätzung jene Methode zu wählen, durch welche sich das Ziel der Schätzung, nämlich der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage möglichst nahe zu kommen, bestmöglich verwirklichen lässt (Ritz/ Koran, BAO7 § 184 Rz 9 nwN). Da mittlerweile die tatsächlichen Ausgangsumsätze für die Jahre 2016 bis 2018 offengelegt wurden, hat sich jede Schätzung der Ausgangsumsätze der Jahre 2010 bis 2014 an der tatsächlichen Höhe der Ausgangsumsätze in diesen Folgejahren zu orientieren.
Die bisherige vom Finanzamt in den Veranlagungsjahren 2017 und 2018 vorgenommene kalkulatorische Schätzung (welche nunmehr auch hinsichtlich der früheren Veranlagungsjahre vorgebracht wird) wäre ebenso wie der (nunmehr ebenso vorgebrachte) äußere Betriebsvergleich keine taugliche Schätzungsmethode: Wie sich durch Vergleich der bisher für die Jahre 2017 und 2018 kalkulatorisch ermittelten Bemessungsgrundlage mit der tatsächlichen Bemessungsgrundlage zeigt, liefert die kalkulatorische Schätzung kein sachgerechtes Ergebnis; auch ein äußerer Betriebsvergleich mit österreichischen Telekommunikationsdienstleistern ist nicht sachgerecht, da sich diese in einem anderen Marktumfeld als unser Mandant bewegen.
Für 2010 bis 2014 ist sohin ein innerer Betriebsvergleich vorzunehmen. Da unser Mandant auch keine Auskunft mehr zu den in den Jahren 2010 und 2011 bezogenen Vorleistungen geben kann, müssten auch diese in Anlehnung an die in den Folgejahren bezogenen Vorleistungen geschätzt werden. Für die Veranlagungsjahre 2012 bis 2014 ist die Höhe der Eingangsleistungen aus unserer Sicht unstrittig bzw. durch die Erstattungsanträge entsprechend dokumentiert.
In Anbetracht der in den Jahren 2016 bis 2018 tatsächlich erzielten Ausgangsumsätze und unter Zugrundelegung eines kontinuierlichen Geschäftsverlaufes würde sich daher für die Vorjahre ebenfalls eine geschätzte Ausgangs-USt i.H.v. ca. EUR 250.000 bis EUR 300.000 p.a. ergeben. Auch diesbezüglich verweisen wir auf die Ausführungen in unserem Schreiben vom 15.03.2023.
5. Schätzung unternehmerischer Leistungsempfänger
Wie bereits in der Vorhaltsbeantwortung vom 15.03.2023 bekanntgegeben, hat unser Mandant für die Jahre 2019 bis 2021 den Anteil unternehmerischer Leistungsempfänger ermittelt und beträgt dieser durchschnittlich 20%. Diese 20% sind im Schätzungswege auch auf die streitgegenständlichen Jahre 2010 bis 2018 zu übertragen (innerer Betriebsvergleich).
Gerne möchten wir in diesem Zusammenhang erwähnen, dass die Schätzung des Anteils unternehmerischer Leistungsempfänger der Rechtsprechung des BFG nicht fremd ist: So hat das BFG etwa zuletzt bei der Frage, ob eine Steuerschuld kraft Rechnungslegung besteht, den für die Beantwortung dieser Frage relevanten Anteil unternehmerischer und nichtunternehmerischer Leistungsempfänger selbst bei Barumsätzen im Schätzungsweg ermittelt (vgl BFG 27.1.2023, RV/7100930/2021; dies in Anlehnung an die Ausführungen der Generalanwältin Kokott im EuGH-Verfahren zum Fall 8.12.2022, Rs C-378/21, P GmbH). Das BFG betont darin auch, dass der Anteil unternehmerischer Leistungsempfänger sachgerecht anhand der Art der Leistung zu schätzen ist. Nichts anderes kann für den gegenständlichen Fall gelten.
Das grundsätzliche Vorliegen von unternehmerischen Kunden ergibt sich bereits aus der allgemeinen Lebenserfahrung und kann somit nicht fraglich sein - dies gesteht auch das Finanzamt in der Vorhaltsbeantwortung vom 09.06.2023 zu. Keinesfalls zutreffend ist die Auffassung des Finanzamts, dass die Berücksichtigung unternehmerischer Leistungsempfänger im Rahmen eines (ohnehin nicht vorliegenden) geringeren Gewinnaufschlags bereits "mitberücksichtigt" worden wäre. Es handelt sich hier offensichtlich um eine Schutzbehauptung zur Verteidigung einer grundlegend falschen Schätzungsmethodik. Schätzungen müssen nach stRsp des VwGH jedoch alle der Schätzung zu Grunde liegenden Sachverhaltsannahmen und die Ableitung des Schätzungsergebnisses logisch einwandfrei darlegen und begründen (exemplarisch VwGH 22.12.2011, 2010/15/0088; 28.06.2012, 2009/15/0201). Für eine Ausklammerung eines bekannten Sachverhalts besteht folglich kein Raum.
Abschließend möchten wir als steuerliche Vertretung erklären, dass alle offengelegten Umsätze von uns als Nettobemessungsgrundlage der Ausgangsumsatzsteuer bezeichnet wurden. Tatsächlich handelt es sich dabei um das jeweils vereinnahmte Entgelt, welches sich nur bei den 20% unternehmerischen Leistungsempfängern als Nettogröße versteht, da die diesbezügliche Steuerschuld auf die Leistungsempfänger übergeht. Bei den 80% nichtunternehmerischen Leistungsempfängern inkludiert dieser Betrag Umsatzsteuer, weshalb diese erst gesondert herausgerechnet werden muss. Wir möchten dies hiermit klarstellen und ersuchen dieses Versehen zu entschuldigen. Die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen stellen sich daher richtigerweise wie folgt dar:
Wie bereits unter Punkt 3. ausgeführt, wird beantragt diese Zahlen der Besteuerung zu Grunde zu legen.
…"
Mit Auskunftsersuchen vom 17.8.2023 (OZ. 96 und OZ. 99) wurden die inländischen Telekommunikationsunternehmen T. GmbH und H. GmbH zu den Vorsteuerminderungen aus gewährten Rabatten in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2014 und 2016 bzw. 2010 im angeführten Ausmaß befragt.
Mit einem weiteren Auskunftsersuchen vom 5.9.2023 (OZ. 103) wurde das inländische Telekommunikationsunternehmen A. zur Klärung aufgefordert, dass die im Jahr 2014 ausgestellten Gutschrift über einen Vorsteuerbetrag von 429.494,33 € erst im Jahr 2015 zugegangen und dies im Widerspruch zur seinerzeit von der Betriebsprüfung getroffenen Sachverhaltsermittlungen sei. Ein entsprechender Auszug aus den abgabenbehördlich erhobenen Daten wurde angeschlossen.
Mit Antwort vom 18.9.2023 stellt die T. GmbH (OZ. 117 zu OZ. 96) die Vorsteuerberichtigungen aus gewährten Rabatten im Jahr 2012 mit 0 € (gegenüber: 436,06 €); 2013: 347.709,31 € (gegenüber: 347.928,74 €); 2014: 193.847,11 € (gegenüber: 193.847,10 €), 2016: 369.382,75 € (gegenüber: 377.477,06 € dar.
Mit Antwort vom 5.9.2023 legte die H. GmbH (OZ. 107 zu OZ. 99) eine entsprechende Gutschriftsnote vom 13.7.2010 über einen Vorsteuerbetrag von 995,34 € vor.
Mit Antwort vom 11.9.2023 legte die A. AG (OZ. 121 zu OZ. 103) eine Gutschriftsnote vom 27.3.2014 über einen Vorsteuerbetrag vom 429.494,33 € und eine weitere Gutschriftsnote vom 11.2.2016 über einen Vorsteuerbetrag von 1.147.018,33 € vor.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2023 (OZ. 147) wurde dem Finanzamt die Vorhaltsbeantwortung der Bf. vom 27. Juli 2023, die Replik auf die Rabatte 2016, die Schätzungsbefugnis 2016 und die Schätzung unternehmerischer Leistungsempfänger sowie sämtliche Auskunftsersuchen und deren Beantwortung übermittelt. Das Schreiben samt Beilagen wurde auch an die Bf. übermittelt.
Weiters wurde Folgendes ausgeführt:
"1. Rabatte 2016: Die bisher von der belangten Behörde angenommenen Vorsteuerberichtigungen aus gewährten Entgeltsminderungen der leistenden inländischen Telekommunikationsunternehmen werden in freier Beweiswürdigung mit 4.569.846,58 € (bisher: 4.577.940,89 €) anzusetzen sein. Sollten dem Finanzamt qualifiziertere Beweismittel als die Auskunft der Firma M. vorliegen, werden diese beizubringen sein.
Die in Ihrem Schreiben vom 6. Juni 2023, Seite 3 oben angenommenen weiteren Vorsteuerberichtigungen aus Rabattgutschriften der Firma T. in Höhe von 477.531,37 € (2016) konnten aus dem Gesamtzusammenhang der Vorhaltsbeantwortung der Bf. (Anhang) vom 15. März 2023 nicht erblickt werden. Die Bf. errechnet auf Seite 6, Auflistung Ausgangsumsatz in Höhe von 2.387.657 € ziemlich genau diese Beträge. Sie geht dabei von ihr erbrachten Umsätzen aus. Multipliziert mit dem Normalsteuersatz ergeben sich genau diese von der belangten Behörde ins Treffen geführten "Vorsteuerberichtigungen" der T. Diese Argumentation erscheint wenig überzeugend und schlüssig und wird nach richterlicher Voreinschätzung nicht geteilt.
2. Keine Schätzungsbefugnis für 2016: Bereits mit Vorhaltsbeantwortung der Bf. vom 15. März 2023 beantragte die Bf. die von ihr genannten Umsatzzahlen dem Grunde nach der Besteuerung zugrunde zu legen. Bedauerlicherweise ist hierbei von der belangten Behörde für dieses Jahr eine Äußerung unterblieben, ob sie diese Zweifel zieht.
3. Schätzung unternehmerischer Leistungsempfänger: Hinsichtlich des Streitjahres erscheint das bf. Vorbringen, dass rd. 20% der erbrachten Leistungen an Unternehmer erbracht worden seien, aus der Anlage 5 für die Jahre 2017 und 2018 einigermaßen glaubwürdig und dürfte daher der Besteuerung zugrunde zu legen sein.
…"
Mit Antwortschreiben vom 27. November 2023 (OZ. 152) führte das Finanzamt Österreich Folgendes aus:
"Zu Rabatten 2016:
...It GBP-IT-Liste 11/2017 übermittelte Rabatt-, Vorsteuerberichtigungsbeträge i.H.v. EUR 4.200.463,83 (A.) sowie EUR 377.477,06 (T.)
...It. T. EUR 369.382,75
Insofern im Rahmen einer BP bei T. USt für SMS Interworking Leistungen festgesetzt, diese USt aber nicht an den Kunden/die Bf. weiterbelastet und auch keine RE-Berichtigung vorgenommen wurde (vgl. P.1 T.- Schreiben vom 18.9.2023), wird den Vorsteuerberichtigungen aus gewährten Entgeltsminderungen mit gesamt EUR 4.569.846,58 im Jahr 2016 zugestimmt werden können.
Bemerkt wird hier, dass die Bf. auch noch mit Schriftsatz vom 27.7.2023 sämtliche T.- Rabatte bestreitet bzw. diese ihr auch wirtschaftlich nicht schlüssig erscheinen (?!).
Zu Rabatten 2017 und 2018:
Der Höhe der seitens der Bf. anerkannten Rabatte betreffend die A. iHv EUR 3.286.675,77 (2017) und EUR 769.816,61 (2018) wird ho. gleichfalls zugestimmt werden können (siehe ho. BVE).
Zur ho. Umsatzschätzung/ zu den Vorhaltsbeantwortungen der Bf. vom 15.3.2023/27.7.2023:
2016: Im U-(Erst)Bescheid 2016 vom 11.10.2022 wurde auf BFG 23.3.2022, RV/2100108/2020 und BFG 13.4.2022, RV/2100410/2019 bzw. BFG 3.6.2022, GZ. RV/2100084/2020 zwecks Verfahrensbeschleunigung wegen ho. unbekannter Umsätze verwiesen.
Die Bf. erzielte 2016 nach rechtsrichtiger steuerlicher Beurteilung steuerbare und steuerpflichtige Umsätze, auch wenn dies in der Vergangenheit mangels Einreichung von Umsatzsteuererklärungen oder Erstattungsanträgen bzw. Vorsteuererstattungen nicht zur Versteuerung gelangt ist. Es war daher anzunehmen, dass den Vorsteuern von inländischen Leistungsbezügen (Roaminggebühren inländischer Telekommunikationsbetreiber) eine gedanklich anzusetzende Leistungsumsatzsteuer zumindest in gleicher Höhe gegenüberstand und sich somit eine Steuerschuld von Null ergibt (...keine ho. BVE).
2017 und 2018: Bezugnehmend auf die Vorhaltsbeantwortungen der Bf. vom 15.3.2023 und 27.7.2023 wird mitgeteilt, dass - in eventu zwar die (geschätzten) B2B-Zahlen (ca. 19,7% in den Jahren 2020-2023) für möglich gehalten werden könnten, diese aber im ho. äußerst niedrig angesetzten Gewinnaufschlag von 30% Deckung finden müssten - grs. jedoch an der ho. Stellungnahme vom 6./9.6.2023 (P.2) und dem do. Antrag auf U- Festsetzung 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2016 bzw. 2017 und 2018 - zumindest i.S.d. BVE vom 12.12.2022 festgehalten wird [vgl. vorab berechnete Umsatzschätzung (Gewährung der beantragten VSt, 30%iger Gewinnaufschlag nach/auf Grund der Hochrechnung der beantragten U5-VSt sowie Hinzurechnung der VSt-Berichtigungen gem. § 16 UStG 1994) für die Jahre 2010-2018 (dzt. angefochten: FSU-Bescheide für 01-12/...)].
Anm.: auch hier wurde in den beiden Erstbescheiden vom 7.10.2022 auf BFG 23.3.2022, RV/2100108/2020 und BFG 13.4.2022, RV/2100410/2019 bzw. BFG 3.6.2022, GZ. RV/2100084/2020 zwecks Verfahrensbeschleunigung wegen ho. unbekannter Umsätze 2017 bzw. 2018, (+/- Steuerschuld 0), verwiesen.
Sämtliches Vorbringen der Bf., die sachliche Richtigkeit der nunmehr übermittelten Daten/Aufzeichnungen wird in Zweifel gezogen, insbesondere als die Umsätze ab 2016 - trotz wh. Aufforderung - teilweise selbst erst 2023 durch die Bf. im Schätzungswege ermittelt wurden.
Es sind zu STNR. 68 xxx bis dato keinerlei abgegebenen U-Erklärungen erkennbar und erscheint dies ho. doch sehr verwunderlich, zumal die Ausgangsumsätze in den oa. Schriftsätzen vom 15.3.2023 und 27.7.2023 für/i.H.v.
2016 EUR 2.387.657,00
2017 EUR 2.614.851,00
2018 EUR 1.956.421,00
bzw.
2020 EUR 527.977,25
2021 EUR 1.939.004,72
2022 EUR 3.442.539,52
2023 EUR 288.211,00
nunmehr konkret seitens der Bf. genannt wurden und der Bf. doch spätestens im Hinblick auf die Judikatur des VwGH (VwGH 13.9.2018, Ro 2016/15/0035) und des EuGH 15.4.2021, Rs. C593/19 bekannt gewesen sein musste, dass sie steuerpflichtige Inlandsumsätze erzielt hatte (genannter Gesamtumsatz 2016 ff i.H.v. EUR 13.156.661,49).
Die Ausführungen und oa. Umsatzzahlen sind nach Ansicht des FAÖ nicht nachvollziehbar und auch widersprüchlich zu den mittels U5 beantragten Vorsteuern:
In den Jahren 2012-2018 wurden gesamt EUR 12.231.343,51 an Vorsteuererstattungen mittels U5 beantragt - dies ergibt gesamt Vorleistungen aus Eingangsrechnungen iHv EUR 61.156.717,55.
Im Jahr 2016 wurden zweimal (!) zwei gleichlautende Vorsteuererstattungsanträge iHv EUR 2.542.920,82, gesamt EUR 4.577.940,89, eingebracht (ho. abgewiesen zu U5 07-09, 10-12, 01-12), aber selbst die rechnerisch bereinigten Vorsteuern iHv EUR 3.519.534,58 aus Eingangs-, Vorleistungen 2016 iHv EUR 17.597.672,90 finden in den nunmehr genannten Umsatzzahlen aller Folgejahre (gesamt EUR 13.156.661,49) keine Deckung, d.h. bereits die Eingangsrechnungen im Jahr 2016 übersteigen alle nunmehr bekannt gegebenen Ausgangsrechnungen der Jahre 2016 bis 2022.
Nachträglich gewährte Rabatte wurden bis zuletzt bestritten - als wirtschaftlich nicht schlüssig erklärt.
Weiters wird in Hinblick auf die (Un-)Glaubwürdigkeit des bf. Vorbringens auch auf folgenden Umstand Bedacht zu nehmen sein:
Es wurde erst im Frühjahr 2023 für den TADIG-Code der Bf. im Jahr 2014 eine (weitere) Umsatzsteuerberichtigung (=Vorsteuerberichtigung wegen nachträglich gewährter Rabatte gem. § 16 UStG 1994) durch/von A. iHv EUR 429.494,33 ho. bekannt.
Diese Gutschrift wurde per Mail vom 11.9.2023 durch A. (auch) betreffend Buchungs-, Ausstellungstag 27.3.2014 bestätigt.
Die Bf. wollte diese Rabattgutschrift bis zuletzt in das einzig nicht angefochtene/ bisher ustrl. nicht veranlagte Jahr 2015 (hier wurden ho. die beantragten U5-Beträge iHv gesamt EUR 3.529.080,86 abgewiesen) verschieben/"auslagern" - dies sogar dadurch, dass dem BFG eine (druckerverfälschte?) Kopie mit Datum 2015 übermittelt wurde.
Ausgehend von an die Bf. verrechneten TK-Leistungen in den Jahren 2012-2018 iHv EUR 61.156.717,55 mit beantragten Vorsteuererstattungen iHv EUR 12.231.343,51, sowie anher nicht bekannt gegebenen/ anher rückgezahlten "Discounts", USt iHv gesamt EUR 9.597.389,71 - die Bf. bestreitet auch noch mit Schriftsatz vom 27.7.2023 sämtliche T.-Rabatte ...mittlerweile durch T. jedoch bestätigt) - ergibt sich bereits daraus ein Steuerausfall in beträchtlicher Höhe. Das Fehlen der 20%ige österr. Umsatzsteuer betreffend der bf. Ausgangsumsätze (vgl. vormalige ho. Stellungnahme: der durchschnittliche Aufschlag beträgt It. Auskunft österreichischer Telekommunikationsunternehmen ca. 342%) ist hier rechnerisch noch gar nicht berücksichtigt.
Dem Vorbringen der Bf. kann sohin keinesfalls gefolgt werden, die nunmehr übermittelten Umsatzzahlen erscheinen nach Ansicht der ho. Finanzverwaltung unglaubwürdig und widersprüchlich.
…"
Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichts vom 5. Dezember 2023 (OZ. 155) wurde die Stellungnahme des Finanzamtes Österreich vom 27. November 2023 der Bf. zur Äußerung übersandt und Folgendes bemerkt:
"1. Höhe der Entgeltminderungen 2010-2016:
Die Höhe der zu berichtigenden Vorsteuern gemäß § 16 UStG aus der Gewährung von Rabatten wurde in den von den inländischen Telekommunikationsunternehmen beantworteten Auskunftsersuchen mit ca. 99,84% als richtig bestätigt. Daher erweist sich Ihre dahingehende Bestreitung in tatsächlicher Hinsicht bis auf ca. 8.800 € als nicht erfolgreich.
Ebenso wenig konnte die Zuordnung der Gutschrift von A. von 2014 auf 2015 verifiziert werden. Die entsprechenden Unterlagen wurden Ihnen bereits mit der Abschrift des Schreibens vom 31.10.2023 an das Finanzamt Österreich übermittelt.
2. Schätzungsanträge der belangten Behörde 2010-2014:
In diesem Zusammenhang bleibt zu bemerken, dass in den angefochtenen Bescheiden noch keine Schätzung der Ausgangsumsätze von Seiten der belangten Behörde vorgenommen wurde.
3. Festsetzungs- und Jahresbescheid (Umsatzsteuer 2016):
Soweit ersichtlich enthält der Jahresbescheid vom 11.10.2022 keine Abweichung vom angefochtenen Festsetzungsbescheid 1-12/2016 vom 25.5.2018 und gilt daher als mitangefochten.
In diesem Zusammenhang werden Sie eingeladen zu überprüfen, ob Sie Ihre Beschwerdeanträge in sämtlichen Punkten für die angefochtenen Zeiträume noch aufrechterhalten wollen.
…"
Mit Antwortschreiben vom 8. Jänner 2024 (OZ. 160) führte die Bf. Folgendes aus:
"…
1. Aufrechterhaltung der Beschwerden
Sämtliche Beschwerden werden vollinhaltlich aufrecht erhalten. Es wird daher nachstehend auch inhaltlich auf die Ausführungen des Finanzamts geantwortet.
2. Höhe und Zuordnung der Rabatte
Wie auch das Finanzamt in seiner Vorhaltsbeantwortung vom 27.11.2023 zutreffend festgestellt hat, sind die Rabatte, welche die A. unserem Mandanten gewährt hat, der Höhe nach (bis auf unbeachtliche Kleinbeträge) nach unstrittig anzusehen.
Strittig ist jedoch weiterhin die korrekte Zuordnung des für das Jahr 2012 gewährten Rabattes in Höhe von (brutto) EUR 2.576.966,00. Hierzu ist vorauszuschicken, dass das von Ihnen an die A. gerichtete Auskunftsersuchen eine Ausstellung der Credit Note 2511958456 per 27.03.2014 ergeben hat und von uns derart anerkannt und außer Streit gestellt wird.
Explizit hingewiesen wird aber darauf, dass das Settling - also die Auszahlung des gewährten Rabattes - erst am 15.04.2015 vorgenommen wurde und dies auch so von der A. bestätigt wird (siehe Anlage 1; ident mit Anlage 1 der Vorhaltsbeantwortung vom 15.03.2023). Etwas anderes geht im Übrigen auch nicht aus der Auskunftsbeantwortung vom 12.09.2023 hervor.
Dieser Umstand ist insofern bedeutend, als der deutsche BFH in seinem Urteil vom 18.09.2008 zu V R 56/06 zur Erkenntnis gelangt ist, dass eine Entgeltsminderung nur dann vorliegt, "soweit das [erhaltene] Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird". Dementsprechend lässt der BFH die Rechtswirkungen des § 17 dUStG, welcher dem § 16 öUStG entspricht, auch bei Sollbesteuerern erst in dem Meldezeitraum eintreten, "in dem die Rückgewähr erfolgt".
Gleiches dürfte auch aus dem Urteil des EuGH vom 29.05.2001 in der Rechtssache C-86/99, Freemans, zu gewinnen sein. Nach Ansicht des EuGH gilt ein Eigenerwerbsrabatt, welcher den hiervorliegenden Rabatten grundsätzlich vergleichbar ist, dem Rabattempfänger erst dann als tatsächlich zugeflossen, wenn der Rabattempfänger über diesen verfügt. Eine derartige Verfügungsmöglichkeit wird vom EuGH explizit vereint, wenn der Eigenerwerbsrabatt - wie im Anlassfass - "nicht tatsächlich ausgezahlt" wird (vgl Rn 35) und auch keine anderwärtige tatsächliche Verfügungsmöglichkeit besteht (vgl Rn 36).
Diesbezüglich möchten wir ergänzen, dass unser Mandant die Auszahlung des Rabattes am 16.02.2015 mit Debit Note DN\PRA\ARETC\AUTPT\1212 (diese entnehmen Sie bitte der Anlage 2) angefordert hat. Selbst wenn man davon ausginge, dass darin eine anderweitige Verfügungsmöglichkeit im Sinne eines Zuflusses vorliegen würde, wäre die Entgeltsminderung und damit die Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs durch unseren Mandanten erst im nicht streitgegenständlichen Jahr 2015 entstanden (vgl. auch UStR 2000 Rz 2386).
Auf die Rechtsansicht, dass grundsätzlich nur ein tatsächlich gewährter Vorsteuerabzug zu berichtigen ist und die hier angesprochene Rabattgewährung somit nicht relevant ist, weil unser Mandant keinen Vorsteuerabzug für 2012 erhalten hat, wurde bereits in Beschwerde, Vorlageantrag und den bisherigen Vorhaltsbeantwortungen eingehend eingegangen, weshalb auf diese verwiesen wird; dies gilt auch hinsichtlich der Streitjahre 2012-2016.
3. Qualität der offengelegten Ausgangsumsätze
Bereits in der Vorhaltsbeantwortung vom 27.07.2023 wurde ausgeführt, dass unser Mandant an der A.D.S.E. zu ISIN börsennotiert ist und deshalb Buchhaltungs- und Reportingstandards unterliegt, welche den Standards, denen an der Börse Wien notierte Unternehmen unterliegen, vergleichbar sind. Die offengelegten Umsätze sind daher gemäß § 163 Abs. 1 BAO der Abgabenerhebung zu Grunde zu legen.
Die auffallende Differenz zwischen der vom Finanzamt geschätzten Bemessungsgrundlage und der tatsächlichen Bemessungsgrundlage ergibt sich vorrangig aus dem Umstand, dass das Finanzamt sich beharrlich weigert, die wirtschaftliche Relevanz der in der Telekommunikationsbranche üblichen Rabattvereinbarungen für die Preisgestaltung der Ausgangsumsätze anzuerkennen. Wie bereits mehrfach ausgeführt, werden diese von unserem Mandanten sehr wohl in seiner Preiskalkulation berücksichtigt und ergibt sich dies auch zweifellos aus den vorgelegten Umsätzen.
Ein über dies hinausgehendes Vorbringen des Finanzamts liegt weiterhin nicht vor.
4. Besteuerung der Jahre 2012-2014
Um eine sachgerechte Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre 2012 bis 2014 - für welche unser Mandant keine Ausgangsumsätze ermitteln konnte - zu ermöglichen, wird erneut eine kassatorische Entscheidung gem. § 278 Abs. 1 BAO angeregt. Die Besteuerungsgrundlagen könnten diesfalls im Rahmen eines nachgelagerten Verwaltungsverfahren sachgerecht im Wege eines inneren Betriebsvermögensvergleichs geschätzt werden. Alternativ möge das BFG auf eine einvernehmliche Erledigung gem. § 300 BAO drängen.
Sollte das BFG jedoch zum Schluss kommen, dass die Besteuerungsgrundlagen für 2012-2014 doch bereits in seinem Erkenntnis geschätzt werden sollen, wird beantragt, für die Besteuerung der Jahre 2012-2014 einen inneren Betriebsvermögensvergleich anhand der in den Jahren 2016-2018 erzielten tatsächlichen Ausgangsumsätze zu ziehen und gleichzeitig die bekannten durchschnittlichen 20% unternehmerischen Leistungsempfänger auszuscheiden.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die von unserem Mandanten offengelegten Umsätze nach Abzug von 20% unternehmerischen Leistungsempfängern nochmals dargestellt:
Im Durchschnitt beträgt der Bruttojahresumsatz somit EUR 1.855.714,40. Daraus resultieren eine Nettobemessungsgrundlage von EUR 1.546.428,67 bzw. eine Ausgangsumsatzsteuer von EUR 309.285,73 pro Jahr.
Wie bereits in der Vorhaltsbeantwortung vom 27.07.2023 umfassend dargestellt, kann durch die bisherigen kalkulatorischen Schätzungen kein sachgerechtes Ergebnis erzielt werden. Die hier vorgebrachte Schätzung im Wege eines inneren Betriebsvergleichs ist zwar noch immer ungenau (beispielsweise lässt die den höheren Anteil unternehmerischer Leistungsempfänger in denjenigen Streitjahren, in denen der Tourismus zwischen Österreich und den VAE noch nicht so ausgeprägt war, gänzlich außer Acht), ermöglicht aber dennoch eine weit sachlichere Besteuerung als der Schätzungsantrag des Finanzamts.
Da die möglichst sachgerechte Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen das Ziel einer jeden Schätzung ist (Ritz/ Koran, BAO7 § 184 Rz 9 nwN), ist der hier vorgebrachten Schätzung der Vorzug zu geben.
5. Nichtabgabe von USt-Jahreserklärungen
Hinsichtlich der vom Finanzamt beanstandeten Nichtabgabe von USt-Jahreserklärungen ist anzumerken, dass unser Mandant bis zum Ergehen des EuGH-Urteils in der Rs. SK Telecom die - auch vom BFG schon mehrfach als vertretbar qualifizierte - Rechtsansicht vertreten hat, dass seine Ausgangsumsätze in Österreich nicht steuerbar sind und somit kein Erfordernis zur Abgabe von USt-Jahreserklärungen bestanden hat.
Mit Vorlage der verfahrensgegenständlichen Beschwerden an das BFG durch das Finanzamt liegt die Zuständigkeit zur Entscheidung einzig beim BFG. Es war daher zulässig und verfahrensrechtlich zwingend geboten, die nunmehr im Rechnungswesen ermittelten tatsächlichen Ausgangsumsätze dem BFG und nicht dem inzwischen sachlich für die Entscheidung unzuständigen Finanzamt Österreich zu übermitteln.
6. Steuerpflicht der Ausgangsumsätze in Österreich
Anzumerken ist, dass der EuGH in der Rs SK Telecom die Zulässigkeit der Besteuerung der Ausgangsumsätze von in Drittstaaten ansässigen Telekomanbietern in Österreich zwar grundsätzlich bejaht hat, soweit eine Nutzung bzw. Auswertung der Leistung in Österreich erfolgt, er aber explizit darauf hinweist, dass sich aus völkerrechtlichen Abkommen Gegenteiliges ergeben kann. Eine konkrete Prüfung der diesbezüglichen Rechtslage durch den EuGH ist nur deshalb unterblieben, weil dem EuGH im Vorabentscheidungsersuchen und in den gegenüber dem EuGH abgegebenen Erklärungen kein derartiges Abkommen erwähnt wurde (vgl. EuGH 15.4.2021, C-593/19, SKTelecom, Rn 46).
Zwischenzeitlich liegt zu dieser Rechtsfrage ein von Univ-Prof. Dr. Claus Staringer erstelltes und auch in der ÖStZ (2023/634, 657 ff) veröffentlichtes Gutachten vor, wonach das von Österreich ratifizierte und dadurch im Rang eines Bundesgesetzes stehende Melbourne Agreement der ITU - konkret dessen Umsatzsteuer- Regelung in Art 6.1.3. - eine Besteuerung der hier gegenständlichen Ausgangsumsätze durch Österreich an nicht in Österreich ansässige Leistungsempfänger verbietet. Wir verweisen für die diesbezügliche, überzeugende Argumentation im Detail auf den als Anlage 3 beigefügten Auszug aus der ÖStZ.
Die Telekommunikationsdienste-VO (BGBl II 383/2003) erweist sich vor diesem Hintergrund als gesetzwidrig und potenziell europarechtswidrig.
Vor diesem Hintergrund regen wir an, das BFG möge
• an den Verfassungsgerichtshof einen Normprüfungsantrag dahingehend stellen, ob die Telekommunikationsdienste-VO BGBl II 383/2003 wegen Verstoßes gegen Art 6.1.3 des Melbourne Agreements der ITU, BGBl III 1998/14, als gesetzwidrig aufzuheben ist, und
• dem EuGH zur Vorabentscheidung die Frage vorlegen, ob es sich bei Art 6.1.3 des Melbourne Agreements der ITU, wenn dieses durch einen Mitgliedstaat ratifiziert und in nationales Recht übernommen wurde, um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt, der entsprechend den
Ausführungen des Gerichtshofes in Rn. 46 des Urteils vom EuGH 15.4.2021, C-593/19, SK Telecom, einer Besteuerung der hier verfahrensgegenständlichen Umsätze durch einen Mitgliedstaat entgegensteht.
…"
Eine Anfrage bei der A. AG vom 16.1.2024 (OZ. 162) hat ergeben, dass in den Jahren 2016-2018 folgende Gutschriften (OZ. 175) gebucht wurden:
Somit geht hervor, dass im Jahr 2016 Rabatte aus Umsätzen der Jahre 2013, 2014 und 2015 gutgeschrieben wurden.
Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom 6. Februar 2024 (OZ. 182) an die Bf. wurde Folgendes ausgeführt:
"In der Beilage wird Ihnen eine Übersicht über die voraussichtliche Ermittlung der Bemessungsgrundlagen übersandt:
1. Die bisher behaupteten Umsatzzahlen der Jahre 2016-2018 können mit den erhaltenen Eingangsleistungen kaum in Einklang gebracht werden. Es ergibt sich daraus ein durchschnittlicher Rohaufschlag von lediglich 12%, der diametral zu den von der belangten Behörde eingeholten Auskünften bei inländischen Mobilfunknetzbetreibern von 342% steht.
2. Ein ausreichender Nachweis, dass die Discounts, Rabatte an die Kunden weitergegeben wurden, ist dem Grunde und der Höhe nach ausgeblieben. Es wurde lediglich die sinngemäße Behauptung erhoben, diese seien angeblich bei den Kundentarifen weitergereicht wurden.
In der Telekombranche wurden weltweit den eigenen Kunden die hohen Einkaufspreise der Roaminggebühren vermittelt und diese - mit welchem Aufschlag auch immer - verrechnet. Die entsprechenden Rabatte wurden von den österreichischen Telekommunikationsanbietern regelmäßig Jahre später gutgeschrieben. Die entsprechenden Vereinbarungen für spätere Rabattierungen wurden weder von der Bf. offengelegt und noch der Nachweis, dass die Kunden der Bf. dies wussten.
Abgesehen davon wurden Vorsteuerminderungen aus der Rückgewähr des Entgelts den österreichischen Behörden großteils verschwiegen und Erstattungsanträge über eine südafrikanische VAT-Gesellschaft in voller Höhe eingereicht.
Eine nähere Verifizierung und Überprüfung der behaupteten Umsätze konnte bisher nicht erfolgen, da keine zu Grunde liegenden Berechnungen vorgelegt wurden. Die Umsätze wurden im bf. Schreiben vom 8. Jänner 2024 (OZ. 160) wie folgt bekanntgegeben:
Um eine Überprüfung der oa. Umsätze in Form einer Nachkalkulation durchführen zu können, müssten die in den vorhin erwähnten Zeiträumen eingekauften und verkauften Roaming-Telefon-, SMS- und Dateneinheiten anhand der Eingangs- und Ausgangsrechnungen klar, übersichtlich und überprüfbar dargestellt werden. Ebenso muss eine Verbindung mit dem in der Tabelle ausgewiesenen Vorsteuervolumen hergestellt werden können.
Der bloße Hinweis, die Bf. sei ein börsennotiertes Unternehmen, ist als nicht ausreichend zu betrachten, dass daraus die Richtigkeit der bf. Angaben nicht abgeleitet werden kann, zumal die Bf. die Tatsache der erhaltenen Discounts, Rabatte nicht vollständig offengelegt, sondern sogar noch im hg. Verfahren entschieden in Abrede (T.) gestellt hat. Daher ist auch bei börsennotierten Unternehmen eine Verkürzung österreichischer Abgaben durchaus als möglich zu betrachten.
Die Bf. hat es im bisherigen Verfahren weitgehend vermieden, entsprechende Unterlagen vorzulegen, sodass anzunehmen war, dass die entsprechenden Rabatte nicht an die Kunden weitergegeben wurden. Bloße Plausibilitätsargumente vermögen die abgabenbehördliche Schätzung nicht zu erschüttern.
Auf Grund eines Auskunftsersuchens bei der A. wurden folgende Umstände bekannt:
Im Kalenderjahr 2016 kam es - wie von der Bf. auch nicht weiter in Abrede gestellt - zu drei Gutschriften der A. - nämlich am 11.2.2016 für die Jahre 2013, 2014 und 2015. Die Tatsache, dass Gutschriften nicht nur für das vergangene Kalenderjahr erfolgten, ist nicht überzeugend, wie die Bf. bei Festlegung der Abnehmerpreise 2013 für das Auslandsroaming schon gewusst haben konnte, dass sie in drei Jahren noch weitere Rabatte im Jahr 2016 erhalten werde und dies ihren Kunden "weitergereicht" habe.
Vielmehr werden nachträgliche Verbilligungen von Einkaufspreisen in späteren Jahren den Kunden üblicherweise nicht weitergereicht, zumal diese kaum von den Rabatten wussten, wenn nicht einmal der belangten Behörde diese Rabatt-, Discount-, etc.- Vereinbarungen bekannt bzw. bis dato von der Bf. nicht offengelegt wurden.
3. Ebenfalls nicht näher quantifizierbar sind die von der Bf. angeblich vertriebenen Auslands Roamingpakete. Ein Nachweis, in welcher Höhe Eingangsleistungen in Form von Roamingpaketen verkauft wurden, wurde bisher nicht erbracht. Roamingpakete für Drittländer werden derzeit d.i. 2024 im in Inland zwischen ca. 80-150 Euro/pro Monat von der A.
angeboten. Daher ist zweifelhaft, ob in den strittigen Jahren von der Bf. entsprechende - aus der Sicht der Bf. - entsprechende Auslandsroamingpakete (Europa- oder weltweites Roaming) überhaupt angeboten wurden, zumal sich die Geschäftsusancen der Telekommunikationsunternehmen laufend ändern und in früheren Jahren derart hohe Aufschläge erzielt werden konnten, dass seitens der EU für den Gemeinschaftsraum entsprechende Regulierungsmaßnahmen (Roaming-Richtlinien) eingeführt wurden, um Übervorteilungen von Endverbrauchern im EU-Raum zu minimieren.
4. Daher wurden im Rahmen der beabsichtigten Schätzung der Besteuerungsgrundlagen die Rabatte nicht als Einsatz mindernde Vorleistungen berücksichtigt. Es wurden sämtliche Jahre 2010-2018 in die Berechnung einbezogen, wobei bei Feststellung der Umsatzsteuerzahllast jedes Jahr für sich zu beurteilen ist. Die Vorsteuern für 2012 und 2013 wurden lediglich der Übersichtlichkeit halber berücksichtigt, zumal das diesbezügliche Vorsteuererstattungsverfahren noch rechtsanhängig und nicht abgeschlossen ist.
Sollte die Bf. in diesen Verfahren obsiegen, wird der Vorsteuerabzug im Festsetzungsverfahren 2012 und 2013 nicht mehr gewährt werden können, zumal ein Doppelabzug nach h.L. unzulässig erscheint. Ein Zuwarten in diesem Verfahren wird nicht erfolgen.
Ebenso wurde in Ermangelung weiterer Informationen von einem durchschnittlichen Aufschlag - wie von der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme vom 9. Juni 2023, Seite 9, ausgeführt - inländischer Telekommunikationsanbieter von 342% ausgegangen, die durchaus vergleichbar erscheinen.
5. Für 2011 und 2012 wurden die Umsätze aus den späteren Entgeltsminderungen abgeleitet, zumal rund 80% der Vorleistungen wieder gutgeschrieben wurden. Ein Vorsteuerabzug war nicht zu gewähren, da bisher keine Eingangsrechnungen vorgelegt wurden und das Vorsteuervolumen auch nicht ermittelt werden konnte. Aus Praktikabilitätsgründen könnte man es auch bei der § 16 UStG Berichtigung der Vorsteuern des Finanzamtes in tatsächlicher Hinsicht belassen und lediglich über die strittige Rechtsfrage entscheiden."
Mit Antwortschreiben vom 7. März 2024 (OZ. 184) führte die Bf. Folgendes aus:
" …
1. Technische Abläufe bei Roaming-Abrechnungen & fehlende Schätzungsbefugnis für 2016-2018
Unser Mandant hat die mit den in Österreich ausgeführten Roamingdienstleistungen tatsächlich in den Jahren 2016-2018 erzielten Umsätze mittels Auswertung sämtlicher sogenannter "Call Detail Records" sowie der "Transferred Account Procedures" ermittelt.
Mit den "Call Detail Records" werden der Beginn, die Dauer und das Ende eines Roaming-Telefonats, das exakte Roaming-Datenvolumen (Down- und Upload), die Anzahl von versendeten und empfangenen SMS oder MMS, etc jedes einzelnen Kunden aufgezeichnet. In den "Transferred Account Procedures" werden alle "Call Detail Records" einer gewissen Periode inklusive der auf die einzelnen Roamingleistungen entfallenden Kosten zusammengefasst.
Da beide Protokolle anlässlich der Nutzung von Roamingdienstleistungen durch einen Kunden unseres Mandanten automatisch erzeugt und entsprechend abgespeichert werden, ist die lückenlose Aufzeichnung von sämtlichem Roaming-Traffic gewährleistet.
Ergänzt sei, dass die "Call Detail Records" im Wesentlichen dem Einzelverbindungsnachweis entsprechen und von unserem Mandant "Call Detail Records" zur Fakturierung an seine Kunden genutzt werden und die österreichischen Telekommunikationsdienstleister die "Transferred Account Procedures" zur Fakturierung an Bf. verwenden. In seltenen Fällen steht ein einzelner "Call Detail Record" nicht zur Verfügung, weshalb unser Mandant diesfalls zur Fakturierung auf sogenannte "Transferred Account Procedures" zurückgreift.
Die "Transferred Account Procedures" entsprechen im Wesentlichen einer Sammlung von Einzelverbindungnachweisen und können somit vereinfacht gesagt als "Gesamtroamingnachweis" bezeichnet werden. Wesentlich zu erwähnen ist, dass die "Transferred Account Procedures" von den österreichischen Telekommunikationsdienstleistern stammen.
Wie bereits eingangs dargestellt, wurden die für 2016-2018 bekanntgegebenen Umsätze durch eine Auswertung der "Call Detail Records" sowie der "Transferred Account Procedures" ermittelt. Da beide Protokolle eine vollständige Erfassung des Roamingvolumens ermöglichen und den Industriestandard zur Fakturierung an die jeweiligen Kunden bilden, bestehen uE sowohl in technischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht keine Gründe, die Richtigkeit der offengelegten Umsätze zu bezweifeln. In diesem Zusammenhang darf nochmals auf § 163 Abs. 1 BAO verweisen werden, der eine Heranziehung dieser Umsätze als Besteuerungsgrundlage anordnet. Für die Jahre 2016-2018 besteht somit u.E. dem Grunde nach keine Schätzungsbefugnis mehr.
Zur konkreten Datenqualität im System unseres Kunden können wir wie folgt Stellung nehmen:
Unser Klient kann Ausgangsumsätze systemtechnisch sehr detailliert auswerten und auf einzelne Länder herunterbrechen. Das (partielle) Problem im konkreten Fall ist einzig die zeitliche Komponente, welche darauf zurückzuführen ist, dass das Bestehen einer ausgangsseitigen Steuerschuld in Österreich erst mit dem Urteil des EuGH in der Rs. SK Telekom im Jahr 2021 festgestellt wurde (an dieser Stelle ausblendend, dass die allfällige Völkerrechtswidrigkeit der Besteuerung noch gesondert zu beurteilen ist). Unser Klient kann in seinem System drei Jahre zurück konkrete Roamingumsätze in Österreich heruntergebrochen auf Einzelbelegebene und gegliedert nach unternehmerischen und nichtunternehmerischen Leistungsempfängern ermitteln. Entsprechende Daten hat uns der Klient für den Zeitraum Januar 2021 bis Februar 2024 auch zur Verfügung gestellt. Es handelt sich dabei um eine Excel-Datei mit über 163.000 Datensätzen. Wir übermitteln Ihnen diese gesondert per E-Mail, damit Sie sich anhand der Rohdaten einen Überblick über die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung verschaffen können. In Summe über diese 38 Monate ergibt sich dabei ein Umsatz iHv AED 9.080.793 mit Roaming in Österreich, was derzeit umgerechnet EUR 2.269.815 entspricht. Dieser Umsatz kann problemlos auf Monate und auf Unternehmer und Nichtunternehmer als Leistungsempfänger heruntergebrochen werden. Da dieser Zeitraum nicht verfahrensgegenständlich ist, die Daten aber zur Illustration der Ordnungsgemäßheit der Buchführung übermittelt werden, wird nachstehend lediglich zu Vergleichszwecken global dargelegt, dass der Jahresumsatz ab 2021 in Österreich im Schnitt somit brutto EUR 716.783 betragen hat (darin enthalten 20% USt = EUR 119.463 p.a.). Sämtliche konkreten Zahlen finden Sie jedoch in der Datei.
Für den Zeitraum 2016 bis 2020 sind die Daten in gleicher Art und Weise im System unseres Mandanten enthalten, jedoch ist ein Herunterbrechen auf Einzelbelegebene nach Ablauf der drei Jahre nicht mehr möglich. Dennoch handelt es sich um die nach exakt demselben Muster ermittelten Umsatzdaten mit Roaming in Österreich, welche von unserem Klienten im Rahmen der Vorhaltsbeantwortungen auch bekannt gegeben wurden. Auch ein Vergleich der Größenordnungen mit den Zahlen für 2021 bis 2/2024 zeigt die Plausibilität der Daten, denn 2016 bis 2018 lagen die vereinnahmten Entgelte (brutto) zwischen EUR 1,9 und 2,4 Mio. per annum (vgl. Vorhaltsbeantwortungen). Es zeigt sich somit ein deutlicher, Corona-bedingter Umsatzabfall, jedoch - bei einer Detailanalyse der Daten ab 2021 - auch bereits wieder eine zwischenzeitliche Erholung, die noch nicht das Vor-Corona-Niveau erreicht hat.
Wir laden Sie bzw. das Finanzamt gerne ein, diese Rohdaten nochmals einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Wir hoffen, dass dadurch alle Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung beseitigt werden können und die Festsetzung für die Jahre 2016 bis 2018 auf Basis der bekannt gegebenen Umsätze erfolgen kann.
Für den Zeitraum vor und bis einschließlich 2015 stehen unserem Klienten systemseitig keine Umsatzdaten mehr zur Verfügung. Wir weisen darauf hin, dass zum damaligen Zeitpunkt zu Recht - und auch in Übereinstimmung mit der damaligen Rechtsansicht des BFG - davon ausgegangen werden durfte, dass diese Umsätze nicht steuerbar sind. Diese Rechtsansicht wurde auch Finanzamt bestärkt, welches ursprünglich VSt-Erstattungen gewährt hat. Soweit nunmehr diese Ausgangsumsätze mittels Schätzung zu ermitteln sind, so steht dafür aber eine ganz konkrete Basis in Form der in den Jahren 2016 bis 2018 in Österreich tatsächlich durch Bf. erzielten Marge zur Verfügung. Nur diese Marge kann u.E. daher der Schätzung zu Grunde gelegt werden.
Entgegen der Darstellung im Vorhalt führt ein auf Basis der tatsächlichen Daten von Emirates basierender, vom durchschnittlichen Roaming-Gewinnaufschlagösterreichischer Anbieter abweichender Gewinnaufschlag (Marge) auch nicht per se zu einer Schätzungsbefugnis für die Jahre 2016 bis 2018. Dieser abweichende Gewinnaufschlag ist vielmehr sachlich dadurch erklärbar, dass sich Emirates einerseits in einem gänzlichen anderen Marktumfeld (Inlandsmarkt der V.A.E.) mit anderem Preisniveau bewegt, andererseits die tatsächlichen (österreichischen) Roaming-Vorleistungen bei der Preisgestaltung von Emirates überhaupt keine Rolle spielen (vergleiche dazu nachstehend).
2. Unsachlichkeit des "durchschnittlichen Gewinnaufschlags von 342%
Aus Gründen der Vollständigkeit wird Weiters ergänzt, dass das Vorbringen des Finanzamts, es läge ein durchschnittlicher Gewinnaufschlag auf Roamingleistungen von 342%vor, schon dem Grunde nach unsachlich ist.
Der Grund dafür liegt darin, dass diese Gewinnaufschläge nur von österreichischen Telekommunikationsunternehmern bei Verrechnung auf Basis verbrauchter Einheiten - also bei Abrechnung pro Minute/MB/SMS - erzielbar sind. Unser Mandant ist aber weder in Österreich ansässig noch mit österreichischen Telekommunikationsdienstleistern vergleichbar (siehe dazu gleich Punkt 3), noch ist eine Verrechnung auf Einheitsbasis üblich: In der Praxis werden Roaming-Dienstleistungen zum Großteil mittels sogenannter Roamingpakete, welche eine gewisse Menge an Minuten /MB/SMS für einen Pauschalbetrag inkludierten, verrechnet.
Die vom Finanzamt zur Auskunft aufgeforderten österreichischen Telekommunikationsunternehmern geben selbst bekannt, dass die Verrechnung beinahe ausschließlich über Roamingpakete und eben nicht auf Basis verbrauchter Einzeleinheiten erfolgt. Wir dürfen dazu die beiden nachstehenden Stellungnahmen, welche aus den Anfragebeantworten aus dem Frühjahr 2023 resultieren und vom Finanzamt u.a. im Verfahren vor dem BFG zur RV/2100302/2022 (D. Telecommunications) vorgelegt wurden, verweisen:
Stellungnahme des "ersten" österreichischen Telekommunikationsunternehmens:
Weiters möchten wir darauf hinweisen, dass Preise pro Einheit für Roaming nicht aussagekräftig bzw. auch nicht darstellbar sind, da diese von den einzelnen unterschiedlichen Tarifen abhängen, ob diese mit Gerät sind oder ohne, mit Bindung oder ohne, ob Zusatzpakete oder nicht etc. und auch keinen unmittelbaren Zusammenhangmit den Roaming-Eingangskosten haben.
Stellungnahme des "zweiten" österreichischen Telekommunikationsunternehmens:
Aufgrund einer Auswertung für die Nutzung in den USA konnte festgestellt werden, dass ab 2013 überwiegend Pakete von unseren Kunden genutzt werden. Im Jahr 2021 wurde weniger als 1% der Roamingnutzung variabel verrechnet. Der Rest erfolgte über Paketnutzung.
Einkaufspreise werden auf Minutenbasis bzw MB vereinbart. In diesem Einkaufspreis müssen sowohl die variablen Entgelte als auch die Paketpreise Deckung finden. Der Einkaufspreis kann nicht auf variable Nutzung und Paketnutzung aufgeteilt werden.
Da eine Extraktion zwischen variablen Entgelt und Paketpreis nicht möglich ist und der Einkaufspreis daher auch nicht aussagekräftig ist, können wir Ihnen die Einkaufspreise nicht zur Verfügung stellen.
Die vollständigen Stellungnahmen der beiden österreichischen Telekommunikations-Unternehmen entnehmen Sie bitte der Anlage 1.
Aufgrund der vollständigen Außerachtlassung von Roamingpaketen bei der Ermittlung des angeblich erzielbaren durchschnittlichen Gewinnaufschlags von 342% erweist sich das Vorbringen des Finanzamts als unsachlich, weil das Finanzamt aus den Anfragebeantwortungen Schlüsse zieht, welche nach Auskunft der befragten österreichischen Telekommunikationsdienstleister mangels entsprechender Datenlage gerade unzulässig sind.
Die Rückmeldungen der österreichischen Telekommunikationsanbieter zeigen zudem, dass selbst bei im Inland ansässigen und dem österreichischen UGB unterliegenden Telekomunternehmen keine exakten Auswertungen vorgenommen werden können, in denen Kosten und Umsätze pro Roamingkunde, Land und Zeiteinheit gegenübergestellt werden können. Derartige Auswertungsmöglichkeiten sind daher weder existent noch branchenüblich und können unserem Klienten auch nicht abverlangt werden.
Tatsächlich werden die Roamingpreise pro Einheit in praxi von beinahe keinem einzigen Kunden bezahlt, weshalb die vom Finanzamt angeführten durchschnittlich erzielbaren Gewinnaufschläge von 342% als rein hypothetisch zu bezeichnen sind. Eine Heranziehung für Schätzungen in denjenigen Streitjahren, für welche keine Umsätze vorgelegt werden konnten, ist u.E. somit unzulässig.
3. Unsachlichkeit eines äußeren Betriebsvergleichs zwischen Emirates und österreichischen Telekommunikationsunternehmen
Ganz generell verbietet sich ein äußerer Betriebsvergleich zwischen österreichischen Telekommunikationsunternehmen und unserer Mandantschaft, da beide in unterschiedlichen Wettbewerbsumfeldern agieren. Besonders deutlich wird dies am Vergleich der angebotenen und im Vorhalt des BFG dezidiert angesprochenen Roamingpakete. Beispielsweise bietet die A. ein Roamingpaket mit 250 Minuten, 250 SMS, 250 MMSund 250MB Datenvolumen für EUR 149,90 pro Monat an.
Unsere Mandantschaft hat kein direkt vergleichbares Produkt im Programm, allerdings wird für einen vergleichbaren Preis von 600,- AED (per Stand 07.03.2024 etwa EUR 149,88) ein weltweit nutzbares Roamingpaket mit 5GB Datenvolumen und 500 Minuten Sprachtelefonie angeboten. Sämtliche Roamingpakete unseres Klienten finden Sie auf dessen Homepage (englischsprachig) unter nachstehendem Link: https://xxx sowie in der Anlage 2.
Betrachtet man nur die Sprachtelefonie, müsste man zwei A-Pakete kaufen, um dieselbe Leistung wie bei unserem Mandanten zu erhalten. Beim inkludierten Datenroaming-Volumen liegt das Verhältnis sogar beim 20-fachen. Mit anderen Worten: Der Kunde müsste also 20 A-Pakete für insgesamt EUR 2.998,- erwerben, um ebenso 5GB Datenroaming-Volumen zu erhalten.
Bei SMS und MMS bietet unser Mandant keine Roamingpakete an. Da SMS und MMS allerdings seit Jahren durch Messenger-Dienste wie WhatsApp subsituiert werden, kann dieser praktisch unbedeutende "Vorteil" durchaus vernachlässigt werden bzw. wird dieser durch das wesentlich höhere Datenvolumen, welches im Gegenzug an Bedeutung gewinnt, mehrfach kompensiert.
Zusammengefasst zeigt sich jedenfalls, dass unser Mandant wesentlich mehr (Roaming-) Leistung bieten muss, um denselben Umsatz wie ein österreichisches Telekommunikationsunternehmen zu generieren.
Dementsprechend ist die von Bf. erzielbare Marge auch deutlich geringer als die von österreichischen Telekommunikationsunternehmen.
Betrachtet man den Preis pro Dateneinheit, ergibt sich folgende Darstellung: A. bietet insgesamt 1.000 Einheiten für EUR 149,90 an - es ergibt sich somit ein Einheitspreis von rund EUR 0,15. Bf. bietet dagegen 5.500 Einheiten für EUR 149,88 an, was einem Einheitspreis von weniger als EUR 0,03 entspricht.
Diese Aufstellung verdeutlicht nochmals die Fehlerhaftigkeit der Schlüsse, welche das Finanzamt (im Schreiben vom 9.6.2023 an das BFG) aus den Anfragebeantwortungen der österreichischen Telekommunikationsdienstleister zieht, da dem angeblich erzielbaren durchschnittlichen Gewinnaufschlags von 342% ein Preis pro Einheit von EUR 4,99 bis EUR 15,00 zu Grund liegt, A. aber selbst laut eigener Auskunft in über 99% der Fälle nur einen Preis pro Einheit von EUR 0,15 erzielen kann. Selbst wenn man nur eine "halbe" Ausnutzung des Roaminpakets und somit einen Preis je Einheit von EUR 0,30 unterstellt, ergeben sich Umsätze, die weit von den Annahmen des Finanzamts entfernt sind. Zweitens zeigt diese Aufstellung, dass die Marge von Emirates weit unter der Marge von österreichischen Telekommunikationsunternehmen liegt, da der Umsatz, welcher mit einer einzelnen Roamingeinheit erzielt werden kann, um das bis zu 20-fache geringer ist.
Zusammengefasst ist nicht nur der vorgebachte Gewinnaufschlag von 342% als rein hypothetisch zu bewerten, sondern auch jeglicher äußerer Betriebsvergleich zwischen der Bf. und österreichischen Telekommunikationsunternehmen unsachlich, da keine objektive Vergleichbarkeit gegeben ist. Da ein äußerer Betriebsvergleich nach stRsp. des VwGH nur dann zulässig ist, wenn die herangezogenen Betriebe tatsächlich mit dem des zu schätzenden Abgabepflichtigen vergleichbar sind (VwGH 28.05.1998, 96/15/0260), darf ein solcher nicht vorgenommen werden.
Wir verweisen diesbezüglich auch auf das beim BFG unter GZ. RV/2100835/2022 anhängige Verfahren des Unternehmens S.T., bei dem sich die gleichgelagerten Fragen stellen. Auch dieses Unternehmen hat die mit österreichischem Roaming erzielten Gewinnmargen im Rahmen des BFG-Verfahrens für einen mehrjährigen Zeitraum (konkret 9/2016 bis 12/2022) ermittelt und dabei einen durchschnittlichen Gewinnaufschlag von 20,41% in Österreich erzielt. Ein äußerer Betriebsvergleich mit einem Telekommunikationsunternehmen in einer tatsächlich vergleichbaren Situation - nämlich einem ebenfalls im Nahen Osten ansässigen Unternehmen, welches in Österreich Roamingvorleistungen bezieht und diese an ihre vor Ort im Drittstaat ansässigen Kunden weiterverrechnet - zeigt daher, dass die von Bf. ermittelten Gewinnaufschläge branchen- und marktüblich sind. Es ist dabei auch zu beachten, dass in Drittstaaten ansässige Telekomanbieter aus weniger entwickelten Ländern in einer gänzlich anderen Situation als österreichische Anbieter sind: Denn die Anbieter aus Drittstaaten erzielen aufgrund des in ihrem Ansässigkeitsstaat niedrigeren Preisniveaus regelmäßig niedrigere Umsätze mit der gleichen Menge an Einheiten - egal ob für Roaming- oder für Inlandsleistungen -, während sie die Roamingvorleistungen in Österreich teuer zum "westlichen" Preisniveau einkaufen müssen. Ein österreichischer Telekomanbieter profitiert dagegen beim Roaming spiegelbildlich davon, dass er zum niedrigeren Preisniveau im weniger entwickelten Drittstaat einkaufen, aber zu den höheren (österreichischen) Preisen verkaufen kann. Eine (mutmaßlich) deutlich höhere Marge österreichischer Anbieter ist daher wirtschaftlich erklärbar und systemimmanent; diese kann aber nicht auf Anbieter in Drittstaaten, die unter gänzlich anderen Marktbedingungen arbeiten, übertragen werden.
Ebenso ist im Sinne eines externen Betriebsvergleichs mit anderen Telekomanbietern aus Drittstaaten auf des Erkenntnis des BFG vom 17.8.2023, GZ RV/2100302/2022, zu verweisen, welches als - soweit ersichtlich - bisher einziges Erkenntnis die Frage der Schätzung bei Roamingdienstleistungen behandelt. Das BFG setzt die im Rahmen der Schätzung heranzuziehende Marge darin letztlich mit 24% fest, während das belangte Unternehmen für einen nicht verfahrensgegenständlichen Zeitraum einen Gewinnaufschlag i.H.v. 15,56% bekannt gegeben hatte. Sowohl die Angaben dieses Unternehmens als auch die letztliche Festsetzung einer Marge von 24% durch das BFG belegen erneut, dass Margen im Bereich von +/- 20% für Roaming in Österreich bei Drittlandsanbietern branchenüblich sind und damit die sachgerechte Basis für einen externen Betriebsvergleich darstellen. Dies muss umso mehr gelten, wenn das Unternehmen - wie im gegenständlichen Fall Bf. - die konkreten Umsatzzahlen für die beschwerdegegenständlichen Jahre bekannt gibt und die daraus ersichtliche, belegte Marge sich in einer vergleichbaren und somit glaubwürdigen Größenordnung bewegt.
4. Berücksichtigung von Rabatten bei der Preisfindung
Alle von Bf. angebotenen Roamingpakete sind weltweit nutzbar (eine Übersicht über die aktuell angebotenen Roamingpakete entnehmen Sie bitte der Anlage 2; diese sind auch unter diesem Link abrufbar: https://www.xxx ). Bf. bietet - anders als etwa A - keine Roamingpakete für bestimmte Tarifzonen bzw. Länder an. Daraus ergibt sich auch eine völlig andere Preiskalkulation als bei österreichischen Telekommunikationsdienstleistern. Der Preis eines in Österreich nutzbaren Roamingpakets orientiert sich folglich nicht am Einkaufspreis, welchen österreichische Telekommunikationsdienstleister in Rechnung stellen, sondern am durchschnittlichen weltweiten Einkaufspreis von Roamingvolumen nach Abzug aller Rabatte sowie an einem wettbewerbsfähigen Verkaufspreis, welcher in den V. erzielbar ist.
Bf. nimmt es im Sinne einer einfachen Preisgestaltung für den Endkunden dabei bewusst in Kauf, in einzelnen Ländern vor Gewährung eines Rabattes mehr an lokale Telekommunikationsdienstleister bezahlen zu müssen als zunächst vom eigenen Kunden erlöst werden kann. Da aber mit zahlreichen Telekommunikationsdienstleistern weltweit Rabattvereinbarungen bestehen - Bf. spricht in diesem Zusammenhang von "Preferred Roaming Partners" - gleichen sich hohe Vorleistungen der aktuellen Periode mit Rabatten, welche in der aktuellen Periode gewährt, aber Leistungen einer vergangenen Periode zuzuordnen sind, miteinander aus.
Kommt keine Rabattvereinbarung zu Stande, nimmt Bf. es auch in Kauf, in einem Land endgültig mehr an den lokalen Telekommunikationsdienstleister bezahlen zu müssen, als tatsächlich vom eigenen Kunden zu erlösen ist - derartige Verluste werden mit Gewinnen in anderen Ländern ausgeglichen. Dementsprechend gibt es keine gleichmäßigen Margen, wie bei der Verwendung von Tarifzonen, sondern unterschiedliche Margen je nach Land. Es ergibt sich von selbst, dass die Einkaufspreise für Roamingdienstleistungen in Österreich bzw. in Europa generell höher sind als etwa im Mittleren Osten, Asien oder Afrika (vgl. dazu auch bereits Punkt 4).
In Bezug auf Österreich hat Bf. bestätigt, dass es sowohl mit A. als auch mit T. Rabattvereinbarungen gibt. Für die Telekomanbieter handelt es sich bei diesen Rabattvereinbarungen um hochsensible Geschäftsinformationen, da die Höhe der Rabatte nicht nach außen dringend darf. Der Klient hat uns jedoch Auszüge aus diesen (englischsprachigen) Vereinbarungen übermittelt, welche Sie anbei in der Anlage 3 finden. Die Rabattvereinbarungen werden jeweils im Vorhinein abgeschlossen, sodass Bf. der wirtschaftlich an den österreichischen Telekomanbieter zu zahlende Gesamtpreis für die Roamingleistungen - bestehend aus unrabattierter Eingangsrechnung und späterem Rabatt - vor der Leistungserbringung an den Endkunden bekannt ist. Wir wiesen diesbezüglich insbesondere auch auf die Rabattvereinbarung mit A., welche eine automatische jährliche Verlängerung vorsieht (vgl. Punkt "2. Discount Period"), sofern nicht bis 30 Tage vor Ende der Rabattperiode eine neue Vereinbarung geschlossen wird. Dementsprechend kann Bf. die tatsächlichen (= um Rabatte gekürzten) Einkaufspreise bei der Gestaltung ihres Ausgangspreises gegenüber dem Kunden berücksichtigen. Wie vorstehend dargestellt, setzt die Bf. die Preise für Roaming weltweit in gleicher Höhe fest und erfolgt keine gesonderte Preissetzung für Österreich. Wirtschaftlich betrachtet spielt die Existenz der Rabattvereinbarungen für zahlreiche Länder aber eine signifikante Rolle für die Höhe der Vorleistungen und damit auch für die Preisgestaltung von der Bf. auf der Ausgangsseite.
Insgesamt ergibt sich aus dem Vorstehenden u.E. eindeutig, dass die Rabatte bei der Preisfindung berücksichtigt werden und eine allfällige Besteuerung im Schätzungswege - welche u.E. ohnedies nur für Jahre in Betracht kommt, in denen der Klient keine konkreten Ausgangsumsätze bekannt geben kann - daher nur auf Basis der Vorleistungen nach Abzug von Rabatten erfolgen darf.
Abschließend dürfen wir erneut auf die bisherigen Ausführungen in Beschwerden, Vorlageanträgen und den bisherigen Vorgangsbeantwortungen verweisen.
Für allfällige Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
…"
Mit E-Mail der steuerlichen Vertretung vom 26. März 2024 OZ. 189 wurden die Bemessungsgrundlagen des Jahres 2016 vom wie folgt dargestellt und Folgendes erläuternd ausgeführt:
Zu der Tabelle noch folgende Anmerkungen:
- 1. Wie erörtert wird die Steuerpflicht der Ausgangsumsätze von uns dem Grunde nach bestritten. Die angeführten Ausgangs-Umsätze verstehen sich daher für den Fall, dass das BFG entgegen unserer Rechtsansicht von einer Steuerpflicht der Ausgangsumsätze in Österreich ausgeht und daher über die Höhe der Ausgangsumsätze abzusprechen hat.
- 2. Die angeführten Ausgangsumsätze basieren auf tatsächlichen Umsatzzahlen unseres Klienten. 20% der Umsätze entfallen auf unternehmerische Leistungsempfänger als Kunden, weshalb es bei diesen zum Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger kommt (KZ021). Bei den übrigen, nichtunternehmerischen Kunden wurde die von Emirates geschuldete USt iHv 20% aus den vereinnahmten Bruttoentgelten herausgerechnet. Wir verweisen dazu weiterführend auf die bisherigen Vorhaltsbeantwortungen.
- 3. Die Vorsteuerbeträge (KZ060) sind zwischen Klient und Finanzamt unstrittig und im Rahmen der ursprünglich eingereichten VSt-Erstattungsanträge durch Eingangsrechnungen belegt worden.
- 4. Bei den Entgeltsminderungen (KZ067) stimmen die von uns o.a. VSt-Beträge in den Jahren 2017 und 2028 mit den Zahlen laut Finanzamt überein: Es ist unstrittig, dass sich die USt aus den Gutschriften dieser beiden Jahre jeweils auf das Vorjahr bezieht. Da im jeweiligen Vorjahr (2016 und 2017) jeweils der volle VSt-Abzug gewährt wird, führen diese Gutschriften unstrittig zu einer Verminderung des VSt-Abzugs.
- 5. Im Jahr 2016 stellt sich die Situation bei den Entgeltsminderungen (KZ067) wie folgt dar:
- USt auf Rabatte von T. EUR 369.382,75, davon entfallen EUR 369.163,72 auf die Leistungszeiträume 2013-2014 und EUR 219,03 auf 2015 (unstrittig). Steuerlich relevant daher EUR 369.163,72
- USt auf Rabatte von A. EUR 4.200.463,83, davon entfallen EUR 1.687.884,83 auf Leistungszeiträume 2013-2014 und EUR 2.512.579 auf 2015 (unstrittig). Steuerlich relevant daher EUR 1.687.884,83.
- Für das Jahr 2015 wurde weder eine VSt-Erstattung beantragt noch vom Finanzamt gewährt. Es existieren keine Bescheide für 2015 und entsprechend sind keine Rechtsmittel anhängig. In 2016 ausgestellte, das Jahr 2015 betreffende Rabatte führen daher in 2016 zu keiner Entgeltsminderung, da uE nur ein in Anspruch genommener VSt-Abzug bei Eintritt einer Entgeltsänderung zu korrigieren ist. Wir verweisen weiterführend auf die bisherigen Ausführungen.
- Das Erfordernis einer VSt-Berichtigung in 2016 aufgrund von Gutschriften, die Leistungen aus den Jahren 2013 und 2014 betreffen, steht ausdrücklich unter dem Vorbehalt, dass für diese Jahre in den diesbezüglich anhängigen Verfahren der VSt-Abzug gewährt wird.
- 6. Zur wirtschaftlichen Plausibilität der Zahlen noch folgende Anmerkung: In Summe ergibt sich daher eine Zahllast iHv EUR 2.214.901 für die hier betrachteten Jahre. Blendet man die Vorsteuerberichtigungen in 2016 aus (die ausschließlich Vorjahre betreffen und dort ihre wirtschaftliche Ursache haben) aus, so steht im Zeitraum 2016 bis 2018 ein saldierter VSt-Abzug iHv EUR 4.826.497 (VSt) - EUR 4.056.492 (VSt auf Entgeltsminderungen aus 2017 und 2018) = EUR 770.004 zu. Dies multipliziert mit 5 ergibt Nettovorleistungen iHv EUR 3.850.023, denen ein Ausgangsumsatz in Österreich iHv 6.031.071 gegenübersteht. Damit beträgt die Marge 56,65%. Sofern es auch in 2019 (hier nicht verfahrensgegenständliche) Rabatte für das Jahr 2018 gegeben haben sollte, die die Vorleistungen reduzieren, fällt die tatsächliche Marge noch höher aus.
…"
Mit Auskunftsersuchen an die A. AG vom 30. April 2024 (OZ. 201) wurde diese um weitere Auskünfte im Zusammenhang mit dem erteilten Gutschriftsbeleg vom 27.3.2014 über eine Bruttogutschrift von 2.576.965,98 € (enthaltene USt: 429.494,33 €) ersucht:
"Mit E-Mail vom 11. September 2023 haben Sie dem Bundesfinanzgericht mitgeteilt, dass im Jahr 2014 eine Discountgutschrift über einen Vorsteuerbetrag von 429.494,33 € ausgestellt wurde. Der entsprechende Gutschriftsbeleg vom 27.3.2014 wurde angeschlossen.
Nunmehr behauptet die Bf., sie habe über die entsprechende Gutschrift erst am 15.4.2015 (rund 1 Jahr später) verfügen können und hat eine von ihr ausgestellte entsprechende Debit Note vom 15.4.2015 beigeschlossen (s. Beilagen).
Daher werden Sie ersucht darzustellen, ob die Gutschrift tatsächlich erst nach dem 15.4.2015 der Bf. ausbezahlt wurde. Die entsprechenden Buchhaltungsausdrucke des Kundenkontos, aus dem die Belastungen, Gutschriften und Zahlungen, Rückzahlungen der Bf. eindeutig hervorgehen, wären anzuschließen.
…"
Mit Antwort-E-Mail vom 22. Mai 2024 (OZ. 214) antwortete die A. AG Folgendes:
"Sehr geehrter Herr Dr. X.,
in diesem Antwortschreiben finden Sie in der Beilage alle notwendigen Unterlagen die zur Beantwortung Ihres Schreibens vom 30. April 2024 dienlich sind.
Sie finden in der Beilage "Bf. GS_Zahlungsavis", die Bestätigung, dass unsererseits am 15.4.2015 der Betrag überwiesen wurde. In der Beilage "Kontoauszug 15042015", sehen Sie einen der Datenträger, in der die diese Zahlung beinhaltet war.
Mit freundlichen Grüßen
…"
Das "Zahlungsavis" (OZ. 216) hat folgendes Aussehen:
"
Weiters war eine Abbildung eines Kontoauszuges vom 15.4.2015 (OZ. 217) angefügt, in dem vier Datenträger-Sammelüberweisungen markiert wurden.
In einer per Mail übersandten weiteren Anfrage vom 23. Mai 2024 (OZ. 218) an die A. AG wurde seitens des BFG Folgendes ausgeführt:
"Sehr geehrter Herr G.!
Vorerst einmal herzlichen Dank für die Beantwortung meiner Anfrage. Bedauerlicherweise bleiben einige Tatsachen in diesem Zusammenhang unklar:
1. Aus den markierten vier Buchungen der beigefügten Fotoabschrift des Kontoauszuges vom 15.4.2015 kann ich nicht ableiten, in welcher nun wirklich die strittige Gutschrift vom 27.3.2014 überwiesen wurde, zumal der Betrag in allen vier Buchungen Deckung finden könnte. Folglich liegt bis dato keine lückenlos geschlossene Beweiskette vor.
2. Aus dem beigefügten "Payment-Advice" vom 15.4.2015 könnte abgeleitet werden, dass ein Teil der Gutschrift möglicherweise bereits im Jahr 2014 verrechnet wurde und der Differenzbetrag in Höhe von 1.559.417, 25 angeblich ein Jahr später zur Rückzahlung an die Bf. gelangte. Das oa. Dokument 360002843 CN-xxxx/1212 vom 26.2.2014 ist dem BFG nicht weiter bekannt.
3. Von der Finanzverwaltung wird in diesem Zusammenhang bemerkt, dass sie davon ausgeht, dass die von der A. ausgestellte Gutschrift umsatzsteuerwirksam bereits im Jahr 2014 in Form einer Umsatzberichtigung von 2.147.471,67 € geltend gemacht wurde, obwohl die angebliche Rückzahlung erst 2015 erfolgte.
4. Ungeklärt bleibt nach wie vor, was mit der in den Büchern der A. ausgestellten und der Bf. übersandten Gutschrift in Höhe von 2.576.966,00 (brutto) vom 27.3.2014 bis 15.4.2015 geschah. Auf Grund der von der Bf. ausgestellten Debitnote (beigeschlossen mit hg. Auskunftsersuchen vom 30.4.2024) ist anzunehmen, dass die Bf. die Auszahlung erst am 16.2.2015 angefordert hat. Es ist davon auszugehen, dass die Bf. bereits nach dem 27.3.2014 in Kenntnis der Gutschrift war und darüber verfügen konnte.
…"
In ihrer Antwort vom 3. Juni 2024 (OZ. 221) führte die A. AG Folgendes aus:
"Sehr geehrter Herr Dr. X.,
ua finden Sie 4 Antworten, die hoffentlich detaillierter und hilfreicher für Sie sind.
Punkt 1: Hier sehen Sie den exakten Kontoauszug der Zahlung von 2015:
…
Punkt 2:
Im Attachment beide Dokumente die im Aviso von 2015 berücksichtigt wurden.
Punkt 3:
Unsere Discount-Gutschriften wurden einfach postalisch versendet, ein Nachweis der Postaufgabe ist daher nicht möglich. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass A. aufgrund des Vorliegens einer ordnungsgemäßen Buchhaltung, die Umsatzberichtigung erst mit Postaufgabe (= Ausstellungsdatum der Rechnung) gebucht hat.
Punkt 4:
Wie die Bf. in ihrer Buchhaltung mit unseren Discount Gutschriften umgegangen ist, entzieht sich unserer Kenntnis.
Warum Bf. eine Debit Note über den Roaming Discount von EUR 2.576.966,00 brutto ohne Umsatzsteuerausweis vorgenommen hat, ist uns nicht erschließbar. A. AG hat diese Debit Note nicht anerkannt und dementsprechend in den Büchern nicht erfasst."
Die Beilage 1 (OZ. 222) enthält die versandte Gutschrift an die Bf. vom 27.3.2014 über 2.576.966 € (brutto).
Die Beilage 2 (OZ. 223) enthält eine Gutschrift der Bf. an die A. vom 26.2.2014 für den Zeitraum "1-12/12" über einen Betrag von 1.017.548,75 €, der bei der Überweisung vom 15.4.2015 der A. AG über 1.559.422,25 € offenbar gegenverrechnet (1.559.417,25 €, Differenz: 5 € übernommene Spesen) wurde.
Der Beleg (OZ. 223) hatte folgendes Aussehen:
Mit Vorhalt vom 30. April 2024 (OZ. 206) wurde die Bf. von folgenden Umständen betr. Umsätzen an unternehmerische Kunden in Kenntnis gesetzt:
"In Ihrer Aufstellung wurden die Reverse-Charge-Umsätze mit rd. 20% der Bruttoeinnahmen angenommen. Es wird dazu festgehalten, dass dies nach hg. Ansicht eine Schätzung darstellt, die entsprechenden Steuerausfall gleichkommt, zumal eine Überprüfung der USt-Abfuhr im Falle fehlender oder nur teilweiser Vorsteuerabzugsmöglichkeit seitens der Finanzbehörden nicht möglich erscheint.
Um einen entsprechenden Abzug von der Bemessungsgrundlage zu gewähren, müssten die unternehmerischen Kunden, auf die die Steuerschuld übergegangen ist, detailliert bekanntgegeben werden, um eine entsprechende Überprüfung durch die Abgabenbehörde zu ermöglichen, falls die Leistungen an nicht oder nicht voll vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer ausgeführt wurden. Eine Haftungsinanspruchnahme der Bf. für die übergangene Steuerschuld erscheint im Hinblick auf die bereits verstrichene Zeit verfahrensrechtlich nur sehr schwer möglich. Daher wird vorgeschlagen eine entsprechende Kürzung der RC-Umsätze von 50% vorzunehmen, was im Ergebnis auf eine Annahme von 10% RC-Umsätzen hinausläuft. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass nur die Hälfte der unternehmerischen Kunden zum Vorsteuerabzug berechtigt waren.
Daher werden Sie von diesem Umstand nachweislich in Kenntnis gesetzt und es Ihnen freigestellt sich innerhalb von vier Wochen antragstellend zu äußern.
…"
In ihrer per Mail überreichten Vorhaltsbeantwortung vom 23. Mai 2024 (OZ. 219) nahm die Bf. zu beiden Vorhalten (hg. GZ. vom 30. April 2024) und RV/2100046/2023 v. 23. April 2024) wie folgt Stellung:
"Sehr geehrter Herr Dr. X.,
im Namen unseres o.a. Klienten und unter Berufung auf die uns erteilte Vollmacht können wir zu Ihren Vorhalten vom 30.4.2024 (zugestellt am 6.5.2024) im Verfahren RV/2100888/2022 sowie vom 23.4.2024 (zugestellt am 26.4.2024) im Verfahren RV/2100046/2023 gerne wie folgt Stellung nehmen:
1. Unternehmereigenschaft der Kunden
Wir haben von unserem Klienten keine weiteren Unterlagen betreffend die unternehmerischen Leistungsempfänger erhalten, sodass wir keine weiterführenden Angaben zu diesen machen können. Allgemein erscheint eine Schätzung des Anteils von bloß 50% vorsteuerabzugsberechtigten Kunden innerhalb des Kreises der unternehmerischen Leistungsempfänger uE sehr hoch gegriffen, da es sich bei einer fehlenden VSt-Abzugsberechtigung um den Ausnahme- und nicht um den Regelfall handelt. Eine Inanspruchnahme unseres Klienten für allfällige Steuerausfälle auf Ebene der Leistungsempfänger müsste zudem, wie von Ihnen ausgeführt, verfahrensrechtlich in einem gesonderten Verfahren zur Geltendmachung des Haftungsanspruchs gem § 19 Abs 1 letzter Satz UStG erfolgen und nicht im Rahmen der USt-Veranlagung.
2. Gutschriften/nachträgliche Rabatte T. GmbH
Das übermittelte Schreiben der T. GmbH betrifft Gutschriften aus den Jahren 2016 bis 2020; verfahrensgegenständlich davon ist der Zeitraum 2016 bis 2018. Zu den übermittelten Gutschriften ist dabei folgendes anzumerken:
- Credit Information A.C9019056679 vom 19.10.2016 (Total Amount EUR 17.441.654; davon brutto auf Österreich entfallend EUR 3.918.583; darin enthalten öUSt EUR 653.097): Diese Gutschrift wird von Ihnen und von der T. GmbH (im Schreiben vom 29.2.2024) dem Jahr 2017 zugerechnet, obwohl der Beleg vom Oktober 2016 datiert. Bislang hat dagegen sowohl das Finanzamt als auch die T. GmbH (vgl. deren Schreiben an Sie vom 18.9.2023) Gutschriften jeweils dem Jahr der Gutschriftsausstellung zugerechnet (auch noch bei den Gutschriften von August 2016).
Die nunmehrige Zuordnung zu einem anderen Jahr wird von T. nicht begründet. Die Ursache dürfte darin liegen, dass die konzerninterne Weiterbelastung durch DT.-AG an T. laut dem übermittelten Beleg erst im Jahr 2017 erfolgt ist. UE müsste dagegen für die Frage der allfälligen VSt-Korrektur auf Ebene der Bf. relevant sein, wenn dieser der Gutschriftsbetrag (ausbezahlt wohl durch die DTAG) zugeflossen ist (sofern man diese Zahlung als eine Entgeltsminderung für Leistungen der T. an Bf. versteht).
Ungeachtet der Frage, ob eine Erfassung als VSt-Berichtigung gem § 16 UStG theoretisch im Jahr 2016 oder im Jahr 2017 zu erfolgen hätte, kommt der konkreten Gutschrift uE aber keine abgabenrechtliche Relevanz zu, da sie sich auf den Leistungszeitraum 2015 bezieht (vgl Seite 1 des Belegs "01.01.2015-31.12.2015").
Im Jahr 2015 hat unser Klient jedoch unstrittig weder im Veranlagungs- noch im Erstattungsverfahren einen VSt-Abzug erhalten, sodass auch eine spätere Minderung des VSt-Abzugs für dieses Jahr abgabenrechtlich irrelevant ist, da gem § 16 UStG nur ein "in Anspruch genommener" VSt-Abzug zu korrigieren ist. Wir verweisen weiterführend auf unsere bisherigen Ausführungen zu dieser Rechtsfrage.
- Debit Information A.C90190063338 vom 22.9.2017 und Debit Information A.C90190067507 vom 14.5.2018: Beide Gutschriften führen saldiert zu einem USt-Betrag für eine "negative Gutschrift" iHv EUR 49.048,64. Wenn wir Sie richtig verstehen, würden Sie diesen Betrag im Jahr 2018 auf Ebene der Bf. als zusätzlichen VSt-Abzug (bzw. positive VSt-Berichtigung) berücksichtigen. Theoretisch könnte hier wieder die Frage erörtert werden, ob diese zeitliche Zuordnung korrekt ist (vgl bereits zuvor). Da jedoch ohnedies beide denkbaren Jahre (2017 und 2018) gerichtsanhängig sind und sich saldiert keine Auswirkungen auf das Steueraufkommen ergeben, spricht uE nichts gegen eine Erfassung des Gesamtbetrages in 2018.
Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
…"
Mit Vorhalt VI vom 25. Juni 2024 (OZ. 233) an die Bf. wurde Folgendes ausgeführt:
"In den Beilagen werden die Ihnen von der A. AG im Wege der Auskunftsersuchen des Bundesfinanzgerichts v. 30.4. und 23.5.2024 erhaltenen Unterlagen anbei übermittelt.
Aus dem übermittelten Überweisungsbeleg im Zusammenhang mit dem Zahlungsavis vom 15.4.2015 geht hervor, dass mit einer Gegenforderung der Bf. vom 26.2.2014 aufgerechnet und lediglich der Differenzbetrag der Bruttogutschrift vom 27.3.2014 überwiesen wurde
…"
Die entsprechenden Beweismittel der OZ. 201, 202, 203, 204, 205, 214, 215, 216, 217, 218, 221, 222 und 224 wurden angeschlossen.
In ihrer Vorhaltsbeantwortung vom 19. Juli 2024 (OZ. 248) führte die Bf. zum Eintrittszeitpunkt der Entgeltsminderung aus, diese habe ihres Erachtens im Jahr 2015 stattgefunden, weil die Auszahlung erst im Jahr 2015 erfolgt sei. Da die Aufrechnung in Höhe von 1.017.548,75 € am 15.4.2015 und die Auszahlung am Folgetag erfolgt sei, habe sie nicht vor dem 16. April 2015 über den Gutschriftsbetrag verfügen können.
Hinsichtlich der Jahr 2010 und 2011 seien die Bescheide erst am 25. Mai 2018 ergangen und in der Folge am 1.6.2018 eingelangt. Die Festsetzungsverjährung für die Umsatzsteuer beträgt gem. § 207 Abs. 2 BAO grundsätzlich fünf Jahre, wobei sie sich nach gem. § 209 Abs. 1 BAO um ein Jahr verlängert, wenn nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches gesetzt werden. Auch wenn konkret zunächst nur Vorsteuererstattungsbescheide für 2010 und 2011 ergangen seien, sei uE doch eher davon auszugehen, dass die Erlassung dieser Bescheide eine derartige Verlängerungshandlung darstellt und somit das "5+1-System" zur Anwendung gelangt.
Gem. § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Für das Jahr 2010 sei die Verjährung somit mit Ablauf des 31.12.2016 abgelaufen, für das Jahr 2011 mit Ablauf des 31.12.2017. Der Abgabenanspruch hinsichtlich der Jahre 2010 bis 2011 sei daher zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits verjährt gewesen und die angefochtenen Bescheide seien folglich zu Unrecht ergangen.
Zum Verjährungseinwand hinsichtlich der Jahre 2010 und 2011 führte die belangte Behörde in ihrer Äußerung vom 20.8.2024 (OZ. 268) Folgendes aus:
"…
Die AP/UMA hat mit Prüfungsauftrag vom/am 16.9.2014 diesen "Drittland-Telekom-Akt" betreffend ho. eingereichter U5 zu 01-12/2012, 01-03/2013, 04-06/2013, 07-09/2013, 10 12/2013 und 04-06/2014 mit der Außenprüfung begonnen (vgl. Blg BP-Bericht) und nach Schlussbesprechung vom 6.5.2015 auch in der Niederschrift mit Hr. Mag. N. vom 17.11.2015 die Rechtslage, d.h. die Umsatzsteuerpflicht auf Grund steuerpflichtiger Umsätze in Österreich ausführlichst erläutert bzw. auf das Umsatzsteuerveranlagungsverfahren ab 1.1.2010 hingewiesen (vgl. Blg NS).
…
Mit Mail vom 17.8.2016 wurde die Bf. daher seitens der AP aufgefordert bekannt zu geben, ob es an die Bf. Gutschriften von den österr. Telekommunikationsanbietern gegeben habe und wenn ja, in welcher Höhe - und zwar von 2010 (inkl.) bis dato (Blg).
Mit Mail vom 2.9.2016 übermittelte die Bf. Belege betreffend (geringer, vgl. BP-Bericht unten) Gutschriften 2013 und 2014 (Blg).
Mit schriftlichem Ersuchen um Ergänzung vom 13.12.2016 (Blg. Verf 29), Vorhalt zu Gutschriften betreffend Roaming-Leistungen, wurde die Bf. ersucht, sämtliche Gutschriften, die im Zeitraum vom 1.1.2010 bis dato von österr. Telekommunikationsunternehmen an die Firma Bf. ausgestellt wurden, vorzulegen.
…
Bemerkt wird dazu auch:
…
Eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges iSd § 16 UStG 1994 ist auch dann vorzunehmen, wenn in den Vorjahren trotz Ausführung von Umsätzen keine Steuererklärungen eingereicht wurden. Ähnlich wie in § 22 UStG 1994 vorgesehen, ist nämlich von einer Versteuerung der Umsätze und dem Abzug der Vorsteuern in zumindest derselben Höhe auszugehen.
D.h. Es ist auch im ggstl. Fall davon auszugehen, dass die Bf. ab 2010ff, d.h. Insbesondere aber auch für die hier bezugnehmenden Zeiträume vorhandener Rabattgutschriften/Vorsteuerberichtigungen davon 2010 iHv EUR 995,34 (O.) und 2011 iHv EUR 93.765,45 (T.), steuerbare und steuerpflichtige Umsätze ausgeführt hat (+/-). Dies wurde der Bf. wh./ seit Prüfbeginn 2014 kommuniziert.
…
Die Verjährungsfrist beträgt für die Umsatzsteuer fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre (§ 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO).
…
Dabei kann auch ein besonders qualifiziertes Außerachtlassen von Sorgfaltspflichten, insbesondere auch eine unterlassene Bilanzierung oder eine mangelhafte Weiterleitung von Informationen über die Geschäfte an den/die Steuerberater, bereits zu einem bedingten Vorsatz führen.
Aus einer Nichtbekanntgabe von nachträglich erhaltenen Discounts/ Rabatten, d.h. Nichtrückzahlung/ Nichtabfuhr der § 16-Berichtigungen kann jedenfalls ein (bedingt) vorsätzliches Verhalten der Bf. abgeleitet werden.
…
Eine nach außen erkennbare Amtshandlung ist eine nach außen in Erscheinung tretende Amtshandlung im Sinne von im Außenbereich wahrnehmbarer behördlicher Maßnahme, die auf die Geltendmachung eines Abgabenanspruches oder die Feststellung von Abgabenpflichtigen zumindest im Ergebnis ausgerichtet ist. Die Amtshandlung muss, um Unterbrechungswirkung zu haben, nach außen wirksam und nach außen einwandfrei erkennbar sein (VwGH 7.9.2006, 2006/16/0041, mwN).
…
Es wurde bereits im Prüfungszeitraum ab 2014, in den Wochen/Monaten vor und nach dem BP-Bericht 2017 sowie den händischen FSU-Bescheiden im Jahr 2018, wh. auf die Umsatzsteuerveranlagungspflicht ab 1.1.2010 sowie die Vorsteuerberichtigungspflicht gemäß § 16 UStG 1994 hingewiesen (vgl. Blgen).
Dem nunmehrigen Vorbringen der Bf. zur Festsetzungsverjährung (U 2010 und 2011) kann sohin keinesfalls gefolgt werden - …"
In der über Antrag der Bf. anberaumten mündlichen Verhandlung führte die steuerliche Vertretung der Bf. unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens ergänzend aus, dass hinsichtlich der Jahre 2010 und 2011 keineswegs die 10-jährige Verjährungsfrist zur Anwendung käme, weil sie sich auf die gegenteilige Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts berufen konnte und somit von einer vertretbaren Rechtsansicht ausging. Weiters wurde hinsichtlich der Jahre 2012-2014 eine schätzungsweise Ermittlung der Bemessungsgrundlagen vorgenommen und dabei von einem Jahresumsatz mit 2.010.357.27 € die RC-Umsätze von rd. 20% in Abzug gebracht. Es sei somit von steuerpflichtigen Umsätzen von 1.546.428,67 € auszugehen, denen der im Erstattungsverfahren beantragte Vorsteuerabzug gegenüber zu stellen sei.
Die belangte Behörde wiederholte im Wesentlichen ihre bisherige Argumentation und bezog sich auf eine Verlängerung der Verjährungsfrist, wenn innerhalb dieser eine nach außen erkennbare Amtshandlung unternommen wurde und führte dabei das schriftliche Ergänzungsersuchen vom 13.12.2016, mit dem die Bf. aufgefordert worden sei, sämtliche Gutschriften ab 1.1.2010 vorzulegen, ins Treffen.
Außerdem bezog sie sich auf einen Vorsteuererstattungsbescheid 1-12/2011 vom 11.4.2017 als weitere verlängernde Amtshandlung.
Was die Anwendung des Melbourne Abkommen anlangt, entspreche die Telekom-VO dem Unionsrecht. Abgesehen von der fehlenden zwingenden völkerrechtlichen Anordnung sei nach dem Stufenbau der Rechtsordnung nicht vorgesehen, innerstaatliches Recht auf Grund völkerrechtlicher Abkommen unangewendet zu lassen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
1.1. Festgestellte Vorsteuerberichtigungen aus erhaltenen Gutschriften:
Vergleich Gutschriften lt. angefochtenen Bescheiden:
1.1.1. Vorsteuerkorrekturen der D. GmbH:
Auf Grund des beantworteten Auskunftsersuchens der der O. GmbH (E-Mail der O. GmbH vom 5. September 2023, OZ. 107; Rechnungskopie der Credit Note vom 13.7.2010, OZ. 109) wurde die Vorsteuerkorrektur von der Rechnungsausstellerin bestätigt und war daher in sachverhaltsmäßiger Hinsicht als unbedenklich zu betrachten.
In diesem Zusammenhang darf erwähnt werden, dass die Bf. die Rabatte der D. GmbH sachverhaltsmäßig in ihrer Beschwerde (OZ. 12), Vorlageantrag (OZ. 14), Vorhaltsbeantwortung vom 15.3.2023 (OZ. 73) noch bestritten hat. In der weiteren Folge wurden die seitens der D. GmbH übermittelten Unterlagen sowohl der belangten Behörde als auch der Bf. mit einem an die belangte Behörde gerichteten Vorhalt vom 31. Oktober 2023 (OZ. 147-150) zugestellt. Die Bf. hat diesen nachweislich erhalten (Rückschein vom 3. November 2023, OZ. 151) erhalten. Die Bf. wurde mit hg. Vorhalt vom 5. Dezember 2023 (OZ. 155) darauf angesprochen, dass die von der belangten Behörde erhobenen Vorsteuerberichtigungen zu 99% bestätigt wurden und sich die sachverhaltsmäßige Bestreitung als wenig erfolgreich erwiesen hat. In der bf. Vorhaltsbeantwortung vom 8. Jänner 2024 (OZ. 160) finden sich darüber keine weiteren Gegenausführungen, sodass die oa. Vorsteuerkorrekturen als unbedenklich angesehen werden können.
1.1.2. Vorsteuerkorrekturen und Abweichungen gegenüber der A. AG:
Hinsichtlich des Vorsteuerbetrages in Höhe von 429.494,33 € besteht der Höhe nach Einigkeit. Strittig ist hier die Zuordnung der Gutschrift ins Jahr 2014 (belangte Behörde) oder 2015 (Bf.), die erst im hg. Verfahren releviert wurde (Vorhaltsbeantwortung vom 15. März 2023, OZ. 73).
Die Bf. wurde auf den Widerspruch ihres Beschwerdevorbringens und dem finanzamtlichen Abgleich der A. sowie darauf hingewiesen, dass keine entsprechende Gutschriftsnote, sondern lediglich ein E-Mail eines bulgarischen Sachbearbeiters der A. vorgelegt wurde (Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom 27. Juni 2023, OZ. 87, samt Beilagen)
Die Bf. führte in ihrer daraufhin überreichten Vorhaltsbeantwortung vom 27. Juli 2023 (OZ. 94) weiters aus, die entsprechende Gutschrift könne wegen Ablaufs der Aufbewahrungsfristen im Ansässigkeitsstaat der Bf. über 2.576.966 € (brutto) nicht mehr vorgelegt werden. Es sei davon auszugehen, dass die Gutschrift in zeitlicher Nähe zur 2015 zum vorgenommenen "Settling" ausgestellt wurde und anzunehmen, dass die betreffende Gutschrift im Jahr 2015 und nicht wie vom Finanzamt angenommen im Jahr 2014 ausgestellt wurde. Weiters sei die in der Beilage zur Vorhaltsbeantwortung (OZ. 73) übermittelte Bestätigung der A. von der zuständigen Clearingsstelle ausgestellt worden, da alle diesbezüglichen Informationen bei dieser vorlägen. Im Übrigen habe auch das Finanzamt die betreffende Gutschrift nicht vorgelegt und es handle sich gleichermaßen um eine unbewiesene Prozessbehauptung (Vorhaltsbeantwortung vom 27. Juli 2023, OZ. 94).
Die daraufhin mit Auskunftsersuchen vom 5. September 2023 kontaktierte A. führte in ihrem Antwort-E-Mail vom 11. September 2023, (OZ. 111, OZ. 114) aus, am 27.3.2014 wurde eine Discountgutschrift für das Jahr 2012 in Höhe von 2.147.471,67 € (netto) zuzüglich 20% Umsatzsteuer von 429.494,33 € ausgestellt, was dem von der belangten Behörde erstellten Buchhaltungsauszug entspreche. Die entsprechende Credit Note vom 27.3.2014 über diese Beträge wurde beigefügt (OZ. 114).
Dieser Umstand wurde der Bf. mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom 5. Dezember 2023 in der Weise bekanntgegeben, dass die von der Bf. gewünschte Zuordnung der Gutschrift auf 2015 nicht vorgenommen werden könne (Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom 5. Dezember 2023, OZ. 155).
In ihrer Vorhaltsbeantwortung vom 8. Jänner 2024 (OZ. 160) führte die Bf. aus, die korrekte Zuordnung des für das Jahr 2012 gewährten Rabattes sei noch strittig, wobei vorauszuschicken sei, das vom Bundesfinanzgericht gerichtete Auskunftsersuchen habe die Ausstellung einer Credit Note per 27.3.2014 ergeben und werde von der Bf. derart anerkannt und außer Streit gestellt werde. Explizit werde aber darauf hingewiesen, dass das "Settling" - also die Auszahlung des gewährten Rabatts - erst am 15.4.2015 vorgenommen wurde und dies auch so von der A. bestätigt werde. Etwas anderes gehe auch aus der Auskunftsbeantwortung vom 12.9.2023 (OZ. 111) nicht hervor. Diesbezüglich machte die Bf. noch geltend, sie habe die Auszahlung des Rabattes am 16.2.2015 mit Debit Note angefordert und legte einen entsprechenden Buchungsbeleg als Beilage vor (Vorhaltsbeantwortung vom 8. Jänner 2024, OZ. 160).
Dieser Umstand wurde der A. bekannt gemacht und sie zu einer ergänzenden Auskunft darüber veranlasst, ob nun die "Auszahlung" der Rabatte tatsächlich erst 2015 erfolgt seien (Auskunftsersuchen vom 30. April 2024, OZ. 201).
Aus ihrer Antwort vom 3. Juni 2024 (OZ. 221) geht hervor, dass Gutschriftsbetrag nach Abzug einer Gegenverrechnung (Gutschriftsnote der Bf. vom 26.2.2014) im Differenzbetrag am 15.4.2015 von der A. AG an die Bf. überwiesen wurde.
Somit kann in sachverhaltsmäßiger Hinsicht festgestellt werden, dass die Auszahlung nach einer Verrechnung mit einer Gegenforderung vom 26.2.2014 im Jahr 2015 stattgefunden hat.
Weiters führte die A. AG aus, die Discount-Gutschriften würden postalisch (einfacher Brief) versendet. Ein Nachweis der Postaufgabe sei daher nicht möglich. Es ist davon auszugehen, dass die A. die Umsatzberichtigung bereits mit Postaufgabe (= Ausstellungsdatum der Rechnung) am 27.3.2014 verbucht hat. Wie die Bf. in ihrer Buchhaltung mit unseren Discount Gutschriften insbes. der strittigen vom 27.3.2014 umgegangen sei, konnte die A. nicht wissen.
In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist festzustellen, dass die streitgegenständliche Gutschrift am 27.3.2014 in den Büchern der "Schuldnerin" der Bf. (d.i. A. AG) erfasst war und mit entsprechenden Gegenforderungen bereits 2014 verrechnet und der Differenzbetrag im Jahr 2015 ausbezahlt wurde.
Warum die Bf. letztendlich die Auszahlung der Gutschrift erst rd. ein Jahr später durch Übersendung eines Beleges begehrte, konnte nicht festgestellt werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass auf Grund der permanenten Geschäftsbeziehungen beide Telekomgesellschaften regelmäßig Dienstleistungen gegenseitig erbringen und verrechnen und tatsächliche Geldüberweisungen lediglich zum Abgleich erfolgen, wenn sich deutliche Überhänge ergeben. In diese Richtung gehen auch die bf. Ausführungen vom 27.7.2023 (OZ. 94), die ausführen, dass die technische und finanzielle Abwicklung von Roamingdienstleistungen üblicherweise von sogenannten Clearingstellen vorgenommen werde. Diese übermitteln einerseits das wechselseitige Roamingvolumen und nehmen idR auch eine entsprechende Aufrechnung vor - in der Folge werde dann nur mehr die ausstehende Summe überwiesen.
1.1.3.: Vorsteuerkorrekturen und Abweichungen gegenüber der T. GmbH:
2012: Der im Jahr 2012 verbuchte Rabatt betrifft nicht die Bf. und wurde entsprechend umgebucht. Daher ist der im angefochtenen Bescheid ausgewiesene Vorsteuerbetrag in Höhe von 436,06 € ihr nicht zuzurechnen.
2013: Im Jahr 2013 kam es zu einer geringen Abweichung in Höhe von 219 € zwischen den von der Behörde ermittelten und den von der T. GmbH dargestellten Betrag, welche zugunsten der Bf. berücksichtigt wurde.
2014: Die entsprechenden Vorsteuerkorrekturen wurden von der Bf. im Vorlageantrag (OZ. 14) selbst offengelegt.
2016: Bei der Gutschrift in Höhe von 48.565,86 € handle es sich um eine solche für SMS-Interworking-Leistungen für die nach Ansicht der T. GmbH keine österreichische Umsatzsteuer zur Anwendung komme. Die Ausgangsrechnungen wurden nicht mit Umsatzsteuer ausgestellt. In der weiteren Folge habe die Betriebsprüfung die entsprechende Umsatzsteuer aus den Rechnungen festgesetzt. Die T. habe diese der Bf. nicht weiterbelastet und keine Berichtigung der Rechnungen vorgenommen (vgl. Auskunft T. GmbH vom 18. September 2023, OZ. 141).
Die belangte Behörde ist diesen Ausführungen nicht weiter entgegengetreten bzw. hat sich zustimmend geäußert (Schreiben vom 27. November 2023 zu hg. Vorhalt vom 31. Oktober 2023, OZ. 152). Daher wurde die Korrektur zugunsten der Bf. in Höhe von 8.094,31 (aus: 40.471,55 + 8.094,31 = 48.565,86 € brutto) vorgenommen.
In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass die Bf. sämtliche Rabatte der T. GmbH sachverhaltsmäßig in ihrer Beschwerde (OZ. 12), Vorlageantrag (OZ. 14), Vorhaltsbeantwortung vom 15.3.2023 (OZ. 73) beharrlich bestritten hat und alle weiteren Erhebungen bei den Telekommunikationsunternehmen dem Bundesfinanzgericht überlassen hat.
In der weiteren Folge wurden die seitens der T. GmbH übermittelten Unterlagen sowohl der belangten Behörde als auch der Bf. mit einem an die belangte Behörde gerichtet Vorhalt vom 31. Oktober 2023 (OZ. 147-150) zugestellt. Die Bf. hat diese nachweislich erhalten (Rückschein vom 3. November 2023, OZ. 151) erhalten.
Die Bf. wurde mit hg. Vorhalt vom 5. Dezember 2023 (OZ. 155) darauf angesprochen, dass die von der belangten Behörde erhobenen Vorsteuerberichtigungen aus Entgeltsminderungen zu 99% bestätigt und sich die sachverhaltsmäßige Bestreitung als wenig erfolgreich erwiesen hat. In den bf. Vorhaltsbeantwortungen vom 8. Jänner 2024 (OZ. 160) und 7.3.2024 (OZ. 184) finden sich keine darüber keine weiteren Ausführungen.
Erst in ihrem E-Mail vom 23. Mai 2024 (OZ. 219) führte die Bf. aus, die Gutschrift der T. vom 19.10.2016 wurde sowohl vom Finanzamt als auch von der T. dem Jahr 2017 zugerechnet und es wäre ihres Erachtens relevant, wann der entsprechende Betrag durch die DT. AG ausbezahlt wurde.
In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass sich die Bf. ebenso mit der T. GmbH in einem dauernden Verhältnis des Austausches wechselseitiger Leistungen befindet und den faktischen Auszahlungen nur Clearingcharakter zukommt. Über einen angeblichen Nichtzufluss hat sich die Bf. nicht weiter geäußert und auch keine weiteren Unterlagen beigebracht.
In Abweichung von der Auskunft der T. GmbH wird die von ihr im Jahr 2017 zugerechnete Entgeltsminderung entsprechend der ausgestellten Gutschrift - wie von der Bf. moniert - im Jahr 2016 angesetzt. Die von der T. GmbH im nächsten Kalenderjahr (2017) in ihren Büchern geltend gemachten Umsatzberichtigungen erklären sich aus verspäteten Verbuchungen der von der deutschen Muttergesellschaft verfassten Gutschriften.
Im Hinblick auf die Verjährungseinrede hinsichtlich der Jahre 2010 und 2011 waren folgende Umstände festzustellen:
Die von der belangten Behörde (OZ. 268) ins Treffen geführten "verlängernden" Amtshandlungen (Prüfungsauftrag vom 16.9.2014, E-Mail vom 17.11.2015) betreffen die Zeiträume der Außenprüfung 1-12/2012 - 4-6/2014 und nicht die Zeiträume 1-12/2010 und 1-12/2011).
Im Jahre 2016 liegen zwei Ergänzungsersuchen (E-Mail vom 17.8.2016 und Vorhalt vom 13.12.2016 betreffend Gutschriften ab 2010 ff vor.
Im Jahr 2017 wurde ein Außenprüfungsbericht erstellt, welcher die Zeiträume 1-12/2012 - 4-6/2014 umfasst. Er enthielt lediglich einen allgemeinen gehaltenen Hinweis auf die Umsatzsteuerveranlagungspflicht. In der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 17.11.2015 findet sich kein ausdrücklicher Hinweis auf die Jahre 1-12/2010 und 1-12/2011. Sie umfasste lediglich die Erstattungszeiträume 1-12/2012, 1-3/2013, 4-6/2013, 7-9/2013, 10-12/2013 sowie 4-6/2014. Amtshandlungen für 2010 und 2011 waren nicht ersichtlich.
Der in der mündlichen Verhandlung erwähnte (angebliche) Vorsteuererstattungsbescheid 1-12/2011 vom 11.4.2017 konnte nicht aufgefunden werden. Entsprechend den an diesem Tag verbuchten Bescheiden wurden lediglich die erstatteten Vorsteuern 1-12/2012, 1-3, 4-6, 7-9 und 10-12/2013 wieder vorgeschrieben und die Vorsteuererstattung 4-6/2014 mit Null Euro verbucht.
Für diese Zeiträume konnten auch keine Erstattungsbescheide aufgefunden werden, sodass davon auszugehen ist, dass für diese Zeiträume auch keine entsprechenden Anträge gestellt worden sind.
Somit war im Jahr 2017 keine sich auf die Jahre 2010 und 2011 beziehende Amtshandlung feststellbar.
Weiters ist im November 2017 die von der Großbetriebsprüfung die "IT-Liste 11/2017" erstellt worden, aus denen sich die Vorsteuerkürzungen der angefochtenen Bescheide vom 25.5.2018 ableiten. Eine interne Ermittlung der Bemessungsgrundlagen der Vorsteuerkürzungen ist keine nach außen hin erkennbare Amtshandlung.
1.2. Umsatzermittlung 2012-2014:
Entgegen dem von der belangten Behörde ermittelten durchschnittlichen Aufschlag von 342%, der sich auf Grund einer Einzelkalkulation der Roaminggebühren ergibt, geht das Bundesfinanzgericht von einem Aufschlag von 30% aus, der auch der regelmäßig angewandten Schätzungspraxis der belangten Behörde entspricht.
In Anbetracht dessen, dass die Bf. sich bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen eher zurückhaltend gezeigt hat, erscheint eine pauschale Zurechnung einer Gewinnmarge sachgemäß, sodass allfällige Abschläge aus Reverse-Charge-Umsätzen an Unternehmer und geringere Handelsspannen als mitabgegolten betrachtet werden. Was die Weiterreichung von Discounts (Gutschriften) an Kunden anlangt, wurden diese lediglich behauptet. Abgesehen davon wurden entsprechende Rabatte von der T. GmbH fast zwei Jahre später gewährt, sodass eine Weitergabe an Kunden nicht angenommen werden kann.
Ähnlich verhält es sich bei den angeblich an Unternehmer erbrachten Telekommunikationsleistungen (Reverse-Charge-Umsätze). Sie könnten zwar zum Teil in dem von der Bf. reklamierten Ausmaß stattgefunden haben. Letztlich ist davon auszugehen, dass es sich beim angenommenen Aufschlag um eine griffweise Schätzung handelt, indem auch diese Umstände als abgegolten gelten. Somit war diesbezüglich auch der belangten Behörde in ihrer Äußerung vom 9. Juni 2023 (Seite 9 vorletzter Absatz, OZ. 84) vertretenen Ansicht, wonach im äußerst niedrigen Aufschlag von 30% die unternehmerischen Kunden berücksichtigt wurden, zu folgen.
Was den Einwand der erhaltenen Discounts anlangt, ist auszuführen, dass diese von der Bf. nach den unter 1.1. getroffenen Feststellungen zum größten Teil einerseits den Abgabenbehörden verschwiegen (Komplex: Telekommunikationsgesellschaften O. und T.) und bestritten wurden und andererseits keineswegs nachgewiesen werden konnte, dass die von den inländischen Telekommunikationsgesellschaften Bf. erhaltenen Rabatte den bf. Kunden in Form niedriger verrechneter Roaminggebühren vollständig oder teilweise weitergereicht wurden, zumal durch das in der Branche der ausländischen Telekommunikationsunternehmen übliche Geschäftsmodell von hoch angesetzten Roaminggebühren, die durch entsprechende Rabattvereinbarungen von rd. 80% in späteren Jahren gutgeschrieben wurden, sowohl den Kunden als auch der Abgabenverwaltung lange Zeit unbekannt geblieben sind und entsprechende hohe Umsätze lukriert werden konnten.
Abgesehen davon konnten durch diese Vorgangsweise selbst - unter Außerachtlassung des Vorliegens von inländischen Umsätzen - überhöhte Refundierungen von Vorsteuerguthaben in den Erstattungsverfahren bis Ende 2013 erreicht werden, die in späteren Jahren nicht mehr rückgezahlt wurden, auch wenn sie von der Abgabenbehörde rückgefordert wurden. Da eine Einbringung von Abgabenverbindlichkeiten an Umsatzsteuer in Drittländern seitens der inländischen Abgabenbehörden kaum möglich erscheint, hat sich die Bf. aus ihrer Vorgangsweise Vorteile verschafft. Dies erhellt sich daraus, dass sich am Abgabenkonto - seit dem Beginn abgabenrechtlicher Erhebungen - 11. April 2017 - keine einzige Einzahlung verbucht wurde.
Rabattgewährungen in späteren Jahren indizieren auch die Inanspruchnahme inländischer Vorleistungen, die zu entsprechenden Umsätzen geführt haben.
Anlässlich ihrer Auskunftserteilung vom 29.2.2024 hält die T. bei den nachträglichen Rabattierungen der Leistungszeiträume 2020-2023 fest, dass die Verhandlungen erst voraussichtlich im Jahre des Jahres 2024 abgeschlossen sein werden. Daraus ist zu schließen, dass der Bf. die Höhe der gewährten Rabatte bei ihrer Preisgestaltung gegenüber ihren Kunden noch gar nicht bekannt war, weil diese regelmäßig erst Jahre später erfolgte.
Was den Einwand von geringeren Gewinnmargen aus dem Anbieten von sog. Roamingpaketen für Auslandsmobilfunkleistungen angelangt, vergleicht die Bf. die Verhältnisse der Jahre 2024 mit den Streitzeiträumen 2010-2014, wobei nicht einmal ansatzweise bescheinigt wurde, dass solche damals bereits angeboten wurden.
Umsatzermittlung 2012-2014:
Die Vorleistungen wurden entsprechend dem bekannten Vorsteuervolumen ermittelt. Da die Bf. für diese Zeiträume auch keine nachweislichen Rohaufschläge und Kalkulationsunterlagen beibringen konnte, orientiert sich die Schätzung der Umsätze an den oa. Grundsätzen.
1.2.3. Umsatzermittlung 2016:
In der bf. Vorhaltsbeantwortung vom 27. Juli 2023, OZ. 94 sowie im E-Mail vom 26. März 2024 (OZ. 190) wurden die Bemessungsgrundlagen unter Annahme von 20% RC-Umsätze an unternehmerische Kunden (§ 19 UStG 1994) wie folgt dargestellt:
Die von der belangten Behörde in ihrer Äußerung vom 27. November 2023 (OZ. 152) aus dem Vorsteuervolumen im Zeitraum 2012-2018 errechneten Vorleistungen von rd. 61 Mio. € und die erhaltenen Vorsteuerverminderungen aus gewährten Rabatten von rd. 9,6 Mio. € vermitteln in ihrer Allgemeinheit keine Rückschlüsse auf die Unrichtigkeit der von der Bf. im Jahr 2016 dargestellten Erlöse. Daran vermögen auch die Ausführungen hinsichtlich der Bestreitung der erhaltenen Rabatten durch die Bf., die sich zu über 90% als unrichtig herausgestellt hat, nichts zu ändern, zumal die Bf. nunmehr bereit war, ab 2016 dem Bundesfinanzgericht sog. "Echtdaten" der vereinnahmten Erlöse zur Verfügung zu stellen.
In Abweichung von den bf. Angaben werden die Reverse-Charge-Umsätze mit rd. 10% (50% des von der Bf. vorgeschlagenen Ansatzes) und die Vorsteuerberichtigungen aus Entgeltminderungen (§ 16 UStG 1994) wie folgt angenommen:
Was den Abzug für Umsätze an unternehmerische Leistungsempfänger anlangt, ist auszuführen, dass diese von der Bf. lediglich durch Übersendung von Aufstellung mit den Einzelpositionen "Consumer" und "SMS Business " bescheinigt wurden, wobei aus den bf. Aufstellungen auch nicht festgestellt werden konnte, ob die unternehmerischen Leistungsempfänger ("Business") auch zum Vorsteuerabzug berechtigt waren. Um der Gefahr größerer Steuerausfälle zu begegnen, wurde im Schätzungswege angenommen, dass nur der Hälfte ausgewiesenen Umsätze an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer erbracht wurden. Abgesehen davon wurde ein detaillierter Nachweis, um welche Unternehmer es sich dabei handeln sollte, nicht erbracht, sodass die bf. Behauptungen mit großen Unsicherheiten behaftet sind.
Vorsteuerberichtigungen s.o. 1.1.
2. Beweiswürdigung
Zu 1.1. Festgestellte Vorsteuerberichtigungen aus erhaltenen Gutschriften
1.1.1. Vorsteuerkorrekturen der D. GmbH und 1.1.3. Vorsteuerkorrekturen und Abweichungen gegenüber der T. GmbH:
Wie bereits bei den oa. Sachverhaltsfeststellungen ausgeführt, wurden die Vorsteuerkorrekturen bis zur Vorlage der entsprechenden Gutschriftsnoten der inländischen Telekommunikationsunternehmen in hg. Verfahren vehement bestritten und in Frage gestellt. Abgesehen davon zog sich die Bf. auf den Ablauf abgabenrechtlicher Aufbewahrungsfristen zurück und überantwortete die Ermittlungspflicht auf das Bundesfinanzgericht. Die festgestellten Gutschriften können auf Grund der erteilten Auskünfte der D. und T. sachverhaltsmäßig als unbedenklich angesehen werden.
Die Einwände allfälliger Bedenken sind von der Bf. erst verspätet erhoben worden, sodass diese als verfahrensverzögernd gewertet werden können, zumal sie sich in tatsächlicher Hinweis größtenteils als unzutreffend herausgestellt haben (Auskunftsbeantwortungen der inländischen Telekommunikationsgesellschaften).
Bei den Entgeltsminderungen im Jahr 2016 war der von der T. GmbH bekanntgegebene Rabatt nicht als ins Jahr 2017, sondern bereits ins Jahr 2016 fallend angesehen werden, zumal die entsprechende Gutschrift in diesem Jahr ausgestellt wurde.
Abgesehen davon steht die Bf. mit der T. GmbH in lfd. Geschäftsbeziehung und rechnet diese Leistungen auch kontokorrentmäßig ab, weshalb allfälligen Zahlungen reiner Clearingcharakter zukommt und sie daher bereits im Zeitpunkt der Ausstellung der entsprechenden Gutschrift als verfügungsberechtigt angesehen werden konnte.
1.1.2. Vorsteuerkorrekturen und Abweichungen gegenüber der A. GmbH im Jahr 2014 (keine Verschiebung von 2014 auf 2015):
Hinsichtlich der strittigen Gutschrift (Vorsteuerberichtigungen in Höhe von 429.494,33 €) bezog sich die Bf. auf das angenommene Settling vom 15.4.2015, woraus hervorgeht, dass diese im Jahr 2015 stattgefunden habe. Eine Gutschrift der A. AG könne nicht mehr vorgelegt werden (OZ. 73). Eine bei der A. AG eingeholte Auskunft ergab, dass diese bereits am 27.3.2014 ausgestellt wurde (OZ. 114). Auf diesen Umstand angesprochen führte die Bf. in ihrer Vorhaltsbeantwortung vom 9.1.2024 (OZ. 160) aus, die Gutschrift der A. AG vom 27.3.2014 werde anerkannt, dass Settling - also die Auszahlung des Rabatts - sei erst am 15.4.2015 vorgenommen worden, was sich letztlich auch aus dem Zahlungsbeleg tw. ergab. In diesem Zusammenhang wurde allerdings eine Gegenforderung der Bf. CN-1212 v. 26.2.2014 in Abzug gebracht.
Unergründlich blieb in diesem Zusammenhang warum die Bf. ihren bereits von der A. am 27.3.2014 zuerkannten Rabatt über 2.576.966 € (brutto) erst am 16.2.2015 (als rd. 11 Monate später) geltend gemacht hat. In Anbetracht dessen ist anzunehmen, dass die Gutschrift bei der Bf. buchhaltungsmäßig verspätet erfasst oder sie sich nicht weiter darum gekümmert hat die Entgeltsminderung geltend zu machen und daher erst im Jahr 2015 mit der A. AG abgerechnet wurde. Der behauptete Umstand, dass die Gutschrift erst im Jahr 2015 wirksam geworden wäre, käme der Bf. besonders gelegen, zumal das Jahr 2015 von den abgewiesenen Vorsteuererstattungsanträgen abgesehen von der Behörde nicht aufgegriffen wurde, weil es hierfür auch keine entsprechenden Hinweise auf Grund der abgabenrechtlichen Erhebungen bei der A. ergaben, zumal diese die Umsatzminderung bereits mit der Ausstellung der Gutschrift am 27.3.2014 geltend gemacht und der Abgabenbehörde so mitgeteilt hat. Auf Grund der vorliegenden Geschäftsbeziehung des regelmäßigen und wechselseitigen Austausches von Telekommunikationsdienstleistungen zwischen der Bf. und der A. konnte eine Verfügungsberechtigung der Bf. über die von der A. ausgestellten Gutschrift vom 27.2.2014 bereits mit der Ausstellung der Gutschrift durch die A. angenommen werden.
Abgesehen davon konnte eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges weder im Erstattungsantrag 2014 noch im Erstattungsantrag 2015 aufgefunden werden, sodass die Vermutung einer Zweckbehauptung naheliegend erscheint, weil die belangte Behörde für das Jahr 2015 keine Veranlassung sah, entsprechende Festsetzungsbescheide zu erlassen.
Zu bedenken ist auch, dass die von der Bf. eingewandte "Zeitraumverschiebung von 2014 auf 2015" wohl auch von der Überlegung getragen sein dürfte, dass die abgabenrechtliche Verjährungsfrist für das Veranlagungsjahr 2015 schon längst abgelaufen ist.
Zu 2.1. Ermittlung der Bemessungsgrundlagen im Schätzungswege:
Die Basis der Ermittlung der steuerpflichtigen Umsätze beruht auf den von der Bf. eingereichten Erstattungsanträgen (Vorsteuern) und wird als unbedenklich festgestellt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
3.1.1. Verfahrensrechtliche Aspekte
Die von der Bf. georteten verfahrensrechtlichen Unzulässigkeiten zwischen den Erstattungsbescheiden 1-12/2012, sämtliche Quartale 2013 und den abweislichen Erledigungen 2014 ff im Erstattungsverfahren einerseits und den gesonderten Festsetzungen von Umsatzsteuervorauszahlungen für die Zeiträume 01-12/2010, 01-12/2011, 01-12/2012, 01-12/2013, 01-12/2014 und 1-12/2016 sowie der Veranlagung der Jahresumsatzsteuer 2016 liegen insofern nicht vor, als in diesen Korrekturen des Vorsteuerabzuges infolge Verminderung der Bemessungsgrundlagen vorgenommen wurden. Im Rahmen des Erstattungsverfahrens ist eine Vorschreibung von Umsatzsteuer nicht möglich. Abgesehen davon erwiesen sich die Festsetzungsbescheide als unvollständig, da eine Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für ausgeführte Umsätze ausgeblieben ist. Auch die Erlassung des Jahresbescheides für die Umsatzsteuer 2016 enthielt keine Abweichungen. In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde jedoch Änderungsanträge hinsichtlich der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen mit gesonderten Eingaben eingebracht, auf die gemäß § 279 Abs. 1 BAO Bedacht zu nehmen war.
Abschließend wird noch daran erinnert, dass sich Umsatzsteuererstattungs- und Umsatzsteuerfestsetzungs-/-Veranlagungsverfahren nach der Rechtsprechung des VwGH (VwGH Ra 2022/15/0087 vom 21. Juni 2023) nicht wechselseitig ausschließen oder eine Sperrwirkung des rechtskräftigen Erstattungsverfahrens eintritt, weil ein Bescheid betreffend Vorsteuererstattung gemäß § 21 Abs. 9 UStG 1994 zwar u.a. das Fehlen von Umsätzen iSd § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 zur verfahrensrechtlichen Voraussetzung habe, aber nicht selbst über die Art und die Höhe der vom Unternehmer erzielten Umsätze abspricht. Veranlagungsbescheide hingegen müssen zusätzlich zur Höhe der Umsatzsteuer auch die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage (insbesondere die Summe der Umsätze des Veranlagungszeitraumes und die in den Veranlagungszeitraum fallenden Vorsteuern) enthalten. Bereits im Erkenntnis vom 31. März 2005, 2001/15/0175 habe der VwGH ausgesprochen, dass es sich beim Vorsteuererstattungsverfahren nach der VO und der in § 21 Abs. 4 UStG 1994 vorgesehenen Veranlagung der Jahresumsatzsteuer um gesonderte Verfahren handle.
3.1.2. Umsatzsteuer 1-12/2010 und 1-12/2011
Entsprechend den vorgelegten Aktenteilen, konnten für diese Zeiträume keine Erstattungsbescheide aufgefunden werden, sodass davon auszugehen ist, dass diese auch keine entsprechenden Erstattungsanträge gestellt worden sind. Somit endet die fünfjährige abgabenrechtliche Verjährung am 31.12.2015 bzw. 31.12.2016. Die angefochtenen Bescheide wurden erst am 25.5.2018 erlassen.
Was die gemäß § 209 Abs. 1 BAO von der belangten Behörde ins Treffen geführten Unterbrechungshandlungen anlangt, ist auszuführen, dass die erste Amtshandlung hinsichtlich der Zeiträume 2010 und 2011 im E-Mail der Prüferin vom 17.8.2016 erfolgte. Damit war der Abgabenanspruch hinsichtlich des Jahres 2010 bei Annahme der allgemeinen Verjährungsfrist verjährt.
Hinsichtlich der Abgaben 2011 sind zwar unterbrechende Amtshandlung innerhalb des Verjährungszeitraumes (bis 31.12.2016) festzustellen. Damit verlängert sich die Verjährungsfrist gemäß § 209 Abs. 1 zweiter Satz BAO um ein weiteres Jahr, also bis 31.12.2017, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr vorgenommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert wird.
Im Jahr 2017 wurde in diesem Zusammenhang der am 13.3.2017 erstellte Bericht über die Außenprüfung hinsichtlich der Zeiträume 1-12/2012, 1-3/2013, 4-6/2013, 7-9/2013, 10-12/2013 sowie 4-6/2014 und die von der Großbetriebsprüfung auf Grund von Auswertungen erstellte IT-Liste vom November 2017 ins Treffen geführt.
Sowohl der Außenprüfungsbericht vom 13.3.2017 als auch die erstellte IT-Liste stellen keine ausreichenden Amtshandlungen zur Unterbrechung der abgabenrechtlichen Verjährung dar, weil sie einerseits keinen Bezug auf 2010 und 2011 nehmen und andererseits die Erstellung der IT-Liste keine nach außen gerichtete Amtshandlung, sondern ein bloßes Tätigwerden innerhalb der Abgabenbehörde ist. Dies steht im Einklang mit der von der belangten Behörde referierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (u.a. VwGH 7.9.20006, 2006/16/0041). Für das Jahr 2011 fehlen somit beachtliche Amtshandlungen im Verlängerungsjahr 2017, um die Verjährung zu unterbrechen.
Da der angefochtene Bescheid erst im Jahr 2018 erlassen wurde, ist der Abgabenanspruch des Jahres 2011 als verjährt anzusehen.
Was die ev. Anwendung der verlängerten Verjährungsfrist von zehn Jahren ab Entstehung des Abgabenanspuchs insbesondere für das Jahr 2010 anlangt, konnte in subjektiver Hinsicht keine vorsätzliche Verkürzung von Abgaben festgestellt werden. Dies erschließt sich aus der Tatsache, dass sowohl für 2009, 2010 und 2011 keine Vorsteuererstattung begehrt wurde. Ausgehend von ihrer Rechtsansicht sah sich die Bf. auch nicht veranlasst sah, entsprechende Berichtigungsanträge im Rahmen eines Vorsteuererstattungsverfahrens bekannt zu geben. Ebenso konnte auf Grund der späteren allerdings nicht mehr anzuwendenden Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts RV/2101653/2014 vom 28.6.2016 und RV/2100255/2016 vom 20.6.2016, die noch von einer der fehlenden Steuerpflicht für derartige Umsätze ausging, kein subjektives Element eines Verkürzungsvorsatzes festgestellt werden, zumal ein allfälliges Untätigbleiben noch aus der Anwendung einer vertretbaren Rechtsansicht gedeckt erscheint.
3.1.3. Vorsteuerkorrekturen (allgemein)
In rechtlicher Hinsicht bezweifelt die Bf., dass die Vorsteuerberichtigungen nach § 16 UStG 1994 nur dann durchzuführen seien, wenn sie aus den entsprechenden Vorleistungen einen Vorsteuerabzug geltend gemacht habe.
Es ist davon auszugehen, dass die Bf. auch in den bezughabenden Zeiträumen der Rabattgutschriften auch steuerbare und steuerpflichtige Umsätze ausgeführt hat. In diesem Zusammenhang wird inhaltlich auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 12. Juli 2021, RV/2100114/2020 verwiesen.
Der von ihr erhobene Einwand, sie sei zur Berichtigung der Vorsteuern nicht weiter verpflichtet, weil § 16 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 zu entnehmen sei, der Leistungsempfänger habe nur "einen in Anspruch genommenen" Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn sie für die bezugnehmenden Jahre keine Vorsteuererstattung beantragt hätte, erscheint auf erstem Blick verständlich, hält aber einer näheren Betrachtung nicht Stand.
Auch wenn sie für diese Jahre keinen Umsatzsteuervergütungsantrag eingereicht und auch keine Vergütungen ausbezahlt erhalten hatte, ist dennoch von einer Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges für die bezogenen Leistungen auszugehen, weil gewährte Rabatte Umsätze aus älteren von der Abgabenbehörde nicht aufgegriffenen Zeiträumen indizieren.
Wie bereits oben erwähnt - erzielte die Bf. nach rechtsrichtiger steuerlicher Beurteilung steuerbare und steuerpflichtige Umsätze - auch wenn diese in der Vergangenheit mangels Einreichung von Umsatzsteuererklärungen oder Erstattungsanträgen nicht zur Versteuerung gelangt sind.
Gedanklich ändert dies an der Nichteinreichung von Erstattungsanträgen oder Umsatzsteuererklärungen nichts, da entsprechende Steuertatbestände in der Vergangenheit verwirklicht wurden. Aus dieser Vorgangsweise ist daher zumindest anzunehmen, dass den Vorsteuern von inländischen Leistungsbezügen (Roaminggebühren inländischer Telekommunikationsbetreiber) eine gedanklich anzusetzende Leistungsumsatzsteuer zumindest in gleicher Höhe gegenüberstand und sich somit eine Steuerschuld von Null ergibt. Damit wurde de facto ein entsprechender nicht weiter offengelegter Vorsteuerabzug in Anspruch genommen, weil es nicht darauf ankommt, ob entsprechende Abgabenbescheide erlassen wurden.
Jedenfalls ist ein dem Vorsteuerabzug gegenüberstellender Ausgangsumsatz anzunehmen. In ähnlicher Weise geht auch § 22 Abs. 1 UStG 1994 (Besteuerung von Umsätzen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe) vereinfachend davon aus, dass Umsätze und Vorsteuern in gleicher Höhe angenommen/festgesetzt werden. Die mit diesen Umsätzen zusammenhängenden Vorsteuern werden nicht exakt erfasst, sondern stets in gleicher Höhe festgesetzt. Da durch die automatische Äquivalenz von eigener Steuerschuld und Vorsteuern weder eine Zahllast noch ein Überschuss entstehen kann, entfällt die Notwendigkeit der Ermittlung der Steuer und ihrer Berechnungsgrundlagen (Ruppe/Umsatzsteuergesetz5, § 22, Rz. 4). Auch Unternehmer deren Umsatzsteuer im Wege der Pauschalbesteuerung erhoben wird, sind als grundsätzlich als vorsteuerabzugsberechtigt anzusehen. Die Vorsteuerabzugsberechtigung ist bei Land- und Forstwirten ebenso wie bei der Bf. gegeben. Daher treffen sie auch die entsprechenden Pflichten zur Berichtigung des Vorsteuerabzuges aus der nachträglichen Minderung des Entgelts (§§ 4, 16 UStG 1994, BFG RV/2100108/2020 v. 23.3.2022, RV/2100410/2019 v. 13.4.2022, RV/2100143/2019).
3.1.4. Vorsteuerkorrekturen und Abweichungen gegenüber der A. AG im Jahr 2014 (Keine Verschiebung von 2014 auf 2015):
Die von der Bf. eingewandte Rechtsansicht, eine Entgeltsminderung liege nur dann vor, "soweit das erhaltene Entgelt tatsächlich zurückgezahlt werde" und bezieht sich auf BFH 18.9.2008, V R 56/06, sowie EuGH 29.5.2001, Rs. C-86/99, Freemans. Nach Ansicht des EuGH gelte ein Rabatt dem Rabattempfänger erst dann zugeflossen, wenn dieser über diesen verfüge. Eine derartige Verfügungsmöglichkeit, werde vom EuGH verneint, wenn der Rabatt "nicht tatsächlich ausgezahlt werde" und auch keine andere Verfügungsmöglichkeit bestehe.
Die Sachverhaltskonstellation des EuGH-Urteils vom 29.5.2001, Rs. C-86/99, Freemans, ist mit der gegenständlichen kaum vergleichbar, hat die Bf. mit der Ausstellung der Gutschrift doch durch die inländische Telekommunikationsgesellschaft eine Verfügungsmöglichkeit erhalten, die sie erst ein Jahr später (2015) geltend gemacht hat. Abgesehen davon handelte es sich nicht um einen punktuellen Sachverhalt oder eine einmalige Geschäftsbeziehung zwischen den Vertragspartnern, sondern um eine laufende Verrechnung gegenseitiger Leistungen, wo lediglich wesentliche Überhänge auf Verlangen tatsächlich ausbezahlt werden. Wie sich aus dem oa. Sachverhalt ergibt, hat die Schuldnerin nur den Differenzbetrag zur Auszahlung gebracht, weil sie bei der Überweisung am 15.4.2015 eine Belastung der Bf. vom 26.2.2014 ihrerseits von ihrer Gutschrift vom 27.3.2014 in Abzug gebracht hat. Warum letztendlich die Bf. den ihr zustehenden Differenzbetrag von der Schuldnerin nicht bereits nach dem 27.3.2014, sondern erst mit ihrer Debit Note vom 16.2.2015 (OZ. 168) angefordert hat, bleibt offen. Jedenfalls konnte sie über ihre Gutschrift bereits 2014 verfügen. Diese rechtliche Subsumption steht auch nicht im Widerspruch zu den von der Bf. für ihre Rechtsansicht ins Treffen geführte Rz. 2386 UStR 2000, die ausdrücklich auf die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit abstellt.
3.1.5. Vorsteuerabzug von Vorsteuern, die im Erstattungsverfahren der Jahr 2012 und 2013 bereits gewährt wurden:
Eine Berücksichtigung von Vorsteuern, die bereits im Erstattungsverfahren gewährt wurden, kann im Veranlagungs- oder Umsatzsteuerfestsetzungsverfahren nicht erfolgen (Ruppe/Achatz, UStG5, § 21, Rz. 60). In ähnlicher Weise führt der VwGH unter Hinweis auf § 4 Abs. 1 Verordnung des BMF, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmen geschaffen wird" BGBl. Nr. 279/1995 (kurz: Erstattungs-VO) aus, dass bereits erstattete Vorsteuern bei der Veranlagung nicht nochmals zu berücksichtigen sind.
In diesem Zusammenhang wird auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts RV/2100705/2022 betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Zeiträume 1-12/2012, 1-3/2013, 4-6/2013, 7-9/2013 und 10-12/2013 verwiesen.
3.1.6. Ermittlung der Bemessungsgrundlagen
3.1.6.1. Umsatzsteuerzeiträume 1-12/2012, 1-12/2013 und 1-12/2014:
In oa. Streitzeiträumen hat die Bf. gegenüber nicht in der EU-Ansässigen Nichtunternehmern Telekommunikationsdienstleistungen erbracht, weil sie diesen die Nutzung des inländischen Mobiltelefonnetzes mit ausländischen Mobiltelefonen, das ihr von inländischen Telekommunikationsdienstleistern zur Verfügung gestellt wurde, ermöglicht hat. Für die oa. Zeiträume wurden allerdings keine Umsätze erklärt.
Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese gem. § 184 BAO zu schätzen.
Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei. Es ist jene Methode (allenfalls mehrere Methoden kombiniert) zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten (der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage) möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint (VwGH 11.06.2021, Ro 2020/13/0005).
Das Finanzamt hat als Schätzungsmethode die kalkulatorische Schätzung unter Anwendung eines Gewinnaufschlages von 30% unter Ansatz der von der Bf. selbst bekannt gegebenen Vorsteuern gewählt. Das ist keine unübliche Schätzungsmethode (Ritz, BAO6 § 184 Tz 15) und scheint damit im Beschwerdefall geeignet, den tatsächlichen Gegebenheiten nahe zu kommen.
Bei der Schätzung sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Dennoch ist jeder Schätzung eine gewisse Ungenauigkeit immanent (VwGH 30.09.2021, Ra 2019/13/0118). Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen.
Die Bf. hat zur Schätzung des Finanzamtes eingewendet, dass das Ergebnis bei dem vom Finanzamt gewählten Aufschlag von 30% zu hoch sei, weil die Rabatte und der Übergang der Steuerschuld auf unternehmerische Abnehmer nicht entsprechend berücksichtigt worden seien. Der Anteil an unternehmerischen Abnehmern sei lt. Bf. hoch, bzw. aufgrund späterer Vergleiche mit anderen Telekommunikationsunternehmen mit 20% anzunehmen.
Überdies habe das Finanzamt Roamingpakete nicht berücksichtigt, die ein Telefonieren in Europa gegen ein Pauschalentgelt ermögliche. Angaben zu den tatsächlichen Gewinnaufschlägen in den Streitjahren konnte und wollte die Bf. allerdings auch keine machen. Aus den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung ergibt sich, dass das Finanzamt den Gewinnaufschlag mit 30% bewusst niedrig gewählt hat:
In ihrer Stellungnahme vom 9.6.2023 (OZ. 84) verweist die belangte Behörde darauf, sie habe zur Plausibilisierung der Aufschläge die belangte Behörde Auskunftsersuchen an österreichische Telekommunikationsunternehmen verschickt und eine Aufstellung ihrer Aufschläge bei den Roaminggebühren in den gegenständlichen Jahren abverlangt. Dabei ergebe sich bei Telefongesprächen ein Aufschlag von 174%, bei SMS ein Aufschlag von 202% und bei Datenvolumen sogar ein Aufschlag von 651%. Der durchschnittliche Aufschlag betrage daher 342%. Die Roaminggebühren für Datenvolumen machen in absoluten Zahlen den größten Teil der Einnahmen aus. Es sei eindeutig erkennbar, dass die Aufschläge in den gegenständlichen Jahren weit über 30% betragen haben. Angesichts der hohen Einzelaufschläge erscheint dieser Gewinnaufschlag eher niedrig angesetzt wurde, zumal weder die Bf. noch die inländischen Telekommunikationsdienstleister eine entsprechende Preiskalkulation vorlegen wollten oder konnten.
Sollten diese Vorbringen substantiiert vorgetragene, für die Schätzung relevante Behauptungen darstellen (VwGH 13.09.2017, Ra 2015/13/0019, VwGH 21.10.2015, 2012/13/0097), wurde darauf seitens der Behörde insoweit eingegangen, als sie angab, durch den bewusst niedrig gewählten Aufschlag alle für eine Minderung der Zahllast sprechenden Umstände berücksichtigt zu haben. In ähnlicher Weise verhält es sich zu den von der Bf. reklamierten und behaupteten Roamingpaketen, von denen nicht einmal sicher ist, ob solche in Streitzeiträumen von der Bf. überhaupt angeboten wurden. Eine Rückbeziehung allfälliger aktueller Kundenvereinbarungen (Roamingpakete) von 2024 auf die älteren Zeiträume, erscheint nicht zulässig, zumal die sich die Marktbedingungen ausgelöst auch die EU-Roaming Verordnungen (ab 15. Juni 2017) auch indirekt auf Drittländer ausgewirkt haben und die Gewinnmargen früherer Zeiträume sicherlich höher als heute waren. In ähnlicher Weise ist auch das Argument der Discounts, Rabatte oder Entgeltsminderungen zu sehen, da keineswegs bescheinigt ist, dass die Bf. nachträglich gewährte Rabatte ihren Kunden weitergereicht oder bei der Preisgestaltung entsprechend berücksichtigt hatte.
3.1.6.2. Umsatzsteuer 2016
Hier erfolgte die Ermittlung der tatsächlichen Bemessungsgrundlagen i.W. auf Grund der von der Bf. bekanntgegebenen Umsatzdaten.
Die Umsätze an andere Unternehmen (Reverse-Charge-Umsätze) werden mit 10% (statt mit 20%) angenommen, weil die unternehmerischen Kunden nicht detailliert bekannt gegeben wurden, um eine entsprechende Überprüfung der übergangenen Steuerschuld in Bezug auf die Geltendmachung des Vorsteuerabzug (Vorsteuerabzugsberechtigung oder Vorsteuerausschluss) durch die Abgabenbehörden zu ermöglichen (s. Vorhalt v. 30.4.2024, OZ. 206)
3.1.7. Umsatzsteuerpflicht ausländischer Telekommunikationsunternehmer:
Nach § 3a Abs. 13 lit. a iVm Abs. 14 Z 12 UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 52/2009 werden Telekommunikationsdienstleistungen im Drittland ausgeführt, wenn der Empfänger ein Nichtunternehmer ist und er keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet hat.
Nach § 3a Abs. 16 UStG 1994 kann der Bundesminister für Finanzen, um Doppelbesteuerungen, Nichtbesteuerungen oder Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, durch Verordnung festlegen, dass sich bei sonstigen Leistungen, deren Leistungsort sich u.a. nach Abs. 13 lit. a UStG 1994 bestimmt, der Ort der sonstigen Leistungen danach richtet, wo die sonstige Leistung genutzt oder ausgewertet wird. Der Ort der sonstigen Leistung kann danach statt im Drittlandsgebiet als im Inland gelegen behandelt werden.
§ 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009, bestimmt:
"Liegt bei einer in § 3a Abs. 14 Z 12 und 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009, bezeichneten Leistung der Ort der Leistung gemäß § 3a des Umsatzsteuergesetzes 1994 außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird."
Der VwGH hat am 13.9.2018, Ro 2016/15/0035 erkannt: "Während Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom 1. Januar 2010) die allgemeine, fakultative Möglichkeit der Besteuerung mittels Leistungsortverlagerung durch die Mitgliedstaaten vorsieht, schreibt Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2014) eine zwingende Leistungsortverschiebung für jene Fälle vor, in denen ein drittländischer Unternehmer Telekommunikationsleistungen an in der Gemeinschaft ansässige Nichtsteuerpflichtige erbringt. Für alle Fälle, die nicht durch Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG erfasst sind, besteht ein Wahlrecht nach Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer (Hrsg), Umsatzsteuergesetz 138. Lieferung (Juli 2017) Art. 43-59b MwStSystRL Rz. 134 ff). Von diesem Wahlrecht hat der österreichische Verordnungsgeber mit der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 Gebrauch gemacht. Die genannte Verordnung findet daher in Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG ihre unionsrechtliche Deckung (vgl. Ecker in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 3a Rz 274 f; Miladinovic, ecolex 2017/39, 75). Werden die Telekommunikationsdienste eines Drittlandunternehmens von einem nicht in der EU ansässigen Nichtunternehmer im Inland genutzt, verlagert sich der Ort der Leistung nach der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 in das Inland (vgl. auch Ruppe/Achatz, UStG4, § 3a Tz 190 (Fall 3); Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, 46. Lfg (Dezember 2015), § 3a Abs 15 u 16 Tz 697)."
Auch der EuGH hat mit Urteil vom 15.4.2021, Rs C-593/19, "SK Telecom Co. Ltd" entschieden, dass die Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 dem Unionsrecht entspricht. Im Tenor heißt es dazu:
"Art. 59a Abs. 1 Buchst, b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12. Februar 2008 mit Wirkung vom 1. Januar 2010 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Roamingleistungen, die von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an seine Kunden, die ebenfalls in diesem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, erbracht werden und die es diesen Kunden ermöglichen, das nationale Mobilfunknetz des Mitgliedstaats, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, zu nutzen, als Dienstleistungen anzusehen sind, deren "tatsächliche Nutzung oder Auswertung" im Sinne dieser Bestimmung im Gebiet dieses Mitgliedstaats erfolgt, so dass dieser den Ort der Roamingleistungen so behandeln kann, als läge er in seinem Gebiet, wenn dadurch eine Nichtbesteuerung der Roamingleistungen in der Union vermieden wird und ohne dass es hierbei darauf ankommt, welcher steuerlichen Behandlung die Roamingleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen."
Damit ist höchstgerichtlich klargestellt, dass sich die entsprechenden Umsätze der Bf. nach der mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Verordnung BGBl II 383/2003 idF BGBl II 221/2009 in das Inland verlagern.
Die zum Beschwerdevorbringen erhobenen Ausführungen der Rechtsauffassung des Autors (Staringer, ÖStZ 2023, 657) haben weite Teile der Textanalyse des Art. 6.1.3. des Melbourne Abkommens (Dieses Abkommen wird international entweder als ITR, WATTC-88 oder - nach seinem Verhandlungsort - als Melbourne Agreement bezeichnet) zum Inhalt und behaupten, dass die französische und spanische Fassung gegenüber der deutschen und englischen deutlicher sei, wobei zugestanden wird, dass nicht klar genug sei, was unter "Kunden in diesem Land" oder "custumers in that country" zu verstehen sei. Es handle sich um "Kunden, die aus einem bestimmten Land" stammen.
Die Abkommensvorschrift hat in der deutschen (nicht authentischen) Übersetzung folgenden Wortlaut:
"Sofern die innerstaatlichen Rechtsvorschriften in einem Land eine Besteuerung der Erhebungsgebühren für internationale Fernmeldedienste vorsehen, wird diese Steuer normalerweise nur erhoben, wenn die internationalen Dienste den Kunden in diesem Land in Rechnung gestellt werden, es sei denn, dass andere Regelungen für besondere Umstände getroffen werden."
Zum Vergleich die (authentische) englische Fassung:
"Where, in accordance with the national law of a country, a fiscal tax is levied on collection charges for international telecommunication services, this tax shall normally be collected only in respect of international services billed to customers in that country, unless other arrangements are made to meet special circumstances."
Die französische Fassung lautet:
"Quand la législation nationale d'un pays prévoit l'application d'une taxe fiscale sur la taxe de perception pour les services internationaux de télécommunication, cette taxe fiscale n'est normalement perçue que pour les services internationaux facturés aux clients de ce pays [...]."
Nach der oa. Arbeitsübersetzung des französischen Textes ist kein signifikanter Unterschied zwischen dem englischen und dem deutschen Text festzumachen.
Daraus kann unschwer geschlossen werden, dass dem Staat der Leistungserbringung der Telekommunikationsdienstleistung ein Recht auf Besteuerung zusteht, wenn diese Erhebungsgebühr (Entgelt) den Kunden dieses Landes in Rechnung gestellt wird. Da unter Kunde dieses Landes hier wohl primär der ausländische Telekommunikationsanbieter (Leistung 1, s. später) verstanden wird, gibt das Abkommen keine näheren Aufschlüsse, wer nun Kunde sei.
Die oa. Formulierungen lassen sich in ihrer Allgemeinheit nur interpretativ auf die umsatzsteuerlichen Regelungen der Besteuerung der Telekommunikationsdienstleistungen übertragen, zumal sie noch aus einer Zeit stammen (1988), wo Telekommunikationsdienstleistungen von der staatlichen Hoheitsverwaltung betrieben wurden (Post- und Fernmeldemonopol, abgeleitet aus dem früheren landesfürstlichen Postregal).
Die Post war bis zur Ausgliederung (30.4.1996) durch das PoststrukturG, BGBl 201/1996, eine Einrichtung des Bundes zur Wahrnehmung der Aufgaben des Postwesens. Hiezu gehörte vor allem die ordnungsgemäße Abwicklung des dem Bund vorbehaltenen Rechts zur Beförderung von Nachrichtensendungen (Walter/Mayer2, 511). Nach hA übte der Bund in diesem Bereich - obwohl auch bei der Beförderung von Nachrichtensendungen bereits Konkurrenzsituationen bestanden - öffentliche Gewalt aus, sodass die Tätigkeit der Post nach allgemeinen Grundsätzen nicht als BgA zu qualifizieren war (VwGH 17.11.2005, 2001/13/0239). Gleiches galt für die Leistungen des Bundes in Wahrnehmung der sog. Fernmeldehoheit (Walter/Mayer2, 517 f). Aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit wurden in diesem Bereich jedoch schon nach dem UStG 1972 bestimmte Tätigkeiten als unternehmerisch qualifiziert. Dies war einerseits die Beförderung von Personen durch die Post und andererseits (seit 1.1.1981) die Lieferung (nicht auch die Vermietung) von Fernsprechnebenstellenanlagen (Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), Umsatzsteuergesetz: Kommentar5 (2017) zu § 2 UStG Rz 227).
Die Tätigkeit des Bundes im Rahmen des Fernmeldewesens galt - konform mit der 6. MwSt-RL - als unternehmerisch (§ 2 Abs. 4 Z 2), nach § 29 Abs. 1 wurden die Umsätze in diesem Bereich jedoch befreit, ausgenommen die Lieferung von Fernsprechnebenstellenanlagen (somit keine Änderung gegenüber UStG 1972). Die Befreiung beruhte auf dem Beitrittsvertrag. (Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), Umsatzsteuergesetz: Kommentar5 (2017) zu § 2 UStG Rz 228). In ähnlicher Weise erfolgte die Privatisierung des Fernmeldewesens in Deutschland im Jahr 1998.
Das Melbourne-Abkommen wurde allerdings zehn Jahre früher vereinbart. Daher erklären sich auch die nach heutiger Lesart eher fremd anmutenden Formulierungen, wie Erhebungsgebühr oder Steuergebühr, was in der entsprechenden Begriffswelt des Umsatzsteuergesetzes nichts anderes ist, als Entgelt und Umsatzsteuer, wobei natürlich keineswegs als Allgemeingut vorausgesetzt werden kann, dass sämtliche Unterzeichnerstaaten ein der Mehrwehrsteuersystemrichtlinie entsprechendes Besteuerungssystem verwendeten, (Nettoallphasenumsatzsteuer mit der Subtraktionsmethode des Vorsteuerabzuges, Ruppe-Achatz, UStG 19945, Einf. Rz. 5), zumal Österreich die Bruttoallphasenumsatzsteuer des UStG 1959, das im Wesentlichen noch auf dem deutschen UStG 1934 aufbaute, auch erst 1973 mit dem UStG 1972 abschaffte.
Wie von der Bf. bereits in der Beschwerde und im Gutachten richtig erkannt, liegen bei einem "Roaming"- Angebot zwei getrennte Leistungen vor, nämlich
- Leistung 1: Inländisches Telekommunikationsunternehmer stellt dem Drittlands-Telekommunikationsunternehmen ihr Mobilnetz zur Verfügung (Roaminggebühr, Netzbenützungsentgelt, Miete) und
- Leistung 2: Drittlands-Telekommunikationsunternehmen erbringt an seine im Inland aufhältigen Kunden die eigentliche Mobilfunkleistung in Form von Sprachtelefonie, SMS-Mitteilungen oder sog. Datenroaming.
Die nähere Untersuchung der umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistung 1 ist hier nicht weiter strittig, da die umsatzsteuerliche Entlastung der Vorleistung ohnehin über den Vorsteuerabzug des ausländischen Leistungsempfängers erfolgt.
Der Autor führte dazu ausdrücklich aus, der vorliegende Beitrag untersuche Fragen der umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistung 2 in Österreich mit Blick auf mögliche Auswirkungen von Österreich in diesem Bereich geschlossener völkerrechtlicher Abkommen. Gerade dies kann im Zusammenhang mit dem von der Bf. rekurrierten Art. 6.1.3. nicht unbesehen übertragen werden, zumal es der Abkommenstext offenlässt, ob er ausschließlich die erste, die zweite oder beide Leistungsbeziehung(en) meint.
Im Mehrwertsteuerausschuss ist 1987 einstimmig eine Leitlinie verabschiedet worden, wonach die Leistungen zwischen Diensteanbietern befreit werden, wenn sie zwischen öffentlichen Diensteanbietern erfolgen. Für eine solche Maßnahme fehlte allerdings eine Rechtsgrundlage und sie führte zu einer Diskriminierung gegenüber privaten Diensteanbietern. Derzeit ist die Leitlinie kaum anwendbar, da es fast nur mehr private Diensteanbieter gibt. (Mehrwertsteuer: Kommentar, Ecker/Epply/Rößler/Schwab § 3a Abs 4 bis 16 vor 1. 1. 2010 - Kommentierung, Rz. 277).
Aus dem Melbourne-Abkommen wird vielfach geschlossen, dass die Leistungen zwischen den Netzbetreibern steuerfrei sind. Nach Vellen, UR 1997, 208, kann aus dem Abkommen weder eine Befreiung, noch weniger eine Verpflichtung, eine entsprechende Befreiung zu gewähren, abgeleitet werden (ebenso Reiß/Kraeusel/Langer, Umsatzsteuergesetz, Loseblatt, deutsch, Tz. 210.14 zu § 3a). Käme man zu einer Steuerbefreiung, müsste diese zum Verlust des Vorsteuerabzuges führen (Mehrwertsteuer: Kommentar, Ecker/Epply/Rößler/Schwab § 3a Abs. 4 bis 16 vor 1. 1. 2010 - Kommentierung, Rz. 279). Diese Ansicht wird im Hinblick auf die Erwähnung "vergleichbar mit den Befreiungen für die den Ausfuhrumsätzen gleichgestellten Umsätze" nicht geteilt werden können, da der Mehrsteuerausschuss wahrscheinlich eine sog. echte Befreiung im Auge hatte, wenngleich wesentliche andere Vorleistungen außer "Roaminggebühren" im Inland bei einem ausländischen Telekommunikationsunternehmen kaum anfallen werden.
Aus der oa. Interpretation des Mehrwertsteuerausschusses:
"(LEITLINIEN AUS DER 22. SITZUNG vom 19.-20. März 1987, XXI/889/87
e) Steuerliche Behandlung von Fernmeldeleistungen
Die Ausschußmitglieder befürworten einstimmig:
1. die Anwendung des Artikels 15 Nummer 8 auf die Fernmeldeleistungen an Seeschiffe;
2. Aus Vereinfachungsgründen
a) eine Steuerbefreiung - vergleichbar mit den Befreiungen für die den Ausfuhrumsätzen gleichgestellten Umsätze - der Netzüberlassung zwischen den öffentlichen Fernmeldeverwaltungen der Mitgliedstaaten;
b) die Fernmeldeleistungen an Bord von Seeschiffen, die sich in internationalen Gewässern befinden oder auf einer kurzen Strecke die Gewässer des Hoheitsgebietes befahren, als außerhalb des territorialen Anwendungsbereichs der Steuer erbracht anzusehen.)"
lässt sich ableiten, dass dem Mehrwertsteuerausschuss der Inhalt des Melbourne-Abkommens, zumindest im Entwurfsstadium bekannt gewesen sein dürfte, hinsichtlich der ersten Leistungsbeziehung (inländisches Telekommunikationsunternehmen an drittländisches Telekommunikationsunternehmen eine Steuerbefreiung ableiten wollte, was auch bedeuten könnte, dass die hier strittige zweite Leistungsbeziehung (drittländische Telekommunikationsunternehmen an drittländische Kunden) vom Melbourne-Abkommen gar nicht betroffen ist.
Was die im Rahmen der Internationalen Fernmeldeunion (International Telecommunication Union, ITU), einer Organisation im Rahmen der Vereinten Nationen, "International Telecommunication Regulations" abgeschlossenen Abkommen anlangt, können diese dem Richtliniengesetzgeber als bekannt vorausgesetzt werden. Der bloße Hinweis, dass Steuern auf internationale Telekommunikationsleistungen nur Kunden im Inland vorgeschrieben werden sollen/dürfen, kann in dieser Allgemeinheit keine ausschlaggebende Bedeutung erlangen, zumal derartige Steuern in der Regel aus Telekommunikationsdienstleistungen regelmäßig über den Telekommunikationsanbieter im Inland (aus der Sicht des ansässigen Kunden) vorgeschrieben/weiterbelastet werden. Eine Direktvorschreibung an den ausländischen Kunden im Roamingstaat findet wohl aus praktischen Gründen deshalb nicht statt, da der inländische Roaminganbieter seine Leistungen einerseits gegenüber dem ausländischen Telekommunikationsbetreiber erbringt, der sie dann seinen Kunden weiterverrechnet und andererseits der Endkunde zu ihm in keiner Leistungsbeziehung steht, da er ihm gar nicht bekannt ist. Diesen könnte er mangels Kenntnis auch keine Roaminggebühren in Rechnung stellen. Ob die Roaminggebühren nun gesondert oder in Form von "Auslandsmobiltelekommunikationspaketen" pauschaliert oder diese dem Endkunden einzeln weiterverrechnet werden, macht in der rechtlichen Beurteilung keinen Unterschied. Ob darin auch ausländische Abgaben/Gebühren etc. enthalten sind, ist dem Kunden in der Regel auch nicht bekannt, zumal Telekommunikationsanbieter ihren Kunden ihre Preiskalkulation nicht einmal bei der Einzelverrechnung der Roaming-Einheiten offenlegen. Eine allgemeine Steuerfreistellung von Roaminggebühren und ein derart weitgehender Eingriff in das Besteuerungsrecht der Staaten kann daraus nicht abgeleitet werden. Es dürfte lediglich eine Regelung sein, in welchem Staat entsprechende Steuern vorgeschrieben werden (BFG 24.8.2022, RV/2100476/2021, BFG 5.7.2023 RV/2100350/2019). Wie eventuelle ausländische Zwischenhändler wie die Bf. zu besteuern sind, kann daraus nicht abgeleitet werden.
Nach hg. Ansicht erlaubt Pkt. 6.1.3. des Abkommens eine Besteuerung der Erhebungsgebühren (Entgelte), wenn diese internationalen Dienste in diesem Land in Rechnung gestellt werden. Sollten die inländischen Telekommunikationsdienstleister keine "Leitungsgebühren" in Rechnung stellen, stellt sich das Problem ohnedies nicht. Sobald jedoch für internationale Fernmeldedienste Entgelte in Rechnung gestellt werden, darf auch eine Besteuerung im Inland erfolgen. Abgesehen davon kann auch in Frage gestellt werden, ob überhaupt internationale Fernmeldedienste beim verrechneten Roaming vorliegen, da es vorwiegend um die Nutzung der inländischen Mobilfunkinfrastruktur geht, die vom inländischen Telekommunikationsanbieter weiterverrechnet wird. Der ausländische Kunde der Bf. nutzt auch das inländische Mobilfunknetz, ohne das eine Verbindung zum heimischen Mobiltelefonnetz nicht herstellbar wäre. Es ist daher ein ausreichender Inlandsbezug gegeben, der von der Judikatur ohnehin nicht weiter in Frage gestellt wird. Die vergleichbare Benützung inländischer Autobahnen und Schnellstraßen durch ausländische oder inländische Fahrzeuge zu Lande wird ebenfalls unbestrittenermaßen als Inlandsleistung qualifiziert.
Abgesehen davon hatte die Mobiltelefonie nach dem Stand der Technik bei der Konferenz von Melbourne vom 28.11.-9.12.1988 (WATCC-88) noch nicht einmal GSM-Standard. Das Global System for Mobile Communications (früher Groupe Spécial Mobile, GSM) ist ein 1990 eingeführter Mobilfunkstandard für volldigitale Mobilfunknetze, der hauptsächlich für Telefonie, aber auch für leitungsvermittelte und paketvermittelte Datenübertragung sowie Kurzmitteilungen (Short Messages) genutzt wurde. Es ist der erste Standard der sogenannten zweiten Generation ("2G") als Nachfolger der analogen Systeme der ersten Generation (in Deutschland: A-Netz, B-Netz und C-Netz) und war der weltweit am meisten verbreitete Mobilfunk-Standard.
Auch der Interpretation der Bf., Art 6.1.3. des Melbourne Abkommens sei als zwingende Leistungsortregelung zu verstehen, die einen Besteuerungsverzicht festlege, kann nicht gefolgt werden:
Aus der Wortfolge "this tax shall normally be collected" ist abzuleiten, dass es hier um eine grundsätzliche Zuordnung geht, von der Ausnahmen bestehen. Dazu passt auch der letzte Satzteil, der lautet: "unless other arrangements are made to meet special circumstances".
"Normally" bedeutet in diesem Zusammenhang "üblicherweise", "in der Regel" oder "im Allgemeinen". Um besonderen Umständen Rechnung zu tragen, können auch andere Regelungen getroffen werden. Gerade die Einführung neuer Technologien, die das Telefonieren im Ausland über Roaming überhaupt erst ermöglichte, ist nach Ansicht des BFG ein solcher besonderer Umstand, der andere Regelungen begründet.
Soweit eingewandt wird, die Mitgliedstaaten hätten bei der Bestimmung der Leistungsorte das Melbourne-Abkommen immer mitgedacht und daher bewusst den Leistungsort von Telekommunikationsdienstleistungen nicht verlagert, widerspricht diese Sichtweise dem 22. Erwägungsgrund der Mehrwertsteuerrichtlinie (vgl dazu bereits den in EuGH 15.4.2021, Rs. C-593/19, "SK Telecom", Rn. 3 angegebenen unionsrechtlichen Rahmen):
"Sämtliche Telekommunikationsdienstleistungen, die in der Europäischen Union in Anspruch genommen werden, sollten besteuert werden, um Wettbewerbsverzerrungen in diesem Bereich vorzubeugen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten Telekommunikationsdienstleistungen, die an in der Union ansässige Steuerpflichtige oder an in Drittländern ansässige Dienstleistungsempfänger erbracht werden, grundsätzlich an dem Ort besteuert werden, an dem der Dienstleistungsempfänger ansässig ist. Damit Telekommunikationsdienstleistungen, die von in Drittgebieten oder Drittländern ansässigen Steuerpflichtigen an in der Union ansässige Nichtsteuerpflichtige erbracht und in der Union tatsächlich genutzt oder ausgewertet werden, einheitlich besteuert werden, sollten die Mitgliedstaaten jedoch festlegen, dass sich der Ort der Dienstleistungen in der Union befindet."
Die Wortfolge "in der Union tatsächlich genutzt oder ausgewertet" ist durchaus wörtlich zu verstehen. Hätte der Unionsgesetzgeber gewollt, dass mit "Telekommunikationsdienstleistungen, die in der Gemeinschaft in Anspruch genommen werden" nur solche gemeint sind, die "an in der Gemeinschaft ansässige Personen erbracht werden" (so das Vorbringen der Bf.), ergäbe der gesamte Erwägungsgrund 22 der RL 2006/112/EG keinen Sinn.
Telekommunikationsdienstleistungen an Nichtunternehmer aus der EU würden nämlich bereits grundsätzlich an dem Ort besteuert, an dem der Dienstleistungsempfänger ansässig ist. Daher hätte es keiner Änderung des Leistungsortes bedurft.
Es ist daher davon auszugehen, dass die vom EuGH getroffene Feststellung, die Telekom-VO BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 auch im Lichte des Melbourne-Abkommens Gültigkeit hat und dem Unionsrecht entspricht.
Warum gerade eine entsprechende Steuerfreistellung von Roamingentgelten aus den Melbourne-Abkommen abgeleitet werden soll, wo doch selbst die Erhebung von Roamingentgelten für die Benutzung der inländischen Mobilfunkinfrastruktur von der Bf. nach dem Abkommen nicht weiter in Frage gestellt wird, erhellt sich nicht.
3.1.4. Verspätungszuschlagsbescheide (Pkt. 7-11):
Rechtsquellen:
Bundesabgabenordnung (BAO)
§ 135 BAO
Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.
Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 222/2009
Art. 1: § 3a
Erstattungsverfahren für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer
(Anm.: § 3a) (1) Der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer hat die Erstattung mittels amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Finanzamt Graz Stadt zu beantragen. Der Antrag ist binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist. In dem Antrag hat der Unternehmer den zu erstattenden Betrag selbst zu berechnen. Dem Erstattungsantrag sind die Rechnungen und die Belege über die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer im Original beizufügen.
(2) Der zu erstattende Betrag muss mindestens 400 Euro betragen. Das gilt nicht, wenn der Erstattungszeitraum das Kalenderjahr oder der letzte Zeitraum eines Kalenderjahres ist. Für diese Erstattungszeiträume muss der zu erstattende Betrag mindestens 50 Euro betragen.
(3) Der Unternehmer muss dem Finanzamt Graz-Stadt in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 durch behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist.
Formular U 5, Antrag auf Vergütung der Umsatzsteuer für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer (Auszug)
Fußnote 1 lautet:
"1) Minderungen der Umsatzsteuer infolge des Rechnungsbetrags (zum Beispiel durch Skonti, Rabatte, Storni) sind wie folgt zu berücksichtigen:
a) Ist die betreffende Rechnung in dieser Einzelaufstellung aufgeführt, ist der gekürzte Umsatzsteuerbetrag anzugeben.
b) Ist die betreffende Rechnung in der Einzelaufstellung eines früheren Vergütungsantrages enthalten, ist die Minderung der Umsatzsteuer am Schluss der Einzelaufstellung anzugeben. Es ist auf die zugrundeliegende Rechnung Bezug zu nehmen."
Mit dem Verspätungszuschlag soll die Nichtabgabe oder verspätete Abgabe einer Steuererklärung und nicht eine inhaltliche Unrichtigkeit der Erklärung sanktioniert werden. Die Bf. ging von der Annahme aus, keine Umsätze in Österreich erzielt zu haben und unterließ daher die Einreichung einer Jahreserklärung.
Ausländische Unternehmer, ohne Sitz und Betriebstätte im Inland, haben entsprechende Minderungen von Vorsteuern im Rahmen des Erstattungsverfahrens zu berücksichtigen. Dies ist auch im amtlichen Vordruck - wie die Bf. zutreffend verweist - so vorgesehen. Daraus kann eine entsprechende Verpflichtung zur (zusätzlichen) Abgabe von Voranmeldungen in Rahmen des (vereinfachten) Erstattungsverfahrens nicht abgeleitet werden. Eine weitere Verschuldensprüfung ist daher entbehrlich.
Die Bf. hat objektiv betrachtet unrichtige Vorsteuererstattungsanträge eingereicht, zumal die Rabatte als Vorsteuerminderung (Entgeltsberichtigungen) unberücksichtigt geblieben waren. Für eine Verhängung von Verspätungszuschlägen findet sich in den oa. Gesetzesbestimmungen keine Deckung. Im Übrigen wird auf die Erkenntnisse des BFG RV/2100143/2020 vom 7. April 2020, RV/2100117/2019 vom 1. Juli 2021; RV/2101319/2019 vom 1. Juli 2021; RV/2100186/2022 vom 4. Mai 2022; RV/2100079/2022 vom 23. August 2022; RV/2100462/2022 vom 18. Juli 2023; RV/2100302/2022 vom 17. August 2023 verwiesen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Graz, am 25. September 2024
Zusatzinformationen | |
|---|---|
Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | BFH 18.09.2008, V R 56/06 |
