OGH 1Ob2050/96v

OGH1Ob2050/96v26.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ivan B*****, 2. Roswitha F*****, 3. Emine K*****, 4. Saime P*****, 5. Franz S*****, 6. Döne Y*****, 7. Abide D*****, 8. Nuray A*****, und 9.Serive Y*****, alle vertreten durch Dr.Andreas Brandtner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagten Parteien 1. Dr.Gerold H*****, und 2. Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 1. 56.097,94 S, 2. 58.196,37 S, 3. 92.913,74 S, 4. 59.008,90 S, 5. 74.141,47 S, 6. 95.688,69 S, 7. 95.225,73 S, 8.93.719,04 S und 9. 54.557,63 S jeweils samt Anhang, infolge Rekurses der erstbeklagten Partei (Rekursinteresse 679.549,51 S sA) gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgerichts vom 7.Dezember 1995, GZ 2 R 1035/95-50, und der Revisionen der klagenden Parteien (Revisionsinteresse Erstkläger 44.403,35 S, Zweitklägerin 42.404,85 S, Drittklägerin 83.531,09 S, Viertklägerin 51.409,07 S, Fünftkläger 60.163,41 S, Sechstklägerin 78.759,46 S, Siebentklägerin 86.250,88 S, Achtklägerin 79.398,45 S und Neuntklägerin 39.033,11 S jeweils samt Anhang - Gesamtrevisionsinteresse 565.353,67 S sA) und der zweitbeklagten Partei (Revisionsinteresse 114.195,84 S sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgerichts vom 7.Dezember 1995, GZ 2 R 1035/95-50, mit welchen Entscheidungen infolge der Berufungen aller Parteien das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 24.Juli 1995, GZ 18 Cg 235/93-39, teilweise bestätigt, abgeändert und aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Dem Rekurs der erstbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die erstbeklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rekurses selbst zu tragen.

2. Die Revision der zweitbeklagten Partei wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Im übrigen wird weder der Revision der zweitbeklagten Partei noch der Revision der klagenden Parteien Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit 14.633,84 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen, und zwar der erstklagenden Partei zu 7,85 %, der zweitklagenden Partei zu 7,50 %, der drittklagenden Partei zu 14,77 %, der viertklagenden Partei zu 9,09 %, der fünftklagenden Partei zu 10,65 %, der sechstklagenden Partei zu 13,93 %, der siebentklagenden Partei zu 15,26 %, der achtklagenden Partei zu 14,05 % und der neuntklagenden Partei zu 6,90 %.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluß vom 3.September 1991 eröffnete das Landesgericht Feldkirch den Konkurs über das Vermögen einer Gesellschaft mbH, in deren Unternehmen Kraftfahrzeugteile hergestellt wurden. Der Erstbeklagte wurde zum Masseverwalter bestellt. Dieser führte das Unternehmen fort; seine Überprüfungen hatten ergeben, daß am 13.September 1991, als er in der ersten Gläubigerversammlung darüber Bericht erstattete, „kein Anlaß bestand, das Unternehmen einzustellen“. Auch war kein darauf abzielender Antrag gestellt worden. Die im Unternehmen verbliebenen Arbeiter, die der „Arbeiterkammer“ Vollmacht erteilt hatten, ihre Ansprüche im Konkurs geltend zu machen, wurden dahin aufgeklärt, daß ihre Lohnforderungen ab dem Tag der Konkurseröffnung Masseforderungen seien. Sie wurden auch „über die Möglichkeiten des § 25 KO“ informiert, weil teilweise noch die Entgelte für die Vergangenheit offen waren. Sie wurden im übrigen darüber belehrt, daß „die laufenden rückständigen und fälligen Entgelte“ durch den Insolvenz-Entgeltfonds „bis zum Ablauf des gesicherten Zeitraums“ gedeckt wären. Davon waren die Zweit-, die Dritt-, die Viert-, die Sechst-, die Siebent- und die Achtklägerin betroffen. Der Erst-, der Fünftkläger und die Neuntklägerin wurden dagegen erst im Zuge der Unternehmensfortführung durch den Masseverwalter eingestellt. Abnehmer der Produktion der Gemeinschuldnerin war ein schweizerisches Unternehmen, dessen Vertreter dem Masseverwalter zugesichert hatte, weiterhin Aufträge in einem Ausmaß zu erteilen, daß bei reduziertem Personalstand kostendeckend gearbeitet werden könne. Deshalb strebten die Gemeinschuldnerin und der Erstbeklagte die Durchführung eines Zwangsausgleichs an. Ab 1992 erhielt die Gemeinschuldnerin auch Aufträge von einem weiteren schweizerischen Unternehmen, vorerst jedoch bloß in geringem Umfang. In einem Bericht vom 14.November 1991 bezeichnete der Erstbeklagte als Ursache der Insolvenz, daß es der Gemeinschuldnerin nicht gelungen sei, eine dem jeweiligen Personalstand entsprechende Auslastung zu erzielen. Dafür seien nicht nur konjunkturelle Probleme, sondern auch ein zu hoher Personalstand und Vertragsprobleme mit den Abnehmern maßgebend gewesen. Im September und Oktober 1991 seien weit über dem bisherigen Produktionsstand liegende Stückzahlen erzeugt und im bisherigen Umfang an den schweizerischen Hauptgeschäftspartner abgesetzt worden. Der Erstbeklagte beantragte für die Gemeinschuldnerin am 24.Juni 1992 den Abschluß eines Zwangsausgleichs mit einer Quote von 30 %, berichtete jedoch auch über eine Verschlechterung der Ertragssituation durch ein Absinken des cash-flows von 11,5 % auf 7,6 % des Umsatzes (monatlich etwa 55.000 S). Das sei auf eine generelle Umstellung in der Automobilindustrie zurückzuführen, wofür eine gewisse Einarbeitungsphase und Anlaufzeit erforderlich seien. Für die kommenden zwei Jahre seien jedoch zusätzliche Aufträge durch einen der schweizerischen Geschäftspartner in Aussicht gestellt worden. Es bestehe im übrigen die Möglichkeit einer Fremdfinanzierung der für den Ausgleich aufzubringenden Mittel. In einer Verhandlungstagsatzung des Konkursgerichts am 2.Oktober 1992 berichtete der Erstbeklagte, daß vom Jänner bis September 1992 ein Betriebsaufwandmanko von 450.000 S entstanden sei. Er ging jedoch infolge der mit dem neuen schweizerischen Geschäftspartner laufenden Verhandlungen davon aus, daß in Zukunft ein Mindestumsatz von etwa 800.000 S und ein cash-flow von 150.000 bis 180.000 S monatlich zu erreichen sein werden. Aus einem Bericht des Erstbeklagten vom 5.Oktober 1992 ergab sich sodann für August 1992 ein drastischer Umsatzrückgang auf 138.000 S monatlich. Diesen erklärte der Erstbeklagte wie folgt:

„Durch die ..., den Auftraggeber der Gemeinschuldnerin, wurden insgesamt 30 verschiedene Teile zur Bearbeitung übergeben. Die Vielzahl der Teile läßt eine routinemäßige Fertigung nicht zu. Dazu kamen Probleme mit der Autoindustrie in Italien bzw. war ein allgemeiner Rückgang auf dem Fahrzeugmarkt zu berücksichtigen. Schließlich war im August Urlaubszeit. Teilweise waren nur sieben von 26 Arbeitnehmern anwesend. Als weiterer maßgeblicher Grund ist zu berücksichtigen, daß in den Monaten 5 bis 7/92 eine Umstellung auf recyclingfähiges Material erfolgte. Dadurch wurde die Gemeinschuldnerin in der Produktion etwa zwei Monate zurückgeworfen. Ausgehend von obigen Überlegungen ergibt sich somit, daß etwa in Höhe der Umsatzeinbuße für August 1992, für die Monate 1-9/92 ein Verlust anzunehmen ist. Schätzungsweise wird sich dieser auf ca. 500.000 S belaufen.“

Abgesehen davon nahm der Erstbeklagte Bezug auf ein Schreiben des anderen schweizerischen Geschäftspartners, in dem für die nächsten sechs Monate Produktionszahlen bekanntgegeben wurden, die einen Umsatz von 700.000 S bis 800.000 S monatlich erwarten ließen. Überdies seien Rationalisierungsmaßnahmen getroffen und im Transportbereich Einsparungen von mindestens 20.000 S erreicht worden. Am 20.Oktober 1992 wurde der beantragte Zwangsausgleich angenommen und mit Beschluß des Konkursgerichts vom 23.Dezember 1992 (abgefertigt am 15.Februar 1993) bestätigt. In der Folge wurden die erwarteten Aufträge zunächst auch tatsächlich erteilt, im Dezember 1992 verschlechterte sich die Situation jedoch deshalb, weil die Autoproduzenten infolge einer krisenhaften Branchenentwicklung die Aufträge an die schweizerischen Geschäftspartner der Gemeinschuldnerin reduzierten. Diese konnten daher ihrerseits der Gemeinschuldnerin keine weiteren Aufträge mehr erteilen. Zur selben Zeit begann überdies die in der Schweiz bis zum 15.Jänner jeden Jahres dauernde Weihnachtspause. Mitte Jänner 1993 erfuhr der Erstbeklagte, daß der bisherige schweizerische Hauptabnehmer der Gemeinschuldnerin seinen Mitarbeiterstand um ein Fünftel reduziert und Kurzarbeit eingeführt hatte. Überdies erklärte der andere schweizerische Geschäftspartner der Gemeinschuldnerin, seine Abnahmeverpflichtung nicht mehr einhalten zu können. Nachdem auch in der Tagespresse Meldungen aufgetaucht waren, daß es der Autoindustrie schlecht gehe, begab sich der Erstbeklagte am 24.Jänner 1993 zum Konkursrichter und berichtete, daß es nicht gelungen sei, den Masserückstand von 500.000 S aufzubringen. Zur Deckung der Masseforderungen sei ein Kapitalzufluß erforderlich. Diese Situation wurde dann am 1.Februar 1993 auch in Gegenwart des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin besprochen. Diesem setzte das Konkursgericht schließlich eine Frist von 14 Tagen, innerhalb deren der Nachweis eines Kapitalzuflusses von 1,000.000 S zu erbringen gewesen wäre. Die Frist verstrich ergebnislos, was der Erstbeklagte dem Konkursgericht am 15.Februar 1993 mitteilte. Er erklärte außerdem, die Hoffnung auf eine Kapitalzufuhr aufgegeben zu haben. Bei einer Besprechung am 19.Februar 1993 warf der Erstbeklagte dann die Frage der Kündigung der Arbeitnehmer auf. Der Konkursrichter untersagte ein solches Vorgehen nicht, er wies jedoch darauf hin, daß eine derartige Maßnahme der Einstellung des Unternehmens gleichkomme. In einem Bericht vom 25.Februar 1993 gab der Erstbeklagte dem Konkursgericht offene Masseforderungen von 432.490 S, offene Gehälter von etwa 200.000 S und Honorarforderungen von 810.000 S bei einem Minussaldo des Massekontos (je nach Abrechnung der Leistungen der Gemeinschuldnerin) zwischen 200.000 S und 400.000 S bekannt. Er wies darauf hin, daß die eingetretene Entwicklung in absehbarer Zeit eine kostendeckende Unternehmensführung nicht mehr garantieren könne. Gespräche über Beteiligungen der schweizerischen Abnehmer der Gemeinschuldnerin und über Investitionen einer schweizerischen Kapitalbeteiligungsgesellschaft seien ergebnislos verlaufen. Am 11.März 1993 berichtete der Erstbeklagte dem Konkursgericht, daß die Masseforderungen derzeit nicht beglichen werden könnten, und regte an, gemäß § 115 KO vorzugehen. Am 17.März 1993 äußerte sich die Vorarlberger Gebietskrankenkasse dahin, daß eine Fortführung des Unternehmens der Gemeinschuldnerin nicht vertretbar sei. Mit Beschluß vom 5.April 1993 ordnete sodann das Konkursgericht die Schließung des Unternehmens an. Am 6.April 1993 beendeten sämtliche Kläger ihre Arbeitsverhältnisse durch Austritt, nachdem sie von der Betriebsschließung erfahren hatten. Es standen ihnen folgende Nettoansprüche aus den Arbeitsverhältnissen zu:

Erstkläger: 57.465,- - S

Zweitklägerin: 61.148,- - S

Drittklägerin: 95.815,- - S

Viertklägerin: 61.680,-- S

Fünftkläger: 77.083,26 S

Sechstklägerin: 99.505,-- S

Siebentklägerin: 98.153,-- S

Achtklägerin 97.302,-- S

Neuntklägerin: 56.893,-- S.

Nach Verwertung der Masse bezahlte der Erstbeklagte in teilweiser Tilgung der Lohnforderungen der Kläger insgesamt 25.494,75 S. Diesen Betrag teilten die Kläger wie folgt auf:

Erstkläger: 1.367,06 S

Zweitklägerin: 2.951,63 S

Drittklägerin: 2.901,26 S

Viertklägerin: 2.671,10 S

Fünftkläger: 2.941,69 S

Sechstklägerin: 3.816,31 S

Siebentklägerin: 2.927,27 S

Achtklägerin: 3.582,96 S

Neuntklägerin: 2.335,37 S.

Die Zweitklägerin hatte einen „geschützten Arbeitsplatz“. Die Gemeinschuldnerin hatte die Hälfte des Lohnaufwands für die Zweitklägerin im Zeitraum vom 1.Jänner bis 31.Dezember 1992 vom Land Vorarlberg bezahlt erhalten. Trotz der bei der Gemeinschuldnerin eingegangenen Zahlungen war das Massekonto im Zeitraum vom Dezember 1992 bis 6.April 1993 „stets im Debet“.

Nach Klageeinschränkung (ON 34) begehrten der Erstkläger 56.097,94 S, die Zweitklägerin 58.196,37 S, die Drittklägerin 92.913,74 S, die Viertklägerin 59.008,90 S, der Fünftkläger 74.141,47 S, die Sechstklägerin 95.688,69 S, die Siebentklägerin 95.225,73 S, die Achtklägerin 93.719,04 S und die Neuntklägerin 54.557,63 S jeweils samt 4 % Zinsen seit 7.April 1993. Die Kläger brachten im wesentlichen vor, die Fortführung des Unternehmens sei wegen dessen veralteter Technologie von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Der Erstbeklagte hätte als Voraussetzung einer Fortführung auch Sicherheiten für die im Falle einer Beendigung der Arbeitsverhältnisse erforderlichen Mittel beschaffen müssen. Dieser habe das Unternehmen der Gemeinschuldnerin schließlich trotz der seit August 1992 eingetretenen Verschlechterung der Ertragslage weitergeführt, ohne die Lohnansprüche der Kläger zur Gänze befriedigen zu können. Er habe erst am 11.März 1993 dem Konkursgericht nahegelegt, die Unternehmensschließung anzuordnen. Diese sei dann erst am 5.April 1993 erfolgt. Wäre es rechtzeitig zur Unternehmensschließung gekommen, hätten die Kläger keine Lohnausfälle erlitten. Die Massegläubiger wären durch den Erstbeklagten gemäß § 124 KO zu befriedigen gewesen. Der Erstbeklagte hätte für die rechtzeitige Verfügbarkeit der erforderlichen Beträge zu sorgen gehabt. Da er bereits seit Dezember 1992 keine Löhne mehr bezahlt habe, hätte er schon damals eine Unternehmensschließung durch das Konkursgericht mit allem Nachdruck betreiben müssen. Er habe überdies die Bestimmung des § 47 Abs 1 KO zu Lasten der Kläger verletzt. Deren Ansprüche wären nämlich aus den erzielten Erlösen vorrangig zu befriedigen gewesen. Der Erstbeklagte hätte die Kläger auch laufend über die finanzielle Situation der Gemeinschuldnerin informieren müssen. Am 10.März 1993 habe das Land Vorarlberg 41.702,51 S für den Zeitraum vom Juli bis Dezember 1992 als Teil des Lohnaufwands für den „geschützten Arbeitsplatz“ der Zweitklägerin auf das Massekonto überwiesen. Von diesem Betrag sei jedoch nichts an die Zweitklägerin weitergeleitet worden. Der Erstbeklagte und der Konkursrichter als Organ der zweitbeklagten Partei hätten die rechtzeitige Schließung des Unternehmens der Gemeinschuldnerin rechtswidrig und schuldhaft verzögert. Hilfsweise würden die Klageansprüche auch darauf gestützt, daß dem Erstbeklagten eine erfolgreiche Unternehmensfortführung möglich gewesen wäre. Es habe sich nämlich im Zuge der Gründung einer Auffanggesellschaft durch die beiden schweizerischen Geschäftspartner der Gemeinschuldnerin herausgestellt, daß die Automobilzulieferindustrie im Frühjahr 1993 keinesfalls in der vom Erstbeklagten dargestellten Art „zu Boden“ gelegen sei. Die schweizerischen Unternehmen hätten immerhin über ausreichendes Kapital für die Neugründung einer Auffanggesellschaft verfügt und dem neu gegründeten Unternehmen Mindestumsätze garantiert.

Der Erstbeklagte wendete im wesentlichen ein, er habe das Unternehmen der Gemeinschuldnerin im Auftrag des Konkursgerichts vorerst in der berechtigten Erwartung fortgeführt, ausreichende Erlöse erzielen und den angestrebten Zwangsausgleich herbeiführen zu können. Als für ihn die krisenhafte Entwicklung in der Automobilindustrie erkennbar geworden sei, habe er das Konkursgericht darüber unverzüglich informiert. Nur dieses habe eine Betriebsschließung anordnen können. Die eingegangenen Erlöse seien weitgehend für Löhne aufgewendet worden. Der Rest sei zur Aufrechterhaltung des Betriebs für Strom, Miete, Klebemittel, Speditionen, Zoll usw. ausgegeben worden. Auch diese Forderungen seien nur teilweise befriedigt worden. Höhere Lohnzahlungen seien deshalb nicht möglich gewesen, weil das Massekonto in der fraglichen Zeit stets im Minus gewesen sei und es an weiteren liquiden Mitteln gefehlt habe. Die während des Konkurses eingestellten Dienstnehmer seien auf die gegebene Situation und die kritische Vermögenslage aufmerksam gemacht worden. Diese hätten das Risiko von Lohnausfällen in Kauf genommen. Die Kläger hätten überdies infolge des nicht zureichenden Massevermögens Ansprüche nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz gehabt und geltend machen müssen.

Die zweitbeklagte Partei replizierte im wesentlichen, dem Konkursgericht könne keine Verzögerung in der Schließung des Unternehmens der Gemeinschuldnerin vorgeworfen werden. Es sei aufgrund des Berichts des Erstbeklagten vom 25.Februar 1993 berechtigt und verpflichtet gewesen, zuerst die in § 114 Abs 3 KO angeordneten Überprüfungen durchzuführen. Sollte das Konkursgericht eine gebotene Maßnahme allenfalls unterlassen haben, sei daraus den Klägern jedenfalls kein Schaden entstanden. Diese hätten nämlich auch bei einer früheren Unternehmensschließung aus der Konkursmasse nichts mehr erhalten. Schadenskausal sei ausschließlich die Untätigkeit der Kläger gewesen. Diese hätten, um eine allfällige frühere Betriebsschließung und Kündigung der Arbeitsverhältnisse zu erwirken, eine Reihe von „Rechtsmitteln“ im Sinne des § 2 Abs 2 AHG versäumt. Das Konkursgericht wäre nämlich auf rückständige Entgelte bereits ab November 1992 hinzuweisen gewesen. Ein Fristsetzungsantrag gemäß § 91 GOG und Anträge nach §§ 84 Abs 3 und 124 Abs 3 KO hätten gestellt und Klagen in Ansehung fälliger Masseforderungen eingebracht werden müssen. Nach Erwirkung von Exekutionstiteln wäre mit sofortiger Zwangsvollstreckung in das Massevermögen vorzugehen gewesen. Außerdem hätten die Kläger den vorzeitigen Austritt bereits im Dezember 1992 erklären müssen. Da die Kläger derartige Maßnahmen schuldhaft unterlassen hätten, seien keine Amtshaftungsansprüche entstanden.

Das Erstgericht erkannte den Erstbeklagten schuldig, der Zweitklägerin 3.272,37 S samt 4 % Zinsen seit 7.April 1993 zu bezahlen; im übrigen wies es die gegen den Erstbeklagten gerichteten Klagebegehren ab. Dagegen wurde die zweitbeklagte Partei verurteilt der Zweitklägerin 15.791,52 S, der Drittklägerin 9.382,65 S, der Viertklägerin 7.599,83 S, der Sechstklägerin 16.929,23 S, der Siebentklägerin 8.974,85 S und der Achtklägerin 14.320,59 S jeweils samt 4 % Zinsen seit 7.April 1993 zu bezahlen; die Mehrbegehren dieser Kläger und die Klagebegehren des Erst-, des Fünftklägers und der Neuntklägerin wies es ab. Es legte seiner Entscheidung - abgesehen vom eingangs dargestellten wesentlichen Sachverhalt - noch den als Tatsache angesehenen weiteren Sachverhalt zugrunde, es sei nicht feststellbar, daß die im Dezember 1992 eingetretene und auf eine Krise in der Automobilindustrie zurückzuführende plötzliche Verschlechterung der Auftragslage in der Geschäftstätigkeit der Gemeinschuldnerin für den Erstbeklagten oder den Konkursrichter vorhersehbar gewesen sei.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht im wesentlichen die Ansicht, der Erstbeklagte habe erstmals im August 1992 aufgrund eines Umsatzeinbruchs von der schwierigen Situation in der Automobilbranche Kenntnis erlangt und darüber dem Konkursgericht umgehend Bericht erstattet. Infolge der durch ein schweizerisches Unternehmen in Aussicht gestellten Aufträge seien jedoch erhöhte Umsätze zu erwarten gewesen. Die Verschlechterung der Situation um den Jahreswechsel 1992/93 habe der Erstbeklagte gleich nach Beendigung der Weihnachtsferien in der Schweiz zum Anlaß genommen, Erhebungen zu pflegen. Deren Ergebnis habe er sofort dem Konkursgericht mitgeteilt. Er habe keine Möglichkeit zur sofortigen Unternehmensschließung ohne Zustimmung des Konkursgerichts gehabt. Die an sich mögliche Kündigung aller Dienstnehmer hätte die gleiche Wirkung wie die Unternehmensschließung gehabt, sodaß auch dafür die Zustimmung des Konkursgerichts erforderlich gewesen wäre. Es sei im Beweisverfahren nicht hervorgekommen, daß eine weitere Unternehmensfortführung möglich gewesen wäre. Der Erstbeklagte habe die Vorschrift des § 47 Abs 2 KO bei Bezahlung der Löhne nicht verletzt, weil das Massekonto trotz der Gutbuchung von Zahlungen stets im Debet gewesen sei. Er habe daher im Zeitraum von November 1992 bis April 1993 nie über flüssige Massemittel verfügt. Insgesamt könnten dem Erstbeklagten keine rechtswidrigen und schuldhaften Unterlassungen im Zusammenhang mit der Fortführung und späteren Schließung des Unternehmens vorgeworfen werden. Er hätte allerdings die dem „geschützten Arbeitsplatz“ der Zweitklägerin gewidmete Zahlung des Landes Vorarlberg an diese weiterleiten müssen. Die Zweitklägerin habe daher Anspruch auf Bezahlung des Lohnrückstands für 1992 im Betrag von 3.272,37 S.

Der Konkursrichter habe dagegen die Anordnung der Unternehmensschließung in ungerechtfertigter Weise verzögert. Am 15.Februar 1993 sei die zur Aufbringung von Fremdkapital gesetzte Frist abgelaufen gewesen. Jedenfalls nach Einlangen des danach erstatteten negativen Berichts des Erstbeklagten wäre - spätestens Ende Februar 1993 - die sofortige Unternehmensschließung anzuordnen gewesen. Durch deren rechtswidrige und schuldhafte Verzögerung seien einzelnen Klägern Schäden durch Lohnausfälle entstanden. Die zweitbeklagte Partei habe allerdings nicht jene Schäden zu ersetzen, die ihre Grundlage in den durch die Beendigung der Arbeitsverhältnisse entstandenen Forderungen hätten. Diese hätten nämlich auch bei einer rechtzeitigen Betriebsschließung Ende Februar 1993 aus Massemitteln nicht getilgt werden können. Die Zweit-, die Dritt-, die Viert-, die Sechst-, die Siebent- und die Achtklägerin hätten somit Amtshaftungsansprüche für die in den Monaten März und April 1993 ausgefallenen laufenden Lohnzahlungen zuzüglich der aliquoten Urlaubs- und Sonderzahlungen. Dagegen stünden dem Erst-, dem Fünftkläger und der Neuntklägerin keine Schadenersatzansprüche zu, weil sie vom Erstbeklagten erst nach der Konkurseröffnung eingestellt worden seien. Da die Konkursmasse insolvent gewesen sei, sei von einem „Konkurs im Konkurs“ auszugehen. Es erscheine demnach gerechtfertigt, die Bestimmung des § 1 Abs 1 IESG analog auf den Fall der Unternehmenseinstellung anzuwenden, wenn danach die Masseforderungen nicht mehr gedeckt werden könnten. Hätten daher der Erst-, der Fünftkläger und die Neuntklägerin einen Antrag nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz gestellt, wäre in deren Vermögen kein Schaden entstanden. Durch diese Verletzung der Rettungspflicht seien Amtshaftungsansprüche ausgeschlossen.

Das Berufungsgericht wies den Antrag der zweitbeklagten Partei, das Rechtsmittel der Kläger wegen Verspätung zurückzuweisen, ab, hob das gegen den Erstbeklagten gefällte Urteil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Den gegen die zweitbeklagte Partei gerichteten Klagebegehren des Erst-, des Fünftklägers und der Neuntklägerin gab es mit 11.694,59 S, 13.978,06 S bzw 15.524,72 S je samt 4 % Zinsen seit 7.April 1993 statt und bestätigte im übrigen das Ersturteil. Es sprach aus, daß sowohl der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß als auch die ordentliche Revision gegen dieses Urteil zulässig seien, und erwog in rechtlicher Hinsicht, die zweitbeklagte Partei gehe unzutreffend von einer Anwendbarkeit des § 39 Abs 4 ASGG aus. Diese Bestimmung sei nämlich nur für Verfahren maßgebend, die vor einem nach den Regeln des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes besetzten Gerichtshof durchgeführt würden. Das sei hier nicht der Fall. Es seien daher auf die Berechnung der Berufungsfrist nur die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung anzuwenden, selbst wenn die Ansprüche gegen den Erstbeklagten an sich beim Arbeits- und Sozialgericht geltend zu machen gewesen wären. Es sei also keine Ferialsache anzunehmen, sodaß die Kläger ihre Berufung rechtzeitig eingebracht hätten. Soweit das Erstgericht den Erstbeklagten dazu verurteilt habe, der Zweitklägerin 3.272,37 S zu bezahlen, fehle es an einer Aufklärung der „rechtlichen Hintergründe des Zuschusses des Landes Vorarlberg“. Der Masseverwalter sei nämlich nur dann „zur Weiterleitung eines Lohnzuschusses der öffentlichen Hand an den Arbeitnehmer“ verpflichtet, wenn dieser „unmittelbar Adressat der Forderung wäre“ und daher der Masseverwalter als Arbeitgeber „die Förderungszahlung nur als Durchläufer“ erhalten hätte. Das könne aufgrund der bisherigen Verfahrensergebnisse noch nicht beurteilt werden, sodaß es zunächst einer Erörterung dieser Frage mit den Parteien bedürfe.

Durch § 115 Abs 1 KO werde die Fortführung eines insolventen Unternehmens begünstigt. Das sei zwar für die Massegläubiger mit Risken verbunden, diese seien jedoch in Kauf zu nehmen, solange ein „positiver Effekt der Unternehmensfortführung“ zu erwarten sei. Sei das mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ nicht mehr der Fall, sei eine Unternehmensfortführung nicht mehr vertretbar und - auch in Ansehung der berechtigten Interessen der Massegläubiger - als rechtswidrig anzusehen. Soweit bestehe also eine Handlungspflicht des Konkursgerichts, deren schuldhafte Verletzung rechtswidrig sei und Amtshaftungsansprüche von Beteiligten, zu denen die Massegläubiger gehörten, auslösen könne. Die Beteiligten würden nämlich mit dem fortgeführten Unternehmen im Vertrauen darauf kontrahieren, daß der Masseverwalter nicht Verbindlichkeiten in Übereinstimmung mit dem Konkursgericht eingehe, die „aller Voraussicht nach nicht aus der Masse beglichen werden“ könnten. Dem Konkursgericht seien aufgrund der Berichte des Masseverwalters bereits seit Herbst 1992 „große Schwierigkeiten“, ausreichende Erträge zur Deckung der Massekosten zu erzielen, bekannt gewesen. Unter Berücksichtigung der schon entstandenen Verluste sei die Weiterführung des Unternehmens damals nur noch durch „die vorübergehend gegebene Aussicht auf weitere Aufträge“ durch einen der schweizerischen Abnehmer gerechtfertigt gewesen. Als sich jedoch die Auftragslage gegen Ende 1992 dramatisch verschlechtert habe, wäre eine im Interesse der Konkurs- und Massegläubiger sinnvolle Unternehmensfortführung nur mehr dann möglich und vertretbar gewesen, wenn begründete Aussicht auf Änderung der relevanten Umstände zum Positiven bestanden hätte; dazu wäre nicht nur eine Kapitalzufuhr, sondern auch eine entscheidende Verbesserung der Auftragslage erforderlich gewesen. Die durch die zweitbeklagte Partei ins Treffen geführten und möglicherweise auch noch im März 1993 andauernden Verhandlungen über eine Kapitalzufuhr seien für sich allein nicht ausreichend gewesen, eine weitere Unternehmensfortführung zu rechtfertigen. Angesichts der dramatischen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens hätte das Konkursgericht daher „gezielt und rasch auf eine Klärung der wirtschaftlichen Zukunft des Betriebs dringen“ und diesen bei „negativem Ergebnis“ auch im Interesse der Massegläubiger entsprechend dem Antrag des Erstbeklagten „unverzüglich schließen müssen“. Derartige Maßnahmen seien jedoch weder behauptet noch festgestellt worden. Die Inaktivität des Konkursgerichts in der Zeit zwischen dem Bericht des Erstbeklagten vom 25.Februar 1993 und dem am 5.April 1993 gefaßten Beschluß auf Unternehmensschließung stelle somit ein schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten eines Organs der zweitbeklagten Partei dar. Diese pflichtwidrige Unterlassung sei auch kausal für den im Vermögen der Kläger entstandenen Schaden gewesen. Dieser bestehe darin, daß sie für deren „Arbeitsleistung von ihrem Dienstgeber, der Konkursmasse, nicht das volle vereinbarte Entgelt erhalten“ hätten. Spätestens mit Ablauf des Februars 1993 sei die Unternehmensschließung erforderlich und bei der gebotenen Vorgangsweise auch möglich gewesen. Bei rechtmäßigem Verhalten des Konkursgerichts wären die Dienstleistungen der Kläger vom 1.März bis 6.April 1993 entfallen. Es wäre dann kein Schaden durch einen weiteren Lohnausfall entstanden. Der durch die Kläger unterlassene vorzeitige Austritt könne zur Annahme eines Mitverschuldens gemäß § 1304 ABGB führen. Ein solches sei den Klägern jedoch ebensowenig wie eine Verletzung der Rettungspflicht gemäß § 2 Abs 2 AHG vorzuwerfen. Diese seien im fortgeführten Unternehmen offenbar nur in untergeordneter Stellung beschäftigt gewesen und hätten daher auch keinen Einblick in dessen wirtschaftliche Lage gehabt. Unbeschadet der seit Dezember 1992 nur mehr teilweise erfolgten Lohnzahlungen hätten sie darauf vertrauen dürfen, daß der „immerhin konkursgerichtlich überwachte Betrieb nicht ohne Zukunftsaussichten weitergeführt“ werde. Das habe auch die Annahme gerechtfertigt, das Risiko eines endgültigen Lohnausfalls „werde nicht unangemessen hoch sein“. Eine Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten sei den Klägern somit nicht anzulasten. Als „Rechtsmittel“ im Sinne des § 2 Abs 2 AHG seien nur prozessuale Rechtsbehelfe im weiteren Sinne zu verstehen. Dazu gehöre die Erklärung des vorzeitigen Austritts aus den mit dem Erstbeklagten abgeschlossenen Dienstverhältnissen nicht. Unerörtert könne bleiben, ob die übrigen, von der zweitbeklagten Partei behaupteten Abhilfemöglichkeiten (Hinweis auf rückständige Entgelte an das Konkursgericht, Fristsetzungsantrag gemäß § 91 GOG, Anträge gemäß § 84 Abs 3 und § 124 Abs 3 KO, Erwirkung von Exekutionstiteln und anschließende Zwangsvollstreckung in das Massevermögen) unter § 2 Abs 2 AHG fallende Rettungsmaßnahmen seien, weil die Kläger kein Verschulden an deren Unterlassung treffe. Ein solches wäre aber Voraussetzung für den Entfall des Ersatzanspruchs gemäß § 2 Abs 2 AHG.

Der Masseverwalter sei gemäß § 81 Abs 3 KO allen Beteiligten für Vermögensnachteile verantwortlich, die er ihnen durch pflichtwidrige Führung seines Amts verursache. Auch Massegläubiger seien - wie schon dargelegt - „Beteiligte“ im Sinne dieser Gesetzesbestimmung. Führe der Masseverwalter ein Unternehmen fort, komme dessen Haftung für die Nichterfüllung der dabei begründeten Verbindlichkeiten dann in Betracht, wenn er davon hätte ausgehen müssen, daß sie aus der Masse nicht mehr getilgt werden könnten. Es bestehe jedoch für den Masseverwalter keine besondere Aufklärungspflicht. Dieser hafte den Massegläubigern wegen der durch eine Unternehmensfortführung allenfalls entstandenen Ausfälle nur dann, wenn ihm deren Aussichtslosigkeit bekannt oder bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar gewesen sei. Soweit das Erstgericht festgestellt habe, daß die negative Entwicklung des Unternehmens für den Erstbeklagten nicht vorhersehbar gewesen sei, habe es sich „weitgehend mit dessen Darstellung begnügt“ und dabei einen beantragten Sachverständigenbeweis übergangen, der abstrakt geeignet sei, eine „Objektivierung maßgeblicher Umstände herbeizuführen, und zwar vor allem in der Richtung, ob die Erfolgsaussichten des fortgeführten Unternehmens nicht angesichts der bereits im Sommer 1992“ aufgetretenen „Umsatzeinbrüche“ kritischer als durch den Erstbeklagten zu beurteilen gewesen wären. Hätte sich bei einer solchen Betrachtungsweise bereits früher die Aussichtslosigkeit der Unternehmensfortführung ergeben, komme eine Haftung des Erstbeklagten für die den Klägern dadurch verursachten Schäden in Betracht. Aufgabe des Masseverwalters sei es nämlich, immer wieder zu überprüfen, ob eine weitere Unternehmensfortführung vertretbar sei. Der von einem Masseverwalter zu beachtende Sorgfaltsmaßstab ergebe sich aus § 81 Abs 1 letzter Satz KO. Er hafte als Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB für das Fehlen der Kenntnisse eines Rechtsanwalts als „maßgerechten Masseverwalters“. Nicht zu verlangen seien also die Kenntnisse eines Wirtschaftstreuhänders oder Betriebswirts. Da nur das Konkursgericht die Unternehmensschließung anordnen könne, habe der Erstbeklagte allerdings nur die Verpflichtung „zur Berichterstattung und gegebenenfalls zur Antragsstellung“ gehabt, sodaß „allfällige danach entstehende Schäden ausschließlich in den Verantwortungsbereich des Konkursgerichts“ fielen. Für Schadensbeträge, die mit der „Säumnis des Konkursgerichts nach negativer Berichterstattung durch den Masseverwalter“ zusammenhingen, habe der Erstbeklagte jedenfalls nicht einzustehen. Die gegen diesen erhobenen Klagebegehren seien aber auch deshalb noch nicht spruchreif, weil überdies noch zu prüfen sei, ob eine gemäß § 47 Abs 3 KO gesetzmäßige Aufteilung der Masseerlöse erfolgt sei. Nach dieser Gesetzesstelle sei eine Rangordnung in der Befriedigung von Masseforderungen einzuhalten, die allerdings teilweise mit der Bestimmung des § 124 Abs 1 KO kollidiere. Dieses Spannungsverhältnis werde durch Lehre und Rechtsprechung dadurch gelöst, daß „unter den kollidierenden Ansprüchen nach § 47 Abs 2 KO nur die fälligen Masseforderungen“ zu verstehen seien; künftig fällig werdende Forderungen seien also nicht zu berücksichtigen. Halte sich ein Masseverwalter bei einer Unternehmensfortführung streng an die Rangordnung des § 47 Abs 2 KO iVm § 124 KO, wäre er bei unzureichender Masse „häufig verpflichtet und auch geneigt, die Schließung des Unternehmens zu beantragen, was den Intentionen der favorisierten Unternehmensfortführung widerspräche“. Es könne somit nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden, ob sich ein Masseverwalter im Zuge der Verteilung der Masseerlöse während der Unternehmensfortführung pflichtwidrig verhalten habe. Zu klären sei daher, wann welche Masseforderungen beglichen worden seien, weil nur dann beurteilt werden könne, ob der Masseverwalter einzelne Gläubiger zu Lasten anderer auf unvertretbare Weise bevorzugt habe. Bisher stehe nur fest, daß das Massekonto trotz erheblicher, der Höhe nach unstrittiger Zahlungseingänge im kritischen Zeitraum nie positiv gewesen sei. Das allein lasse mit der erforderlichen Sicherheit noch nicht den Schluß zu, daß dem Erstbeklagten „keine andere Art und Reihenfolge der Befriedigung einzelner Massegläubiger möglich gewesen“ sei. Hafte dieser daher nicht schon deshalb, weil er das Unternehmen auf unvertretbare Weise fortgeführt habe, werde das Erstgericht „durch geeignete Beweisaufnahmen festzustellen haben“, auf welche Weise die laufenden Erlöse aus der Unternehmensfortführung durch den Erstbeklagten verteilt worden seien. Erst dann werde sich die Frage der Rechtmäßigkeit der Verteilung während des Konkursverfahrens abschließend beurteilen lassen.

Zu Unrecht habe das Erstgericht Amtshaftungsansprüche des Erst-, des Fünftklägers und der Neuntklägerin verneint. Diese hätten nämlich keine Möglichkeit gehabt, Ansprüche nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geltend zu machen. Die Konkursmasse sei zwar insolvent gewesen. Der vom Erstgericht herangezogene Begriff des „Konkurses im Konkurs“ sei aber der österreichischen Rechtsordnung fremd. § 1 IESG regle erschöpfend die Voraussetzungen für den Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld. Maßgebend sei „stets ein eindeutig umschriebener behördlicher Akt, etwa die Konkurseröffnung oder die Abweisung oder Zurückweisung eines Antrags auf Eröffnung des Konkurses“. Bei der Insolvenz einer Konkursmasse fehle es an einem ähnlichen Vorgang, weil lediglich „die anteilsmäßige Verteilung der Masse nach den Bestimmungen der Konkursordnung vorgesehen“ sei. Eine solche sei aber hier bereits erfolgt. Es komme daher keine analoge Anwendung der Bestimmungen des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes in Betracht. Beteiligte im Sinne des § 81 Abs 3 KO seien auch jene Arbeitnehmer, die erst durch den Masseverwalter eingestellt worden seien. Diese seien gleich den Arbeitnehmern zu behandeln, die bereits bei Konkurseröffnung im Unternehmen beschäftigt gewesen seien. Die Amtshaftung der zweitbeklagten Partei aus der bereits erörterten rechtswidrigen und schuldhaften Unterlassung des Konkursgerichts bestehe somit auch gegenüber dem Erst-, dem Fünftkläger und der Neuntklägerin. Das beziehe sich auf die ausständigen Löhne für den Zeitraum vom 1.März bis 6.April 1993 einschließlich der anteiligen Sonderzahlungen und der Urlaubsentschädigung.

Soweit die Kläger der Ansicht seien, daß die zweitbeklagte Partei auch für deren nicht befriedigte Lohnansprüche für den Zeitraum vor dem 1.März 1993 einzustehen habe, sei ihnen zu erwidern, daß das Konkursgericht die Tätigkeit des Masseverwalters gemäß § 84 KO wohl zu überprüfen, den Masseverwalter jedoch nicht „auf Schritt und Tritt“ zu überwachen habe. Im Normalfall genüge es daher, wenn das Konkursgericht die in regelmäßigen Abständen zu erstattenden Berichte überprüfe. Das gelte auch für die Beurteilung der wirtschaftlichen Erfolgsaussichten einer Unternehmensfortführung, deren praktische Abwicklung gemäß § 114 KO Aufgabe des Masseverwalters sei. Lege der Masseverwalter nachvollziehbare Umstände dar, die eine Unternehmensfortführung auch nach dem Auftreten wirtschaftlicher Schwierigkeiten gerechtfertigt erscheinen ließen, sei das Konkursgericht nicht verpflichtet, die wirtschaftlichen Hintergründe eingehender als der Masseverwalter zu beleuchten, „dem von vornherein wesentlich mehr Erkenntnisquellen“ als dem Konkursgericht zur Verfügung stünden. Das Konkursgericht habe daher „jedenfalls bis zu den ersten alarmierenden Berichten Mitte Jänner 1993 keinen Anlaß“ gehabt, „an der nach der Aktenlage damals vertretbaren Auffassung des Masseverwalters zu zweifeln, daß die Fortführung des Betriebs wegen der zu erwartenden Aufträge sinnvoll sei“. Es sei somit auch nicht erforderlich gewesen, die Unternehmensschließung anzuordnen oder eine Kündigung der Arbeitnehmer zu veranlassen.

Keines dagegen erhobenen der Rechtsmittel ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Revision der Kläger:

Gemäß § 115 Abs 1 KO darf das Konkursgericht die Schließung eines Unternehmens nur anordnen oder bewilligen (§ 78 Abs 1 und § 114 Abs 3 KO), wenn aufgrund der Erhebungen feststeht, daß anders eine Erhöhung des Ausfalls, den die Konkursgläubiger erleiden, nicht vermeidbar ist. Als vermeidbar ist die Erhöhung des Ausfalls nach § 115 Abs 2 KO jedenfalls dann anzusehen, wenn sich eine oder mehrere Personen in gegenüber dem Gericht abgegebenen schriftlichen Erklärungen ausdrücklich verpflichten, den Konkursgläubigern in betraglich und zeitlich ausreichendem Umfang für den Ausfall zu haften, den diese aufgrund der Fortführung erleiden können, und keine Bedenken gegen die Einhaltung dieser Verpflichtungen bestehen. Diese Bestimmungen wurden durch Art II Z 54 des Insolvenzrechts-Änderungsgesetzes 1982 BGBl 370 in die Konkursordnung eingefügt. Dazu wird in den Gesetzesmaterialien (AB, 1147 BlgNR 15. GP, 24) ua ausgeführt:

„Der neue § 115 KO vermittelt zwischen den Überlegungen der Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer auf dem Gebiet der Fortführung, Schließung und Wiedereröffnung eines sogenannten Konkursbetriebs. Wenngleich es sich von selbst versteht, daß gerade dann, wenn der Konkurs eröffnet wird, die Fortführung eines Unternehmens mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, so ist es doch angesichts der weitreichenden Wirkungen einer Insolvenz nötig, auch für den Konkursfall alle Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß rettbare Unternehmen tatsächlich gerettet werden können. Hinzu kommt, daß über das Schicksal des Unternehmens zwischen den einzelnen durch die Insolvenz berührten Gruppen Meinungsverschiedenheiten bestehen und daß auch unterschiedliche Prognosen über die Erfolgsaussichten eines Sanierungsversuchs gestellt werden können. Auch kann nie ausgeschlossen werden, daß im Einzelfall auch innerhalb der einzelnen Gläubigergruppen Konflikte über das Schicksal des Unternehmens auftreten.

Die neue Bestimmung läßt sich von der Erwägung leiten, daß der Sorge der Gläubiger, sie würden durch eine Fortführung Verluste erleiden, dadurch entgegengetreten werden kann, daß ihnen eine Haftung eines zahlungsfähigen Dritten für einen allfälligen zusätzlichen Ausfall zugesichert wird. Die Mindestbedingungen hiefür sind - angelehnt an die Ausgleichsbürgschaft (vgl. nun § 54 Abs 1 AO) - in Abs 2 festgelegt. Sind sie erfüllt, so darf das Gericht die Schließung weder anordnen noch bewilligen.“

Dem Gesetzgeber war es also trotz der immer schon bestehenden Möglichkeit „unterschiedlicher Prognosen über die Erfolgsaussichten eines Sanierungsversuchs“ ein Anliegen, daß „rettbare Unternehmen tatsächlich gerettet werden“ sollen. Die Einführung des Vorverfahrens gemäß §§ 79 ff AO und die Regelung des § 11 Abs 2 KO durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1982 belegen ebenso, daß der Gesetzgeber bestrebt war, der durch eine konkursmäßige Unternehmensliquidation eintretenden Wertzerstörung und den sich daraus ergebenden, jedoch volkswirtschaftlich unerwünschten Folgen entgegenzuwirken und demnach die Sanierung und Reorganisation von Unternehmen zu erleichtern (zu letzterem: SZ 68/49 = JBl 1995, 739 = DRdA 1996, 140 [Oberhofer] = ZAS 1995, 59 [Grießer] = ZIK 1995, 55 [Besprechungsaufsatz: Shamiyeh ZIK 1995, 75] = RdW 1995, 312 = ARD 4656/20/95 = SozArb 1996 H 1, 12 = JUS Z 1778). Dabei beschreibt § 115 Abs 2 KO nur eine Variante, deren Verwirklichung jedenfalls die Annahme rechtfertigt, die Konkursgläubiger würden durch eine Unternehmensfortführung keine Erhöhung ihres Ausfalls erleiden. Sicherheiten im Sinne des § 115 Abs 2 KO bilden daher keine conditio sine qua non, ohne deren Erfüllung eine Unternehmensfortführung ausschiede. Daß die Unternehmensfortführung gemäß § 115 Abs 1 KO ein durch die Wertungen des Gesetzgebers begünstigtes Ziel darstellt, folgt jetzt im übrigen auch aus § 25 Abs 1 KO idF des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1994 BGBl 153. Zweck dieser durch die Aufhebung des § 25 KO aF durch den Verfassungsgerichtshof (kundgemacht in: BGBl 1993/656) erforderlich gewordenen Neuregelung war vor allem auch die Förderung der sich aus einer Unternehmensfortführung ergebenden Sanierungschance durch die Beschränkung der die Verteilungsmasse stark aushöhlenden Masseforderungen, die infolge der nach der Konkurseröffnung oder aus deren Anlaß erfolgten Beendigung der Dienstverhältnisse entstanden. Nach der - hier maßgebenden - Rechtslage bis zum Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1994 waren nämlich alle Arbeitnehmerforderungen, die aufgrund der während des Konkurses fortdauernden oder erst begründeten Arbeitsverhältnisse für den Zeitraum nach der Konkurseröffnung entstanden, Masseforderungen. Daran hat sich durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1994 - abgesehen von den gemäß § 25 Abs 1 KO begünstigt gelösten Arbeitsverhältnissen - nichts geändert. Ansprüche aus der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, die erst mit dem Masseverwalter begründet wurden oder in die dieser eintrat, sind also auch jetzt Masseforderungen, wenn die Auflösung der Arbeitsverhältnisse auf Rechtshandlungen des Masseverwalters - wie etwa auch die Nichtzahlung des Entgelts - beruht (RdW 1996, 278; WBl 1996, 75 [Liebeg] = RdW 1996, 279 [mit Besprechungsaufsatz von Grießer in RdW 1996, 268] = ZIK 1996, 26 = ARD 4745/29/96). Masseforderungen waren gemäß § 46 Abs 1 Z 3 KO aF unter den dort näher ausgeführten Voraussetzungen auch die Forderungen der Arbeitnehmer auf laufendes Entgelt einschließlich der Sonderzahlungen für die Zeit nach der Konkurseröffnung, was jetzt durch § 46 Abs 1 Z 3 KO idF des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1994 eine spezifische Regelung erfuhr (WBl 1996, 75; RdW 1996, 278).

Die Unternehmensfortführung ist somit nicht nur rechtmäßig, wenn den Konkursgläubigern Sicherheiten im Sinne des § 115 Abs 2 KO geboten werden. Eine Unternehmensschließung kommt vielmehr - je nach den sonstigen Umständen des Einzelfalls - nur dann in Betracht, wenn eine Erhöhung des Ausfalls der Konkursgläubiger anders nicht vermeidbar ist. Das muß entgegen dem Wortlaut des § 115 Abs 1 KO nicht „feststehen“, sondern es genügt bereits eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß sich die Verluste der Konkursgläubiger durch eine allfällige Unternehmensfortführung mehren würden (Shamiyeh, Oberhofer, DRdA 1996, 144; Shamiyeh, ZIK 1995, 77). Nach dieser Prämisse wird eine Unternehmensfortführung immer dann ausscheiden, wenn nicht mehr als eine vage Sanierungshoffnung besteht. Verdichtet sich allerdings eine konkrete Sanierungshoffnung zu einer Sanierungswahrscheinlichkeit, weil etwa der Absatz der Produktion des in Konkurs verfallenen Unternehmens gesichert erscheint und eine Umsetzung vorhandener konkreter Reorganisationskonzepte erwarten läßt, daß die Erzeugung nach den auf den Absatzmärkten erzielbaren Preisen kostendeckend aufrechterhalten werden kann, ließe sich nicht mehr annehmen, eine Erhöhung des Ausfalls der Konkursgläubiger werde mit hoher Wahrscheinlichkeit nur durch eine Unternehmensschließung vermeidbar sein. Es schließt also bereits eine nach wirtschaftlichen Kriterien zu bejahende überwiegende Sanierungswahrscheinlichkeit - darauf wird noch zurückzukommen sein - die Unternehmensschließung aus, weil dann jedenfalls die hohe Wahrscheinlichkeit, daß eine Erhöhung des Ausfalls der Konkursgläubiger nur durch eine Unternehmensschließung vermeidbar sein wird, zu verneinen ist. Diesfalls ist also die Unternehmensfortführung selbst dann geboten, wenn es an Sicherheiten Dritter für eine Befriedigung der durch die Unternehmensfortführung entstehenden Masseforderungen fehlen sollte. Die Kläger gehen daher unzutreffend davon aus, das Konkursgericht hätte „von vorneherein ... das zur Absicherung aller Arbeitnehmeransprüche Gebotene unternehmen müssen“. Verlangte man nämlich als Voraussetzung für eine Unternehmensfortführung - entsprechend dem Prozeßstandpunkt der Kläger - generell „die Haftung durch solvente, zahlungswillige und solide Dritte“ für die durch die Unternehmensfortführung entstehenden Masseforderungen der Arbeitnehmer, könnte dem bereits oben dargestellten Anliegen des Gesetzgebers besonders dann wohl nur selten entsprochen werden, wenn die Unternehmensfortführung - wie hier - über einen längeren Zeitraum erfolgt, für den kein Ausfallgeld nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz mehr gebührt. Die Fortführung eines zahlungsunfähigen oder überschuldeten Unternehmens bedeutet nämlich gewöhnlich auch ein wirtschaftliches Risiko für Massegläubiger. Das darf daher für das Konkursgericht solange kein Anlaß für eine Anordnung der Unternehmensschließung sein, als eine Tilgung der Masseverbindlichkeiten noch überwiegend wahrscheinlich ist. Soweit ist dann aber auch nicht die Realisierung des von Grießer (ZAS 1995, 61) befürchteten Sachverhalts anzunehmen, daß „einem unbeteiligten Dritten, der mit dem Masseverwalter kontrahiert, das Sonderopfer“ auferlegt werde, „im Interesse der Konkursgläubiger oder einer Sicherung der Arbeitsplätze die unzulängliche Masse durch einen teilweisen Forderungsverzicht zu subventionieren“. Solange die Tilgung der Masseforderungen durch die aufgrund einer Unternehmensfortführung zu erzielenden Erlöse überwiegend wahrscheinlich bleibt, läßt sich eine Unternehmensschließung auch nicht mit der durch den Masseverwalter als Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern zu beachtenden Fürsorgepflicht, deren Erfüllung durch das Konkursgericht zu überwachen ist, begründen. Diese Fürsorgepflicht vermag den Arbeitnehmern als Massegläubigern das Risiko eines konkurstypischen Lohnausfalls soweit nicht abzunehmen, als die Unternehmensfortführung durch den Masseverwalter nach insolvenzrechtlichen Bestimmungen erlaubt und erforderlich ist. Die Fürsorgepflicht wird somit durch das nach der Konkursordnung zu fordernde rechtmäßige Verhalten des Masseverwalters beschränkt. Auf diesem Grundgedanken beruht schlüssig schon die Entscheidung SZ 68/49 und - bei ähnlicher Rechtslage - auch die deutsche Praxis (BGH in ZIP 1989, 1584; BGHZ 99, 151 = ZIP 1987, 115). Es wird also auch für die deutsche Rechtslage nicht mehr der strenge Standpunkt vertreten, neue Masseverbindlichkeiten dürften nur so lange begründet werden, als deren Tilgung aus der Masse gesichert sei (so aber noch BGH in VersR 1979, 954; gegen diesen Ansatz für die österreichische Rechtslage Oberhofer, DRdA 1996, 145; Shamiyeh, ZIK 1995, 77; Fenzl/W Völkl/E Völkl, ÖJZ 1983, 260 [267]). Ist aber das Unternehmen solange fortzuführen, als die Deckung der dabei entstehenden Masseverbindlichkeiten überwiegend wahrscheinlich bleibt, kommt es dadurch auch zu dem durch das Gesetz angestrebten Ausgleich zwischen den Interessen der Konkursgläubiger und jenen der Massegläubiger, deren Forderungen aus der Unternehmensfortführung entstehen (vgl zum Interessengegensatz Oberhofer in DRdA 1996, 145). Die Rechtsgrundlagen der Haftung des Masseverwalters für die Folgen der Mißachtung der während der Unternehmensfortführung zu beachtenden Rechtspflichten wird bei Behandlung des Rekurses des Erstbeklagten noch näher zu erörtern sein.

Den Revisionswerbern kann somit nicht darin beigepflichtet werden, daß das Konkursgericht im Rahmen bestehender Überwachungspflichten vor dem „Ende des nach IESG besicherten Zeitraums“ jedenfalls „gehalten gewesen wäre“, auf die Beistellung von Sicherheiten für die Befriedigung aller Arbeitnehmeransprüche „zu drängen“ und „bei Nichtbeibringung solcher Sicherheiten“ die Unternehmensschließung bereits vor dem Ende des durch Insolvenz-Ausfallgeld gesicherten Zeitraums anzuordnen. Die zweitbeklagte Partei hat im übrigen für Lohnausfälle der Kläger aber auch soweit nicht einzustehen, als dem Konkursrichter nicht vorwerfbar ist, bestehende Überwachungspflichten in unvertretbarer Weise nicht wahrgenommen zu haben:

Gemäß § 84 Abs 1 KO hat das Konkursgericht die Tätigkeit des Masseverwalters zu überwachen. Es kann ihm Weisungen erteilen, Berichte und Aufklärungen einholen, Rechnungen oder sonstige Schriftstücke einsehen und die erforderlichen Erhebungen durchführen. Das Verhalten des Masseverwalters ist auf dessen Gesetzmäßigkeit zu überprüfen. Dabei sind auch Fragen der Zweckmäßigkeit des Verhaltens des Masseverwalters in Verfolgung der sich aus einem Konkursverfahren ergebenden gemeinsamen Interessen der Beteiligten maßgebend (Shamiyeh, Die zivilrechtliche Haftung des Masseverwalters [1995], 197 mwN [soweit ein Gegensatz zwischen der Gesetzmäßigkeit des Handelns und seiner Zweckmäßigkeit sowie dessen „Übereinstimmung mit den gemeinsamen Interessen“ gesehen wird, ist das hier für die weiteren Erörterungen nicht von Bedeutung]). Um seine Kontrollpflichten wahrnehmen zu können, hat sich das Konkursgericht über die Tätigkeit des Masseverwalters im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens ausreichend zu informieren. Berichte und Geschäftsunterlagen des Masseverwalters sind, soweit dem Konkursgericht dafür Erkenntnisquellen zur Verfügung stehen, gewöhnlich auch auf deren Richtigkeit zu überprüfen. Die Überwachungsmaßnahmen dürfen aber nicht zu einer Lähmung wirtschaftlicher Initiativen oder einer bürokratischen Behinderung der Verwaltung führen. Es ist auch nicht Aufgabe des Konkursrichters, die Tätigkeit des Masseverwalters faktisch selbst zu übernehmen. Dieser ist daher nicht „auf Schritt und Tritt“ zu überwachen, sondern es genügt im Regelfall eine Überprüfung der durch den Masseverwalter laufend zu erstattenden Berichte (Shamiyeh aaO 197 ff mwN besonders auch aus der deutschen Praxis).

Daß die Berichte des Masseverwalters an das Konkursgericht inhaltlich unrichtig gewesen wären, behaupten die Revisionswerber nicht. Sie vertreten vielmehr die Ansicht, das Konkursgericht hätte die „zu optimistischen Prognosen des Masseverwalters auf ein realistisches Maß zu reduzieren“ gehabt, wobei der Masseverwalter zu „Prognoseberechnungen“ anzuhalten gewesen wäre. Das Konkursgericht hätte diesfalls „bereits im August 1992 von den dramatischen Einbrüchen erfahren“. Dabei wird jedoch übersehen, daß der Erstbeklagte in seinem Bericht vom 5.Oktober 1992 den geschätzten Verlust von etwa 500.000 S in den Monaten Jänner bis September 1992 auf konjunkturelle und betriebswitschaftliche Probleme zurückführte, aber gleichzeitig auch darlegte, daß von einem der schweizerischen Geschäftspartner für die nächsten sechs Monate Produktionszahlen bekanntgegeben wurden, die einen Umsatz von 700.000 S bis 800.000 S monatlich erwarten ließen. Im übrigen wurde auch auf Rationalisierungsmaßnahmen hingewiesen, die Einsparungen im Transportbereich von mindestens 20.000 S herbeigeführt hätten. Dieser Bericht, dessen Inhalt nach dem damaligen Kenntnisstand des Masseverwalters nicht unrichtig war und soweit auch nicht durch die Revisionswerber in Zweifel gezogen wird, ließ aber aufgrund einer die überwiegend wahrscheinliche weitere Entwicklung prognostizierenden Beurteilung nach wie vor den jedenfalls vertretbaren Schluß zu, daß künftig Erträge erwirtschaftet werden könnten, die zum einen ausreichen würden, die 1992 durch die Unternehmensfortführung entstandenen Verluste auszugleichen, zum andern aber auch die weitere Unternehmensfortführung kostendeckend zu gestalten. Die erwarteten Aufträge wurden dann zunächst auch tatsächlich erteilt, ehe sich die Situation für die Zulieferindustrie der Automobilindustrie im Dezember 1992 infolge konjunktureller Probleme neuerlich verschlechterte. Nach dieser - offenbar auch den Revisionswerbern bewußten - Sachlage stellt sich hier also in Wahrheit gar nicht die Frage, ob das Konkursgericht durch Überprüfungsmaßnahmen einen von den Berichten des Masseverwalters abweichenden Informationsstand hätte gewinnen können, sondern es geht lediglich um die wertende Beurteilung, ob die vom Masseverwalter nach seinem damaligen Kenntnisstand richtig dargestellte Lage die Unternehmensfortführung weiterhin rechtfertigen konnte. Da jedoch damals, wie bereits erörtert, nach dem Stand der bis dahin bekannten Informationen immer noch überwiegend wahrscheinlich war, daß die 1992 entstandenen Verluste und die weiteren Kosten aus der Unternehmensfortführung durch künftige Erträge gedeckt werden könnten, durfte das Konkursgericht zu diesem Zeitpunkt noch nicht gemäß § 115 Abs 1 KO die Schließung des Unternehmens anordnen. Eine solche Maßnahme hätte bei im vertretbaren Rahmen ausgeübtem Ermessen auch nicht jedenfalls bereits am 1.Februar 1993 aufgegriffen werden müssen, weil damals offenbar noch glaubhaft gemacht wurde, es könnte ein Kapitalzufluß von dritter Seite erfolgen, um die bisher entstandenen Masseforderungen zu decken. Es liefen seinerzeit noch Gespräche über Beteiligungen der schweizerischen Abnehmer an der Gemeinschuldnerin und über Investitionen einer schweizerischen Kapitalbeteiligungsgesellschaft. Das Konkursgericht durfte daher in vertretbarer Auslegung des § 115 Abs 1 Satz 2 KO für den Nachweis der Zufuhr ausreichenden Fremdkapitals noch eine Frist von 14 Tagen einräumen, um der erforderlichen Konkretisierung einer allfälligen Beteiligung einen engen zeitlichen Rahmen zu setzen. Nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist durfte es dann aber vertretbarerweise auch noch den abschließenden Bericht des Masseverwalters vom 25.Februar 1993 über die nunmehrige wirtschaftliche Lage des Unternehmens abwarten. Vom Einlangen dieses Berichts an ist dem Konkursgericht schließlich noch ein Beurteilungszeitraum in der Dauer eines Tages, also bis zum 26.Februar 1993 (Freitag), zuzubilligen. Die Unternehmensschließung wäre demnach, wie das Berufungsgericht zutreffend darlegte, unter Ausschöpfung des gesamten noch vertretbaren Beurteilungsspielraums spätestens mit Wirksamkeit ab 1.März 1993 anzuordnen gewesen. An diesem Ergebnis vermag auch die Ansicht der Revisionswerber nichts zu ändern, das Konkursgericht wäre verpflichtet gewesen, „auf eine Befriedigung der Massegläubiger gemäß § 47 Abs 2 KO zu drängen“, als bekannt geworden sei, daß „die Massemittel zur Befriedigung aller Masseforderungen nicht ausreichen“ würden. Die Kläger beziehen das offenbar auf den Kenntnisstand des Konkursgerichts nach dem Bericht des Masseverwalters vom 5.Oktober 1992. Danach war aber - wie schon ausgeführt - noch überwiegend wahrscheinlich, daß die Masseforderungen künftig vollständig befriedigt werden können.

Der Revision der Kläger ist daher ein Erfolg zu versagen.

2. Zur Revision der zweitbeklagten Partei:

Nach Ansicht der zweitbeklagten Partei ist die Entscheidung des Berufungsgerichts soweit nichtig, als damit eine Sachentscheidung über eine verspätete Berufung der Kläger gefällt worden sei. Bei Behandlung des Rechtsmittels der Kläger wäre nämlich § 39 Abs 4 ASGG zu beachten gewesen. Es handle sich dabei um eine allgemeine - auch hier anwendbare - Verfahrensbestimmung. Eine Ferialsache sei daher bei „dringlicher Erledigungsbedürftigkeit“ - wie im vorliegenden Fall - anzunehmen.

Die zweitbeklagte Partei hatte - gestützt auf diese Gründe - bereits im Verfahren zweiter Instanz die Zurückweisung der Berufung der Kläger wegen Verspätung begehrt. Dieser Antrag wurde vom Berufungsgericht jedoch aufgrund sachlicher Erwägungen abgewiesen. Es handelt sich dabei um einen im Berufungsverfahren ergangenen Beschluß, der nicht zu dem in § 519 Abs 1 Z 1 und 2 ZPO geregelten anfechtbaren Entscheidungen zu rechnen ist. Beschlüsse, die von der Aufzählung in § 519 ZPO nicht erfaßt werden, sind aber unanfechtbar (Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 2 zu § 519). Die Revision der zweitbeklagten Partei ist daher, soweit sie Nichtigkeit der Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz geltend macht, ohne Erörterung ihrer Gründe zurückzuweisen.

In der Sache selbst argumentiert die zweitbeklagte Partei ohne eine aus den Tatsachenfeststellungen erkennbare konkrete Grundlage, die „Abfertigung eines Beschlusses nach §§ 114 Abs 3, 115 Abs 1 KO“ wäre „angesichts der konkreten Sachlage ... nicht vertretbar“ gewesen. Es hätte nämlich noch einer Feststellung bedurft, „daß sowohl von Seiten des hier erstbeklagten Masseverwalters als auch von Seiten des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin der Konkursrichter wiederholt angefleht2 worden sei, „den Beschluß über die Unternehmenseinstellung nicht abzufertigen“, um die in einer berechtigten Hoffnung auf Rettung des Unternehmens „durch Finanzierung von dritter Seite“ liegende „Sanierungschance nicht zunichte zu machen“. Die zweitbeklagte Partei rügte einen derartigen Feststellungsmangel zwar auch schon im Berufungsverfahren (ON 42), nicht dargetan wurde jedoch, aufgrund welcher Beweismittel die Feststellung hätte getroffen werden können, daß auch noch nach dem Bericht des Masseverwalters vom 25.Februar 1993 eine überwiegende Sanierungswahrscheinlichkeit konkreter Art bestand. Aus diesem Bericht ergab sich vielmehr das Gegenteil, wurden doch Masseverbindlichkeiten von insgesamt 1,442.490 S bei einem „Minussaldo des Massekontos“ bekanntgegeben. Der Masseverwalter wies aber auch ausdrücklich darauf hin, daß die eingetretene Entwicklung in absehbarer Zeit eine kostendeckende Unternehmensführung nicht mehr garantieren könne und Gespräche über Beteiligungen der schweizerischen Abnehmer der Gemeinschuldnerin und über Investitionen einer schweizerischen Kapitalbeteiligungsgesellschaft ergebnislos verlaufen seien. Diesen Sachverhalt will die zweitbeklagte Partei nicht zur Kenntnis nehmen. Sie vermag im übrigen auch im Revisionsverfahren keine konkreten Fakten anzuführen, die eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nahelegen könnten, daß eine Unternehmenssanierung auch noch nach dem 25.Februar 1993 möglich gewesen wäre.

Soweit die zweitbeklagte Partei dem Berufungsgericht vorwirft, „nicht nachvollziehbar begründet“ zu haben, „worin die Unvertretbarkeit des Zuwartens mit der Unternehmenseinstellung ab Ende Februar 1993 gelegen sein soll“, ist ihr nicht zu folgen. Es lag nämlich nach der sich aus dem Bericht des Masseverwalters vom 25.Februar 1993 ergebenden wirtschaftlichen Lage des Unternehmens auf der Hand, daß die ungedeckten Masseforderungen durch eine weitere Unternehmensfortführung erheblich ansteigen und damit auch damals allenfalls noch vorhandene quotenmäßige Befriedigungsaussichten der Konkursgläubiger ständig verschlechtert und schließlich gänzlich zunichte gemacht würden. Ausgehend von diesen Prämissen war aber - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - die sich aus § 115 Abs 1 KO ergebende Rechtslage klar und eindeutig. Danach wäre das zunächst fortgeführte Unternehmen, wie schon das Berufungsgericht richtig darlegte, durch ein gezieltes und rasches, dem Antrag des Masseverwalters folgendes Handeln des Konkursrichters unverzüglich zu schließen gewesen. Die Unterlassung der rechtlich gebotenen Maßnahme ab Ende Februar bis Anfang April 1993 war unvertretbar, wofür die zweitbeklagte Partei gemäß § 1 Abs 1 AHG einzustehen hat.

Soweit die Revisionswerberin den gegenteiligen Standpunkt zu begründen versucht, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt, sondern lediglich von Mutmaßungen aus. Im Ergebnis läuft die Ansicht der zweitbeklagten Partei darauf hinaus, daß die Fortführung des Unternehmens in der ungewissen Hoffnung, es werde sich dessen wirtschaftliche Lage doch noch irgendwie bessern, wenn auch für die Konkursgläubiger ohne die Finanzierungshilfe Dritter keine Quote mehr zu erwarten sei, immer noch vertretbar sei, und zwar offenbar ohne Rücksicht darauf, daß dabei die ungedeckten Masseforderungen beträchtlich zunähmen. Das versucht die Revisionswerberin damit zu rechtfertigen, daß Massegläubigern - wie den Klägern - „kein rechtliches Interesse“ an einem „Unternehmenseinstellungsbeschluß nach §§ 114, 115 KO“ zukomme. Sie beruft sich dafür auf die Entscheidungen 8 Ob 15/93, EvBl 1992/152 und EvBl 1992/9, läßt jedoch unbeachtet, daß sich der Oberste Gerichtshof darin nur mit der Rekurslegitimation in spezifischen Fragen des konkursrechtlich durchzuführenden Verwertungsverfahrens befaßte, ohne Fragen der Fortführung oder Schließung eines Unternehmens gemäß § 114 Abs 3 und § 115 Abs 1 KO zu berühren. Es kommt aber auch gar nicht darauf an, ob die Kläger als Massegläubiger ein „rechtliches Interesse“ daran hatten, einen Beschluß des Konkursgerichts auf Unternehmensschließung zu erwirken, von Bedeutung ist vielmehr nur, daß die §§ 114 Abs 3 und 115 Abs 1 KO nach ihrem Regelungsgehalt auch den Schutz jener Massegläubiger bezwecken, deren Forderungen als Folge der Unternehmensfortführung durch den Masseverwalter entstehen. § 115 Abs 1 KO erlaubt nämlich keine Unternehmensfortführung, die aufgrund wahrscheinlicher und vorhersehbarer Umstände die Vermögensinteressen der mit dem Masseverwalter dann kontrahierenden Massegläubiger verletzen würden. Diesen Normzweck verdeutlicht inhaltlich bereits die zitierte Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofs SZ 68/49. Das fand auch im Schrifttum Zustimmung (Oberhofer, DRdA 1996, 144 f; Grießer, ZAS 1995, 61 ff; Shamiyeh, ZIK 1995, 77 f).

Bemerkenswert ist die Ansicht der Revisionswerberin, der durch Lohnausfälle eingetretene Schaden der Kläger stehe in keinem Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der Unterlassung des Konkursgerichts, den Beschluß auf Unternehmensschließung rechtzeitig zu fassen und abzufertigen, weil „der Masseverwalter zur Kündigung der Arbeitsverhältnisse keinesfalls einen solchen Beschluß“ benötige, das Konkursgericht „zum Ausspruch der Kündigungen keine gesetzlichen Befugnisse“ habe und ein solcher Auspruch „dem Masseverwalter auch nie untersagt“ worden sei. Es muß hier gar nicht erörtert werden, ob es, wie die zweitbeklagte Partei offenbar unterstellt, allein in der Ingerenz des Masseverwalters läge, die praktischen Auswirkungen einer Unternehmensschließung durch die Kündigung aller Arbeitsverhältnisse herbeizuführen, ohne vorher mit dem Konkursgericht Rücksprache gehalten und einen Antrag auf Unternehmensschließung gestellt zu haben. Der Masseverwalter verhielt sich nämlich hier gerade nicht so, wie es die Revisionswerberin für richtig hält. Nach dessen Bericht vom 25.Februar 1993, der eine Unternehmenssanierung aufgrund der dargestellten Wahrscheinlichkeitskriterien nicht mehr erwarten ließ, hätte das Konkursgericht, wie bereits ausgeführt, unverzüglich die Unternehmensschließung anzuordnen gehabt, um eine Vergrößerung der im Vermögen der Kläger bereits eingetretenen Schäden zu vermeiden. Der Schutzzweck der durch das Konkursgericht verletzten Norm soll aber gerade auch eine solche Schadensvergrößerung im Vermögen der im fortgeführten Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer verhindern. Derartige Schäden sind im übrigen eine typische Folge der rechtswidrigen Unterlassung des Konkursgerichts, die Unternehmensschließung nach Ausschöpfung des noch vertretbaren Beurteilungsspielraums rechtzeitig anzuordnen, weshalb zwischen dieser Schadensursache und der Vergrößerung des im Vermögen der Kläger eingetretenen Nachteils - entgegen der Ansicht der zweitbeklagten Partei - auch ein adäquater Kausalzusammenhang besteht. Natürlich sind, wie die Revisionswerberin ausführt, mit der „Fortführung eines zahlungsunfähigen oder verschuldeten Unternehmens“ notwendig Risken verbunden. Ein Arbeitnehmer muß aber nicht damit rechnen, daß das Konkursgericht die Unternehmensschließung auch dann noch nicht unverzüglich anordnen werde, wenn ihm - wie hier - bereits bekannt ist, daß eine weitere Unternehmensfortführung die im Vermögen der Arbeitnehmer als Massegläubiger bereits eingetretenen Schäden mit hoher Wahrscheinlichkeit vergrößern wird. Ein derartiges Risiko war für die Kläger auch nicht erkennbar. Daran ändert deren Beratung und Vertretung durch die Arbeiterkammer nichts. Auch ein Vertreter muß nämlich nicht mit einer pflichtwidrigen Unterlassung des Konkursgerichts rechnen. Er ist daher auch nicht verpflichtet, laufend alle Berichte des Masseverwalters in Evidenz zu halten und eine durch das Konkursgericht anzuordnende Unternehmensschließung zu beantragen, an der die zweitbeklagte Partei den Klägern im übrigen gar kein „rechtliches Interesse“ zubilligt. Die Kontroll- und Handlungspflicht lag soweit nicht bei den Klägern, sondern beim Konkursgericht. Nach dem Bericht des Masseverwalters vom 25.Februar 1993 durfte im übrigen jeder Unbefangene darauf vertrauen, daß das Konkursgericht - seiner Amtspflicht entsprechend - unverzüglich die erforderliche Unternehmensschließung anordnen werde.

Nach Ansicht der zweitbeklagten Partei hätten die Kläger den Eintritt eines Vermögensschadens durch ein an das Konkursgericht zu richtendes Abhilfeverlangen gemäß § 84 Abs 3 und § 124 Abs 3 KO abwenden können, wäre ihnen doch ein Begehren offen gestanden, dem Masseverwalter die Weisung zu erteilen, „feststehende und fällige Masseforderungen im Rahmen der §§ 46, 47 KO zu befriedigen“. Dieser Prozeßstandpunkt werde durch die Entscheidung 1 Ob 33/91 (JBl 1992, 249 = ZVR 1992/57 = AnwBl 1992, 143 [Arnold]) gestützt. Gerade dort wird aber ausgeführt, daß ein Amtshaftungsanspruch nur entstehen könne, wenn sich der Schaden durch ein Rechtsmittel oder eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr abwenden lasse, weil er bereits eingetreten sei, ehe derartige Rechtsbehelfe hätten ergriffen werden können. Die formelle Subsidiarität des Amtshaftungsanspruchs bedeute, daß der Rechtsträger nur dann zu haften habe, „wenn das von den Gesetzen primär zur Verfügung gestellte Sicherheitsnetz an Rechtsbehelfen nicht ausreicht oder ausreichen könnte, den Schaden noch zu verhindern“. Es werde nur für „unverbesserliche Vollzugsakte“ Ersatz geleistet. Die vorherige erfolglose Ergreifung der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe oder die Aussichtslosigkeit, daß jene den Schaden noch hätten abwenden können, sei also ein anspruchsbegründendes Element der Amtshaftung. Daran ist festzuhalten.

Die zweitbeklagte Partei läßt aber bei ihrer Argumentation unbeachtet, daß sich deren Amtshaftung aufgrund der angefochtenen Entscheidung ohnehin nur auf jenen Vermögensschaden bezieht, den die Kläger durch die Verzögerung der Unternehmensschließung ab 1.März 1993 erlitten. Aus dem Bericht des Masseverwalters vom 25.Februar 1993 ergaben sich bei einem „Minussaldo des Massekontos“ offene Masseforderungen von 432.490 S, offene Gehälter von etwa 200.000 S und Honorarforderungen von 810.000 S. Es fehlte demnach an Massemitteln, die zur Tilgung der ungedeckten und fälligen Masseforderungen der Kläger hätten herangezogen werden können. Welches im Konkursverfahren möglichen Rechtsbehelfs sich die Kläger ab diesem Zeitpunkt auch immer bedient hätten, es wäre keine, auf die Erwirkung einer Weisung abzielende Maßnahme mehr geeignet gewesen, eine Schadensvergrößerung noch zu verhindern oder einen bereits vorher eingetretenen Schaden wenigstens zu mindern. Fehlende Massemittel hätten also durch keine Weisung des Konkursgerichts ersetzt werden können. Insoweit die Revisionswerberin ihre Darlegungen auch auf den Zeitraum vor dem 25.Februar 1993 bezieht, ist zu erwidern, daß sich die Auftragssituation des fortgeführten Unternehmens erst im Dezember 1992 verschlechterte und der Masseverwalter sodann Mitte Jänner 1993 erfuhr, daß der bisherige schweizerische Hauptabnehmer der Gemeinschuldnerin seinen Mitarbeiterstand um ein Fünftel reduziert und Kurzarbeit eingeführt hatte und überdies der andere schweizerische Geschäftspartner erklärte, seine Abnahmeverpflichtung nicht mehr einhalten zu können. Nach den vorher erwarteten Umsätzen von 700.000 S bis 800.000 S monatlich mußten die Kläger aber nicht fürchten, daß deren fällige Masseforderungen aus dem Massevermögen nicht gedeckt werden könnten. Es bestand für sie daher auch kein Anlaß, irgendwelche Weisungen des Konkursgerichts an den Masseverwalter zu erwirken. Überdies wären derartige Weisungen auch damals bereits zu spät gekommen, weil sich der durch die Unternehmensfortführung entstandene Verlust bereits in den Monaten Jänner bis September 1992 auf etwa 500.000 S summiert hatte. Der Revisionswerberin sollte auch bewußt sein, daß die Kläger, die durch ihr Verhalten den Versuch der Realisierung der in § 115 Abs 1 KO ausgedrückten Zielsetzung erst ermöglichten, nicht gerade dadurch eine gesetzliche Rettungspflicht verletzt haben können.

Soweit die zweitbeklagte Partei daher ausführt, die Kläger hätten ihren Schaden gemäß § 1304 ABGB selbst zu tragen, weil sie von einem „Zurückbehaltungsrecht der Arbeitsleistung zufolge erheblichen Lohnrückstands“ oder von der „Möglichkeit des vorzeitigen Austritts“ nicht hätten Gebrauch gemacht, ist auf die obigen Ausführung zu verweisen. Daß die Kläger aber nach einer rechtzeitigen Unternehmensschließung „nicht ihren berechtigten vorzeitigen Austritt“ erklärt hätten, wie die Revisionswerberin annimmt, entbehrt einer Grundlage im festgestellten Sachverhalt, der Gegenteiliges belegt. Die Kläger beendeten nämlich ihre Arbeitsverhältnisse nach dem realen Lauf der Ereignisse am 6.April 1993 durch Austritt, nachdem das Konkursgericht mit Beschluß vom 5.April 1993 die Unternehmensschließung angeordnet hatte.

Entgegen der Ansicht der zweitbeklagten Partei verletzten die Kläger § 2 Abs 2 AHG aber auch nicht dadurch, daß sie keine Abhilfebegehren an das Konkursgericht richteten, um auf eine Verwendung der Massemittel „entsprechend den gesetzlichen Verteilungsgrundsätzen, insbesondere nach § 47 KO“ hinzuwirken. Trotz bestehender Lohnrückstände und eines in den Monaten Jänner bis September 1992 eingetretenen Verlusts von etwa 500.000 S war es aufgrund des künftig erwarteten Umsatzes von 700.000 S bis 800.000 S monatlich nach den aus dem Bericht des Masseverwalters vom 5.Oktober 1992 verfügbaren Informationen überwiegend wahrscheinlich, daß eine Unternehmenssanierung durch Erfüllung des am 23.Dezember 1992 bestätigten Zwangsausgleichs möglich sein werde. Das hätte aber auch eine Deckung der fälligen Masseforderungen der Kläger vorausgesetzt. Später war aber nichts mehr vorhanden, was gemäß § 47 KO an die Kläger zur Verteilung hätte gelangen können.

Der unberechtigten Revision der zweitbeklagten Partei ist demnach ein Erfolg zu versagen.

3. Zum Rekurs des Erstbeklagten:

Die Fortführung eines Unternehmens gemäß § 115 Abs 1 KO idF des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1982 BGBl 370 geschieht in Erfüllung einer Rechtspflicht, wenn die durch das Gesetz geregelten Voraussetzungen zutreffen. Die Unternehmensfortführung stellt also nicht nur eine durch den Gesetzgeber eingeräumte rechtliche Möglichkeit dar (WBl 1991, 231 = MR 1992, 65 = Arb 10.915; idS auch JBl 1995, 739). Eine solche gehört zu den regelmäßigen Aufgaben des Masseverwalters, ohne daß es dafür einer vorangehenden Beschlußfassung durch das Konkursgericht bedurfte (Riel, Die Befugnisse des Masseverwalters im Zivilverfahrensrecht [1995], 47 FN 155; Shamiyeh, Die zivilrechtliche Haftung des Masseverwalters [1995], 185 FN 8; Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht4 [1995], 146).

Der Oberste Gerichtshof nahm in seiner Entscheidung vom 8.März 1995, 9 ObA 2-4/95 (JBl 1995, 739) - in Abänderung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 6.Juni 1994, 31 Ra 35/94 (ARD 4606/9/94) - zu den Voraussetzungen einer Haftung des Masseverwalters im Falle der Nichterfüllung der im Rahmen der Unternehmensfortführung begründeten Masseforderungen Stellung. Den Ausgangspunkt der Erörterungen bildete die Bestimmung des § 81 Abs 3 KO, wonach der Masseverwalter allen Beteiligten für Vermögensnachteile verantwortlich sei, die er ihnen durch die pflichtwidrige Führung seines Amtes verursacht habe. Als Beteiligte seien auch die Massegläubiger anzusehen. Die durch den Gesetzgeber bevorzugte Unternehmensfortführung, die der Erhaltung der Arbeitsplätze und der Vermeidung der mit einer Liquidation verbundenen Wertzerstörung diene, dürfe nicht durch eine Überspannung der Haftung des Masseverwalters verhindert werden. Demnach hafte der Masseverwalter für den den „Neumassegläubigern erwachsenden Ausfall“ nicht schon dann, wenn bloß eine Aussicht, aber „keine völlige Sicherheit“ bestanden habe, die als Folge einer Unternehmensfortführung entstehenden Masseverbindlichkeiten zu tilgen. Dessen Haftung für derartige Masseforderungen sei vielmehr nur zu bejahen, „wenn er bei Begründung dieser Verbindlichkeiten davon ausgehen“ habe müssen, „daß er sie aus der Masse nicht werde tilgen können“. Da jeder, der mit einer Konkursmasse kontrahiere oder für diese Leistungen erbringe, erkennen könne, welche Risiken mit der Fortführung eines zahlungsunfähigen oder überschuldeten Unternehmens notwendig verbunden seien, bestehe keine „besondere Warnpflicht des Masseverwalters gegenüber den Vertragspartnern der Masse“, soweit eben die Unternehmensfortführung in Ansehung einer bestehenden Sanierungsmöglichkeit zulässig sei.

Diese ausführlich begründete, das österreichische Schrifttum, aber - wegen der Ähnlichkeit der Rechtslage - auch wesentliche Stimmen des deutschen Schrifttums und die einschlägige deutsche Rechtsprechung behandelnde Entscheidung veranlaßte mehrere - im großen und ganzen - zustimmende Stellungnahmen. Shamiyeh (ZIK 1995, 75 ff) betont, der Zweck des § 81 Abs 3 KO liege darin, den Beteiligten des Konkursverfahrens - so etwa den mit dem Masseverwalter kontrahierenden Neumassegläubigern - Schutz gegenüber jenen Gefahren zu gewähren, die für sie in typischer Weise mit der Masseverwaltung verbunden seien. Der Masseverwalter führe sein Amt im Sinne des § 81 Abs 3 KO nur dann „pflichtwidrig“, wenn er konkursspezifische Pflichten verletze. Dabei bestehe das gegenüber Neumassegläubigern gebotene Verhalten des Masseverwalters darin, neue Verträge im Zuge der Unternehmensfortführung nur so lange zu schließen, als nicht „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ feststehe, daß „diese Verbindlichkeiten in den Fortführungserlösen keine Deckung“ mehr fänden. Ein Verschulden des Masseverwalters sei dann zu bejahen, wenn er „von der Aussichtslosigkeit der Unternehmensfortführung“ gewußt habe oder davon „bei sorgfaltsgemäßer Erstellung der Fortführungsprognose oder danach bei laufender Überprüfung der geschäftlichen Entwicklung und der Fortführungserfolge“ hätte wissen müssen. Solange eine positive Prognose der „Rückzahlungsfähigkeit“ möglich sei, bestünden keine außergewöhnlichen Gefahren. Die bestehenden Risken seien Vertragspartnern bereits aufgrund der Tatsache erkennbar, daß sie mit einer Konkursmasse kontrahierten. Werde es aber für einen „gewissenhaften Masseverwalter“ unwahrscheinlich, fällige Forderungen begleichen zu können, bestehe eine Informationspflicht, weil weitere Geschäfte unter dieser Voraussetzung nicht mehr zu den typischen Risken des Kontrahierens mit einer Konkursmasse gehörten. Der Masseverwalter handle daher rechtswidrig und schuldhaft, wenn er mit Neumassegläubigern noch Geschäfte abschließe, obwohl er aufgrund der „erkennbaren negativen Erfolgsaussichten“ die Unternehmensschließung hätte beantragen müssen. Von dieser Voraussetzung ausgehend, handelten Vertragspartner nur dann auf eigene Gefahr, wenn sie über die für sie nicht erkennbaren, aus der weiteren Unternehmensfortführung drohenden Risken rechtzeitig informiert wurden. Habe der Masseverwalter berechtigterweise davon ausgehen dürfen, daß Arbeitnehmeransprüche in den Fortführungsergebnissen Deckung fänden, fehle es an spezifischen Gefahren, über die er aufzuklären hätte. Der Oberste Gerichtshof habe die Klage gegen den Masseverwalter daher zu Recht abgewiesen. Es sei jedoch nicht deutlich erkennbar, auf welche Rechtsgrundlage das Höchstgericht seine Ausführungen im einzelnen gestützt habe. Diese legten jedoch nahe, daß eine Haftung des Masseverwalters gegenüber neuen Vertragspartnern aus culpa in contrahendo in Erwägung gezogen worden sei.

Grießer (ZAS 1975, 61 ff) hält die Unterscheidung zwischen konkursspezifischen Pflichten des Masseverwalters gemäß § 81 Abs 3 KO und der Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten für unzutreffend; nur die Umstände des Einzelfalls könnten die Grenze der Aufklärungspflicht des Masseverwalters gegenüber Neumassegläubigern bestimmen. Was die in § 81 Abs 3 KO geregelte Haftungsgrundlage betreffe, komme es insbesondere „bei der Eingehung von Dauerschuldverhältnissen“ darauf an, ob der Masseverwalter bereits bei deren Begründung habe annehmen müssen, die entstehenden Verbindlichkeiten aus der Masse nicht mehr tilgen zu können. Es bestehe jedoch auch eine Verpflichtung, die Erwirtschaftung des Aufwands aus den Fortführungserlösen oder dem vorhandenen Massevermögen zu überwachen und Arbeitsverhältnisse rechtzeitig zu kündigen. Werde für den Masseverwalter „bei pflichtgemäßer Sorgfalt“ aufgrund einer ex-ante-Betrachtung erkennbar, daß „hinkünftig eine Bezahlung (der Masseverbindlichkeiten) nicht mehr erwirtschaftet werden“ könne, sei dessen Haftung zu bejahen. Eine Überspitzung der Haftungsvoraussetzungen sei jedoch abzulehnen. Im Einzelfall sei insbesondere auf die „Schwierigkeit“ einer wirtschaftlichen Prognose und die „mangelnde Vertrautheit des Masseverwalters mit der Führung des gemeinschuldnerischen Unternehmens und seiner spezifischen Probleme entsprechend Bedacht zu nehmen“. Die Begründung des Obersten Gerichtshofs sei jedoch teilweise inkonsequent. Vorerst sei die Rede von einer Überspannung der Haftung, müßte der Masseverwalter bereits dann für die aus der Unternehmensfortführung entstehenden Verbindlichkeiten einstehen, wenn er deren Befriedigung nicht mit Sicherheit annehmen könne. Mit einem „Schwenk“ in der Begründung werde daraus aber schließlich eine Haftung des Masseverwalters nur für den Fall abgeleitet, daß dieser bei Begründung der Masseverbindlichkeiten davon habe ausgehen müssen, sie aus der Masse nicht mehr tilgen zu können.

Oberhofer (DRdA 1996, 143 ff) legt dar, es lasse sich die Haftung des Masseverwalters, der für die Konkursmasse kontrahiere und die abgeschlossenen Verträge dann nicht erfüllen könne, „auf zweierlei Weise“ begründen. Zum einen komme § 81 Abs 3 KO als konkursspezifische Haftungsgrundlage in Betracht, zum anderen könne den Masseverwalter - entsprechend den Ausführungen Shamiyehs (ZIK 1995, 75 ff) - allenfalls eine Haftung aus culpa in contrahendo treffen. Während der deutsche Bundesgerichtshof (ZIP 1987, 118) jetzt die gegenüber den Neumassegläubigern bestehende Rechtspflicht auf Liquidierung des fortgeführten Unternehmens, wenn feststehe, daß die aus der Fortführung entstehenden Forderungen nicht mehr erfüllt werden könnten, als konkurstypisch ansehe, verwende der Oberste Gerichtshof eine „modifizierte Formel“, ohne deren „dogmatische Haftungsgrundlage“ offenzulegen. Die Situation des Masseverwalters sei bei der vorzunehmenden ex ante-Beurteilung jener eines vertretungsbefugten Gesellschaftsorgans vergleichbar, das „im Stadium rechnerischer Überschuldung noch Geschäfte“ abschließe. Ein solches Verhalten sei nur dann gerechtfertigt, „wenn die Fortbestehensprognose günstig, sprich eine Zahlungsunfähigkeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ nicht eintreten werde. Anderenfalls bestehe die Pflicht „zur Stellung eines Insolvenzantrags“. Wenn auch ein Insolvenzverfahren „über eine selbst konkursreife Konkursmasse nicht möglich“ sei, habe der Masseverwalter die aus § 81 Abs 3 KO abzuleitende konkursspezifische Verpflichtung, keine neue Verbindlichkeiten mehr einzugehen, wenn es überwiegend wahrscheinlich sei, daß neu begründete Masseforderungen nicht mehr abgedeckt werden könnten. Entgegen der Ansicht Shamyiehs trete die Haftung des Masseverwalters also nicht erst dann ein, wenn eine „hohe Wahrscheinlichkeit“ dafür spreche, daß sich eingegangene Verbindlichkeiten als unerfüllbar erwiesen.

Soweit Shamiyeh (aaO) und Oberhofer (aaO) bemängeln, es sei in der besprochenen Entscheidung verabsäumt worden, die Rechtsgrundlage für eine allfällige Haftung des Masseverwalters für die aus der Unternehmensfortführung entstandenen, aber ungetilgt gebliebenen Masseforderungen offenzulegen, vermag dem der erkennende Senat nicht zu folgen. Der Begründungszusammenhang belegt vielmehr, daß als Haftungsgrundlage für eine Verletzung konkursspezifischer Rechtspflichten durch den Masseverwalter in erster Linie § 81 Abs 3 KO in Betracht gezogen wurde. Der auf die Haftung des Masseverwalters bezogene wesentliche Rechtssatz wurde nämlich schließlich aus einer Grundsatzentscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs (BGHZ 99, 151 = ZIP 1987, 115) zu dem in seinem Regelungsgehalt § 81 Abs 3 KO weitgehend entsprechenden § 82 dKO abgeleitet, in der die Haftung des Masseverwalters auf die Verletzung konkursspezifischer Rechtspflichten beschränkt wurde. Der Oberste Gerichtshof verneinte im übrigen eine besondere Warnpflicht des Masseverwalters gegenüber den Vertragspartnern der Masse, woraus erkennbar ist, daß der entschiedene Anlaßfall keine Grundlage bot, eine allfällige Haftung des Masseverwalters aus culpa in contrahendo - etwa in der von Shamiyeh (aaO) behandelten Fallgestaltung - zu erörtern. Entgegen der Ansicht Grießers (aaO) ist auch kein „Schwenk“ in der Begründung erkennbar, weil die Bejahung einer Haftung des Masseverwalters dann, „wenn er bei Begründung dieser Verbindlichkeiten davon ausgehen mußte, daß er sie aus der Masse nicht werde tilgen können“, als Antithese zu einem anderen denkbaren Haftungsgrund formuliert wurde, nämlich den Masseverwalter schon dann für die durch die Unternehmensfortführung entstehenden Masseverbindlichkeiten einstehen zu lassen, wenn bei deren Begründung „keine völlige Sicherheit“ gegeben gewesen sei, sie auch tilgen zu können. Bereits nach diesen Erörterungen sind also Kriterien einer Tatsachenwahrscheinlichkeit als Voraussetzung für eine allfällige Haftung des Masseverwalters für Forderungsausfälle der Neumassegläubiger ausschlaggebend. Es fehlt lediglich an einer Detaillierung, in welchem Ausmaß die Tilgung neuer Masseverbindlichkeiten im Zeitpunkt deren Begründung wahrscheinlich gewesen sein müsse, um eine Haftung des Masseverwalters für Forderungsausfälle der Neumassegläubiger verneinen zu können. In diesem Punkt folgt der erkennende Senat Oberhofer (aaO). Danach verletzt der Masseverwalter nur dann gemäß § 81 Abs 3 und § 115 Abs 1 KO gegenüber Neumassegläubigern bestehende konkursspezifische Rechtspflichten, soweit es bei Begründung der im Zuge der Unternehmensfortführung eingegangenen Verbindlichkeiten überwiegend wahrscheinlich war, daß deren Tilgung aus Massemitteln nicht möglich sein werde. Zu Recht verweist Oberhofer in diesem Zusammenhang darauf, daß die Haftung des Masseverwalters ähnlich der eines vertretungsbefugten Gesellschaftsorgans zu sehen sei, „das im Stadium rechnerischer Überschuldung noch Geschäfte“ abschließe, was nur im Fall einer günstigen „Fortbestehensprognose“, nämlich dann, wenn eine „Zahlungsunfähigkeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ nicht eintreten werde, gerechtfertigt sei (vgl dazu etwa: SZ 62/61; SZ 60/244; SZ 59/216). Dabei hat der Masseverwalter im grundsätzlichen auch allfällige Ansprüche der Arbeitnehmer aus der Beendigung der Arbeitsverhältnisse in Betracht zu ziehen. Wäre es aber etwa überwiegend wahrscheinlich, daß die Fortführungsgeschäfte eine Unternehmenssanierung - allenfalls auch nur durch die Finanzierung eines Zwangsausgleichs - herbeiführen würden, vermögen die im Falle eines schließlichen realen Scheiterns des Sanierungskonzepts erwartbaren Ansprüche der Arbeitnehmer aus der Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse keine Haftung des Masseverwalters zu begründen, solange bei begleitender Kontrolle des Fortführungserfolgs kein Anlaß besteht, die Sanierungsprognose nach den dargestellten Wahrscheinlichkeitskriterien zu revidieren. Erst wenn ein Sanierungserfolg durch die Unternehmensfortführung nicht mehr überwiegend wahrscheinlich wäre, wäre der Masseverwalter im Sinne der Ausführungen Shamiyehs (aaO) verpflichtet, die Arbeitnehmer auf das in einer Weiterbeschäftigung liegende besondere wirtschaftliche Risiko hinzuweisen. Sonst besteht dagegen keine konkursspezifische Gefahr, aus der besondere Aufklärungspflichten des Masseverwalters entstehen könnten, weil sich tatsächlich jeder, der mit der durch den Masseverwalter vertretenen Konkursmasse kontrahiert, eines gewissen Risikos, allenfalls einen Forderungsausfall zu erleiden, bewußt sein muß. Für Arbeitsverhältnisse, die während einer Unternehmensfortführung im Konkurs aufrechterhalten oder neu begründet werden, steht also bei der durch den Masseverwalter zu stellenden und laufend zu überprüfenden Fortführungsprognose die durch einen überwiegend wahrscheinlichen Sanierungserfolg mögliche Sicherung der Arbeitsplätze im Vordergrund. Solange diese Prognose - nach den bisherigen Ausführungen - für eine Unternehmensfortführung spricht, sind theoretische Erwägungen, welche Mittel erforderlich wären, um allfällige Ansprüche der Arbeitnehmer bei Beendigung deren Arbeitsverhältnisse während der Fortführungsphase im Konkurs zu befriedigen, nicht von Bedeutung. Im übrigen sei angemerkt, daß sich hier Fragen der Aufklärungspflicht aus der Unternehmensfortführung für den Zeitraum unmittelbar nach der Konkurseröffnung deshalb nicht stellen, weil die im Unternehmen weiter beschäftigten Kläger ohnehin „über die Möglichkeiten des § 25 KO“ informiert, aber auch darüber belehrt wurden, daß „die laufenden rückständigen und fälligen Entgelte“ durch den Insolvenz-Entgeltfonds „bis zum Ablauf des gesicherten Zeitraums“ gedeckt wären. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Beratung und Vertretung der Kläger durch die Arbeiterkammer hinzuweisen.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur allfälligen Haftung des Erstbeklagten für Forderungsausfälle der Kläger beruhen im Kern auf den oben abgehandelten, in bestimmten Begründungsdetails ausgebauten rechtlichen Erwägungen. Zutreffend ging das Gericht zweiter Instanz unter Berufung auf Shamiyeh (Die zivilrechtliche Haftung des Masseverwalters, 161 f) aber auch davon aus, daß aufgrund des hier gemäß § 1299 ABGB heranzuziehenden Sorgfaltsmaßstabs die bei einem Masseverwalter - im vorliegenden Fall aus dem Berufsstand der Rechtsanwälte - gewöhnlich vorauszusetzenden Kenntnisse und Fähigkeiten maßgebend sind. Der Erstbeklagte hätte also für eine die Unternehmensfortführung bestimmende, aber nach Wahrscheinlichkeitskriterien schließlich fehlerhafte Prognose etwa dann nicht einzustehen, wenn eine solche bei nachträglicher Einschätzung nur aufgrund spezifischer Kenntnisse und Fähigkeiten eines anderen Berufsstands vermeidbar, aber dennoch kein Vorgehen gemäß § 81 Abs 4 KO geboten gewesen wäre, weil die vorausschauende Beurteilung der Erfolgsaussichten der Unternehmensfortführung nach dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Erkenntnishorizont keine besonderen Schwierigkeiten aufwarf.

Ist aber das Berufungsgericht aufgrund einer richtigen Rechtsansicht - wie hier - der Ansicht, daß eine abschließende rechtliche Beurteilung noch weiterer Aufklärungen im Tatsachenbereich bedarf, kann dem, was der Rekurswerber übersieht, der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten. Dabei vermag sich der erkennende Senat nicht der Ansicht des Erstbeklagten anzuschließen, daß die Kläger ihren wiederholt gestellten Antrag auf Einholung eines „Sachbefunds“ nur auf wertende rechtliche Schlußfolgerungen, dagegen nicht auch auf konkrete Tatsachenbehauptungen gestützt hätten. Der erkennende Senat tritt im übrigen auch nicht den auf die Rangordnung der Befriedigung von Masseforderungen gemäß § 47 Abs 2 KO iVm § 124 Abs 1 KO bezogenen Ausführungen des Gerichts zweiter Instanz entgegen. Diese beruhen auf der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (SZ 60/201; vgl dazu auch etwa: Bachmann, Die Neumasseforderung im Konkurs im Konkurs, ecolex 1997, 221 f), an der festzuhalten ist.

Dem Rekurs ist somit ebenso nicht Folge zu geben.

4. Zur Kostenentscheidung:

Aufgrund der für eine Instanz durchzuführenden Kostensaldierung (SZ 67/143) ergab sich der im Spruch dieser Entscheidung ausgeworfene Differenzanspruch der zweitbeklagten Partei auf Kostenersatz (26.041,34 S minus 11.407,50 S [1.901,25 S Umsatzsteuer]).

Der Erstbeklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rekurses gemäß §§ 40 und 50 ZPO selbst zu tragen. Die Kläger verzeichneten für ihre Rekursbeantwortung keine Kosten. Diese wurden gemeinsam mit der Revisionsbeantwortung in einem Schriftsatz eingebracht, das Kostenverzeichnis am Ende dieses Schriftsatzes bezieht sich jedoch nur auf „diese Revisionsbeantwortung“.

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