3.7.4.1. Überblick
§ 20 Abs. 5 und 6 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 regeln verschiedene Tatbestände über Steuerverstrickungen im Zusammenhang mit Beteiligungen:- In § 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 sind die Folgen einer Verminderung der Beteiligungsquoten bei den Altgesellschaftern der übernehmenden Körperschaft dargestellt (siehe Rz 1144 ff).
- In § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 sind die Folgen für die anlässlich der Einbringung erworbenen Anteile geregelt (siehe Rz 1136 ff). Auf Grund der Subsidiarität der Bestimmungen des § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 kommt primär eine Besteuerung der stillen Reserven nach den Bestimmungen des EStG 1988 in Betracht (siehe Rz 1143). Die Regelungstechnik der zehnjährigen Steuerverstrickung von Anteilen ist in § 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 für bestehende Anteile festgeschrieben, § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 verweist für die neuen Anteile des Einbringenden an der übernehmenden Körperschaft nur mehr auf diese Bestimmung.
- § 20 Abs. 6 Z 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 betrifft den Sonderfall der Einbringung nicht steuerhängiger Kapitalanteile (siehe Rz 1149 ff).
Von den Regelungen des § 20 Abs. 6 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 können nur die neuen Anteile des Einbringenden an der übernehmenden Körperschaft betroffen sein.
Auswirkungen des BudBG 2011:
Durch die Neuordnung der Besteuerung des Kapitalvermögens durch das BudBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, führen auch Wertänderungen des Kapitalstammes zu Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 27 Abs. 3 EStG 1988).
Handelt es sich bei den Beteiligungen der Altgesellschafter der übernehmenden Körperschaft daher bereits um Neuvermögen bzw. um Beteiligungen, die zum 31.3.2012 die Voraussetzungen des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, erfüllen, hat die Bestimmung des § 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 keinen Anwendungsbereich mehr, weswegen diese Bestimmung durch das AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, aufgehoben wurde.
Soweit die an den Einbringenden gewährten Anteile die Qualifikation des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, nicht erfüllen (unter 1%), hat die Bestimmung des § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 ebenfalls keinen Anwendungsbereich mehr, wenn die Einbringung mit einem Stichtag ab 31.12.2010 erfolgt (§ 124b Z 185 lit. a zweiter Teilstrich EStG 1988), sodass auch § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 durch das AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, aufgehoben wurde.
§ 20 Abs. 6 Z 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 wurde infolge des Entfalls des § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 zu § 20 Abs. 6 UmgrStG idF AbgÄG 2012. Da für Einbringungen, bei denen die Gegenleistung nach dem 31.3.2012 als angeschafft gilt, eine Beteiligung iSd § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 nicht mehr entstehen kann, wurde der zweite Satz des § 20 Abs. 6 Z 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 nicht übernommen.
3.7.4.2. Anteilsgewährung unter der Grenze des § 31 EStG 1988
3.7.4.2.1. Allgemeines
Für Anteilsgewährungen aufgrund von Einbringungen mit einem Stichtag bis 30.12.2010:§ 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 ist durch das AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, aufgehoben worden, wobei keine ausdrückliche Vorschrift im Gesetz über das Außerkrafttreten enthalten ist, sodass das Inkrafttreten nach der Regelung des Art. 49 Abs. 1 B-VG zu beurteilen ist. Allerdings ist durch das BudBG 2011 bereits vor diesem Zeitpunkt, nämlich für Einbringungen ab 31.12.2010, keine faktische Anwendbarkeit mehr gegeben.
Die Anteilsgewährung unter der Grenze des § 31 EStG 1988 ist in § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG geregelt und bezieht sich auf anlässlich der Einbringung erworbene Anteile an der übernehmenden Körperschaft. § 20 Abs. 6 UmgrStG kommt nur dann zur Anwendung, wenn die anlässlich der Einbringung erworbenen Anteile nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, da bei einer Zugehörigkeit der Anteile zu einem Betriebsvermögen die stillen Reserven stets steuerverstrickt sind. Dies gilt auch für Steuerausländer, sofern die Anteile nicht einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind. Bei Zurechnung der Anteile eines Steuerausländers zu einer inländischen Betriebsstätte ist bei einer allfälligen Veräußerung dieser Anteile im Regelfall - sofern nicht durch ein DBA eingeschränkt - von betrieblichen Einkünften auszugehen (siehe EStR 2000 Rz 7901 ff).
3.7.4.2.2. Erworbene Anteile
Für Anteilsgewährungen aufgrund von Einbringungen mit einem Stichtag bis 30.12.2010:§ 20 Abs. 6 UmgrStG bezieht sich als Regelfall nur auf anlässlich der Einbringung erworbene Anteile. Dazu gehören
- neue (einbringungsgeborene) Anteile im Sinne des § 19 Abs. 1 UmgrStG (siehe Rz 1030 ff)
- zur Abfindung verwendete eigene Anteile der übernehmenden Körperschaft im Sinne des § 19 Abs. 2 Z 1 UmgrStG (siehe Rz 1042 f)
- bestehende Anteile an der übernehmenden Körperschaft, die der Einbringende im Zuge einer Abfindung durch die Altgesellschafter im Sinne des § 19 Abs. 2 Z 2 UmgrStG erwirbt (siehe Rz 1044 ff).
§ 20 Abs. 6 Z 1 Satz 1 UmgrStG trägt dem Prinzip der Verdoppelung der stillen Reserven Rechnung (siehe Rz 1097) und stellt sicher, dass die auf die übernehmende Körperschaft übertragenen stillen Reserven des Einbringungsvermögens auch bei einer Veräußerung der als Gegenleistung für die Einbringung erworbenen Anteile, die sich im Privatvermögen des Einbringenden befinden, zu einer Veräußerungsüberschussbesteuerung führen.
Für Anteilsgewährungen aufgrund von Einbringungen mit einem Stichtag bis 30.12.2010:Zur Anwendung des § 20 Abs. 6 Z 1 Satz 1 UmgrStG kommt es nur, wenn sich die Möglichkeit der Besteuerung der stillen Reserven nicht bereits aus den Bestimmungen des EStG 1988 ergibt. Bei einer Veräußerung der für die Einbringung erworbenen Anteile ergibt sich nachstehende Reihenfolge bzw. Subsidiarität der zu prüfenden Tatbestände:
- Werden die erworbenen Anteile im Betriebsvermögen gehalten, ist die Veräußerung ein laufender Geschäftsfall und der Veräußerungsgewinn zählt zur jeweiligen betrieblichen Einkunftsart.
- Werden die erworbenen Anteile im Privatvermögen gehalten und innerhalb eines Jahres nach dem auf den Einbringungsstichtag folgenden Tag veräußert, liegt ein Spekulationsgeschäft im Sinne des § 30 EStG 1988 idF vor 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, vor (siehe EStR 2000 Rz 6620 ff idF vor dem Wartungserlass 2013). Zur Fristenberechnung siehe Rz 1092.
- Werden die erworbenen Anteile im Privatvermögen gehalten und beträgt das Beteiligungsausmaß mindestens 1%, kommt bei abgelaufener Spekulationsfrist § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, zur Anwendung (siehe Rz 1143 und EStR 2000 Rz 6666 ff idF vor dem Wartungserlass 2013). Zu den Konsequenzen einer Veräußerung nach dem 31.3.2012 siehe Rz 1146.
- Werden die erworbenen Anteile im Privatvermögen gehalten und beträgt das Beteiligungsausmaß weniger als 1%, ist im Falle der Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen oder unter § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, fallenden Kapitalanteilen § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG anzuwenden. Zu den Konsequenzen einer Veräußerung nach dem 31.3.2012 siehe Rz 1146.
- Werden die erworbenen Anteile im Privatvermögen gehalten und beträgt das Beteiligungsausmaß weniger als 1%, kommt im Falle der Einbringung von nicht unter § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, fallenden Kapitalanteilen der Sondertatbestand des § 20 Abs. 6 Z 2 UmgrStG zur Anwendung (siehe Rz 1149 ff).
Für Anteilsgewährungen aufgrund von Einbringungen mit einem Stichtag ab 31.12.2010:
- Werden die erworbenen Anteile im Privatvermögen gehalten und beträgt das Beteiligungsausmaß weniger als 1%, kommt im Falle der Einbringung von nicht unter § 31 EStG 1988 idF vor dem BudBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, fallenden Kapitalanteilen, wenn diese bis zum 31.12.2010 erworben wurden, der Sondertatbestand des § 20 Abs. 6 UmgrStG zur Anwendung (siehe Rz 1149 ff).
§ 20 Abs. 6 Z 1 Satz 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 übernimmt durch den Verweis auf § 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 die zehnjährige Steuerverstrickung für die in das Privatvermögen anlässlich der Einbringung gewährten Gegenleistungsanteile des Einbringenden, sofern sich die Möglichkeit der Besteuerung der stillen Reserven nicht bereits nach den Bestimmungen des EStG 1988 ergibt. Eine Besteuerungsmöglichkeit nach den Bestimmungen des EStG 1988 ist nach den Verhältnissen im Veräußerungszeitpunkt zu beurteilen. Die zehnjährige Steuerverstrickung kommt daher auch dann zur Anwendung, wenn die Beteiligungsquote innerhalb des Zehnjahreszeitraumes unter die 1%-Grenze absinkt oder wenn die Fünfjahresfrist des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 ausläuft oder eine zehnjährige Steuerfrist auf Grund einer vorangegangenen Umgründung erst während des Zehnjahreszeitraumes endet. Die Steuerverstrickung ist auf die Gesellschaftsanteile abgestellt, sodass die Zehnjahresfrist durch eine unentgeltliche Übertragung der Anteile nicht beeinflusst wird. Im Ergebnis sind daher sämtliche ins Privatvermögen des Einbringenden gewährten Gegenleistungsanteile bis zum Ende des zehnten Jahres nach Ablauf des Einbringungsstichtages als Beteiligung im Sinne des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 steuerhängig.
Beispiel 1:
A ist Alleingesellschafter der A-GmbH. Das Stammkapital der A-GmbH beträgt 1.000.000. B bringt sein Einzelunternehmen mit einem Buchwert von 10.000 zum 31.12.2009 in die A-GmbH ein, wobei an Stelle der Gewährung neuer Anteile eine Anteilsabtretung gemäß § 19 Abs. 2 Z 2 UmgrStG vereinbart wird. A tritt nach Maßgabe des Umtauschverhältnisses an den B a) 5% (Nennkapital 50.000) b) 0,5% (Nennkapital 5.000) seiner Beteiligung ab.
B hält die mit 1.1.2010 erworbene Beteiligung im Privatvermögen. Die steuerlich maßgebenden Anschaffungskosten der erworbenen Beteiligung betragen auf Grund von § 20 Abs. 2 Satz 1 UmgrStG sowohl im Falle a) wie im Falle b) 10.000. B veräußert seinen Geschäftsanteil am 30.6.2017 um 550.000 und anfallenden Werbungskosten von 50.000, wobei die Beteiligungsverhältnisse und die steuerlich maßgebenden Anschaffungskosten seit der Einbringung unverändert geblieben sind.
Zu a) Das Beteiligungsausmaß zum 31.3.2012 beträgt 5%, weswegen gemäß § 124b Z 185 lit. a erster TS EStG 1988 B Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 in Höhe von 540.000 als Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös (550.000) und den Anschaffungskosten (10.000) mit dem besonderen Steuersatz von 27,5% gemäß § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015 (bis 2015: 25%, siehe EStR 2000 Rz 6223) zu versteuern hat. Werbungskosten können gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 nicht abgezogen werden.
Zu b) Das Beteiligungsausmaß zum 31.3.2012 beträgt 0,5%, § 27 Abs. 3 EStG 1988 ist daher nicht unmittelbar anwendbar. Da die Veräußerung jedoch innerhalb der Zehnjahresfrist erfolgt, gelten die Anteile des B gemäß § 20 Abs. 5 UmgrStG in Verbindung mit § 20 Abs. 6 Z 1 Satz 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, als zum 31.3.2012 unter § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 fallende Anteile. Die einkommensteuerlichen Folgen entsprechen jenen des Falles a).
Beispiel 2:
Der Sachverhalt entspricht dem Beispiel 1, Variante a). Die Beteiligung des B im Ausmaß von 5% sinkt mit Wirkung ab 1.1.2011 auf 0,8% ab, da A einen Mitunternehmeranteil zum 31.12.2010 gemäß Art. III UmgrStG in die A-GmbH eingebracht hat und B seinerseits keine Einlage leistet.
Da B die Anteile an der A-GmbH gemäß § 20 Abs. 1 UmgrStG zum 1.1.2010 erworben hat, kommt zwar § 124b Z 185 lit. a zweiter TS EStG 1988 nicht zur Anwendung. Es besteht aber Steuerpflicht (Einkünfte aus Kapitalvermögen) gemäß § 124b Z 185 lit. a erster TS zweiter HS EStG 1988, weil die Beteiligung innerhalb der Zehnjahresfrist des § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, veräußert wurde. Die einkommensteuerlichen Folgen entsprechen daher jenen des Beispiels 1.
3.7.4.2.3. Einbringungsbezogene Anteile
Für Zu- und Abschreibungsteile auf bestehende Anteile (einbringungsbezogene Anteile) aufgrund von Einbringungen mit einem Stichtag bis 30.12.2010:§ 20 Abs. 6 Z 1 Satz 2 UmgrStG stellt Zu- bzw. Abschreibungsteile im Sinne des § 20 Abs. 4 Z 1 und 3 UmgrStG den anlässlich einer Einbringung erworbenen Gegenleistungsanteilen gleich (einbringungsbezogene Anteile) und legt daher auch für diese die Steuerverstrickung für zehn Jahre unter den in Rz 1136 ff beschriebenen Voraussetzungen fest. § 20 Abs. 6 UmgrStG bezieht sich nur auf Zu- und Abschreibungsbeträge. Anteile des Einbringenden, die dieser bereits vor der Einbringung gehalten hat, sind daher von § 20 Abs. 6 UmgrStG grundsätzlich nicht betroffen.
Für Zu- und Abschreibungsteile auf bestehende Anteile (einbringungsbezogene Anteile) aufgrund von Einbringungen mit einem Stichtag bis 30.12.2010:Im Hinblick auf die Beschränkung des Ausnahmetatbestandes des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG auf die Alleingesellschafterstellung und die Schwesterneinbringung kann der Fall einer mit einer Einbringung ohne Kapitalerhöhung gemäß verbundenen Zu- bzw. Abschreibung im Sinne des § 20 Abs. 4 UmgrStG auf vor der Einbringung bestehende Anteile unter 1% nicht vorkommen.
Für Zu- und Abschreibungsteile auf bestehende Anteile (einbringungsbezogene Anteile) aufgrund von Einbringungen mit einem Stichtag bis 30.12.2010:§ 20 Abs. 6 Z 1 Satz 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 und die damit verbundene zehnjährige Steuerhängigkeit nach § 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 betrifft nur Zu- bzw. Abschreibungsanteile nach § 20 Abs. 4 Z 1 UmgrStG bei down-stream-Einbringungen (siehe Rz 1117 f) und unter bestimmten Voraussetzungen Zu- bzw. Abschreibungsanteile nach § 20 Abs. 4 Z 3 UmgrStG bei side-stream-Einbringungen (siehe Rz 1129 ff). Eine Einbeziehung von up-stream-Einbringungen in § 20 Abs. 6 Z 1 Satz 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 ist nicht möglich (zur Vorgangsweise siehe Rz 1120 ff). Bei side-stream-Einbringungen kommt nach § 20 Abs. 6 Z 1 Satz 2 letzter Halbsatz UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 als weitere Voraussetzung dazu, dass die Möglichkeit der Besteuerung der stillen Reserven bereits hinsichtlich der Anteile an der einbringenden Körperschaft gegeben sein musste. Die Anteile an der einbringenden Körperschaft müssen daher selbst steuerverstrickt sein. § 20 Abs. 6 Z 1 Satz 2 letzter Halbsatz UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 kommt auf Grund der Subsidiarität dann nicht zur Anwendung, wenn der Anteil an der einbringenden Körperschaft mindestens 1% beträgt, weil auf Grund der nach § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG in Verbindung mit § 20 Abs. 4 Z 3 UmgrStG vorausgesetzten Beteiligungsidentität auch der Anteil an der übernehmenden Körperschaft mindestens 1% betragen muss und daher § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 unmittelbar zur Anwendung kommt. § 20 Abs. 6 Z 1 Satz 2 letzter Halbsatz UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 kommt daher nur zur Anwendung:
- wenn eine weniger als 1-prozentige Beteiligung an der einbringenden Körperschaft im Betriebsvermögen gehalten wird, die weniger als 1-prozentige Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft jedoch nicht oder
- wenn die Beteiligung an der einbringenden Körperschaft innerhalb der letzten 5 Jahre vor der Einbringung unter 1% abgesunken ist, sodass sie nach § 31 Abs. 1 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 steuerverstrickt ist (siehe EStR 2000 Rz 6668 idF vor dem Wartungserlass 2013).
Beispiel:
A hält im Privatvermögen a) 5% b) 0,5% der Anteile an der B-GmbH, wobei im Fall b) das Beteiligungsausmaß vor 3 Jahren von 5% auf 0,5% abgesunken ist. A hält weiters im Privatvermögen a) 5% b) 0,5% der Anteile an der C-GmbH. Die Anschaffungskosten des A betragen in beiden Varianten für die Anteile an der B-GmbH 5.000 und für die Anteile an der C-GmbH 2.000. Die Verkehrswerte für die Anteile des A an der B-GmbH betragen in beiden Varianten 20.000, sodass der Verkehrswert für alle Anteile der B-GmbH im Fall a) 400.000 und im Fall b) 4.000.000 beträgt.
In der Bilanz der B-GmbH befindet sich ein Teilbetrieb X mit einem Verkehrswert im Fall a) von 200.000 und im Fall b) von 2.000.000, sodass der Verkehrswert des Teilbetriebes X in beiden Fällen die Hälfte des Verkehrswertes der Beteiligung an der B-GmbH repräsentiert.
Die B-GmbH bringt zum 31.12.2009 ihren Teilbetrieb X nach § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG ohne Kapitalerhöhung in die C-GmbH ein. Variante: Im Fall b) sind die Beteiligungsquoten vor 8 Jahren von 5% auf 0,5% abgesunken.
Die Anschaffungskosten der Beteiligung des A an der B-GmbH sind nach § 20 Abs. 4 Z 3 UmgrStG entsprechend dem Verhältnis der Verkehrswerte des Teilbetriebes X zum Gesamtverkehrswert der B-GmbH - somit 1 : 1 - um 50% in Höhe von 2.500 zu kürzen. In gleicher Höhe sind die Anschaffungskosten des A für die Beteiligung an der C-GmbH zu erhöhen, sodass sich neue Anschaffungskosten für die Beteiligung an der C-GmbH in Höhe von 4.500 bestehend aus Altanteil in Höhe von 2.000 und Zuschreibungsanteil in Höhe von 2.500 ergeben.
a) Da die Beteiligung des A an der C-GmbH 5% beträgt, ist § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 unmittelbar anwendbar und bei einer eventuellen Veräußerung zu berücksichtigen. Die Aufteilung in Altanteil und Zuschreibungsanteil ist auf Grund der Steuerverstrickung der gesamten Beteiligung irrelevant. Bei einer Veräußerung nach dem 31.3.2012 liegen Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 vor, die mit dem 27,5-prozentigen Sondersteuersatz des § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015 (bis 2015: 25%, siehe EStR 2000 Rz 6223) zu versteuern sind.
b) Auf Grund der Steuerverstrickung nach § 31 Abs. 1 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 infolge des Absinkens der Beteiligung des A an der B-GmbH innerhalb des Fünfjahreszeitraumes ist § 20 Abs. 6 Z 1 Satz 2 letzter Halbsatz UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 anwendbar. Der Zuschreibungsanteil bleibt innerhalb des Zehnjahreszeitraumes des § 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 steuerverstrickt. Bei einer Veräußerung der Beteiligung des A an der C-GmbH innerhalb dieses Zeitraumes ist der Veräußerungserlös entsprechend dem Verhältnis der Verkehrswerte von Altanteilen der C-GmbH und Einbringungsvermögen im Zeitpunkt der Einbringung aufzuteilen und den Anschaffungskosten der Zuschreibungsanteile gegenüberzustellen.
Variante: Da das Absinken der Beteiligung des A an der B-GmbH außerhalb der 5-Jahresfrist des § 31 Abs. 1 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 erfolgte, liegt keine Steuerverstrickung der Anteile an der einbringenden Körperschaft vor. § 20 Abs. 6 Z 1 Satz 2 letzter Halbsatz UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 kommt daher nicht zur Anwendung, eventuelle Veräußerungen des Zwerganteiles des A an der C-GmbH bleiben zur Gänze steuerfrei.
3.7.4.3. Übersteigen der Grenze des § 31 EStG 1988
Für Anteilsgewährungen und Zu- und Abschreibungen bei Einbringungen mit einem Stichtag bis 30.12.2010:Ein Übersteigen der Grenze des § 31 EStG 1988 ist immer dann gegeben, wenn die anlässlich einer Einbringung gewährten Neuanteile an der übernehmenden Körperschaft ein Beteiligungsausmaß von mindestens 1% oder mehr erreichen bzw. bei nach § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG unterbleibender Kapitalerhöhung das Beteiligungsausmaß bereits vor der Einbringung mindestens 1% oder mehr betragen hat. Bei Veräußerungen von im Privatvermögen gehaltenen, mindestens 1-prozentigen Anteilen der übernehmenden Körperschaft kommt bei abgelaufener Spekulationsfrist § 31 EStG 1988 unmittelbar zur Anwendung. § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG kommt infolge Subsidiarität nicht zur Anwendung. Zur Reihenfolge bei Überprüfung der Subsidiarität siehe Rz 1138. Zur Abgrenzung zwischen § 31 EStG 1988 und § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG siehe die Beispiele in Rz 1139. Im Ergebnis ist das Beteiligungsausmaß bezogen auf das Gesamtkapital der übernehmenden Körperschaft entscheidend: Beträgt das Beteiligungsausmaß mindestens 1%, liegt eine Beteiligung mit den Konsequenzen des § 31 EStG 1988 vor (siehe EStR 2000 Rz 6620 ff), liegt es darunter, kommt es zur zehnjährigen Gleichbehandlung im Sinne des § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG.
3.7.4.4. Herabsinken unter die Grenze des § 31 EStG 1988
Für Einbringungen mit Abschluss des Einbringungsvertrages bis 30.3.2012:§ 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 ist durch das AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, aufgehoben worden, wobei keine ausdrückliche Vorschrift im Gesetz über das Außerkrafttreten enthalten ist, sodass das Inkrafttreten nach der Regelung des Art. 49 Abs. 1 B-VG zu beurteilen ist. Allerdings ist durch das BudBG 2011 bereits vor diesem Zeitpunkt, nämlich für Einbringungen mit zivilrechtlicher Wirksamkeit ab 31.3.2012 (in der Regel ist dies der Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages), keine faktische Anwendbarkeit mehr gegeben, weil ein Absinken der Beteiligungsquote nach dem 30.3.2012 unter 1% gemäß § 124b Z 185 lit. a erster TS EStG 1988 eine Versteuerung der Beteiligungsveräußerung gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 nicht hindert.
§ 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 betrifft zum Unterschied zu § 20 Abs. 6 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 nicht die anlässlich einer Einbringung gewährten neuen Anteile, sondern regelt die Verminderung der Beteiligungsquote der Altgesellschafter der übernehmenden Körperschaft unter die 1%-Grenze des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 (siehe Rz 1134). Ein Absinken der Beteiligungsquote ist nur bei fusionsähnlichen Einbringungen denkmöglich, da bei Konzerneinbringungen im Sinne des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG eine durch die Einbringung unveränderte Beteiligungsquote Anwendungsvoraussetzung ist. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 ist die Steuerverstrickung für einen im Privatvermögen gehaltenen Anteil bei einem Absinken auf 5 Jahre beschränkt (siehe EStR 2000 Rz 6668 idF vor Wartungserlass 2013). Nach Ablauf dieser Frist könnte eine Veräußerung steuerfrei erfolgen. § 20 Abs. 5 Satz 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 verlängert diese Frist bei einem einbringungsbedingten Absinken bis zum Ende des zehnten Jahres nach Ablauf des Einbringungsstichtages.
Beispiel:
Das Stammkapital der A-GmbH beträgt 1.200.000. A ist mit 15.000 (= 1,25%) beteiligt, die Höhe des Nominales ist ident mit den Anschaffungskosten. Das Reinvermögen der A-GmbH beträgt zu Verkehrswerten 4.000.000, sodass der Anteil des A 50.000 beträgt. B bringt sein Einzelunternehmen mit einem Verkehrswert von 2.000.000 unter Anwendung des § 19 Abs. 2 Z 2 UmgrStG in die A-GmbH ein. Alle Gesellschafter gewähren dem B jeweils ein Drittel ihrer Beteiligung in Gesamthöhe von 400.000, sodass sie in der Folge am unveränderten Stammkapital der übernehmenden A-GmbH in Höhe von 1.200.000 dem wahren Wert der vereinigten Unternehmen entsprechend beteiligt sind. Die Beteiligung des A sinkt dadurch auf 10.000, seine Beteiligungsquote auf 0,83%. Die steuerlich maßgebenden Anschaffungskosten des A betragen trotz Verminderung des Nominalwertes um 5.000 auf Grund § 20 Abs. 3 Satz 1 UmgrStG weiterhin unverändert 15.000. Die Beteiligung des A ist gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 noch für einen Zeitraum von 10 Jahren steuerhängig im Sinne des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011.
Für Einbringungen mit Abschluss des Einbringungsvertrages ab 31.3.2012:
Sinken durch eine Einbringung die Anteile der Altgesellschafter unter 1% und wird diese Einbringung nach dem 30.3.2012 wirksam, hindert dieses Absinken die Steuerhängigkeit der Anteile nicht (§ 124b Z 185 lit. a erster TS EStG 1988).
§ 20 Abs. 5 Satz 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 kommt nur für Anteile zur Anwendung, die bereits zum Zeitpunkt der Einbringung als Beteiligungen im Sinne des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 einzustufen sind. Als maßgeblicher Zeitpunkt gilt der Zeitpunkt der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Einbringung (in der Regel der Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages). Damit sind auch im Rückwirkungszeitraum erworbene, nach § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 steuerhängige Anteile von § 20 Abs. 5 Satz 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 miterfasst. Nicht miterfasst sind aber unter der 1%-Grenze des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 gehaltene Anteile, die im Zeitpunkt der Einbringung lediglich auf Grund § 31 Abs. 1 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 wegen nicht abgelaufener Fünfjahresfrist (siehe EStR 2000 Rz 6668 idF vor Wartungserlass 2013) steuerhängig sind. Für diese Beteiligungen kann eine weitere einbringungsbedingte Verminderung der Beteiligungsquote zu keinem Wegfall der Eigenschaft als Beteiligung im Sinne des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 führen, die Steuerhängigkeit nach § 31 Abs. 1 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 bleibt daher unverändert.Die Zehnjahresfrist beginnt mit Ablauf des Einbringungsstichtages (siehe Rz 1092). Bis zum Ende der stichtagbezogenen Frist gelten die Anteile als Beteiligung im Sinne des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011. Eine Veräußerung innerhalb des Zehnjahreszeitraumes und außerhalb der Spekulationsfrist sowie bis zum 31.3.2012 löst Einkünfte nach § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 aus, die bei natürlichen Personen begünstigt nach § 37 Abs. 4 Z 2 lit. b EStG 1988 idF vor BudBG 2011 zu versteuern sind (siehe EStR 2000 Rz 7308 idF vor Wartungserlass 2013) und bei Privatstiftungen nach § 13 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 111/2010 in Verbindung mit § 22 Abs. 3 KStG 1988 der Zwischenbesteuerung unterliegen (siehe StiftR 2001 Rz 92). Erfolgt die Veräußerung nach dem 31.3.2012, wobei sie aber innerhalb des Zehnjahreszeitraumes erfolgt, führt dies bei natürlichen Personen zu Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988, die mit dem 27,5-prozentigen Sondersteuersatz des § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015 (bis 2015: mit dem 25-prozentigen Sondersteuersatz, siehe EStR 2000 Rz 6223) zu versteuern sind und unterliegt diese bei Privatstiftungen der Zwischenbesteuerung nach § 13 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 idF BGBl. I Nr. 111/2010 in Verbindung mit § 22 Abs. 3 KStG 1988. § 20 Abs. 5 Satz 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 betont, dass § 30 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 durch § 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 unberührt bleibt. Dadurch wird klargestellt, dass die in § 31 Abs. 6 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 geregelte Subsidiarität der Anwendung des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 gegenüber Spekulationseinkünften nach § 30 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 auch bei Veräußerungen von Beteiligungen, die lediglich einbringungsbedingt unter die 1%-Grenze abgesunken sind, zu beachten ist.§ 20 Abs. 5 UmgrStG kommt auf Grund des Vorranges von betrieblichen Einkünften bei Veräußerungen von im Betriebsvermögen gehaltenen Anteilen, die einbringungsbedingt unter die 1%-Grenze abgesunken sind, nicht zur Anwendung.Die steuerneutrale Aufwertungsoption des § 124b Z 57 EStG 1988 (siehe EStR 2000 Rz 6684 ff§ 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 als Anteile im Sinne des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 gelten, nicht möglich; betroffen davon sind sowohl Anteile der Altgesellschafter der übernehmenden Körperschaft als auch erworbene Anteile, auf die nach § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 mangels anderer Bestimmungen § 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 anzuwenden ist.Zur Funktion des § 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 als Grundnorm für die zehnjährige Steuerverstrickung siehe Rz 1134.
3.7.4.5. Einbringung von Anteilen unter der Grenze des § 31 EStG 1988 bzw. von Altvermögen im Sinne des BudBG 2011
Durch das BudBG 2011 kommt es für die Steuerhängigkeit von eingebrachten Kapitalanteilen nun nicht mehr darauf an, ob eine Beteiligung unter § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 fällt oder nicht, sondern ob es sich bei diesen Anteilen um Alt- oder Neuvermögen handelt (siehe dazu allgemein EStR 2000 Rz 6103). Da § 124b Z 185 lit. a zweiter TS EStG 1988 auf Anteile an Körperschaften abstellt, die nach dem 31.12.2010 entgeltlich erworben worden sind, hat § 20 Abs. 6 Z 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, bzw. § 20 Abs. 6 UmgrStG idF AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, für eingebrachte Zwerganteile (unter 1%), die nach dem 31.12.2010 entgeltlich erworben wurden, keinen Anwendungsbereich mehr.Für Einbringungen von Kapitalanteilen, die bis 31.12.2010 entgeltlich erworben wurden, sowie einem Stichtag bis 30.3.2012:
§ 20 Abs. 6 Z 2 erster Satz UmgrStG idF vor AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, regelt den Sonderfall der Einbringung von Kapitalanteilen, bei denen die Möglichkeit der Besteuerung der stillen Reserven nach § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages nicht gegeben war. Dies betrifft im Privatvermögen gehaltene Kapitalanteile, die weniger als 1% betragen. Weiters muss es sich um vor dem 1.1.2011 entgeltlich erworbene Anteile handeln. Die Einbringung nach § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 nicht steuerhängiger Kapitalanteile ist nur in den engen Grenzen des § 12 Abs. 2 Z 3 Teilstrich 2 UmgrStG möglich (siehe Rz 732 f).
Für Einbringungen von Kapitalanteilen, die bis 31.12.2010 entgeltlich erworben wurden, sowie einem Stichtag ab 31.3.2012:
§ 20 Abs. 6 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 wurde durch das AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, insofern geändert, als die Z 1 entfernt und der Inhalt der Z 2 dergestalt abgeändert wurde, dass nicht mehr auf die Steuerhängigkeit gemäß § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011, sondern generell auf die Möglichkeit der Besteuerung der stillen Reserven nach den Regelungen des EStG 1988 abgestellt wird.
Für Einbringungen von Kapitalanteilen, die nach dem 31.12.2010 entgeltlich erworben wurden, sowie einem Stichtag bis 30.3.2012:
Werden Kapitalanteile von unter 1% nach dem 31.12.2010 angeschafft und vor dem 30.3.2012 eingebracht, ist § 20 Abs. 6 erster Satz UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 anwendbar. Es kommt daher die Identitätsfiktion des § 5 Abs. 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 zur Anwendung, und die als Gegenleistung erhaltenen Anteile gelten ebenfalls als nach dem 31.12.2010 angeschafft und somit für Zwecke des § 124b Z 185 EStG 1988 als "Neuvermögen".
Für Einbringungen von Kapitalanteilen, die bis 31.12.2010 entgeltlich erworben wurden, sowie einem Stichtag bis 30.3.2012:Zur Anwendbarkeit der Bestimmung des § 20 Abs. 6 Z 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 bei Einbringung von nicht steuerhängigen Kapitalanteilen und Vorrang vor § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 auf Grund der zu prüfenden Reihenfolge siehe Rz 1138. Zum Verweis auf die sinngemäße Anwendung des § 5 Abs. 1 und 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 Rz 1152.
Für Einbringungen von Kapitalanteilen, die bis 31.12.2010 entgeltlich erworben wurden, sowie einem Stichtag bis 30.3.2012:Entsteht durch die Einbringung einer Beteiligung, die am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages nicht unter § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 gefallen ist und die vor dem 1.1.2011 entgeltlich erworben wurde, als Gegenleistung eine Beteiligung, die unter § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 fällt, ist eine steuerneutrale Aufwertung vorzunehmen. Damit wird erreicht, dass zwar im Privatvermögen des Einbringenden nicht steuerhängige stille Reserven bei der übernehmenden Körperschaft steuerhängig werden, jedoch der Eintritt einer Steuerverstrickung der bisher nicht steuerhängigen stillen Reserven auf Ebene der Anteile an der übernehmenden Körperschaft verhindert wird. Im Ergebnis kommt es daher nur zu einer Vereinfachung und nicht zu einer Verdoppelung der stillen Reserven bei der übernehmenden Körperschaft.
Für Einbringungen mit Stichtag bis 30.3.2012:Als maßgeblicher Zeitpunkt, zu dem das Nichtvorliegen der Steuerhängigkeit des eingebrachten Kapitalanteiles zu beurteilen ist, gilt der Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages. § 20 Abs. 6 Z 2 UmgrStG kommt daher nicht zur Anwendung, wenn am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages die eingebrachten Kapitalanteile nach § 31 EStG 1988 steuerhängig sind, weil:
- das Beteiligungsausmaß des Einbringenden 1% oder mehr beträgt, oder
- das Beteiligungsausmaß des Einbringenden zwar unter 1% liegt, aber erst innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Abschluss des Einbringungsvertrages unter die 1%-Grenze abgesunken ist, oder
- die Steuerverstrickung nach § 31 EStG 1988 infolge einer vorangegangenen Umgründung besteht.
Im Ergebnis ist für die Anwendbarkeit des § 20 Abs. 6 Z 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 auf die Einbringung eines Kapitalanteiles alleine entscheidend, dass die Besteuerungsmöglichkeit des eingebrachten Kapitalanteiles nach § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 fehlt und es sich um bis zum 31.12.2010 erworbene Anteile handelt (Altvermögen iSd BudBG 2011).
Durch den Verweis auf § 5 Abs. 1 und 2 UmgrStG (siehe Rz 256 ff) treten die verschmelzungsrechtlichen Folgen ein.
- Der Verweis auf § 5 Abs. 1 UmgrStG bedingt, dass das Gewähren von Anteilen an der übernehmenden Körperschaft nicht als steuerwirksamer Tausch gilt. Dadurch liegt keine Anschaffung vor und wird der steuerliche Wert der eingebrachten Zwerganteile auf den steuerlichen Wert der gewährten Anteile an der übernehmenden Körperschaft übertragen (Identitätsfiktion).
- Der Verweis auf § 5 Abs. 2 UmgrStG bedingt, dass steuerlich relevante Fristen, insb. die Spekulationsfrist nach § 30 EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012, fortgesetzt werden. Demnach läuft die Spekulationsfrist für die eingebrachten Zwerganteile bei den Anteilen an der übernehmenden Körperschaft weiter und beginnt durch die Einbringung nicht neu zu laufen.
Für Einbringungen mit Stichtag ab 31.3.2012:
Zur Anwendung des § 20 Abs. 6 UmgrStG idF AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, kommt es dann, wenn es sich beim eingebrachten Kapitalanteil um Altvermögen (dh. bis zum 31.12.2010 entgeltlich erworben) handelt, und es keine zum 31.3.2012 unter § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 fallende Beteiligung ist bzw. die Steuerhängigkeit gemäß § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 nicht oder nur befristet gegeben ist (Fünf- bzw. Zehnjahresfrist bei Absinken unter die 1%-Grenze; siehe dazu auch Rz 265). Der Erwerb der Gegenleistungsanteile stellt in diesen Fällen keinen Anschaffungsvorgang dar und handelt es sich bei diesen Anteilen ebenfalls um Altvermögen, wobei für die Anwendbarkeit des § 27 Abs. 3 EStG 1988 idF BudBG 2011 in diesem Fall auf die Qualifikation der eingebrachten Anteile abzustellen ist (3. Teil Z 21 UmgrStG idF AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012). Eine Aufwertung auf den gemeinen Wert ist in § 20 Abs. 6 UmgrStG idF AbgÄG 2012 nicht mehr vorgesehen, weil bei nach dem 31.3.2012 erworbenen Gegenleistungsanteilen das Beteiligungsausmaß keine Rolle mehr spielt.
Beispiel 1:
A bringt seinen am 1.8.2005 erworbenen 0,5-prozentigen Anteil (Anschaffungskosten: 2.000; Verkehrswert: 5.000) in die X-GmbH gegen Gewährung von 2% der Anteile an dieser mit Einbringungsvertrag vom 30.6.2012 ein. A war zuvor an der X-GmbH nicht beteiligt.
Gemäß § 20 Abs. 6 UmgrStG idF AbgÄG 2012 iVm § 5 Abs. 2 UmgrStG idF AbgÄG 2012 gelten die 2%-Anteile an der X-GmbH mit 1.8.2005 als angeschafft; die Anschaffungskosten betragen 2.000. Für die Anwendbarkeit des § 124b Z 185 lit. a erster TS EStG 1988 iVm 3. Teil Z 21 UmgrStG idF AbgÄG 2012 ist auf die Eigenschaft der eingebrachten Beteiligung abzustellen. Bei dieser handelt es nicht nicht um eine Beteiligung iSd § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011. § 27 Abs. 3 EStG 1988 ist nicht anzuwenden.
Beispiel 2:
A erwirbt am 15.6.2008 einen 4-prozentigen Anteil an der X-AG um 10.000. Am 31.12.2010 veräußert A einen Teil seiner Beteiligung; danach hält A nur noch einen Anteil iHv 0,8% an der X-AG. Zum Stichtag 31.12.2012 bringt A seine Beteiligung in die Y-AG gegen Gewährung von Anteilen ein; Art. III UmgrStG ist anwendbar. Die fünfjährige Frist des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 läuft für die einbringungsbedingt erworbenen Anteile des A an der Y-AG unabhängig von deren Höhe am 31.12.2015 ab.
Im Falle des Entstehens einer Beteiligung im Sinne des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 durch eine Einbringung eines nicht unter § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 fallenden Zwerganteiles ist nach dem letzten Satz der § 20 Abs. 6 Z 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, der höhere gemeine Wert als Anschaffungskosten für die Anteile an der übernehmenden Körperschaft anzusetzen, wenn vor der Einbringung auch an der übernehmenden Körperschaft keine Beteiligung im Sinne des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 bestanden hat. Durch die damit verbundene steuerneutrale Aufwertung wird sichergestellt, dass die vor der Einbringung entstandenen, nicht steuerhängigen stillen Reserven in den eingebrachten Anteilen in der Zukunft nicht steuerhängig sind.
Beispiel:
A besitzt seit 9 Jahren 0,5% der Anteile an der B-GmbH und hält diese im Privatvermögen. Die Anschaffungskosten betragen 250.000, der Verkehrswert beträgt 2.000.000. A bringt seine Anteile nach § 19 Abs. 1 UmgrStG zum Stichtag 31.12.2011 in die C-GmbH (unter Erhöhung der Mehrheit der Stimmrechte) ein, an der er zum Einbringungszeitpunkt noch nicht beteiligt ist, und erhält dafür neue Anteile, die er ebenfalls im Privatvermögen hält. A ist nach der Einbringung im Ausmaß von 5% an der C-GmbH beteiligt. Die auf Grund der unter 1-prozentigen Beteiligung nicht steuerhängigen stillen Reserven der Beteiligung an der B-GmbH in Höhe von 1.750.000 bleiben nicht steuerverfangen. Die Anschaffungskosten der Anteile des A an der C-GmbH betragen - da sich der Verkehrswert bis zum Erwerbstag nicht geändert hat - 2.000.000. Die ab dem Erwerbstag entstehenden stillen Reserven der Anteile des A an der C-GmbH sind steuerhängig. Die C-GmbH hat die Anteile an der B-GmbH nach § 18 Abs. 1 UmgrStG in der Bilanz mit 250.000 anzusetzen, sodass im Betriebsvermögen der C-GmbH die stillen Reserven steuerhängig sind. Es kommt dadurch zu einer Vereinfachung der stillen Reserven in der übernehmenden Körperschaft.