1. Gesetzliche Impfpflicht
Soweit ersichtlich bestehen derzeit in 12 europäischen Staaten gesetzliche Impfpflichten, die aber in ihrem Umfang stark variieren (von einer verpflichtenden Impfung in Belgien bis zu zehn in Italien). Auch in Österreich bestand jahrzehntelang eine gesetzliche Impfpflicht gegen Pocken, die 1948 eingeführt und 1980 wieder aufgehoben wurde.1
Die Vornahme einer Impfung wird als medizinische Behandlung qualifiziert. Ohne freiwillige Zustimmung der betroffenen Person stellt eine Impfung einen Eingriff in das Recht auf Privatleben des Art 8 Abs 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), das auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit beinhaltet, dar. Unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit sind solche Eingriffe aber gerechtfertigt. Voraussetzung ist, dass der Eingriff gesetzlich vorgeschrieben ist und eine Maßnahme darstellt, die zum Schutz der Gesundheit anderer notwendig ist (Art 2 Abs 2 EMRK). Die Verfassung steht einer verhältnismäßig ausgestalteten und differenzierenden gesetzlichen Impfpflicht daher nicht entgegen, wie auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte schon bestätigt hat.2
Dennoch wird es in Österreich - wie in den meisten europäischen Ländern - voraussichtlich keine allgemeine gesetzliche Impfpflicht zur COVID-19-Schutzimpfung geben. Für bestimmte Personenkreise sieht § 17 Abs 3 Epidemiegesetz allerdings die Möglichkeit vor, Schutzmaßnahmen (und damit insbesondere auch Schutzimpfungen) behördlich vorzuschreiben. Dies setzt allerdings einen konkreten Anlassfall voraus und gilt nur für Hebammen und Personen, die sich berufsmäßig mit der Krankenbehandlung, Krankenpflege oder Leichenbesorgung beschäftigen. Auch das Steiermärkische Krankenanstaltengesetz verpflichtet Teile des Personals zum Nachweis eines entsprechenden Impfstatus.3
2. Vom Arbeitgeber einseitig angeordnete Impfpflicht
Der Arbeitgeber hat das Recht, im Rahmen des Dienstvertrags Weisungen zu erteilen und so die Pflichten des Arbeitnehmers einseitig zu gestalten. Das Weisungsrecht gründet im Dienstvertrag und ist auch durch diesen begrenzt. Zudem gewährleistet die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers eine Kontrolle der Ausübung seines Weisungsrechts.
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Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gebietet die Achtung der Grundrechte jedes Arbeitnehmers. Im Zusammenhang mit Impfungen betrifft dies insbesondere das Recht auf Achtung des Privatlebens gemäß Art 8 EMRK, das auch den Schutz der körperlichen Unversehrtheit umfasst, sowie das Persönlichkeitsrecht nach § 16 ABGB. Bei der Frage der COVID-19-Schutzimpfungen kollidieren diese Rechte insofern, als das Recht auf körperliche Unversehrtheit der impfverweigernden Arbeitnehmer nachteilige Auswirkungen auf die Sicherheit des Arbeitsplatzes der übrigen Arbeitnehmer entfaltet. Die Vornahme einer Impfung, die ein medizinischer Eingriff ist, stellt aber zweifelsohne einen erheblichen Eingriff in die körperliche Integrität der Arbeitnehmer dar, der - mangels gesetzlicher Impfpflicht - nicht durch den Arbeitgeber angeordnet werden kann. Arbeitnehmer haben daher das Recht, einer Impfanweisung nicht Folge zu leisten.
3. Impfung als Inhalt des Dienstvertrags
Der Arbeitnehmer hat sich demnach freiwillig für eine Impfung zu entscheiden. Im Rahmen des Dienstvertrags können sich Arbeitnehmer daher verpflichten, eine COVID-19-Schutzimpfung vornehmen zu lassen.
Zu prüfen ist, ob eine solche Vertragsbestimmung im Rahmen der Inhaltskontrolle des Dienstvertrags sittenwidrig und damit unwirksam sein könnte. Sittenwidrigkeit wird für Verträge angenommen, in denen eine Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen ergibt, oder wenn bei Interessenkollisionen ein grobes Missverhältnis zwischen den verletzten und den geförderten Interessen vorliegt.4 Dies wird bei Impfverpflichtungen im Dienstvertrag idR nicht der Fall sein, da sie vorrangig dem Gesundheitsschutz dienen. Impfverpflichtungen, die während aufrechten Dienstverhältnisses vereinbart werden, insbesondere wenn sie durch Änderungskündigungen seitens des Arbeitgebers durchgesetzt werden, könnten im Hinblick auf die Drucktheorie schon eher als sittenwidrig qualifiziert werden. Da aber berücksichtigungswürdige Interessen des Arbeitgebers für eine Impfung vorliegen, ist davon auszugehen, dass es sich um einen grundsätzlich zulässigen Vertragsinhalt eines Dienstvertrags handelt.
4. Kündigung wegen Impfverweigerung
4.1. Generelle Kündigungsfreiheit
Das österreichische Arbeitsrecht basiert auf dem Prinzip der Kündigungsfreiheit, dh Kündigungen des Arbeitgebers sind ohne Angabe von Gründen zulässig. Im Rahmen des gesetzlichen Kündigungsschutzes sieht der Gesetzgeber aber diverse Gründe vor, aus denen Kündigungen anfechtbar sind. Dies hat den Zweck, eine an sich privatautonome Entscheidung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis lösen zu wollen, einer gerichtlichen Sachlichkeitskontrolle zu unterwerfen.5
4.2. Mögliche Kündigungsanfechtungsgründe
4.2.1. Motivkündigung
In Betrieben mit mindestens fünf Arbeitnehmern können Kündigungen aus verpönten Motiven angefachten werden. Im Fall von Impfverweigerung wäre der Motivkündigungstatbestand der Vergeltungskündigung (§ 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG) dann erfüllt, wenn (1) der Arbeitnehmer (nicht offenbar unberechtigte) Ansprüche geltend macht, die (2) vom Arbeitgeber infrage gestellt werden:
(1) Geltendmachung von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer
Ansprüche, deren Durchsetzung der Arbeitnehmer verfolgt, müssen "Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis" sein. Auch wenn die Persönlichkeitsrechte gegenüber jedermann bestehen, handelt es sich aufgrund der gesetzlich statuierten Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (§ 18 AngG bzw § 1157 ABGB) um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Somit kann auch der Anspruch auf Erfüllung der Fürsorgepflicht (Wahrung der körperlichen Integrität) durch den Arbeitgeber ein relevanter Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis sein.6 Der Motivkündigungsschutz setzt nämlich nicht voraus, dass der Anspruch synallagmatisch aus der Zurverfügungstellung der Arbeitskraft erwächst. Vielmehr reicht es aus, dass die Rechtsgrundlage des Anspruchs mit dem Arbeitsverhältnis in einem engen sachlichen Zusammenhang steht.7
So bejahte die Rechtsprechung etwa das Vorliegen einer unzulässigen Motivkündigung, wenn die Kündigung aufgrund der Weigerung des Arbeitnehmers, einem rechtswidrigen Auskunftsbegehren seines Vorgesetzten über seine genaue Krankheitsdiagnose und den zu erwartenden Behandlungsverlauf zu entsprechen, erfolgte (vgl OLG Wien 29. 8. 2018, 8 Ra 30/18t, ARD 6627/6/2018). Ebenso würde die Weigerung des Arbeitnehmers, eine unzulässige Impfanordnung zu befolgen, den Tatbestand erfüllen.
(2) Infragestellen des Anspruchs durch den Arbeitgeber
Voraussetzung für eine Motivkündigung ist aber zudem, dass der Arbeitgeber den zugrunde liegenden Anspruch des Arbeitnehmers, also eine Impfanordnung nicht befolgen zu müssen, infrage stellt. Ein ausdrückliches Bestreiten des Arbeitgebers ist nicht erforderlich, es genügt, wenn er auf ein entsprechendes Vorbringen des Arbeitnehmers nicht reagiert oder die Berechtigung in Zweifel gezogen wird (vgl OGH 8. 7. 1993, 9 ObA 114/93, ARD 4503/18/93).
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Akzeptiert der Arbeitgeber, dass ihm kein Weisungsrecht zusteht, sind die Voraussetzungen für eine unzulässige Motivkündigung nicht erfüllt.
4.2.2. Änderungskündigung
Die beschriebene unzulässige Motivkündigung wegen der Geltendmachung von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer ist von einer zulässigen Änderungskündigung zu unterscheiden: Anerkennt der Arbeitgeber, dass er keine Befugnis zur einseitigen Durchsetzung einer Impfung hat und strebt daher eine (künftige) Änderung des Dienstvertrags in diesem Punkt an, handelt es sich um eine Änderungskündigung.8 Diese ist nicht motivwidrig, denn sie erfolgt nicht wegen der Geltendmachung von Ansprüchen, sondern wegen der Ablehnung der angebotenen Dienstvertragsänderung. Diese Vorgangsweise des Arbeitgebers wird in ständiger Rechtsprechung als zulässig anerkannt (vgl OGH 17. 12. 2013, 8 ObA 37/13v, ARD 6386/11/2014). Es steht dem Arbeitgeber frei, eine ordentliche Kündigung auszusprechen, und diese - abgesehen von Fällen möglicher Sozialwidrigkeit - nicht zu begründen.
Die Abgrenzung zwischen unzulässiger Motivkündigung und zulässiger Änderungskündigung ist also beim Änderungsangebot (für die Zukunft) zu ziehen. Wenn das Verhalten des Arbeitgebers so zu verstehen ist, dass er einseitig eine Impfung des Arbeitnehmers durchsetzen will, liegt eine Motivkündigung vor. Ist das Verhalten hingegen als (zumindest konkludentes) Angebot zur Änderung des Dienstvertrags dahin gehend zu verstehen, dass der Arbeitnehmer sich künftig zur Impfung verpflichtet, liegt eine - grundsätzlich zulässige - Änderungskündigung vor.
4.2.3. Sozialwidrigkeit
Der Arbeitgeber kann sich daher (mit oder ohne vorheriges Änderungsangebot) entschließen, das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Impfverweigerung aufzulösen. Ist der Arbeitnehmer seit sechs Monaten im Betrieb beschäftigt und hat der Betrieb insgesamt mindestens fünf Arbeitnehmer, kann der Arbeitnehmer die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit anfechten (§ 105 Abs 3 Z 2 ArbVG):
Hier hat der Arbeitnehmer zunächst den Nachweis zu erbringen, dass es durch die Kündigung zu einer wesentlichen Interessenbeeinträchtigung kommt. Dies wird Arbeitnehmern bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage - vor allem bei Vorliegen weiterer Faktoren wie fortgeschrittenem Alter, langer Betriebszugehörigkeit oder Branchen mit geringen Arbeitsplatzchancen - in vielen Fällen gelingen.
In einem zweiten Schritt hat der Arbeitgeber seine Kündigungsgründe zu bezeichnen, die das Gericht in der Folge mit der Interessenbeeinträchtigung des Arbeitnehmers abwägt. Arbeitgeber können die negativen Auswirkungen der Impfverweigerung auf ihren Betrieb als "subjektiv betriebsbedingten Grund" für die Kündigung anführen. Hier hat der Arbeitgeber zu beweisen, dass die Impfverweigerung des Arbeitnehmers die betrieblichen Interessen nachteilig berührt. Es kommen verschiedene negative Auswirkungen in Betracht: Die Impfung dient dem Schutz der Gesundheit anderer sowie dem Eigenschutz (und damit zu einem gewissen Grad auch der Erhaltung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers). Ungeimpfte Arbeitnehmer riskieren durch ihre Entscheidung daher die Verbreitung des Virus an der Betriebsstätte des Arbeitgebers sowie die Beschränkung ihrer Leistungs- und Einsatzfähigkeit. Dadurch verursachen sie Mehrkosten und Organisationsaufwand, die für die Abfederung des Risikos durch Testungen und Schutzmaßnahmen entstehen. Wenn Homeoffice oder örtliche Abgrenzung keine Alternative sind, sind unter Umständen örtliche Versetzungen notwendig, um die Arbeitnehmer weiterhin sinnvoll einsetzen zu können. Vor allem in "körpernahen Dienstleistungen", bei reisenden Arbeitnehmern und generell bei Tätigkeiten mit Kundenkontakt oder starkem Außenauftritt werden ungeimpfte Arbeitnehmer aber überhaupt nur durch regelmäßige Testungen ohne Wettbewerbsnachteile weiter eingesetzt werden können.
All dies sind Auswirkungen, die den betrieblichen Alltag belasten. Ob diese von den Gerichten im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung als "überwiegend" eingestuft werden, kann aber nicht pauschal zugunsten des Arbeitgebers beantwortet werden, dies bleibt eine Einzelfallentscheidung. Solange wissenschaftlich nicht feststeht, dass Schutzimpfungen auch zur sterilen Immunität, also zum Schutz vor Weitergabe der Infektion an Dritte führen, ist unsicher, ob die Impfung als Maßnahme zur Erreichung des Gesundheitsschutzes Dritter geeignet und notwendig ist oder ob dieses Ziel etwa durch Testungen in zumindest gleichem Ausmaß erreichbar ist. Ein gewisser Organisationsaufwand und Mehrkosten werden vom Arbeitgeber in diesem Zusammenhang durchaus gefordert werden können. Gerichte werden im Rahmen der Gesamtabwägung nämlich auch die Intensität des Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte berücksichtigen, die bei einer Impfung nicht mit dem Tragen von Schutzhelmen oder anderen gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zum Eigenschutz vergleichbar ist.
Bei Kündigung älterer und langjährig beschäftigter Arbeitnehmer geht die Rechtsprechung zudem auch bei subjektiv betriebsbedingten Kündigungsgründen vermehrt von einer sozialen Gestaltungspflicht des Arbeitgebers aus (vgl OLG Wien 25. 3. 2014, 8 Ra 10/14w, ARD 6399/10/2014). Dies betraf bislang aber - soweit ersichtlich - stets Fälle von (unverschuldeten) Kündigungsgründen, wie etwa der verminderten Einsatzfähigkeit und erhöhter Krankenstände aufgrund des Alters. Wenn die soziale Gestaltungspflicht auch in ("selbstverschuldeten") Impfverweigerungsfällen zur Anwendung gelangen würde, müsste bei älteren Arbeitnehmern mit langer Dienstzugehörigkeit vor Ausspruch der Kündigung sogar geprüft werden, ob sie mit zumutbarer Umschulungszeit auf einem anderen (freien) Arbeitsplatz beim Arbeitgeber weiterbeschäftigt werden können.
Zusammengefasst wird die Berufung auf die allgemeine Sinnhaftigkeit der Impfung, auf Wettbewerbsvorteile oder Vereinfachung des betrieblichen Alltags nicht ausreichen, um über-
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wiegende Kündigungsgründe darzustellen. Arbeitgeber haben vielmehr konkrete Nachteile im Einzelfall nachzuweisen und Alternativen zu berücksichtigen. Gerichte werden bei ihrer Entscheidung die Umstände des betroffenen Arbeitnehmers (Alter, Arbeitsmarktchancen, Dienstzugehörigkeit) berücksichtigen. Vor allem in Fällen, in denen es zu starken Einschränkungen der konkret geschuldeten dienstvertraglichen Tätigkeit durch die Impfverweigerung kommt (wie bei vermehrter Reisetätigkeit, körpernahen Dienstleistungen, im Gesundheitsbereich und bei regelmäßigem Kontakt mit Risikogruppen), wird der Nachweis eines überwiegenden Kündigungsgrunds auf Seite des Arbeitgebers aber möglich und die Kündigung daher zulässig sein.
4.2.4. Diskriminierende Kündigung aufgrund der Religion oder Weltanschauung
Denkbar ist schließlich auch die Möglichkeit einer Kündigungsanfechtung wegen Diskriminierung aufgrund der Religion oder Weltanschauung (§ 17 Abs 1 Z 7 GlBG). Im Rahmen der geschützten Religions- und Weltanschauungsfreiheit wird das Recht, eine Religion oder Weltanschauung zu haben, sowie das Recht, diese auszuüben, geschützt.
Impfablehnung allein erfüllt den Religionsbegriff nicht, aber es bestehen Glaubensgemeinschaften, die in ihren Lehren Impfungen oder deren Inhaltsstoffe ablehnen. Daher könnte die Impfablehnung in diesen Fällen als Gebrauch oder Ritus qualifiziert werden und so unter den Diskriminierungsschutz fallen.
Auch Weltanschauungen und deren Ausübung genießen denselben Schutz wie Religionen. Eine Weltanschauung liegt vor, wenn die Überzeugungen den Kriterien der Stichhaltigkeit, Ernsthaftigkeit und der Anforderung einer zusammenhängenden Sichtweise auf grundlegende Fragen gerecht werden. Eine geschützte Weltanschauung könnte etwa vorliegen, wenn eine Person jeglichen Eingriff in ihren Körper und im Zuge dessen auch Impfungen ablehnt und ihr gesamtes Leben danach ausrichtet.9
Dieser Diskriminierungstatbestand wird wohl nur in seltenen Ausnahmefällen erfüllt sein, da die Verweigerung einer Impfung aus verschiedensten Gründen erfolgen kann und hier meist keine ausreichend umfassende Leitauffassung des Lebens und der Welt als einem Sinnganzen oder Religion zugrunde liegt. Im Regelfall wird es sich doch nur um eine punktuelle Überzeugung oder Skepsis handeln, die nicht dem Diskriminierungsverbot der Gleichbehandlungsgesetze unterliegt. Selbst wenn der Diskriminierungstatbestand aber vereinzelt erfüllt sein sollte, könnte eine solche "mittelbare Diskriminierung" sachlich gerechtfertigt werden, wenn ein rechtmäßiges Ziel vorliegt und die Mittel zur Zielerreichung angemessen und erforderlich sind.
5. Entlassung wegen Dienstunfähigkeit
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass eine Impfverweigerung und auch Fälle der Unmöglichkeit einer COVID-19-Schutzimpfung in Ausnahmefällen sogar einen Entlassungstatbestand bilden können, nämlich dann, wenn die Impfung ein unbedingtes Erfordernis für die Erbringung der Dienstleistung ist und der Arbeitnehmer mangels Impfung zur Erbringung seiner Dienstleistung gänzlich unfähig wird, weil andere Schutzmaßnahmen oder eine Versetzung konkret nicht möglich sind.
6. Fazit
Arbeitgeber können Impfungen nicht einseitig anordnen. Vergeltungskündigungen gegen Arbeitnehmer, die sich gegen eine solche Anordnung zur Wehr setzen, sind motivwidrig und daher anfechtbar. Akzeptiert der Arbeitgeber das Recht der Arbeitnehmer auf Impfverweigerung, sind (Änderungs-)Kündigungen aufgrund der Impfverweigerung aber grundsätzlich möglich. Im Rahmen einer Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit werden die Kündigungsgründe des Arbeitgebers einer Prüfung und Abwägung im konkreten Fall unterzogen, deren Maßstab aufgrund des starken Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte durch die Schutzimpfung relativ hoch ist.
Aufgrund der dargestellten Anfechtungsmöglichkeiten empfiehlt es sich, als Arbeitgeber - wie der Gesetzgeber - so weit wie möglich auf die Freiwilligkeit der Arbeitnehmer zu setzen und positive Anreize zur Steigerung der Impfbereitschaft zu schaffen.