VwGH Ra 2019/13/0118

VwGHRa 2019/13/011830.9.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der A GmbH in W, vertreten durch Dr. Friedrich Gatscha, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 24, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 20. August 2019, Zl. RV/7103439/2017, betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2003 bis 2007, Festsetzung von Umsatzsteuer für Jänner bis August 2008 und Kapitalertragsteuer für die Jahre 2003 bis 2007 sowie für Jänner bis August 2008, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §131 Abs1 Z5
BAO §132
BAO §184

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019130118.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte des Revisionsfalls wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 2017, Ra 2016/13/0015 (im Folgenden: Vorerkenntnis), verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hob damit das im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 21. Dezember 2015, RV/7102672/2012, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

2 Der Verwaltungsgerichtshof führte im Vorerkenntnis aus, dass das Bundesfinanzgericht bei der Ermittlung der Schätzungsgrundlagen (prozentueller Anteil der Leerfahrten) zwei thematisch einschlägige und von der Revisionswerberin vorgelegte Untersuchungen (Diplomarbeiten) aus verschiedenen Jahren verwechselt habe. Aufgrund dieser Verwechslung ging das Bundesfinanzgericht in der Begründung des Erkenntnisses nicht auf die aktuellere Untersuchung ein und legte daher nicht dar, weshalb die sich aus dieser Untersuchung ergebenden ‑ augenscheinlich aktuelleren ‑ Werte (durchschnittlicher Anteil der Leerfahrten) bei der Schätzung nicht zu berücksichtigen und stattdessen die vom Finanzamt angenommenen Werte anzusetzen seien. Damit erwies sich das Erkenntnis schon deshalb als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

3 Für das fortgesetzte Verfahren wies der Verwaltungsgerichtshof zudem auf ‑ dem Anschein nach ‑ widersprüchliche Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes hinsichtlich der Mangelhaftigkeit der Aufzeichnungen der Revisionswerberin hin.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 20. August 2019 wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der Revisionswerberin erneut ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

5 Das Bundesfinanzgericht führte ‑ nach Schilderung des Verfahrensgangs ‑ im Wesentlichen aus, die vom „eigentlichen Machthaber“ der revisionswerbenden GmbH geführten ‑ und der Gewinnermittlung zugrunde gelegten ‑ „Losungslisten“ im „Excel‑Format“ seien für den gesamten Streitzeitraum nicht nachprüfbar, weil die zugrundeliegenden, täglich geführten Abrechnungszettel der jeweiligen Fahrer nicht aufbewahrt worden seien. Das Fehlen dieser Losungsgrundaufzeichnungen begründe bereits eine Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde gemäß § 184 BAO.

6 Zur ‑ im ersten Rechtsgang nicht behandelten ‑ Untersuchung (Diplomarbeit) aus dem Jahr 2008 hielt das Bundesfinanzgericht fest, daraus ließen sich aus mehreren näher dargelegten Gründen (insb. Gegenstand der Untersuchung, mangelnde Vergleichbarkeit mit der Tätigkeit der Revisionswerberin, unklare und unüberprüfbare Datenlage) keine auf den vorliegenden Fall übertragbaren Erkenntnisse gewinnen.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Die Revisionswerberin wendet sich gegen die Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde. Die Revision sei zulässig, weil zu der grundlegenden Frage, welche Aufzeichnungen eines Taxiunternehmens „von den Finanzbehörden anzuerkennen“ seien, leidglich bruchstückhafte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliege, die daher auch nicht einheitlich sei. Dazu wird weiters ausgeführt, die tägliche Ablesung des Taxameters könne auch eine taugliche Aufzeichnung im Sinne der BAO bilden.

11 Mit diesen Ausführungen ‑ mit denen im Übrigen dem vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung geforderten Konkretisierungsgebot des § 28 Abs. 3 VwGG nicht entsprochen wird (vgl. VwGH 13.10.2020, Ra 2019/15/0134, mwN) ‑ vermag die Revisionswerberin nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.

12 Die Revisionswerberin übergeht dabei die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach im Taxigewerbe Abrechnungsbelege der Taxilenker (so genannte „Fahrerabrechnungen“), die ‑ insbesondere ‑ den Taxameterstand bei Übernahme und bei Rückgabe des Kraftfahrzeuges durch den Taxilenker ausweisen und auf Grund derer geprüft werden kann, ob der Fahrer dem Unternehmer die tatsächlich vereinnahmte Losung aushändigt, als zu den Büchern oder Aufzeichnungen gehörige Belege im Sinne des § 131 Abs. 1 Z 5 und § 132 BAO anzusehen sind. Zudem sind in diesen Abrechnungsbelegen jedenfalls sonstige Unterlagen zu erblicken, die im Sinne der letztgenannten Bestimmung für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, weshalb sie schon auf Grund beider Bestimmungen aufzubewahren sind, unabhängig davon, ob die zugrundeliegenden Daten in die EDV übertragen worden sind (vgl. VwGH 29.11.2006, 2003/13/0087; 31.5.2006, 2002/13/0072; 24.2.2005, 2003/15/0019, jeweils mwN). Schon die ‑ im vorliegenden Revisionsfall unbestrittene ‑ Nichtaufbewahrung dieser Abrechnungsbelege („Grundaufzeichnungen“) begründet damit die Schätzungsberechtigung.

13 Die Revisionswerberin wendet weiters ein, bei Zulässigkeit einer Schätzung wäre die Frage einheitlich zu beantworten, ob die Finanzbehörde berechtigt sei, sich bei Ausübung einer Schätzung auf Erfahrungswerte zu stützen, die nicht belegt oder dokumentiert seien.

14 Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei, wobei jene Methode zu wählen ist, die im Einzelfall zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten (der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage) möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint (vgl. ‑ mit Hinweisen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ‑Ritz, BAO6, § 184 Tz 12; vgl. weiters z.B. VwGH 30.9.2015, 2013/15/0302; 11.6.2021, Ro 2020/13/0005). Dass die Wahl der Schätzungsmethode im vorliegenden Fall insoweit mangelhaft gewesen wäre, wird im Zulässigkeitsvorbringen nicht aufgezeigt.

15 Schließlich rügt die Revision im Anschluss an allgemeine Ausführungen über die Wahl der Schätzungsmethode, das Bundesfinanzgericht sei bei der Vornahme der Schätzung in unvertretbarer Weise von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

16 Mit diesen allgemeinen Behauptungen wird dem Konkretisierungsgebot des § 28 Abs. 3 VwGG nicht entsprochen (vgl. neuerlich VwGH 13.10.2020, Ra 2019/15/0134, mwN), weil die Revisionswerberin weder aufzeigt, inwiefern das Bundesfinanzgericht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sein soll, noch diese Rechtsprechung konkret bezeichnet.

17 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. September 2021

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