OGH 1Ob553/94

OGH1Ob553/9414.7.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Angst, Dr. Schiemer und Dr. Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****bank *****, *****, vertreten durch Dr. Hermann Graus, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Philipp F*****, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier und Dr. Hubertus Schumacher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 3,353.658,69 S (Revisionsinteresse S 2,671.256,69), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 27. Jänner 1994, GZ 2 R 308/93-51, womit infolge von Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 25. August 1993, GZ 8 Cg 207/90-40, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 27.237,41 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 4.539,57 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Schon Ende 1985 war das einbezahlte Stammkapital einer erst in diesem Jahr gegründeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung aufgezehrt; die Gesellschaft war seither überschuldet. Allein der Umbau eines Lokals einer von der Gesellschaft geführten Pizzeria hatte den Aufwand von 1 Mio S erfordert. Die Aktiven beschränkten sich bereits damals auf die Mietrechte für zwei Lokale. Fällige Verbindlichkeiten wurden durch von einem der beiden Gesellschafter eingegangene Kredite abgedeckt. Im Feber 1986 wurde die Geschäftsverbindung zwischen der Gesellschaft und der klagenden Partei als deren Hausbank aufgenommen.

Mit Verträgen vom 20.3. und 10.6.1986 mietete die Gesellschaft ab 1.7.1986 das Kellergeschoß sowie den ersten und den zweiten Stock eines Hauses in der Landeshauptstadt gegen einen wertgesicherten monatlichen Mietzins von insgesamt S 21.000,- -. Das Vorhaben, selbst im Kellergeschoß eine Pizzeria zu betreiben, wurde nicht weiter verfolgt; das teilweise umgebaute Lokal wurde ab 1.9.1987 gegen einen monatlichen Nettomietzins von S 28.000,- -, das erste Obergeschoß gegen einen solchen von S 14.000,-- weitervermietet. Das zweite Obergeschoß diente einem der Gesellschafter als Wohnung. Die Anmietung und Untervermietung der Lokale war jedenfalls seit 1987 alleiniger Geschäftszweck der Gesellschaft; Personalkosten fielen nicht an.

Der Beklagte wurde im Zusammenhang mit der Übernahme eines halben Geschäftsanteils eines der beiden Gesellschafter zum (weiteren) einzelvertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt und die Bestellung am 17.9.1986 registriert. Eine Zwischenbilanz wurde aus diesem Anlaß nicht aufgestellt. Das damals von der klagenden Partei geführte Konto der Gesellschaft war dem Beklagten nicht bekannt. Am 1.8.1986, an dem der Beklagte zum Geschäftsführer bestellt wurde, wies das Konto einen Passivsaldo von S 95.427,-- aus, der zum 2.9.1986 auf S 851.749,57 anstieg und am 31.12.1986 eine Höhe von S 1,627.990,53 erreichte. Über dieses Konto verfügten die beiden bisherigen Gesellschafter-Geschäftsführer. Zum 31.12.1987 betrug die Gesamtverschuldung der Gesellschaft bei der klagenden Partei - verteilt auf vier Konten - S 3,484.610,54.

Am 7.1.1988 realisierte die klagende Partei zwei ihr von einem der beiden ursprünglichen Gesellschafter-Geschäftsführer als Sicherheit übergebene Sparbücher mit einem Einlagestand von S 518.962,20 bzw. S 1,040.666,64, der aus dem Erlös des Verkaufs eines Campingplatzes herrührte, und schrieb den Erlös dem Hauptgeschäftskonto der Gesellschaft gut. Die letzte dieses Konto belastende Überweisung von S 10.414,99 erfolgte am 17.5.1988. Zum 30.6.1988 wies das Hauptgeschäftskonto einen Passivsaldo von S 1,712.124,34 aus. Die Verbindlichkeiten der Gesellschaft stiegen in der Folge nur mehr durch die Belastungen mit Zinsen und Kreditprovisionen im Rahmen des vierteljährlichen Kontoabschlusses an.

Die Gesellschaft erzielte keine Mieteinnahmen, weil es zu Auseinandersetzungen mit den Untermietern gekommen war. Mit einer vergleichsweise vereinbarten Mietzinszahlung für das Kellerlokal von S 280.000,-- wurde der Honoraranspruch des Rechtsanwalts eines der ursprünglichen Gesellschafter-Geschäftsführer abgedeckt. Der Untermieter des ersten Stocks hätte wegen seiner Beteiligung an den Umbaukosten Mietzins erst ab Mai 1988 bezahlen müssen, verweigerte diese Zahlungen jedoch, weil er keine Betriebsbewilligung erlangte. Am 30.9.1988 gab einer der ursprünglichen Gesellschafter-Geschäftsführer die Mietrechte für das erste und das zweite Obergeschoß auf. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war für den Beklagten erkennbar, daß die Gesellschaft ohne Zufuhr ausreichender Eigenmittel auch bei langfristiger Umschuldung nicht mehr in der Lage sein würde, die von der klagenden Partei eingeräumten Darlehen zu tilgen. Am 29.1.1990 wurde das Kellerlokal exekutiv geräumt.

Mit Beschluß des Landesgerichts Innsbruck vom 1.8.1991 wurde über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet. Die Konkursgläubiger erhielten dort keinerlei Quote. Am 16.2.1993 wurde der Konkurs aufgehoben.

Die klagende Partei begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 3,657.793,34 s.A. und brachte hiezu vor, dieser habe seine Pflichten als Geschäftsführer vernachlässigt, das seit Jahren überschuldete und konkursreife Unternehmen weitergeführt und die Konkurseröffnung verzögert. Ihm sei bereits im Jahr 1987 die Überschuldung der Gesellschaft bekannt gewesen. Er habe wegen der Sicherung des Standortes es in Kauf genommen, ein konkursreifes Unternehmen weiter zu führen. Er habe sich um die Geschäftsführung nicht gekümmert, für keine geregelte Buchhaltung gesorgt und keinen Jahresabschluß erstellt. Die Gesellschaft habe übermäßigen Aufwand getrieben, leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit genützt und sei gewagte Geschäfte eingegangen, indem sie ein aufwendiges Mietverhältnis unterhalten, jedoch nicht über die Mittel verfügt habe, die damit verbundenen Aufwendungen zu decken. Der Beklagte hafte daher der klagenden Partei gegenüber aus dem Titel des Schadenersatzes für die bei der Gesellschaft uneinbringlichen Darlehen von S 2,975.391,34. Er habe überdies für die Abdeckung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft eine Garantieerklärung über S 457.600,-- abgegeben sowie für Überweisungen von zusammen S 100.000,-- fernmündlich die ausdrückliche Zusage erteilt, daß die Überweisung im Rahmen der Garantieerklärung erfolgen sollte und er für die Rückzahlung persönlich hafte. Daraus ergebe sich unter Bedachtnahme auf die Zinsen eine Haftung des Beklagten für den Betrag von S 550.177,66, die neben der schadenersatzrechtlichen Haftung in Anspruch genommen werde. Außerdem habe der Beklagte für den von der klagenden Partei einem Geschäftsführer-Gesellschafter gewährten, zum 20.4.1990 mit S 682.402,-- aushaftenden Kredit die Haftung als Bürge und Zahler übernommen.

Der Beklagte anerkannte ein Teilbegehren von S 304.134,65; im übrigen wendete er ein, er sei stets bemüht gewesen, im Rahmen seiner Möglichkeiten Ordnung in die Geschäftsführung der Gesellschaft zu bringen. Die schlechte finanzielle Lage der Gesellschaft habe nicht er verschuldet, jedenfalls habe sein Verhalten zu keiner Erhöhung jenes Schadens geführt, den die klagende Partei auch bei früherer Konkurseröffnung erlitten hätte. Die von ihm abgegebene Garantieerklärung habe sich auf von ihm eigenhändig unterfertigte Überweisungsaufträge zu Lasten des Gesellschaftskontos beschränkt; solche seien nur in Höhe des anerkannten Teilbetrags erteilt worden.

Das Erstgericht erließ ein - unbekämpft gebliebenes - Teilanerkenntnisurteil über den Betrag von S 304.134,65; mit dem Endurteil gab es dem restlichen Klagebegehren mit S 878.267,35 s.A. statt und wies das Mehrbegehren von S 2,475.391,34 s.A. ab.

Es stellte - abgesehen von dem vorangestellten Sachverhalt - fest, schon im Sommer 1987 sei es zu Gesprächen zwischen den Streitteilen gekommen; dabei habe die klagende Partei den Beklagten mit der Möglichkeit eines Konkurseröffnungsantrags gegen die Gesellschaft sowie der Anzeige wegen fahrlässiger Krida konfrontiert, um ihn zu veranlassen, aus seinem Privatvermögen Zahlungen zur Verringerung des Kreditobligos zu leisten. Der Beklagte habe sich hiezu nur „beschränkt“ bereiterklärt. Die klagende Partei habe ihm die Weiterführung der Gesellschaft zwar nicht ausdrücklich anempfohlen, für diese aber eine günstige Prognose gestellt. Bei einer „Krisensitzung“ am 8.10.1987 habe sie ihm die langfristige Umschuldung der Gesellschaft für den Fall angeboten, daß er die Haftung für die Kredite übernehme. Der Beklagte sei zwar an der Fertigstellung des Kellergeschoßes interessiert gewesen und habe sich bereiterklärt, sich an den noch erforderlichen Baukosten zu beteiligen und - wie schon seit Februar 1987 - weiterhin die Mietzinse zu entrichten. Haftungen habe er dagegen damals nicht übernommen. Die klagende Partei habe darauf erklärt, sie werde ohne „Sonderbesicherung“ keinen weiteren Kredit mehr gewähren, habe aber die bestehenden Kredite nicht fälliggestellt. Am 4.11.1987 habe die klagende Partei über fernmündlichen Auftrag durch den Beklagten vom Hauptgeschäftskonto zweimal S 50.000,-- an einen beim Umbau des Kellergeschoßes tätig gewesenen Handwerker überwiesen; diese Zahlungen habe sie ausdrücklich davon abhängig gemacht, daß der Beklagte für den Betrag von S 100.000,-- die persönliche Haftung übernehme, was dieser am Telefon bejaht habe. Am 5.2.1988 habe der Beklagte eine von der Klägerin vorbereitete „Garantieerklärung“ unterzeichnet, mit welcher er für alle Forderungen und Ansprüche aus Haupt- und Nebenverbindlichkeiten, die der Klägerin aus der Durchführung seiner Überweisungsaufträge zu Lasten der Konten der Gesellschaft erwachsen sind oder in Hinkunft erwachsen werden, bis zum Höchstbetrag von S 500.000,-- die Haftung übernommen und sich verpflichtet habe, über erste schriftliche Anforderung ohne weitere Prüfung des Rechtsgrundes jeden Betrag im Rahmen der Garantiesumme der klagenden Partei zu vergüten; diese Haftung sei bis zum 31.12.1988 befristet gewesen. In der Garantieerklärung sei ausdrücklich vermerkt worden, daß vom Beklagten nur von ihm gezeichnete Überweisungsaufträge zu vergüten seien. Noch am selben Tag habe der Beklagte mehrere Überweisungsaufträge über insgesamt S 304.134,65 unterfertigt, die zu Lasten des Hauptgeschäftskontos durchgeführt worden seien. Über die am 4.11.1987 fernmündlich erteilten Überweisungsaufträge über zusammen S 100.000,-- sei damals nicht gesprochen worden. Der Beklagte sei der Meinung gewesen, daß hierüber ohnehin ein schriftlicher Überweisungsauftrag vorliege. Hätte der Vertreter der klagenden Partei die Frage aufgeworfen, ob mit der schriftlichen Garantieerklärung auch diese früheren Überweisungen gedeckt seien, hätte dies der Beklagte bejaht. Mit Schreiben vom 29.12.1988 habe die klagende Partei vom Beklagten unter Berufung auf diese Garantieerklärung die Zahlung des Betrags von S 457.600,-- an Kapital und Zinsen gefordert. Die Gesellschaft habe erst ab 1.9.1988 eine Buchhaltung eingerichtet. Mit Wirkung vom 13.11.1989 sei der Beklagte zum alleinigen Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt worden.

Rechtlich meinte das Erstgericht, der Beklagte hafte im Rahmen der vorbehaltlos übernommenen Bürgschaft für die Verbindlichkeit des Kreditnehmers von S 682.402,-- sowie aus der Garantieerklärung vom 5.2.1988 für den bereits zum 31.3.1990 ausgeschöpften Höchstbetrag von S 500.000,- -. Daraus ergebe sich unter Einschluß des mit Teilanerkenntnisurteil erledigten Betrags eine Zahlungspflicht von S 878.267,35. Eine weitere Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft treffe den Beklagten hingegen nicht. Da die Geschäftstätigkeit auf die Untervermietung gemieteter Lokale sowie Kreditgeschäfte beschränkt gewesen sei, habe noch im Frühjahr 1988 die Möglichkeit bestanden, die Kredite der klagenden Partei langfristig abzudecken. Es sei nicht hervorgekommen, daß der Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft schuldhaft herbeigeführt habe. Daß der Konkurs nicht schon bei Eintritt der kridarechtlich relevanten Überschuldung eröffnet worden sei, habe der Beklagte zwar zu verantworten, daraus sei aber der klagenden Partei kein weiterer Schade erwachsen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Klagebegehren mit S 682.402,-- s.A. statt, wies das Mehrbegehren von S 2,671.256,69 s.A. ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte - soweit für die Erledigung der Revision von Bedeutung - aus, abgesehen von besonderen vertraglichen Verpflichtungen hafte der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung Dritten gegenüber nur bei deliktischer Schädigung, vor allem also bei Verstoß gegen solche Gläubigerschutzvorschriften, deren Verletzung gerichtlich strafbar sei. § 159 Abs. 1 Z 1 StGB sei eine solche Norm. Aus den dort umschriebenen Beispielen könne ein Sorgfaltsmaßstab abgeleitet werden, dessen Verletzung Strafbarkeit begründe. Ob sich der Beklagte der fahrlässigen Krida schuldig gemacht habe, müsse das Zivilgericht als Vorfrage prüfen; die Schutznormverletzung habe dabei die klagende Partei zu beweisen. Der Geschäftsumfang der Gesellschaft sei beschränkt und verhältnismäßig leicht überschaubar gewesen. Aufwendungen an Umbaukosten und Mieten seien bei gewöhnlichem Geschäftsgang entsprechend höhere Mieteinnahmen gegenübergestanden, sodaß nicht von vornherein von gewagten Geschäften gesprochen werden könne. Zur Zahlungsunfähigkeit hätten letztlich Umstände geführt, die die Geschäftsführer und somit auch der Beklagte nur schwer hätten beeinflussen können, insbesondere die Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft einerseits und den Vermietern und den Untermietern andererseits, derentwegen die erhofften Mieteinnahmen ausgeblieben seien; damit hänge auch das Anwachsen der Kreditschuld zusammen, nicht zuletzt auch infolge der nicht im Bereich der Gesellschaft gelegenen Verteuerung der Kreditkosten, die durch an sich vorgesehene Kreditrückzahlungen nicht gemildert hätten werden können. Ein übermäßiger, dem normalen Geschäftsgang nicht entsprechender Aufwand sei nicht festzustellen gewesen. Habe bis zur Aufgabe eines wesentlichen Teils der Mietrechte der Gesellschaft die lange Zeit auch von der klagenden Partei auch derart eingeschätzte Möglichkeit bestanden, die Verbindlichkeiten zumindest langfristig abzudecken und so der Zahlungsunfähigkeit zu entgehen, könne auch nicht von einer leichtsinnigen oder unverhältnismäßigen Kreditinanspruchnahme gesprochen werden. Es bestünden daher auch nach dem Ergebnis dieses Verfahrens erhebliche Zweifel daran, ob der Beklagte das Tatbild des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB verwirklicht habe; das Strafverfahren sei ohnedies eingestellt worden.

Auch dem Standpunkt der klagenden Partei, der Beklagte sei bereits zum Zeitpunkt seiner Bestellung als Geschäftsführer verpflichtet gewesen, die Konkurseröffnung zu beantragen, könne nicht beigetreten werden. Die Gesellschaft sei solange zahlungsfähig gewesen, als ihr die klagende Partei Kredit gewährt und Aussicht bestanden habe, daß die Kreditverbindlichkeiten im Einvernehmen mit der Bank abgedeckt werden könnten. Die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft sei somit im Zweifel erst mit Ende September 1988 eingetreten. Gleiches gelte für die Überschuldung. Die insolvenzrechtlich bedeutsame Überschuldung einer Kapitalgesellschaft sei nicht schon bei Überwiegen der Passiven anzunehmen, die rein rechnerische Überschuldungsprüfung sei durch eine Fortbestehensprognose zu ergänzen. Diese auch von der klagenden Partei angestellte Prognose sei, wenn zuletzt auch nur bei langfristiger Betrachtungsweise, bis Ende September 1988 positiv gewesen. Eine solche Prognose sei zulässig gewesen, weil auch die klagende Partei die ihr bekannt gewordenen Schwierigkeiten nicht zum Anlaß genommen habe, die Kredite fälligzustellen, sondern im Gegenteil eine langfristige Umschuldung vorgeschlagen habe, sodaß angenommen werden könne, sie sei zu langfristiger Kreditgewährung an die Gesellschaft bereit gewesen. Der Beklagte sei somit im Zweifel erst Ende September 1988 verpflichtet gewesen, die Konkurseröffnung zu beantragen. Durch die Verletzung dieser auch dem Beklagten oblegenen Verpflichtung habe sich aber die Möglichkeit zur Befriedigung der Gläubiger nicht verändert, weil die Verschuldung der Gesellschaft nur mehr infolge der von der klagenden Partei berechneten Kreditkosten angestiegen sei. Der klagenden Partei wäre der Schaden auch bei rechtzeitiger Konkurseröffnung in gleicher Höhe erwachsen und mangels Masse nicht gedeckt worden.

Auch auf § 22 GmbHG könne sich die klagende Partei nicht mit Erfolg berufen. Die Gesellschaft habe lange Zeit hindurch keine Buchhaltung geführt und somit auch keine Jahresabschlüsse erstellt. Wohl sei der Beklagte auch für diese Unterlassung verantwortlich und könne sich auch mit dem Hinweis auf eine entsprechende Verpflichtung der übrigen Geschäftsführer nicht entschuldigen, der Verstoß gegen die aus § 22 Abs. 1 GmbHG abzuleitende Verpflichtung zur Führung der Geschäftsbücher sei aber für sich allein noch keine Schutznormverletzung gemäß § 1311 ABGB, die die Schadenersatzpflicht des Geschäftsführers auch Dritten gegenüber auslösen würde. Vielmehr wäre noch der Nachweis erforderlich, daß dieser Verstoß kausal für den Schaden des Gesellschaftsgläubigers war. Ein solcher Ursachenzusammenhang sei aber nicht ausdrücklich festgestellt und könne auch aus den Feststellungen über den Verlauf der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft nicht zwingend abgeleitet werden. Wegen der bereits dargelegten einfachen Struktur der Geschäftstätigkeit und der Ursachen des finanziellen Mißerfolgs komme der unterlassenen Buchführung, durch die normalerweise das Geschäftsergebnis überwacht werde, für den letztlich negativen Geschäftsverlauf keine entscheidende Bedeutung zu. Diese Ansicht werde auch durch das Verhalten der klagenden Partei untermauert, die entweder die Vorlage von Jahresabschlüssen als entbehrlich oder deren Fehlen bei Beurteilung der Erfolgsaussichten der Gesellschaft als unerheblich angesehen habe. Bei Kreditgewährungen an Kapitalgesellschaften und komplexerer Geschäftstätigkeit sei die Vorlage der Bücher zur Beurteilung der Bonität nämlich banküblich. Das Erstgericht habe daher zu Recht die „Durchgriffshaftung des Beklagten als Geschäftsführers“ verneint.

Berechtigt sei die Berufung des Beklagten, soweit sie sich gegen den Zuspruch von S 195.865,35 s.A. wende. Die von ihm unterfertigte Garantieerklärung beschränke seine Verpflichtung auf seine Unterschrift aufweisende Überweisungsaufträge. Die Überweisungen der klagenden Partei Anfang November 1987 beruhten nicht auf von ihm unterfertigten Aufträgen, sondern seien telefonisch in Auftrag gegeben worden. Sie seien daher von der Garantieerklärung nicht umfaßt. Die hypothetische Annahme, der Beklagte hätte sich einer Einbeziehung der schon früher getätigten Überweisungen von zusammen S 100.000,-- in die Garantieerklärung nicht widersetzt, wäre dies zur Sprache gekommen, schaffe keine Verpflichtung, weil es dazu eines beiderseitigen konkreten Vertragswillens bedürfe. Angesichts des eindeutigen Inhalts der Garantieerklärung könne ein solcher Vertragswille auch nicht konkludent unterstellt werden. Die vom Erstgericht festgestellte fernmündliche Zusicherung des Beklagten, er übernehme die „persönliche Haftung“ für die Überweisungen von S 100.000,- -, sei somit vom Inhalt der wesentlich später unterfertigten Garantieerklärung unabhängig. Da der Anspruch der klagenden Partei aus der Überweisung gegen die Gesellschaft nicht habe zweifelhaft sein können und es der klagenden Partei bei ihrem Verlangen nach der persönlichen Haftung des Beklagten ausschließlich um die Einbringlichkeit des Anspruchs gegangen sei, sei im Zweifel weder Schuldbeitritt noch Garantie, sondern Bürgschaft anzunehmen. Da der Beklagte die „persönliche Haftung“ zweifellos als Gesellschafter-Geschäftsführer und somit nicht als Kaufmann übernommen habe, unterliege die Bürgschaft den Formerfordernissen des § 1346 Abs. 2 ABGB und sei daher als nur mündlich erklärt unwirksam.

Die von der klagenden Partei dagegen erhobene Revision ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Unter der verfehlten Benennung als „Durchgriffshaftung“ - unter welcher die private Zusatzhaftung von Verbandsmitgliedern für Verbindlichkeiten der Verbandperson verstanden wird (vgl. die Nachweise in SZ 64/160) - macht die klagende Partei in Wahrheit als Gläubigerin einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegen den Beklagten als einen der einzelvertretungsbefugten Geschäftsführer dieser Gesellschaft Schadenersatzansprüche geltend. Nach Rechtsprechung und Lehre (SZ 64/160 uva; Kastner-Doralt-Nowotny, Gesellschaftsrecht5, 397 ff mwN; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht, 139 ff) können die Gläubiger einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die für ihre Forderung im Vermögen der Gesellschaft keine oder keine zureichende Deckung gefunden haben, den oder die Geschäftsführer der Gesellschaft nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen (§§ 1293 ff ABGB) auf Ersatz des Schadens in Anspruch nehmen, den ihnen die organschaftlichen Vertreter durch schuldhafte Verletzung von gerade auch zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger erlassenen Gesetze zugefügt haben. Die klagende Partei wirft dem Beklagten vor, er habe übermäßig Kredit benützt, den Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Gesellschaftsvermögen unterlassen und weder dafür gesorgt, daß die erforderlichen Geschäftsbücher geführt wurden, noch die fristgerechte alljährliche Aufstellung von Jahresabschlüssen veranlaßt. Er habe hiedurch schuldhaft gegen § 159 Abs.1 Z 1 und 2 StGB sowie gegen § 22 GmbHG verstoßen und damit Gläubigerschutzvorschriften zuwidergehandelt.

Der fahrlässigen Krida macht sich gemäß § 159 Abs. 1 StGB schuldig, wer als Schuldner mehrerer Gläubiger 1. fahrlässig seine Zahlungsunfähigkeit herbeiführt, insbesondere dadurch, daß er übermäßigen Aufwand treibt, leichtsinnig oder unverhältnismäßig Kredit benützt oder gewährt, einen Bestandteil seines Vermögens verschleudert oder ein gewagtes Geschäft abschließt, das nicht zum ordnungsgemäßen Betrieb seines Geschäfts gehört oder mit seinen Vermögensverhältnissen im Widerspruch steht, oder 2. in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder schmälert. Beide Deliktstatbilder des § 159 StGB sind Schutzgesetze im Sinne des § 1311 ABGB zugunsten der Gläubiger (SZ 59/116 mwN uva; Doralt in GesRZ 1982, 92 f und 94). Daß die klagende Partei zu jenen Gläubigern der vom Beklagten geleiteten Gesellschaft gehört, die durch deren Zahlungsunfähigkeit einen Schaden erlitten haben, steht außer Frage, hat sie doch im schließlich doch eröffneten Gesellschaftskonkurs überhaupt keine Quote erhalten, sodaß ihre Kreditrückzahlungsforderungen nach wie vor unberichtigt aushaften.

Ob der Beklagte dem Vorwurf der ihm von der klagenden Partei in der Gestalt beider im § 159 Abs. 1 StGB zusammengefaßten Deliktstypen zur Last gelegten fahrlässigen Krida zu Recht auszusetzen ist, hat das Zivilgericht als Vorfrage zu prüfen. Dabei hat die klagende Partei zu beweisen, daß der als Schädiger in Anspruch genommene Beklagte durch das beanstandete Verhalten die ins Treffen geführten Schutznormen übertreten hat. Gelingt ihr dieser Beweis, kann sich der Beklagte der Haftung für die Folgen seines Verhaltens nur soweit entledigen, als er nachweist, daß der Schaden auch eingetreten wäre, hätte er die Schutzgesetze nicht übertreten (EvBl. 1989/122 uva), oder ihm die Übertretung aus besonderen Umständen nicht als Verschulden zugerechnet werden kann (SZ 57/134 ua).

Soweit es um das Tatbild des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB geht, wirft die klagende Partei dem Beklagten vor, er habe leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit in Anspruch genommen und auch gewagte Geschäfte geschlossen, indem er ein aufwendiges „dubioses“ Mietverhältnis aufrecht erhalten habe; das Wagnis habe vor allem darin bestanden, daß man sich in die Abhängigkeit bloß eines Mieters begeben habe. Dieses viel zu große Bonitätsrisiko sei geradezu ein „klassischer“ Verstoß gegen § 159 Abs.1 Z 1 StGB.

Die sachgerechte Prüfung dieser Vorwürfe setzt eine kritische Einschätzung der in der Revision besonders hervorgekehrten Schutzwürdigkeit der klagenden Partei als Gläubigerin voraus, was am besten durch eine Bewertung ihrer Stellung der Gesellschaft gegenüber zu bewältigen ist. Die klagende Partei war deren Hausbank; wie der Beklagte in seiner Revisionsbeantwortung treffend hervorhebt, war der Geldmittelfluß von und zur Gesellschaft letztlich ausschließlich ihrer Kontrolle und Verfügung vorbehalten. Wie den Aussagen des für die Gesellschaft zuständigen Sachbearbeiters der klagenden Partei, die so auch in die erstinstanzlichen Feststellungen eingeflossen sind, mit aller Deutlichkeit entnommen werden kann, stand nicht nur der Kredit an die Gesellschaft unter „besonderer Beobachtung“ durch die Bank (ON 25, S.14), deren Verantwortlichen war auch klar, daß es sich bei den - nun in der Revision als „dubiose“ Rechte bewerteten - Mietrechten um das einzige Vermögen der Gesellschaft handelte. Der Sachbearbeiter hatte die Mietrechte geprüft und hegte danach - im Gegensatz zu dem nun in der Revision eingenommenen Standpunkt der klagenden Partei - augenscheinlich keinerlei Bedenken gegen deren Beständigkeit, waren diese seine Meinung nach doch ohne Schwierigkeiten gegen die Vermieter, deren Kunden übrigens gleichfalls von der klagenden Partei geführt wurden, mit Erfolg zu verteidigen (ON 28, S. 4). Obschon die klagende Partei dem Beklagten nun gewagte Geschäfte vorwirft, war ihrem Sachbearbeiter die Lage der Gesellschaft noch am 5.2.1988 keineswegs als hoffnungslos erschienen (ON 25, S. 13). Daß die klagende Partei die - übrigens noch vor Aufnahme der Geschäftsführungstätigkeit durch den Beklagten - begründeten Mietrechte zur fraglichen Zeit ganz anders bewertete als nun in der Revision, machen gleichfalls die Bekundungen ihres Sachbearbeiters deutlich: Es sei klar gewesen, daß die Mietobjekte die einzige Einnahmequelle der Gesellschaft darstellten, sodaß die klagende Partei an deren Adaptierung interessiert gewesen sei. Anders wäre der Konkurs der Gesellschaft unabwendbar gewesen, gerade das aber sei unter allen Umständen zu vermeiden gewesen, wären doch dann die Bestandrechte der Gesellschaft als deren einziges Vermögen verloren gewesen (ON 25, S.15). Demgemäß erstellte der Sachbearbeiter dem Beklagten angesichts der möglichen Mieterträgnisse auch eine günstige Fortbestandsprognose, obwohl der damalige Vertreter des Beklagten unter Hinweis auf die Vermögenslage der Gesellschaft vorgeschlagen hatte, der Geschäftsführer müßte an sich den Konkurs anmelden (ON 28, S.2).

Daraus folgt, daß die klagende Partei - trotz fehlender Buchführung durch die Geschäftsführer der Gesellschaft - über deren Vermögenslage bis ins einzelne genau informiert war. Sie selbst war es, die an der Erhaltung der Mietrechte und an der Fertigstellung der nur infolge ihrer Kreditgewährung möglichen Adaptierung der in Unterbestand weitergegebenen Mietlokale interessiert war und unter allen Umständen auch den Konkurs der Gesellschaft vermeiden wollte. Dem von der Beklagtenseite ohnedies ausgegangenen Vorschlag, den Konkurs zu eröffnen, begegnete sie daher mit einer günstigen Fortbestandsprognose und stellte auch, da sie - wie gesagt ein Insolvenzverfahren - für ihren Standpunkt nachteilig ansah, auch in den nächsten Jahren die Kredite nicht fällig.

Mit Rücksicht auf diesen Informationsstand und ihre Gestion ist der klagenden Partei jedwede Schutzwürdigkeit abzusprechen, soweit sie nun den Beklagten auf Schadenersatz deshalb in Anspruch nimmt, weil dieser - im Vertrauen auf ihre Gestion - weiterhin versuchte, die Mietrechte ertragreich zu verwerten bzw. den von ihr gewährten Kredit ausnützte. Im übrigen kann ihm mit Rücksicht auf diese ihm auch keineswegs verhehlte Haltung kein Sorgfaltsverstoß zur Last gelegt werden, noch dazu als sich die Anforderungen an seine Sorgfalt an den ihm damals zu Gebote gestandenen Beurteilungsgrundlagen zu orientieren haben (SSt 54/82 mwN).

Kann sich die klagende Partei daher angesichts ihres Wissensstandes und ihrer dem Beklagten nicht verhehlten Intentionen, die auch der Annahme eines Sorgfaltsverstoßes des Beklagten im Wege stehen, somit schon nicht erfolgreich auf fahrlässige Krida in der Deliktsform des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB stützen, so ist noch weniger der auf die unterlassene Konkursantragstellung gegründete Vorwurf einer Verwirklichung des Tatbilds nach Z 2 dieser Gesetzesstelle berechtigt:

Daß die Gesellschaft, als der Beklagte zu einem ihrer einzelvertretungsbefugten Geschäftsführer berufen wurde, zahlungsunfähig gewesen wäre, behauptet selbst die klagende Partei nicht, stellte sie ihr doch damals auch noch entsprechende Kreditmittel zur Verfügung. Ob die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt - rechnerisch - bereits überschuldet war, kann mangels einer an den Verwertungsmöglichkeiten orientierten Bewertung ihrer Mietrechte nicht verläßlich beurteilt werden. Nach jüngerer Rechtsprechung (seit ÖBA 1987, 332) ist aber eine insolvenzrechtlich bedeutsame Überschuldung ohnehin nicht schon dann anzunehmen, wenn die Passiven überwiegen, sondern erst, wenn sich auch keine positive Fortbestehensprognose erstellen läßt, also die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft wahrscheinlich und das nach Liquidationswerten zu bewertende Vermögen zur Befriedigung im Liquidationsfall unzureichend ist. Soweit die klagende Partei eine solche günstige Prognose in Abrede stellt, übergeht sie die Tatsache, daß ihr zuständiger Sachbearbeiter trotz Kenntnis der Vermögenslage der Gesellschaft dem Vorschlag der Beklagtenseite, den Konkurs herbeizuführen, selbst mit einer solchen Prognose entgegentrat, die Lage der Gesellschaft auch am 5.2.1988 - also eineinhalb Jahre nach dem Eintritt des Beklagten in die Gesellschaft - noch keineswegs als hilflos ansah, den Kredit durch all die Jahre nicht fälliggestellt und von sich aus nicht die Konkurseröffnung beantragt hatte. Sie wollte im Gegenteil - wie schon mehrfach erwähnt - die Eröffnung des Konkurses über das Gesellschaftsvermögen unter allen Umständen vermeiden und stellte deshalb auch dem Beklagten sogar eine langfristige Umschuldung in Aussicht. Für diesen lag demnach nichts näher, als sich diese Beurteilung durch den Kreditgeber zu eigen zu machen. Wollte die wohlinformierte Hausbank keinen Konkurs und stand sie einer Weiterführung der Geschäfte der Gesellschaft offenkundig wohlwollend gegenüber, so kann in der möglicherweise darin liegenden Fehlbeurteilung der Lage durch den damals festgestelltermaßen von den übrigen Gesellschaftern-Geschäftsführern nur lückenhaft informierten Beklagten noch kein Sorgfaltsverstoß erblickt werden, wenn er bei der gegebenen Sachlage auf diese Haltung vertraute. Daran kann auch sein in der Revision in den Vordergrund gestelltes, gewiß zu bejahendes eigenes wirtschaftliches Interesse am Fortbestand der Gesellschaft (vgl. hiezu SZ 62/160) nichts ändern, weil selbst dem Einzelunternehmer, dessen wirtschaftliche Existenz mit dem Schicksal seines Unternehmens wohl aufs engste verknüpft ist, in dieser Lage - liegen keine besonderen Umstände vor - kein Sorgfaltsverstoß zur Last gelegt werden könnte, wenn er die günstige Beurteilung der Vermögenslage durch seine über alle Einzelheiten informierte Hausbank im Vertrauen auf deren Richtigkeit teilt. Solche besonderen Umstände, die das Mißtrauen des Beklagten dessenungeachtet herausforderten, hat die klagende Partei selbst in der Revision nicht behauptet.

Im übrigen könnte die klagende Partei - und darin liegt wohl das wesentliche des hier zu beurteilenden Sachverhalts - den Beklagten aus einer solchen Fehlbeurteilung allein schon deshalb nicht auf Schadenersatz in Anspruch nehmen, war es doch gerade sie, die den Konkurs der Gesellschaft mit aller Macht vermeiden wollte. Ihrem Verlangen, den Beklagten für die Unterlassung eines Verhaltens verantwortlich zu machen, wovon sie selbst ihm abgeraten bzw. ja ihn geradezu abgehalten hat, zu entsprechen, verstieße wohl gegen Treu und Glauben.

Die Verpflichtung des Beklagten, die Eröffnung des Konkurses über das Gesellschaftsvermögen zu beantragen, und dessen schuldhaften Verstoß gegen diese Verpflichtung nahmen die Vorinstanzen zu Recht erst mit Ende September 1988 als gegeben an, als ein anderer gleichfalls einzelvertretungsbefugter Geschäftsführer ohne Rücksprache mit ihm die Bestandrechte an den Obergeschoßen aufgegeben hatte. In diesem Umfang mag dem Beklagten zwar die Übertretung von Schutzgesetzen (§ 159 Abs. 1 Z 2 StGB bzw. § 67 Abs. 2 KO) zur Last fallen, doch kommt ihm soweit der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens zugute. Es ist erwiesen, daß sich seit diesem Zeitpunkt die Möglichkeit der Gesellschaft, ihre Gläubiger zu befriedigen, nicht mehr verschlechtert hat. Die Forderungen der klagenden Partei gegen die Gesellschaft sind nur mehr durch die laufenden Kreditkosten (Zinsen und Provisionen) angewachsen. Der klagenden Partei wäre der Schaden daher in gleicher Weise entstanden, selbst wenn der Beklagte zu diesem Zeitpunkt, wie geboten, die Konkurseröffnung beantragt hätte; die Forderung wäre bereits damals mangels Masse ungedeckt geblieben, so wie das auch später der Fall war.

Unbestreitbar ist der Beklagte auch der dem Geschäftsführer gemäß § 22 Abs. 1 und 2 GmbHG auferlegten Verpflichtung, für die Führung der erforderlichen Geschäftsbücher bzw. die rechtzeitige Erstellung der Jahresabschlüsse zu sorgen, nicht nachgekommen. Fraglich könnte es sein, ob diese Bestimmungen nicht nur Schutzgesetze zugunsten der Gesellschaft, sondern auch der Gesellschaftsgläubiger sind. Nach herrschender deutscher Auffassung (Goerdeker in Hachenburg, GmbHG7 § 41 Rz 11 mwN; Schulz, GmbHG8 § 41 Rz 8 mwN in FS 16; Baumbach-Hueck, GmbHG15 § 41 Rz 3) können Dritte Schadenersatzansprüche auf Verletzung des dem § 22 GmbHG vorbildlichen § 41 dGmbHG nicht stützen, weil es sich bei dieser Vorschrift um kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handle; anders ist die Auffassung in Österreich (vgl. nur Strasser in Schiemer-Jabornegg-Strasser, Aktiengesetz3 §§ 77 bis 84 Rz 18); jedenfalls aber ist die Vernachlässigung der Buchführungspflicht dem Geschäftsführer als zumindest fahrlässige Pflichtenverletzung zur Last zu legen, sodaß er sich dann auf die dadurch bedingte Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung nicht berufen kann (RdW 1984, 42 = NZ 1986, 17). Wenn auch der Beklagte seiner Buchführungspflicht unzweifelhaft erst ab September 1988 nachkam, wäre sein Wissensstand betreffend die Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit auch vorher um nichts größer gewesen. Im übrigen hat der Vertreter des Beklagten der klagenden Partei ohnehin die Konkurseröffnung vorgeschlagen, zu der es damals nur infolge der günstigen Fortbestandsprognose des Sachbearbeiters der klagenden Partei nicht kam. Die später gebotene Antragstellung war nicht deshalb unterblieben, weil nicht die erforderlichen Geschäftsbücher geführt wurden, steht doch fest, daß in der Gesellschaft ab 1.9.1988 eine Buchhaltung eingerichtet war; diese Unterlassung hat aber den damals bereits eingetretenen Schaden und dessen Höhe nicht mehr beeinflußt. Im übrigen haben auch in diesem Zusammenhang die Erwägungen über die mangelnde Schutzwürdigkeit der klagenden Partei volle Gültigkeit.

Die Vorinstanzen haben daher zu Recht die Schadenersatzverpflichtung des Beklagten aus dem Grunde der Verletzung von Schutzgesetzen abgelehnt.

Schließlich bekämpft die klagende Partei auch noch die Auffassung des Gerichtes zweiter Instanz, die fernmündliche Zusicherung des Beklagten, daß er die „persönliche Haftung“ für von ihm erbetene Überweisungen zugunsten der Gesellschaft im Gesamtbetrag von S 100.000,-- übernehme, sei als Bürgschaft zu beurteilen und deshalb gemäß § 1346 Abs. 2 ABGB formungültig; es handle sich vielmehr angesichts des eigenwirtschaftlichen Interesses des Beklagten an der Gesellschaft um einen Schuldbeitritt, der formwirksam auch mündlich erklärt werden könne. Die Vorinstanzen haben dabei ebenso wie die Parteien die denkbare Möglichkeit, die Haftungserklärung des Beklagten als nicht akzessorisches Garantieversprechen zu deuten, gänzlich außer Betracht gelassen:

Der Erklärung des Beklagten lag nicht nur die ihm bekannte Weigerung der klagenden Partei zugrunde, der Gesellschaft weiterhin Kredit zur Verfügung zu stellen, es sei denn, der Beklagte, dessen persönliche Bonität sie goutierte, gebe entsprechende Haftungserklärungen ab, sondern kann diese Zusicherung auch nur im Zusammenhang mit dessen späterer schriftlicher Haftungserklärung vom 5.2.1988 verstanden werden, die unzweifelhaft alle Merkmale des nicht akzessorischen Garantieversprechens aufweist.

Der erkennende Senat hat bereits in ÖBA 1991, 822 = EvBl. 1991/134 ausgesprochen, bleibe die Haftungserklärung ihrem Wortlaut nach unklar, sei bei deren Auslegung auf die konkreten Umstände, insbesondere auf den Geschäftszweck und die Interessenlage Bedacht zu nehmen. Wie das später die schriftliche Haftungserklärung des Beklagten unzweideutig zum Ausdruck brachte, kam es der klagenden Bank darauf an, sich gegen allfällige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis zu sichern und ihre Rechtsstellung im Vergleich zu einer Haftung des Beklagten als bloßer Bürge zu verstärken, wogegen der Beklagte nur für den Fall einstehen wollte, daß die Gesellschaft nicht imstande sein werde, die zur Verfügung gestellten Kredite aus der Verwertung der Mietlokale aus eigenem abzutragen. Die fernmündliche Haftungserklärung des Beklagten ist deshalb bei Würdigung aller Begleitumstände als selbständiges Garantieversprechen zu beurteilen, auch wenn auf Einwendungen aus dem Grundgeschäft nicht ausdrücklich verzichtet wurde.

Da die Formvorschriften für die Bürgschaft analog auch für den Garantievertrag gelten (JBl. 1993, 246 = EvBl. 1993/31 = ÖBA 1993, 146 = RdW 1991, 6 = ecolex 1993, 17), hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht der fernmündlichen Haftungserklärung des Beklagten die Formwirksamkeit abgesprochen.

Die klagende Partei führt zwar auch noch ins Treffen, der Gesellschafter-Geschäftsführer sei einem Kaufmann im Sinne des § 350 HGB gleichzuhalten, sodaß er auch für mündliche Haftungserklärungen einzustehen habe, sie übersieht dabei jedoch, daß die an den Kaufmannsbegriff geknüpften Rechtsfolgen untrennbar mit dem Betrieb eines Handelsgewerbes verknüpft sind (§§ 1 bis 3 HGB); sie geht selbst davon aus, daß der Beklagte die Haftungserklärung als Geschäftsführer der Gesellschaft und nicht etwa im Betrieb eines von ihm geführten Handelsgewerbes abgegeben hat (§ 350 HGB; vgl HS 12030; GesRZ 1973, 81; Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht3 II 370).

Der Revision ist deshalb insgesamt ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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