OGH 6Ob2018/96z (RS0102056)

OGH6Ob2018/96z8.5.1996

Rechtssatz

Die Veröffentlichung des Tatverdachtes eines Opfers einer strafbaren Handlung in einer Zeitung ist zwar grundsätzlich eine rufschädigende Weiterverbreitung nach § 1330 Abs 2 ABGB, kann aber wegen besonderen Informationsinteresses der Öffentlichkeit gerechtfertigt sein. Bei der neutralen Wiedergabe des Tatverdachtes (etwa aus einem Haftbefehl) besteht auch keine objektive Nachprüfungspflicht über die Richtigkeit des Tatverdachtes.

Normen

ABGB §1330 A
ABGB §1330 BII

6 Ob 2018/96zOGH08.05.1996

Veröff: SZ 69/113

6 Ob 329/97vOGH24.11.1997

nur: Die Veröffentlichung des Tatverdachtes eines Opfers einer strafbaren Handlung in einer Zeitung ist zwar grundsätzlich eine rufschädigende Weiterverbreitung nach § 1330 Abs 2 ABGB, kann aber wegen besonderen Informationsinteresses der Öffentlichkeit gerechtfertigt sein. (T1)

6 Ob 244/98wOGH26.11.1998

Ähnlich; nur: Bei der neutralen Wiedergabe des Tatverdachtes besteht auch keine objektive Nachprüfungspflicht über die Richtigkeit des Tatverdachtes. (T2); Beisatz: Bei der richtigen Wiedergabe des Inhalts behördlicher Erklärungen, Gerichtsurteile oder andere behördliche Entscheidungen und Schriftstücke, etwa aus Anklageschriften, Polizeiberichten, fehlt es schon am gesetzlichen Tatbestandsmerkmal der Unwahrheit der behaupteten Tatsache. (T3)

6 Ob 7/99vOGH25.02.1999

Ähnlich; Beisatz: Hat sich der Beklagte ohne jede Identifizierungsmöglichkeit auf ungenannte Kronzeugen berufen und nur davon gesprochen, dass "manche behaupten", der Kläger sei "zumindest beim Vertuschen Mittäter", hat er keineswegs wertneutral fremde Äußerungen zitiert. (T4)

6 Ob 270/99wOGH25.11.1999

Vgl; Beisatz: Hat die Beklagte den Inhalt der behördlichen Erklärung des Pressesprechers der Staatsanwaltschaft Wien richtig wiedergegeben, fehlte es schon am gesetzlichen Tatbestandsmerkmal der Unwahrheit der behaupteten Tatsache, es sei denn die Wiedergabe im Artikel vermittelte einen völlig falschen Eindruck über den Inhalt der behördlichen Erklärung. (T5)

6 Ob 79/00mOGH29.03.2000

Vgl auch; Veröff: SZ 73/60

6 Ob 291/00pOGH14.12.2000

Vgl auch; Beisatz: Das überwiegende Informationsinteresse der Öffentlichkeit stellt bei der Interessenabwägung zwischen dem Rechtsgut der Ehre und dem verfassungsrechtlichen Recht der freien Meinungsäußerung ein entscheidendes Kriterium dar. Zweck der Rechtfertigung einer - selbst unwahren - Behauptung in einem Medium ist das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit für den Fall, dass die Behauptung richtig wäre, falls von der Richtigkeit bei Einhaltung der journalistischen Sorgfalt ausgegangen werden kann. (T6); Veröff: SZ 73/198

6 Ob 220/01yOGH18.10.2001

Vgl auch; Beis wie T3

6 Ob 249/01pOGH20.12.2001

Vgl auch; Beisatz: Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hat bei Themen von übergeordneter Bedeutung besonderes Gewicht. Dabei trifft die Presse nur die Pflicht zur Wahrhaftigkeit, nicht aber zur objektiven Wahrheit. Sie muss aber die journalistische Sorgfaltspflicht einhalten. (T7); Beisatz: Hier: Fernsehsendung über den Verdacht eines Behandlungsfehlers eines Schönheitschirurgen. (T8); Veröff: SZ 74/204

6 Ob 224/04sOGH17.02.2005

Auch

6 Ob 256/08bOGH17.12.2008

Vgl; Beisatz: Im heiklen, weil die Persönlichkeitsinteressen der Betroffenen besonders tangierenden Bereich der Berichterstattung im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren hat der Gesetzgeber durch Einführung der (einfach gesetzlichen) Bestimmungen der §§ 7a ff MedienG eine Konkretisierung der grundrechtlichen Spannungslage zwischen Meinungsäußerungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz vorgenommen, deren Wertungen in erforderliche Abwägungen einzubringen sind. (T9); Beisatz: In diesem Sinne lässt auch § 7a Abs 1 MedienG die Veröffentlichung des Namens eines Verdächtigen oder eines Opfers einer Straftat dann zu, wenn wegen der Stellung der betreffenden Personen in der Öffentlichkeit, eines sonstigen Zusammenhangs mit dem öffentlichen Leben und aus anderen Gründen ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung dieser Angaben bestanden hat. (T10); Beisatz: Hier: Berichterstattung im Zusammenhang mit der „Blutdoping-Affäre" im österreichischen Spitzensport. (T11)

6 Ob 248/08aOGH15.01.2009

Vgl; Beis wie T9; Beis wie T10; Beisatz: Hier: Berichterstattung im Zusammenhang mit einer angeblichen „Spionage-Affäre" (Hubschrauberbaupläne) im österreichischen Bundesheer. (T12); Beisatz: Im Hinblick auf die Funktion des Klägers im „öffentlichen Leben" war auch eine identifizierende Berichterstattung zulässig, obwohl es sich beim Kläger nicht um einen Angehörigen der ersten Führungsebene handelt. (T13)

6 Ob 173/11aOGH14.09.2011

Auch; Beis wie T9; Beisatz: Der Hinweis auf die Unschuldsvermutung stellt nur ein stets im Gesamtzusammenhang mit dem übrigen Inhalt der Berichterstattung zu beurteilendes Element dar. (T14)

6 Ob 17/15sOGH19.02.2015

Auch

6 Ob 132/17fOGH29.08.2017

Vgl; Beis ähnlich wie T3; Beisatz: Hier: Presseaussendungen einer Anwaltskanzlei im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren. (T15)

6 Ob 50/18yOGH26.04.2018

Auch; Beis wie T6; Beis wie T9; Beis wie T10

Dokumentnummer

JJR_19960508_OGH0002_0060OB02018_96Z0000_001