OGH 6Ob183/98z; 10Ob46/10b; 10Ob4/13f; 10Ob3/18s; 10Ob22/18k; 10Ob40/18g; 10Ob37/18s; 10Ob28/18t; 10Ob41/18d; 10Ob39/18k; 6Ob240/18i; 10Ob11/20w; 3Ob71/20t; 10Ob30/20i; 10Ob52/20z; 10Ob55/20s; 10Ob6/21m; 10Ob18/22b; 10Ob31/22i; 10Ob3/23y; 10Ob24/23m (RS0110397)

OGH6Ob183/98z; 10Ob46/10b; 10Ob4/13f; 10Ob3/18s; 10Ob22/18k; 10Ob40/18g; 10Ob37/18s; 10Ob28/18t; 10Ob41/18d; 10Ob39/18k; 6Ob240/18i; 10Ob11/20w; 3Ob71/20t; 10Ob30/20i; 10Ob52/20z; 10Ob55/20s; 10Ob6/21m; 10Ob18/22b; 10Ob31/22i; 10Ob3/23y; 10Ob24/23m22.8.2023

Rechtssatz

Der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft im Verwaltungsverfahren kommt zwar stärkste Indizwirkung zu, nimmt dem Gericht aber nicht die Möglichkeit selbständiger Vorfragenprüfung. Liegt eine solche Feststellung, die ja nach Abführung eines formellen Verwaltungsverfahrens mit der Möglichkeit der Anfechtung im Instanzenzug getroffen wird, erst kurze Zeit vor der gerichtlichen Entscheidung, in der die Flüchtlingseigenschaft Vorfrage darstellt, wird das Gericht in der Regel von einer weiteren selbständigen Prüfung mangels gegenteiliger Anhaltspunkte absehen können. Dies ist aber anders, wenn seit der Feststellung schon ein geraumer Zeitraum verstrichen ist und sich die Verhältnisse im Heimatstaat des Flüchtlings wesentlich geändert haben.

Unterhaltsvorschuss — Flüchtling — selbständige Prüfung — Flüchtlingseigenschaft — Bindungswirkung — UVG

 

Normen

AsylG 2005 §34 Abs2
UVG §2 Abs1
IPRG §9
IPRG §53
Flüchtlingskonvention Art1 AbschnC.5
Flüchtlingskonvention Art12
AsylG 2005 §8

6 Ob 183/98zOGH16.07.1998
10 Ob 46/10bOGH19.10.2010

Auch; Veröff: SZ 2010/128

10 Ob 4/13fOGH26.02.2013

Beisatz: Die Flüchtlingseigenschaft ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vom Gericht jeweils selbständig zu prüfen. Der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft im Verwaltungsverfahren kommt zwar stärkste Indizwirkung zu, nimmt dem Gericht aber nicht die Möglichkeit selbständiger Vorfragenprüfung. Von einer weiteren selbständigen Prüfung wird das Gericht aber in der Regel mangels gegenteiliger Anhaltspunkte dann absehen können, wenn das Verfahren über die Asylgewährung erst kurze Zeit vor der gerichtlichen Entscheidung ergangen ist. (T1)<br/>Beisatz: Dies gilt auch im Fall des im Unterhaltsvorschussrecht relevanten Status eines/r „subsidiär Schutzberechtigten“ iSd § 8 Abs 1 AsylG. (T2)

10 Ob 3/18sOGH14.03.2018
10 Ob 22/18kOGH17.04.2018

Beis wie T1

10 Ob 40/18gOGH26.06.2018

Beis wie T1

10 Ob 37/18sOGH17.07.2018

Auch

10 Ob 28/18tOGH13.09.2018

Beis wie T1; Beis wie T2; Beisatz: Das Gericht kann demnach auch die Vorfrage „des Abbruchs der Beziehungen zum Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen“ (§ 9 Abs 3 IPRG) selbständig beurteilen. (T3)

10 Ob 41/18dOGH13.09.2018
10 Ob 39/18kOGH13.09.2018
6 Ob 240/18iOGH24.01.2019

Vgl auch; nur: Der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft im Verwaltungsverfahren kommt stärkste Indizwirkung zu. (T4)

10 Ob 11/20wOGH01.09.2020

Beis wie T1; Beisatz: Das Ende der Gültigkeitsdauer eines Konventionsreisepasses hat für sich genommen keine Auswirkungen auf den Status als Asylberechtigter und damit auf die Flüchtlingseigenschaft. (T5)

3 Ob 71/20tOGH02.09.2020

Beis wie T3

10 Ob 30/20iOGH13.10.2020

Vgl; Beis wie T1; Beisatz: Fluchtgründe sind individuell und konkret personenbezogen zu prüfen. (T6)

10 Ob 52/20zOGH15.12.2020

Beis wie T1 nur: Die Flüchtlingseigenschaft ist vom Gericht jeweils selbständig als Vorfrage zu prüfen. (T7)<br/>Beisatz: Hier: Verfahren nach dem UVG. (T8)

10 Ob 55/20sOGH19.01.2021

Beis wie T1 nur: Die Flüchtlingseigenschaft ist vom Gericht jeweils selbstständig als Vorfrage zu prüfen. (T9); Beisatz: Hier: Verfahren nach dem UVG. (T10)

10 Ob 6/21mOGH29.07.2021

Beis wie T7

10 Ob 18/22bOGH13.09.2022

Vgl; Beisatz: Hier: Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft im Familienverfahren nach § 34 Abs 2 AsylG 2005 für die Gleichstellung nach § 2 Abs 1 UVG. (T11)

10 Ob 31/22iOGH13.09.2022

Vgl; Beisatz: Hier: Ein Antrag auf Weitergewährung ist gemäß § 18 Abs 1 UVG an weniger strenge Voraussetzungen geknüpft als die Erstgewährung. Das Gericht ist im Weitergewährungsverfahren nicht berechtigt, den ursprünglichen Gewährungsbeschluss zu überprüfen. Vgl auch RS0122248. (T12)<br/>

10 Ob 3/23yOGH21.02.2023

Beisatz wie T7; Beisatz wie T10<br/>Beisatz: Die Flüchtlingseigenschaft ist nicht vom Vorliegen der (bloß deklarativen) Feststellung durch eine Behörde abhängig, sondern ergibt sich unmittelbar aus Art 1 A Z 2 der GFK. (T13)<br/>Beisatz: Bei Prüfung der Flüchtlingseigenschaft von Kindern, denen Asylstatus im Familienverfahren nach § 34 Abs 2 AsylG 2005 zuerkannt wurde, kommt es darauf an, ob entweder beim Kind oder bei einem Elternteil, von dem es seine Flüchtlingseigenschaft ableitet, konkrete Fluchtgründe vorliegen. Der Umstand, dass das Kind nicht im gemeinsamen Haushalt mit diesem Elternteil lebt, ist nicht relevant. (T14)<br/>Beisatz: Die Frage, ob die im Verwaltungsverfahren getroffene deklarative Feststellung der Flüchtlingseigenschaft des Kindes eine eigenständige Prüfung entbehrlich macht, hängt von zwei Faktoren ab, nämlich (primär) von der seither vergangenen Zeit aber auch davon, ob Anhaltspunkte für das Fortbestehen oder – aufgrund geänderter Verhältnisse – den Wegfall der Flüchtlingseigenschaft vorliegen. Das Ergebnis dieser Beurteilung ist notwendigerweise von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls geprägt und daher in der Regel keinen allgemeinen Aussagen zugänglich. (T15)<br/>Beisatz: Hier: Zeitraum zwischen Entscheidung über den Vorschussantrag und Feststellung der Flüchtlingseigenschaft des Vaters bzw davon abgeleitet des Kindes durch BFA weniger als zwei Jahre bzw ein Jahr, daher Absehen von einer selbständigen Prüfung nicht korrekturbedürftig. (T16)<br/>Anm: Zu T 14: So bereits 10 Ob 18/22b mwN.

10 Ob 24/23mOGH22.08.2023

Beisatz wie T2; Beisatz wie T6<br/>Beisatz: Hier: Ukrainischer Minderjähriger, dem aufgrund des langen Wohnsitzes in Österreich vor Kriegsausbruch (ohne konkrete Rückkehrabsicht) und des aufrechten Aufenthaltstitels keine Flüchtlingseigenschaft oder gleichgestellter Status zukommt und sohin kein Unterhaltsvorschuss zusteht. (T17)

Dokumentnummer

JJR_19980716_OGH0002_0060OB00183_98Z0000_001

Stichworte