OGH 1Ob655/86 (RS0064962)

OGH1Ob655/863.12.1986

Rechtssatz

Eine insolvenzrechtlich bedeutsame Überschuldung (einer Kapitalgesellschaft ist nicht schon beim Überwiegen der Passiven über die Aktiven anzunehmen. Die rein rechnerische Überschuldungsprüfung ist durch eine Fortbestehensprognose zu ergänzen, in deren Rahmen mit Hilfe sorgfältiger Analysen von Verlustursachen, eines Finanzierungsplans sowie der Zukunftsaussichten der Gesellschaft die Wahrscheinlichkeit der künftigen Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zu prüfen ist. Geplante Sanierungsmaßnahmen sind in diese Überlegungen einzubeziehen. Der Überschuldungstatbestand ist auf jene Fälle zu reduzieren, in denen die Lebensfähigkeit der Gesellschaft unter Bedachtnahme auf eingeleitete Sanierungsmaßnahmen nicht hinreichend, das heißt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, gesichert ist, eine rechnerische Unterbilanz daher nicht durch eine geschätzte zukünftige positive Entwicklung ausgeglichen werden kann.

Normen

KO §67
KO nF §69

1 Ob 655/86OGH03.12.1986

Veröff: EvBl 1987/104 S 366 = WBl 1987,74 (zustimmend Wilhelm) = ÖBA 1987,332 = RdW 1987,126

1 Ob 608/87OGH23.09.1987

Auch; Veröff: SZ 60/179 = ÖBA 1988,165 = WBl 1988,58

3 Ob 520/86OGH17.11.1987

Beisatz: Bei berechtigter Annahme einer günstigen Auftragsentwicklung kann auch das Anstreben eines außergerichtlichen Ausgleiches mit einer höheren als der im Gesetz im Ausgleichsverfahren vorgesehenen Quote zur Sanierung geeignet sein. (T1) Veröff: SZ 60/244 = RdW 1988,44 = WBl 1988,96 = ÖBA 1988,397

6 Ob 508/86OGH09.02.1988

Beisatz: Solange daher noch eine künftige positive Unternehmensentwicklung erwartet werden kann und die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft erhalten bleibt, fehlt es an einer konkursrechtlich relevanten Überschuldung. (T2) Veröff: WBl 1988,129 (Wilhelm) = RdW 1988,130 = ÖBA 1988,828 (mit Anmerkung von Apathy)

6 Ob 524/87OGH05.05.1988

Auch

8 Ob 608/87OGH17.05.1988

Veröff: SZ 61/122 = JBl 1989,53 (zustimmend Schumacher) = ÖBA 1989,195

8 Ob 502/88OGH26.01.1989

Beis wie T2; Veröff: ÖBA 1989,830 = WBl 1989,225

7 Ob 526/89OGH23.02.1989

Beisatz: Sind die im § 67 Abs 1 KO genannten Rechtssubjekte zahlungsunfähig, so sind sie auf jeden Fall konkursreif, weshalb sich in diesen Fällen die Erstellung einer Zukunftsprognose erübrigt. (T3) Veröff: ÖBA 1989,922

1 Ob 526/89OGH05.04.1989

Beis wie T2; Veröff: SZ 62/61 = SZ 61/26 = ÖBA 1989,1120 (Dellinger) = WBl 1989,195 = RdW 1989,270 = WBl 1989,250

2 Ob 574/88OGH25.04.1989

Beis wie T2

6 Ob 532/90OGH29.03.1990

Veröff: ÖBA 1990,942 = RdW 1990,375 = WBl 1990,345 (Dellinger)

7 Ob 655/90OGH27.09.1990

Auch

2 Ob 553/90OGH24.10.1990
1 Ob 553/94OGH14.07.1994

Auch; nur: Eine insolvenzrechtlich bedeutsame Überschuldung (einer Kapitalgesellschaft ist nicht schon beim Überwiegen der Passivern über die Aktiven anzunehmen. Die rein rechnerische Überschuldungsprüfung ist durch eine Fortbestehensprognose zu ergänzen. (T4) Veröff: SZ 67/128

1 Ob 2050/96vOGH26.07.1996

Vgl; nur T4; Veröff: SZ 69/170

6 Ob 110/00wOGH23.11.2000

Auch; Veröff: SZ 73/182

6 Ob 37/01mOGH26.04.2001

nur: Eine insolvenzrechtlich bedeutsame Überschuldung (ist nicht schon beim Überwiegen der Passiven über die Aktiven anzunehmen. Die rein rechnerische Überschuldungsprüfung ist durch eine Fortbestehensprognose zu ergänzen, in deren Rahmen mit Hilfe sorgfältiger Analysen von Verlustursachen, eines Finanzierungsplans sowie der Zukunftsaussichten der Gesellschaft die Wahrscheinlichkeit der künftigen Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zu prüfen ist. Geplante Sanierungsmaßnahmen sind in diese Überlegungen einzubeziehen. (T5); Beisatz: Diese Überlegungen treffen nur auf jene Fälle zu, in denen - trotz rechnerischer Überschuldung - die Zahlungsfähigkeit noch erhalten ist. Die Beschränkung der insolvenzrechtlich bedeutsamen Überschuldung auf jene Fälle, in denen die Lebensfähigkeit der Gesellschaft trotz eingeleiteter Sanierungsmaßnahmen nicht gesichert ist, ist nur insoweit gerechtfertigt, als sie die in § 67 KO angeführten Rechtssubjekte nicht konkursrechtlich besser stellt als andere Rechtssubjekte, bei denen nach § 66 KO die Zahlungsunfähigkeit maßgeblich ist. (T6); Beis ähnlich wie T3

5 Ob 255/01pOGH27.11.2001

Vgl auch; nur T4

1 Ob 144/01kOGH26.02.2002

Beis wie T6; Beisatz: Mit Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ist der insolvenzrechtlich relevante Sachverhalt jedenfalls verwirklicht, ohne dass es dann noch auf die Fortbestehensprognose ankäme. (T7); Beisatz: Der Fortbestehensprognose ist eine realistische Einschätzung der künftigen Erträge und Aufwendungen zugrundezulegen; aufgrund einer solchen realistischen Zukunftserwartung muss für eine positive Fortbestehensprognose die Zahlungsfähigkeit und Lebensfähigkeit des Unternehmens mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein. (T8); Veröff: SZ 2002/26

8 Ob 221/01kOGH28.03.2002

Auch; Beis wie T3; Beis wie T6

5 Ob 34/03sOGH02.06.2003

Auch; nur T4

7 Ob 84/07iOGH09.05.2007

nur T5; Beis wie T6; Beis wie T7

3 Ob 173/08zOGH19.11.2008

Auch; nur T4; Veröff: SZ 2008/169

3 Ob 99/10wOGH19.01.2011

Vgl; Beisatz: Hier: Zu dem anders gelagerten Fall einer (zumutbaren) Prüfung der Angaben einer Schuldnerin über eine vorübergehende Zahlungsstockung durch einen Sozialversicherungsträger, bei der keine Fortbestehensprognose anzustellen ist. (T9); Veröff: SZ 2011/2

9 ObA 138/12bOGH21.02.2013

Vgl auch

6 Ob 19/15kOGH19.02.2015

Beis wie T7; Beis wie T8; Beisatz: Die Frage, ob die Voraussetzungen für eine positive Fortbestehensprognose erfüllt sind, kann regelmäßig nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls beantwortet werden und stellt daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage dar. (T10)<br/>Beisatz: Die Fortbestehensprognose erfordert realistische Annahmen; bloßer Optimismus vermag eine entsprechend sorgfältige Analyse nicht zu ersetzen. (T11)<br/>Beisatz: Die 60-tägige Frist des § 69 Abs 2 KO darf auch zur Fortsetzung eines bereits im Rahmen der Fortbestehensprognose berücksichtigten Sanierungsversuchs ausgenützt werden. Diese Frist ist jedoch eine absolute Höchstfrist, die nicht überschritten werden kann. Daher ist auch ein allenfalls sanierbarer Schuldner nach Ablauf dieser Frist verpflichtet, den nicht erfolgreich abgeschlossenen Sanierungsversuch abzubrechen und einen Insolvenzantrag zu stellen. (T12)

6 Ob 250/16gOGH25.10.2017

Auch; nur T4

Dokumentnummer

JJR_19861203_OGH0002_0010OB00655_8600000_003

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