OGH 1Ob608/87

OGH1Ob608/8723.9.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Emil O***, Holzhändler, Gödersdorf 28, vertreten durch Dr. Kuno Ther und Dr. Reinhard Köffler, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei Lieselotte F***, Hausfrau, Ferlach, Unterferlach 28, vertreten durch Dr. Kurt Burger-Scheidlin, Dr. Hanno Burger-Scheidlin, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 712.642,-- samt Anhang infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 3.Februar 1987, GZ 7 R 208/86-14, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 15.September 1986, GZ 19 Cg 209/85-9, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Einziger Komplementär der Firma Gottfried O***

Gesellschaft mbH & Co KG (im folgenden: KG) war die Firma Gottfried O*** Gesellschaft mbH (im folgenden GesmbH). Die Beklagte war neben ihrer Schwester Gertrud O*** vom 6.4.1978 bis 12.10.1984 alleinvertretungsbefugte Geschäftsführerin der GesmbH. Intern oblag der Beklagten im Bereich des Teilbetriebes Zimmerei die Planung, die Kalkulation, die Übernahme der Aufträge, die Durchführung der Arbeiten und deren Fakturierung. In allen anderen Bereichen des Unternehmens war ausschließlich Gertrud O*** geschäftsführungsbefugt. Der Beklagten war die jeweilige Unternehmenssituation im großen und ganzen bekannt. Während im Jahre 1981 einem Vermögen des Unternehmens von S 8,824.000 Verbindlichkeiten von S 9,602.000 gegenüberstanden, verschlechterte sich die Situation im Jahre 1982 dahin, daß bei einem Anlage- und Umlaufvermögen von S 7,581.000 Verbindlichkeiten von S 12,618.000 gegeben waren. Im Jahre 1983 betrug das Anlage- und Umlaufvermögen schließlich S 10,361.000, die Verbindlichkeiten aber S 21,299.000. Gegen die Kommanditgesellschaft waren in den Jahren 1983 und 1984 jeweils 27 Exekutionsverfahren anhängig. In denselben Jahren stellte die Kärntner Gebietskrankenkasse je zwei Konkursanträge. Von den Exekutionsverfahren und den Konkursanträgen hatte die Beklagte Kenntnis. In diesen Jahren versuchte die Kommanditgesellschaft, offene Forderungen gegen italienische Schuldner hereinzubringen. Dies gelang aber nur in geringem Umfang. Ende Juni 1984 suchte Gertrud O*** den Kläger zwecks Ankaufes von Schnittholz auf. Sie verschwieg die schlechte finanzielle Situation der Kommanditgesellschaft, so daß der Kläger am 4.7., 12.7., 30.7. und 1.8. an die Kommanditgesellschaft Schnittholz im Fakturenwert von S 712.642 verkaufte. Von der Kommanditgesellschaft in der Höhe der Rechnungsbeträge an den Kläger übergebene Schecks wurden mangels Deckung nicht eingelöst. Das vom Kläger bezogene Holz lieferte die Kommanditgesellschaft an italienische Kunden, die Rechnungsbeträge wurden später in die Konkursmasse bezahlt. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 19.10.1984, 5 Sa 20/84, wurde über das Vermögen der Kommanditgesellschaft das Ausgleichsverfahren und mit Beschluß vom 8.3.1985, 5 S 39/85, der Anschlußkonkurs eröffnet. Nach dem Vermögensstatus im Ausgleichsverfahren standen Aktiven von S 7,200.876,33 Passiven von S 14,084.606,46 gegenüber. Die Verluste der Kommanditgesellschaft hatten im Jahr 1981 S 412.000, 1982 S 1,473.000 und 1983 S 2,512.000 betragen. Die Ursachen der Insolvenz lagen in der Unerfahrenheit und wenig umsichtigen Geschäftsführung Gertrud O*** in der geringen Eigenkapitalausstattung, im Konkurrenzdruck, in der großen Kostenbelastung und in den hohen Forderungsausfällen. Der Konkurs wurde nach Verteilung des Massevermögens mit Beschluß vom 25.3.1986 aufgehoben. Die Konkursgläubiger und damit auch der Kläger gingen leer aus.

Der Kläger begehrt den Zuspruch des Betrages von S 712.642,-- samt Anhang. Die Kommanditgesellschaft sei schon vor dem 4.7.1984, nämlich seit Anfang 1983 zahlungsunfähig und seit 1981 überschuldet gewesen. Die Beklagte habe als Geschäftsführerin der GesmbH in Kenntnis oder in fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Kommanditgesellschaft das Ausgleichsverfahren nicht rechtzeitig beantragt. Bei pflichtgemäßer Antragstellung wäre es nicht zum Abschluß der Kaufverträge gekommen. Der Kläger habe durch den Abschluß der Verträge und die Lieferung des Schnittholzes einen Schaden im Ausmaß der Kaufpreisforderungen erlitten. Der Kläger sei auf Grund der ungünstigen wirtschaftlichen Lage der Sägeindustrie im Jahre 1984 gezwungen gewesen, die Verkäufe ohne Gewinn durchzuführen. Die Fakturenbeträge entsprächen daher auch dem negativen Interesse.

Die Beklagte wendete, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, ein, erst im Frühjahr 1984 habe ihr ihre Schwester Gertrud O*** mitgeteilt, daß es bei der Eintreibung von Forderungen in der Höhe von 6 Mill. S in Italien Schwierigkeiten gebe. Der Kläger habe selbst Erfahrungen im Italiengeschäft und wisse, wie schwierig die Beurteilung ist, ob eine Forderung uneinbringlich sei. Sie sei ihren Kontroll- und Überwachungspflichten nachgekommen. Die Kommanditgesellschaft sei nicht schon bei Beginn der Geschäftsverbindung mit dem Kläger zahlungsunfähig gewesen. Der Höhe nach wäre die Forderung des Klägers nur in der Höhe der Differenz zwischen der tatsächlich erzielten Konkursquote und dem Betrag berechtigt, den der Kläger bei allfälliger pflichtgemäßer Antragstellung erhalten hätte (Quotenschaden).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Überwachungspflicht des ressortmäßig nicht zuständigen Geschäftsführers dürfe nicht überspannt werden. Es genüge, wenn dieser Geschäftsführer Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen ergreife, sobald hiefür Anlaß bestehe, wenn also der Verdacht von Pflichtverletzungen auftauche. Eine Ressortverteilung gründe auf gegenseitiges Vertrauen; es genüge demnach, wenn der ressortmäßig nicht zuständige Geschäftsführer sich im Rahmen von Besprechungen über Tätigkeiten und Vorkommnisse im anderen Geschäftsbereich Gewißheit verschaffe. Erst wenn der Verdacht bestehe, daß Mißstände vorlägen, müsse der ressortmäßig nicht zuständige Geschäftsführer selbst die Initiative ergreifen. Die Beklagte habe nur geringen Einblick in die Geschäftstätigkeit ihrer Schwester Gertrud O*** gehabt. Diese habe der Beklagten erst im Frühjahr 1984 mitgeteilt, daß Forderungen im Betrag von mehreren Millionen Schilling aus dem Holzexportgeschäft fraglich würden. Im August 1984 habe Gertrud O*** die Beklagte erstmals von der Möglichkeit eines Konkurs- oder Ausgleichsverfahrens in Kenntnis gesetzt. Erst Ende September 1984 sei festgestanden, daß eine Forderung in der Höhe von rund 1,600.000 S uneinbringlich sei. Bei dieser Sachlage sei der Beklagten der Beweis gelungen, daß sie gegen die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Geschäftsführers nicht verstoßen habe. Ihr sei bis Sommer 1984 zwar eine kritische Situation des Unternehmens bewußt gewesen, nicht aber dessen Konkursreife. Auf Grund der ihr von Gertrud O*** erteilten Information habe die Beklagte im Sommer 1984 noch mit der Einbringung eines Teiles der offenen Kundenforderungen in Italien rechnen können.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge. Es hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Der Gläubiger, der im Vermögen der insolventen GesmbH keine oder keine zureichende Deckung gefunden habe, könne Geschäftsführer der Gesellschaft nach allgemeinen Schadenersatzgrundsätzen auf Ersatz des Schadens in Anspruch nehmen, der ihm durch schuldhafte Verletzung eines auch zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger erlassenen Gesetzes zugefügt worden sei. Als ein solches Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB seien § 159 Abs 1 Z 2 StGB und § 85 GmbHG angesehen worden. Diese Bestimmungen schützten jene neuen Gläubiger, die darauf vertraut hätten, daß den Regeln des Strafrechtes und des Rechtes der GesmbH entsprechend gegebenenfalls unverzüglich der Konkurs angemeldet werde. Ab 1.1.1983 sei nunmehr die Verpflichtung zur Insolvenzantragstellung und der Personenkreis der Verpflichteten im § 69 Abs 2 und 3 KO in Verbindung mit § 67 Abs 1 KO geregelt. Im Gegensatz zum auf juristische Personen beschränkten und somit überschuldete Personengesellschaften unerfaßt lassenden Wortlaut der alten Fassung des § 69 Abs 1 KO seien ab 1.1.1983 die organschaftlichen Vertreter einer GesmbH & Co KG auch im Falle der Überschuldung zur Insolvenzantragstellung verpflichtet; diese Verpflichtung träfe die Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft. Es stehe fest, daß die Kommanditgesellschaft seit 1981 ununterbrochen überschuldet gewesen sei. Überschuldung läge vor, wenn das Aktivvermögen unter Berücksichtigung etwaiger stiller Reserven nicht mehr die echten Verbindlichkeiten decke. Die Überschuldung habe 1981 S 290.000, 1982 S 2,995.000 und 1983 S 4.971.000 betragen. Schon seit 1.1.1983 wäre daher ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses oder des Ausgleichsverfahrens zu stellen gewesen. Der Beklagten sei die jeweilige Firmensituation im großen und ganzen bekannt gewesen. Wenn sie auch keine Detailkenntnis besessen habe, habe sie doch um die seit 1979 prekäre Liquiditäts- und Vermögensentwicklung der Kommanditgesellschaft grundsätzlich Bescheid gewußt. Ein allfälliger Mangel dieser Kenntnis wäre auf Fahrlässigkeit zurückzuführen, weil die Beklagte jedenfalls so weit informiert gewesen sei, daß sie Verdacht habe schöpfen müssen und verpflichtet gewesen wäre, bei Gertrud O*** auf volle Aufklärung zu drängen. Die Beklagte sei, ohne daß damit ihre Geschäftsführerhaftung überspannt würde, bei ihrem Wissensstand im Rahmen der auch durch eine zulässige Geschäftsverteilung niemals zu beseitigenden, jeden einzelnen Geschäftsführer treffenden gesetzlichen Pflichten verhalten gewesen, auf volle Aufklärung zu dringen. Durch die Geschäftsverteilung werde ein Geschäftsführer nur dann exculpiert, wenn er sich nach den Umständen des Einzelfalles auf die ordnungsgemäße Geschäftsgebarung des zuständigen Geschäftsführers habe verlassen dürfen und die wahre Lage nicht gekannt habe. Die Beklagte habe der sie als Geschäftsführerin treffenden Überwachungspflicht, an die nach der Rechtsprechung besonders strenge Anforderungen zu stellen seien, nicht entsprochen, insbesondere habe sie den ihr gemäß § 1311 ABGB obliegenden Beweis, daß sie die nötige Sorgfalt beobachtet habe und der Schaden auch ohne Verletzung des Schutzgesetzes eingetreten wäre, nicht erbracht. Ihre Haftung für den Schaden des Klägers sei daher grundsätzlich zu bejahen. Die Frage, inwieweit dem Neugläubiger, der im Konkurs ganz oder teilweise leer ausgegangen sei, Schadenersatz gebühre, werde divergierend beantwortet. Das Berufungsgericht schließe sich der Meinung an, daß der Neugläubiger so zu stellen sei, wie wenn er mit der insolventen Gesellschaft nicht kontrahiert hätte, so daß ihm der Ersatz des Vertrauensschadens, also des sogenannten negativen Vertragsinteresses, gebühre. Demnach habe der Kläger neben allfälligen Kosten des frustrierten Vertragsabschlusses jedenfalls Anspruch auf Ersatz des gemeinen Wertes der gelieferten Ware im Zeitpunkt der jeweiligen Lieferung, nicht aber auf Zahlung des Ausfalles in der Höhe des vereinbarten Kaufpreises. Der Kläger könnte nur dann voll durchdringen, wenn er den Nachweis anderweitiger Absatzmöglichkeit zu denselben Bedingungen erbringe oder wenn der gemeine Wert der gelieferten Ware den Betrag des Kaufpreises erreichen sollte. Hiezu mangle es an einem Prozeßvorbringen, so daß Erörterungs- und Feststellungsmängel vorlägen, die zur Aufhebung des Urteiles des Erstgerichtes führten.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist dem Ergebnis nach nicht berechtigt. Liegen die Voraussetzungen für die Konkurseröffnung vor, ist diese gemäß § 69 Abs 2 KO idF des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber 60 Tage nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, zu beantragen. Diese Verpflichtung trifft den persönlich haftenden Gesellschafter einer Handelsgesellschaft und, wenn dieser eine juristische Person ist, deren organschaftliche Vertreter, bei einer Gesellschaft mbH also jeden alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer (§ 69 Abs 3 KO; JBl 1986, 791; GesRZ 1986, 32; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht, 141). Die Bestimmung des § 69 KO (als Nachfolgerin des § 85 GmbHG) ist im Sinn des § 1311 ABGB ein Schutzgesetz zugunsten aller durch die nicht rechtzeitige Konkurseröffnung geschädigten Gläubiger (Reich-Rohrwig aaO; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II2 104 mwN in FN 17). Eine solche Schutzbestimmung ist auch die Vorschrift des § 159 Abs 1 Z 2 StGB (JBl 1986,791; SZ 53/53; Reich-Rohrwig a.a.O. 142; Doralt in GesRZ 1982,92; vgl. SZ 50/150; SZ 45/46; SZ 42/104). Ist der Kridatar eine juristische Person, ist Täter, wer die Tathandlung als leitender Angestellter begeht. Geschäftsführer einer GmbH gelten als leitende Angestellte (§ 161 StGB im Zusammenhalt mit § 309 StGB; Liebscher im Wiener Kommentar, § 161 StGB Rz 9; Leukauf-Steininger § 309 StGB Rz 1; Steininger in Insolvenz- und Wirtschaftsstrafrecht 101). Beide Bestimmungen schützen auch und gerade die sogenannten Neugläubiger, d. s. jene, die erst nach dem Zeitpunkt, ab dem die Antragstellung auf Konkurseröffnung (oder die sorgfältige Betreibung des Ausgleichsverfahrens) schuldhaft unterlassen wurde, mit dem späteren Gemeinschuldner kontrahierten (SZ 53/53; Doralt in JBl 1972, 123; Reich-Rohrwig aaO 144; für § 486 Abs 1 Z 2 StG: SZ 42/104). Zu den durch eine Geschäftsverteilung zwischen mehreren Geschäftsführern einer GesmbH nicht dispensiblen Einzelpflichten eines jeden Geschäftsführers zählt die Pflicht zur rechtzeitigen Anmeldung eines Insolvenzverfahrens (GesRZ 1982,56; SZ 52/116). Diese zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes werden von der Rekurswerberin ebensowenig bekämpft wie dessen Beurteilung, daß die Beklagte, sollte ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 69 KO vorliegen, auch ein Verschulden träfe, war ihr doch die jeweilige Firmensituation im großen und ganzen bekannt und hatte sie von den 1983 und 1984 anhängigen Exekutionsverfahren und Anträgen auf Konkurseröffnung Kenntnis.

Strittig ist die Frage des Umfanges des Schadenersatzanspruches, der nach dem Schutzzweck der Bestimmungen des § 69 KO und des § 159 Abs 1 Z 2 StGB zu beantworten ist. Nach § 67 Abs 1 KO findet die Eröffnung des Konkurses über Handelsgesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, auch bei Überschuldung statt; diese Handelsgesellschaften sind den juristischen Personen und den Verlassenschaften gleichgestellt (JBl 1986, 593; SZ 57/87). Neben der Zahlungsunfähigkeit ist daher bei der Ges.m.b.H. & Co KG, deren Komplementäre ausschließlich juristische Personen sind, Überschuldung Konkurseröffnungsgrund (Reich-Rohrwig a.a.O. 141). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und die überwiegende Lehre in der Bundesrepublik Deutschland vertreten zur ähnlichen Vorschrift des § 64 dGmbHG die Ansicht, daß durch diese Bestimmung nur die Gleichbehandlung der Gläubiger erreicht und geschützt werden soll, so daß auch der Neugläubiger nur auf den sogenannten Quotenschaden beschränkt bleiben soll. Der Bundesgerichtshof führte in seiner grundsätzlichen Entscheidung BGHZ 29, 100, 105 f aus, daß der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 64 Abs 1 dGmbHG das Ziel verfolgte, die alsbaldige Eröffnung des Konkurses für den Fall zu erreichen, daß das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr die Schulden decke. Wenn der Gesetzgeber zu diesem Zweck den Geschäftsführern zur Pflicht mache, den Konkursantrag zu stellen, so bald sich bei der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz die Überschuldung ergebe, so solle damit in erster Linie verhindert werden, daß das zur Befriedigung der Gläubiger erforderliche Gesellschaftsvermögen diesem Zweck entzogen werde. Das Gesellschaftsvermögen solle den Gläubigern erhalten bleiben, damit sie daraus ihre Befriedigung erlangen können und vor übermäßigen Konkurseinbußen bewahrt bleiben. Das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit und die Kreditwürdigkeit eines anderen genieße im Geschäfts- und Wirtschaftsleben keinen besonderen Schutz. Wer sich hier täusche und Schaden erleide, sei, wenn nicht vertragliche Ansprüche in Betracht kämen, in der Regel darauf angewiesen, die Voraussetzungen des § 826 BGB oder des § 823 Abs 2 BGB und des § 263 StGB darzutun. Dafür, daß für den geschäftlichen Verkehr mit einer GmbH etwas anderes gelten und ihren Geschäftspartnern ein weitergehender Schutz gewährt werden solle, sei dem Gesetz nichts zu entnehmen. Es seien keine Anhaltspunkte dafür gegeben, daß der Gesetzgeber mit § 64 Abs 1 dGmbHG über den oben erwähnten Schutzzweck hinaus die Gläubiger einer GmbH auch davor bewahren habe wollen, einer überschuldeten Gesellschaft noch Kredit zu gewähren oder überhaupt mit ihr noch in Geschäftsbeziehungen zu treten. Der Neugläubiger werde daher nicht weiter geschützt als der Altgläubiger, auch er erhalte wie der Altgläubiger nur den Quotenschaden. Diese Rechtsprechung wird von der herrschenden Lehre für richtig gehalten (Meyer-Landrut in Meyer-Landrut/Miller/Niehaus, GmbHG Rz 15 zu § 64; Ulmer in Hachenburg, GmbHG7 Rz 2 und 45 zu § 64; Karsten Schmidt in Scholz GmbHG6 Rz 32 zu § 64; Schulze-Osterloh in Baumbach-Hueck, GmbHG14 Rz 26 zu § 64; Canaris in FS Larenz 1983, 73; Rowedder GmbHG Rz 21 zu § 64; Roth, GmbHG 498), nur wird teilweise auf den Zeitpunkt der Forderungserlangung durch den Neugläubiger abgestellt (Ulmer aaO Rz 50 zu § 64 dGmbHG). Auch aus den Vorschriften der §§ 69 Abs 2 iVm § 67 Abs 1 KO läßt sich ein weitergehender Schutzzweck nicht entnehmen. Stützt der Neugläubiger seine Schadenersatzansprüche gegen die Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft allein darauf, diese hätten ungeachtet bestehender Überschuldung das Insolvenzverfahren schuldhaft verspätet angemeldet, können sie daher wegen Verletzung dieses Schutzgesetzes nicht anders gestellt werden als die Altgläubiger. Der Höhe nach erhalten Neugläubiger in diesem Fall bloß den Schaden, den auch die Altgläubiger durch Quotenverkürzung erlitten haben, ersetzt. Insoweit ist den Ausführungen Honsells in GesRZ 1984, 210 f entgegen der nicht weiter begründeten Ansicht Reich-Rohrwigs a.a.O. 144 zu folgen. Was den Zeitpunkt des Eintrittes der Überschuldung betrifft, ist dem Rekurs einzuräumen, daß bei in Angriff genommener Sanierung die Überschuldungsprüfung durch eine Fortbestehensprognose zu ergänzen ist (1 Ob 655/86 = EvBl 1987/104). Daß solche Sanierungsbemühungen aber unternommen worden wären, wurde weder behauptet noch festgestellt; sie hätten wohl auch wenig Sinn gehabt, lagen die Ursachen der Insovlenz doch gerade in der Unerfahrenheit und wenig umsichtigen Geschäftsführung Gertrud O***.

Anders wäre die Rechtslage, fiele der Beklagten ein Verstoß gegen die keine Parallele in der BRD findende Vorschrift des § 159 Abs 1 Z 2 StGB zur Last. Honsell a.a.O. will zwar auch für diesen Fall durch restrektive Auslegung den Schutzzweck dem der Vorschriften der §§ 69 Abs 2, 67 Abs 1 KO gleichstellen; aus § 159 Abs 1 Z 2 StGB ergibt sich aber ein weitergehender Schutz des Neugläubigers. Nach dieser Bestimmung begeht fahrlässige Krida unter anderem, wer als Schuldner mehrerer Gläubiger (bzw. als leitender Angestellter einer juristischen Person) in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis einer Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder schmälert, insbesondere dadurch, daß er eine neue Schuld eingeht. Der Täter, der unter den gesetzlichen Voraussetzungen neue Schulden eingeht, verstößt durch diese Verhaltensweise stets und notwendig gegen die von der Rechtsordnung zum Schutze der Gläubigerinteressen aufgestellten Sorgfaltsanforderungen (Steininger a.a.O. 108; Burgstaller, Fahrlässigkeitsdelikt 35). Der vom Schutzzweck des § 159 Abs 1 Z 2 StGB gerade besonders erfaßte Neugläubiger (SZ 45/104; SSt 30/68 ua) wird dadurch geschädigt, daß er für seine Leistung keine Gegenleistung erhält. Sein Schaden ist damit höher als jener der Altgläubiger, die nur dadurch geschädigt werden, daß sie wegen verspäteter Anmeldung der Insolvenz eine geringere Quote erhalten als bei rechtzeitiger Anmeldung. Handelt der Schuldner mehrerer Gläubiger allein schon durch das Eingehen einer neuen Schuld trotz Vorliegens der Zahlungsunfähigkeit objektiv sorgfaltswidrig, muß der Neugläubiger auch seinen gesamten kausalen Schaden und nicht nur jenen ersetzt begehren können, den er erlitten hätte, wäre er zum Zeitpunkt des Eintrittes der Zahlungsunfähigkeit (oder gar erst zum Zeitpunkt der Erlangung der Gläubigerstellung) bereits Gläubiger gewesen. Daß dieser Schaden allerdings nicht gleich dem Fakturenwert sein kann, wurde vom Berufungsgericht bereits richtig erkannt. Der Oberste Gerichtshof hat zwar in seiner Entscheidung SZ 42/104 ohne nähere Begründung den Fakturenwert als Schadenersatzbetrag zuerkannt, sprach aber schon in seiner Entscheidung GesRZ 1982, 318 aus, daß sich der Schaden in der Regel nicht mit der Forderung, die der Gläubiger aus dem mit der Gesellschaft abgeschlossenen Rechtsgeschäft dieser gegenüber erhält, deckt. Der Höhe nach ist daher nur der Ersatz des Vertrauensschadens zuzuerkennen, der sich in der Regel durch Abzug der im Fakturenwert enthaltenen Gewinnspanne ergeben wird (Doralt in GesRZ 1982, 90). Anders als die Vorschrift des § 69 KO, nach der im Zusammenhalt mit § 67 Abs 1 KO auch die Überschuldung einer Handelsgesellschaft, bei der persönlich haftender Gesellschafter keine natürliche Person ist, Konkurseröffnungsgrund ist (Reich-Rohrwig a.a.O. 141), pönalisiert die Vorschrift des § 159 Abs 1 Z 2 StGB ausschließlich die Nichtanmeldung des Insolvenzverfahrens bei Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit (Steininger a.a.O. 106, 110; Liebscher a.a.O. Rz 11 zu § 159 StGB; Honsell aaO 140; vgl EvBl 1960/134; SSt 10/92). Der Kläger hat auch Zahlungsunfähigkeit der Kommanditgesellschaft behauptet. Das Erstgericht wird daher in erster Linie Feststellungen zu treffen haben, aus denen beurteilt werden kann, ob vor Abschluß des Geschäftes mit dem Kläger bereits Zahlungsunfähigkeit der Kommanditgesellschaft eingetreten war.

Dem Rekurs ist im Ergebnis der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 50, 52 ZPO.

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