Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien haben der erst- und zweitbeklagten Partei einerseits sowie der drittbeklagten Partei andererseits die mit je 47.738,34 S (darin 7.956,39 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Bindungswirkung strafgerichtlicher Urteile in objektiven Verfahren nach dem Mediengesetz fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.
In dem vom Zweitkläger angestrengten Strafverfahren gegen die hier erstbeklagte Partei als Medieninhaberin auf Zuerkennung einer Entschädigung nach §§ 6, 7a und 7b MedienG, Einziehung nach § 33 MedienG und Urteilsveröffentlichung nach § 34 MedienG wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz 8 Bs 215/95 das Vorliegen eines Tatbestandes nach § 6 MedienG verneint und die Antragsgegnerin (Erstbeklagte) lediglich zur Zahlung eines Entschädigungsbetrages wegen Verletzung der Unschuldsvermutung nach § 7b Abs 1 MedienG verurteilt.
Der erkennende Senat hat in den Entscheidungen 6 Ob 2287/96h und 6 Ob 105/97b den Umfang der Bindung der Zivilgerichte an verurteilende Erkenntnisse der Strafgerichte wegen eines Medieninhaltsdeliktes bei Entscheidungen über aus § 1330 ABGB abgeleitete Ansprüche ausführlich dargelegt. Eine Verurteilung wegen eines Medieninhaltsdeliktes ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt. Anders als § 6 MedienG, der ebenso wie § 1330 ABGB den Persönlichkeitsschutz gegen Ehrverletzungen mit teilweise übereinstimmenden Anspruchsgrundlagen und Rechtfertigungsgründen zum Inhalt hat, stellt § 7b MedienG nicht auf ein Medieninhaltsdelikt oder einen bestimmten deliktischen Inhalt eines Mediums ab, sondern umfaßt lediglich den inhaltlich ausgeweiteten Schutz der Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 MRK. Es soll grundsätzlich jeder Bericht, in dem der Verdacht einer strafbaren Handlung geäußert wird, so abgefaßt sein, daß es sich bloß um einen Verdacht handelt, also keine Vorverurteilung erfolgt. Ob der Verdacht berechtigt ist oder nicht oder nachträglich durch eine Verurteilung bestätigt wird, ist nicht entscheidend. Der Schutz der Unschuldsvermutung hindert kein Medium daran, eine dringende Verdachtslage im einzelnen darzulegen (Hager/Walenta, Persönlichkeitsschutz im Straf- und Medienrecht3, 56 und 57 mwN). Eine Bindungswirkung einer strafgerichtlichen Verurteilung ausschließlich nach § 7b MedienG auf Entscheidungen über Ansprüche nach § 1330 ABGB kommt wegen der völlig unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen und Tatbestandsmerkmalen nicht in Betracht. Eine solche wurde von den Vorinstanzen zutreffend auch nicht angenommen, Ausführungen in der Revision hiezu fehlen.
Die in der Revision ausschließlich ausgeführte Rechtsfrage, in welchem Umfang der Wahrheitsbeweis geführt werden müsse, wenn in der Veröffentlichung bloß eine Verdachtslage geschildert werde (also ob der Beweis der Wahrheit oder nur der Berechtigung des Verdachtes erforderlich sei) ist, da im vorliegenden Fall nicht über die Berechtigung des verschuldensunabhängigen Unterlassungsbegehrens zu entscheiden ist, sondern nur über die Begehren auf Schadenersatz, Widerruf und Veröffentlichung, die alle ein Verschulden des Verletzers voraussetzen, nicht entscheidend. Es ist zwar ständige Rechtsprechung, daß tatbildlich im Sinne des § 1330 Abs 1 ABGB auch ehrenbeleidigende Äußerungen in Vermutungsform sind, aber auch, daß sie selbst dann, wenn die Richtigkeit des Tatverdachtes, anders als hier, nicht feststeht, gerechtfertigt sein können. Gerade in der Entscheidung MR 1996, 146, die der Revisionswerber zur Stützung seines gegenteiligen Standpunktes heranzieht, wurde ausführlich dargelegt, daß die Weiterverbreitung ehrverletzender fremder Äußerungen - soweit die Äußerungen auch rufschädigend waren, hat der Kläger den ihm obliegenden Beweis der Unwahrheit jedenfalls nicht erbracht - immer dann gerechtfertigt, also nicht rechtswidrig ist, wenn das Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der Äußerungen die Interessen des Verletzten überwiegt. Dies haben die Vorinstanzen, die auch eine Verletzung journalistischer Sorgfalt zutreffend verneint haben, im vorliegenden Einzelfall zu Recht als gegeben angesehen. Die verschuldensabhängigen Begehren wurden daher schon wegen des Vorliegens eines Rechtfertigungsgrundes zu Recht abgewiesen.
Der Ausspruch über die Kosten der beiden Revisionsbeantwortungen, in denen auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen und die Zurückweisung beantragt wurde, beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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