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5 WERBUNGSKOSTEN (§ 16 EStG 1988)

BMF2023-0.715.24515.12.2023

5.1 Werbungskosten allgemein (§ 16 Abs. 1 EStG 1988)

5.1.1 Begriff der Werbungskosten

5.1.1.1 Allgemeines

Rz 223
Werbungskosten eines Arbeitnehmers sind Aufwendungen oder Ausgaben, die beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben

  • objektiv im Zusammenhang mit einer nichtselbständigen Tätigkeit stehen und
  • subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen geleistet werden oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen und
  • nicht unter ein steuerliches Abzugsverbot fallen.
  • Siehe auch Beispiel Rz 10223.

Rz 224
Für den Werbungskostencharakter sind grundsätzlich weder ein unbedingtes berufliches Erfordernis zur Tätigung der Aufwendungen oder Ausgaben noch deren Zweckmäßigkeit erforderlich. Die Notwendigkeit einer Aufwendung ist grundsätzlich keine Voraussetzung für die Anerkennung von Werbungskosten, sondern ein Indiz für die berufliche Veranlassung bzw. für das Fehlen einer privaten Veranlassung (VwGH 29.5.1996, 93/13/0013). Auf die Notwendigkeit kommt es daher bei solchen Aufwendungen oder Ausgaben an, die ihrer Art nach die Möglichkeit einer privaten Veranlassung vermuten lassen (VwGH 29.11.1994, 90/14/0231), wobei diesfalls die Notwendigkeit dahingehend zu prüfen ist, ob das Tätigen der Aufwendungen objektiv sinnvoll ist (VwGH 12.4.1994, 91/14/0024).

Rz 225
Eine Bestätigung des Arbeitgebers über die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit von Aufwendungen oder Ausgaben ist daher keine Voraussetzung für deren Abzugsfähigkeit. Sie kann allenfalls ein Indiz für die berufliche Veranlassung darstellen. Umgekehrt erhalten Aufwendungen oder Ausgaben nicht notwendigerweise dadurch Werbungskostencharakter, dass sie im Interesse oder auf Weisung des Arbeitgebers getätigt werden (zB im Zusammenhang mit der Bekleidung).

Rz 225a
Für die Beurteilung von Aufwendungen eines Abgabenpflichtigen als Werbungskosten ist zwischen seiner Tätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses und seiner Tätigkeit im Rahmen einer Vereinigung, die den wirtschaftlichen und beruflichen Interessen von Arbeitnehmern einer bestimmten Fachrichtung (Berufsgruppe) förderlich ist, zu unterscheiden. Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Funktion bei einer solchen Vereinigung führen nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus dem Dienstverhältnis, sind aber, wenn die Funktionsausübung für sich zu Einkünften führt, bei diesen zu berücksichtigen. Erfolgt die Ausübung der Funktion unentgeltlich, stellt diese Betätigung keine Einkunftsquelle dar, sodass die durch die Funktionsausübung bedingten Aufwendungen keine einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden können (VwGH 23.5.2000, 99/14/0301, VwGH 26.7.2000, 2000/14/0084).

Eine berufliche Veranlassung durch das Dienstverhältnis ist bei Reisekosten oder sonstigen Aufwendungen (Ausgaben), die im Zusammenhang mit einer Funktion als Personalvertreter, als Gewerkschafter (VwGH 21.11.1995, 95/14/0070) oder als Betriebsrat (VwGH 20.6.1995, 92/13/0298) stehen, nicht gegeben. Aufwendungen (Ausgaben) eines Richters im Zusammenhang mit seiner Eigenschaft als Funktionär der Richtervereinigung sind ebenfalls nicht beruflich veranlasst (VwGH 17.9.1996, 92/14/0145).

Erhält der Steuerpflichtige vom Arbeitgeber für seine Tätigkeit als Personalvertreter, Betriebsrat, Gewerkschafter oder Funktionär der Richtervereinigung und dgl. lohnsteuerpflichtige Ersätze, so sind Reisekosten oder andere durch diese Funktion veranlasste Ausgaben (Aufwendungen) bis zur Höhe dieser Ersätze als Werbungskosten zu berücksichtigen (siehe hiezu auch EStR 2000 Rz 4034).

Aufwendungen für Sportgeräte und Sportbekleidung sind, sofern sie dem Grunde nach Werbungskosten darstellen (Rz 386), nur im Zusammenhang mit Einnahmen als Berufssportler oder Trainer abzugsfähig, nicht jedoch im Rahmen des Dienstverhältnisses, für das der Sportler ganz oder teilweise freigestellt wird (zB als Polizist).

Erzielt ein Abgabepflichtiger für seine Vorlesungstätigkeit als Dozent keine Einnahmen, stellt diese Betätigung keine Einkunftsquelle dar. Die mit der Vorlesungstätigkeit zusammenhängenden Ausgaben sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die er als Angestellter bezieht, abzugsfähig (VwGH 26.5.2004, 2001/14/0040).

Siehe auch Beispiel Rz 10225a.

Rz 225b
Werden einem Arbeitnehmer Kosten vom Arbeitgeber ersetzt, diese Ersätze jedoch, weil kein Anwendungsfall des § 26 EStG 1988 vorliegt, der Lohnsteuer unterworfen, sind - soweit beruflich veranlasste, grundsätzlich absetzbare Aufwendungen vorliegen - diese als Werbungskosten zu berücksichtigen (VwGH 20.12.2000, 97/13/0111).

5.1.1.2 Verhältnis zu § 20 EStG 1988

Rz 226
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sind die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abzugsfähig. Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen für die Lebensführung nicht abzugsfähig, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt oder sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Daraus ergibt sich (VwGH 27.01.2011, 2010/15/0197):

  1. a) Die Regelungen des § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 erfassen zunächst insbesondere Ernährung, bürgerliche Kleidung, Wohnung und Gegenstände des höchstpersönlichen Bedarfs (Brille, Prothese, usw.). Derartige Aufwendungen sind von vornherein vom Abzug als Werbungskosten ausgeschlossen.
  2. b) Wirtschaftsgüter des Haushaltes des Steuerpflichtigen sind grundsätzlich ebenfalls vom Abzugsverbot erfasst. Dies gilt vor allem dann, wenn mangels klarer Quantifizierbarkeit der einzelnen Anlässe objektiv kein Aufteilungsmaßstab besteht und damit die Überprüfung eines entsprechenden Vorbringens des Steuerpflichtigen entweder unmöglich ist oder nur unter nicht vertretbarem Eingriff in die Privatsphäre des Steuerpflichtigen durchführbar wäre (Aufteilungsverbot). Dieses Aufteilungsverbot gilt nicht, wenn ausnahmsweise eine eindeutige, klar nachvollziehbare Trennung zwischen der privaten und der beruflichen Veranlassung der Anschaffung gegeben und die berufliche Veranlassung nicht bloß völlig untergeordnet ist. Soweit eine derartige objektive und einwandfreie Trennbarkeit nicht möglich ist, kommt eine Berücksichtigung von Werbungskosten nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis für eine (zumindest beinahe) gänzliche berufliche Veranlassung erbringt.
  3. c) Wirtschaftsgüter des Haushaltes und der Lebensführung, wie insbesondere Fernseher, Radio, MP3-Player, Foto(digital)kamera, Filmkamera, übliches Tageszeitungsabonnement, führen somit regelmäßig nicht zu Werbungskosten.
  4. d) Für andere Arten von Wirtschaftsgütern, wie insbesondere KFZ, Computer, Faxgerät und Telefon (Handy), gilt hingegen, dass bei bestimmten Berufsbildern eine berufliche Betätigung ohne Einsatz dieser Wirtschaftsgüter nicht vorstellbar ist. Bei diesen Wirtschaftsgütern ist eine (nicht bloß untergeordnete) anteilige Nutzung zur Einkünfteerzielung typischerweise unzweifelhaft gegeben; die Ausmessung des Nutzungsanteiles kann ggf. geschätzt werden (zB betreffend Computer siehe Rz 339)
  5. e) Für Aufwendungen einer Reise, die sowohl beruflich als auch privat veranlasst ist, siehe Rz 281.

Siehe auch Beispiele Rz 10226.

Rz 227
Sofern nicht das Aufteilungsverbot greift, sind Aufwendungen im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 außerdem einer Angemessenheitsprüfung zu unterziehen (vgl. dazu EStR 2000 Rz 4761 bis Rz 4807).

Rz 228
Bei Aufwendungen für Reisekosten, Arbeitszimmer, Familienheimfahrten und Bewirtungen von Geschäftsfreunden ist der Werbungskostenabzug durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. c, d, e EStG 1988 und § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 eingeschränkt (siehe ABC der Werbungskosten Rz 322 ff).

Rz 229
Soweit Aufwendungen mit nicht steuerpflichtigen (steuerfreien, nicht steuerbaren oder auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens der inländischen Besteuerung entzogenen) Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, können diese nach § 20 Abs. 2 EStG 1988 nicht abgezogen werden.

Hinsichtlich der Werbungskosten zu § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988Rz 65.

5.1.1.3 Vorweggenommene Werbungskosten

Rz 230
Werbungskosten können bereits vor der Erzielung von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit anfallen, wenn Umstände vorliegen, die über die bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen (VwGH 15.1.1981, 1817/79; VwGH 28.5.1986, 85/13/0045) und klar und eindeutig nach außen in Erscheinung treten (VwGH 23.6.1992, 92/14/0037), beispielsweise Aufwendungen durch Vorstellungsreisen oder Aufwendungen zur Arbeitsplatzvermittlung.

Siehe auch Beispiel Rz 10230.

Rz 230a
Erfolgt ein allgemeines Karriereberatungsprogramm nicht in Zusammenhang mit einer bestimmten in Aussicht genommenen Einkunftsquelle und ist die angestrebte Art der zukünftigen Tätigkeit noch ungewiss, liegen nichtabzugsfähige Aufwendungen der Lebenshaltung vor (siehe dazu VwGH 16.12.1999, 97/15/0148, EStR 2000 Rz 4728).

5.1.1.4 Nachträgliche Werbungskosten

Rz 231
Werbungskosten können auch nach Beendigung der nichtselbständigen Tätigkeiten anfallen, wenn ein erkennbarer Zusammenhang mit den erzielten Einnahmen besteht, beispielsweise Schadenersatzleistungen an den ehemaligen Arbeitgeber (vgl. VwGH 10.9.1987, 86/13/0149).

Betreut ein pensionierter Versicherungsvertreter weiterhin seinen ehemaligen Kundenstock, weil die Betreuungstätigkeit durch keine andere Person übernommen wurde, und dient die Betreuungstätigkeit dem Zweck, die Folgeprovisionen durch Aufrechterhaltung der Versicherungsverträge zu sichern, sind die durch die Betreuungstätigkeit veranlassten Aufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen. Werden hingegen die Folgeprovisionen auch dann weiterbezahlt, wenn eine andere Person die Betreuungstätigkeit übernimmt, stellen die Aufwendungen des pensionierten Versicherungsvertreters für die Betreuungstätigkeit keine Werbungskosten dar.

Siehe auch Beispiel Rz 10231.

5.1.1.5 Vergebliche Werbungskosten

Rz 232
Dem Abzug von Ausgaben oder Aufwendungen steht es nicht entgegen, dass es letztlich nicht zum Zufluss von Einnahmen gekommen ist oder dass den getätigten Ausgaben (Aufwendungen) kein Gegenwert gegenübersteht (zB bei Unterliegen des Arbeitnehmers in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren). Voraussetzung ist, dass die vergeblichen Ausgaben (Aufwendungen) in einem klar erkennbaren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Die ernsthafte Absicht zur Einkünfteerzielung muss klar erwiesen sein, eine bloße Absichtserklärung des Steuerpflichtigen reicht nicht aus (VwGH 21.10.1993, 92/15/0060).

5.1.1.6 Rechtsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen

Rz 232a
Siehe EStR 2000 Rz 1127 bis Rz 1180.

5.1.1.7 Aufteilung bei mehreren Einkunftsquellen

Rz 232b
Siehe EStR 2000 Rz 4034.

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