Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 48a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Amtshilfe, Steuergeheimnis, Vollmacht, Telefax, Verjährung, Mängelbehebung, Wiederaufnahme, Lohnzettel, Ermessen, Umsatzsteuervorauszahlungen, Bilanzbuchhalter, Feststellungsverfahren, Vertreterhaftung |
Verweise: | Art. 18 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
7. Anregungen von amtswegigen Wiederaufnahmen (§ 303 BAO) in Zusammenhang mit vergessenen Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen
7.1. Sachverhalt
Beim Finanzamt mehren sich die Anregungen betreffend eine amtswegige Wiederaufnahme in Zusammenhang mit in der Steuererklärung vergessenen Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen (außerhalb der Frist für eine Aufhebung nach § 299 BAO).
Die Bandbreite dieser Anregungen betreffen ua. Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten, vergessenes Pendlerpauschale, und quer durch absetzbare Aufwendungen der §§ 16, 18 und 34 EStG 1988.
Durch die hohe Anzahl derartiger Anregungen sind insbesondere die Teams der Allgemeinveranlagung großer Arbeitsbelastung ausgesetzt. Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme auf Antrag sind praktisch in keinem der Fälle erfüllt.
Derartige Anregungen unterliegen nach der Judikatur des VwGH keiner Entscheidungspflicht, sodass die Partei einen Anspruch auf Durchführung der Wiederaufnahme nicht durchsetzen kann.
Bei Seminaren und Tagungen wird den Mitarbeiter/innen zum Teil gesagt, dass man bei der Behandlung derartiger Anregungen großzügig sein soll, wenn kein Bagatellfall vorliegt, wenn keine mehrfache Wiederholung der Wiederaufnahme angeregt wird und wenn keine allgemeine Zweckmäßigkeitsüberlegungen entgegenstehen.
7.2. Fragestellung
Nach Ansicht des Finanzamtes besteht hier - losgelöst von den Umständen des Einzelfalles - ein Bedarf an einer bundeseinheitlichen Regelung der Behandlung dieser Anregungen.
7.3. Lösung
Auf die Verfügung einer amtswegigen Wiederaufnahme besteht kein subjektives Recht (zB VwGH 02.03.2006, 2002/15/0017).
Die allgemeinen Abgabenerhebungsgrundsätze verpflichten die Behörde (allenfalls auch über Parteianregung) grundsätzlich dazu, Rechtswidrigkeiten, die nicht bloß geringfügig sind, einer von Amts wegen aufzugreifen und nach Maßgabe der rechtlichen Möglichkeiten zu beheben. Soweit (hier bei der Frage nach einer amtswegigen Wiederaufnahme) der Abgabenbehörde Ermessen eingeräumt ist, müssen auch (aber nicht ausschließlich) aus verwaltungsökonomischen Gründen geringfügige Änderungen nicht vorgenommen werden. Die Ermessensübung hängt jedenfalls von den Umständen des Einzelfalles und nicht davon ab, ob sie zu Gunsten oder zu Lasten des Abgabepflichtigen ausfällt. Geringfügige Rechtswidrigkeiten rechtfertigen insbesondere keine wiederholten Eingriffe in die Rechtsbeständigkeit (Rechtssicherheit) durch nachträgliche Abänderungen von bereits in Rechtskraft erwachsenen Abgabenbescheiden. Zur Ermessensübung siehe auch Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 303 - 307 BAO), Erlass des BMF vom 14. Juni 2006, BMF-010103/0053-VI/2006, AÖF Nr. 192/2006, Abschnitt 3.2.
Gemäß § 115 Abs. 1 BAO sind von Amts wegen alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen, die für die Besteuerung maßgeblich sind.
Im Begünstigungsbereich - auch für von Amts wegen zu beachtende Begünstigungen - tritt der Amtswegigkeitsgrundsatz in dem Ausmaß zurück, in dem das Parteibegehren seinem Inhalt nach unklar, unbestimmt oder unbegründet erscheint (vgl. dazu die in Ritz, BAO³, § 115 Tz 12, geführten Nachweise). In einem solchen Fall sollte (bei Anregung auf eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens) eine formlose Mitteilung ergehen, dass für das Finanzamt die Voraussetzungen für eine Bescheidabänderung nicht ersichtlich sind, um der Partei dadurch Gelegenheit zu einer allfälligen Präzisierung ihres Vorbringens zu geben.
Die Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe, Verschuldens- und Ermessensabwägungen haben alle Verhältnisse des Einzelfalles entsprechend zu würdigen, hier vor allem auch Rechts(un)kenntnisse der Partei, persönliche Umstände (wie insbesondere Krankheit und Behinderung), ebenso wie wiederholte Nachlässigkeiten und Versäumnisse.
Soweit in den anzuwendenden Bestimmungen keine Geringfügigkeitsgrenzen verankert sind, besteht für eine "Pauschalregelung" keine gesetzliche Grundlage.
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 48a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Amtshilfe, Steuergeheimnis, Vollmacht, Telefax, Verjährung, Mängelbehebung, Wiederaufnahme, Lohnzettel, Ermessen, Umsatzsteuervorauszahlungen, Bilanzbuchhalter, Feststellungsverfahren, Vertreterhaftung |
Verweise: | Art. 18 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |