Normen
ApG 1907 §10;
ApG 1907 §46 Abs5;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ApG 1907 §10;
ApG 1907 §46 Abs5;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid des Bundesministers für Gesundheit vom 19. März 2010 wurde dem Beschwerdeführer die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in Leonding/Haag an einer bestimmten Betriebsstätte und mit einem bestimmten "von Amts wegen eingeschränkten Standortgebiet" erteilt.
2. Am 3. Februar 2011 stellte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (Erstbehörde) einen "Antrag auf (eine näher umschriebene) Standorterweiterung laut § 54 Apothekengesetz". In einem weiteren Schreiben vom 12. Mai 2011 bezog sich der Beschwerdeführer mit Blick auf seinen Antrag auf Standorterweiterung ausdrücklich auf die Bestimmung des § 46 Abs. 5 Apothekengesetz (ApG).
Mit Bescheid vom 18. Juli 2011 wies die Erstbehörde den Antrag des Beschwerdeführers als unbegründet ab, wobei sie sich auf § 46 Abs. 5 iVm § 51 Abs. 1 ApG stützte. Begründend führte die Erstbehörde im Kern aus, der Beschwerdeführer habe nur eine Standorterweiterung, allerdings nicht auch die Verlegung der Betriebsstätte beantragt; § 46 Abs. 5 ApG könne jedoch nur so verstanden werden, dass eine Standorterweiterung nur im Zusammenhang mit einer Verlegung der Betriebsstätte möglich sei. Außerdem verwies die Erstbehörde auf die durch den Konzessionsbescheid vom 19. März 2010 gerade vorgenommene Einschränkung des Standortes.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. August 2011 wurde der vom Beschwerdeführer gegen den erstbehördlichen Bescheid erhobenen Berufung stattgegeben, der Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit an die Erstbehörde zur Erlassung einer neuen Entscheidung zurückverwiesen. Diesen auf § 66 Abs. 2 AVG gestützten Bescheid begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass aus § 9 zweiter Satz ApG hervor gehe, dass der Standort einer Apotheke nicht bloß in einem einzelnen Gebäude bestehe, sondern vielmehr jenes flächenmäßige Gebiet umfasse, das die in § 10 Abs. 2 Z. 2 und 3 ApG genannten Kriterien erfülle und deshalb zugleich mit der Genehmigungserteilung oder zumindest nachträglich (vgl. § 46 Abs. 5 ApG) festzusetzen sei. Davon ausgehend hätte die Erstbehörde den Standort in dem beschriebenen Sinne ermitteln und prüfen müssen, ob hinsichtlich der Apotheke des Beschwerdeführers überhaupt schon ein Standort festgesetzt sei und - falls ja -, ob der beantragte neue Standort zur Gänze innerhalb des bestehenden Standortes oder außerhalb desselben liege, wobei in diesem Fall nach § 54 ApG "vor der inhaltlichen Abweisung des Antrages" die Österreichische Apothekerkammer und die örtlich zuständige Ärztekammer zu hören gewesen wären. Weil die Erstbehörde diesbezüglich weder Ermittlungen vorgenommen noch eine entsprechende Anhörung durchgeführt habe, sei deren Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 aufzuheben und die Angelegenheit an die Erstbehörde zur Erlassung einer neuen Entscheidung zurückzuverweisen.
3. In weiterer Folge gab die Erstbehörde - nach der Einholung von Stellungnahmen der Ärztekammer für Oberösterreich und der Österreichischen Apothekerkammer - mit Bescheid vom 12. Mai 2012 dem Antrag des Beschwerdeführers auf Standorterweiterung gemäß §§ 9, 10, 14 Abs. 2 und 46 Abs. 5 ApG wiederum nicht statt und führte begründend im Kern aus, eine Änderung des Standortes einer Apotheke nach Konzessionserteilung - und damit des Versorgungsgebietes - "geht (...) nur, wenn zugleich auch die Betriebsstätte - also das 'Geschäftslokal' - verlegt werden soll".
Der dagegen wiederum erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 27. Juli 2012 statt und hob den angefochtenen Erstbescheid auf, wobei sie sich auf "§ 66 Abs. 4 AVG" als Rechtsgrundlage stützte. Zur Begründung führte die belangte Behörde dabei im Wesentlichen aus, das als Antrag gemäß § 46 Abs. 5 ApG zu qualifizierende Ansuchen des Beschwerdeführers setze nicht zwingend die Angabe einer neuen Betriebsstätte voraus; deren Verlegung nach § 14 ApG stehe nämlich ausschließlich zur Disposition des Konzessionärs.
Die Erstbehörde hätte vielmehr aufgrund des Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 46 Abs. 5 ApG unter der Annahme der Beibehaltung der bisherigen Betriebsstätte ein "Bedarfsprüfungsverfahren nach §§ 46 ff ApG" durchführen müssen. Da die Erstbehörde in ihrem Bescheid "nicht einen Antrag auf Standorterweiterung inhaltlich erledigt" (sic!), sondern "im Ergebnis umgedeutet" habe, sei die belangte Behörde "von vornherein (nicht nur faktisch, sondern v.a. auch rechtlich) daran gehindert, eine reformatorische Entscheidung zu treffen, weil durch eine solche der Umfang der 'Sache' des Berufungsverfahrens überschritten worden wäre". Vielmehr sei - "auch um insgesamt eine Verkürzung des Instanzenzuges dahin, den Entfall der gerichtsförmigen Kontrolle der politischen Entscheidung der Verwaltungsbehörde zu vermeiden" - der angefochtene Bescheid bloß aufzuheben gewesen. "Ähnlich einer Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG" trete dadurch das Verfahren in jene Lage zurück, dass der "Antrag des Beschwerdeführers auf Standorterweiterung nach wie vor offen und aus Anlass dessen seitens der Erstbehörde ein Bedarfsprüfungsverfahren gemäß §§ 46 ApG i.V.m. § 10 ApG unter Einbeziehung sämtlicher in Betracht kommender Inhaber von bereits bestehenden benachbarten Apotheken durchzuführen" sei.
4. Daraufhin führte die Erstbehörde das Verfahren fort, indem sie u.a. am 28. September 2012 eine Verlautbarung nach § 48 ApG veranlasste. Nach Einlangen von Einsprüchen von Apothekenbetreibern gegen die beantragte Standorterweiterung räumte die Erstbehörde dem Beschwerdeführer dazu mit Schreiben vom 27. Dezember 2012 Parteiengehör gemäß § 45 Abs. 3 AVG ein. Mit Schreiben vom 19. Februar 2013 ersuchte die Erstbehörde die Österreichische Apothekerkammer unter Hinweis auf § 10 Abs. 7 ApG "um ehest mögliche Abgabe eines Gutachtens" zur Frage des Bedarfes der öffentlichen Apotheke des Beschwerdeführers an dem beantragten erweiterten Standort.
5. Aufgrund eines Devolutionsantrages des Beschwerdeführers vom 3. Juli 2013 erließ die belangte Behörde schließlich den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. Juli 2013, in dem sie den Antrag des Beschwerdeführers auf Erweiterung des Standortes seiner Apotheke abwies.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe verschiedener Bestimmungen des ApG im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe dezidiert eine Erweiterung "seines bisherigen Standortes" gemäß § 46 Abs. 5 ApG unter Beibehaltung der bisherigen Betriebsstätte begehrt. Aus dem von der Erstbehörde "vorgelegten Akt" ergebe sich, dass der Standort der Apotheke des Beschwerdeführers vollständig von Versorgungsgebieten anderer Konzessionsinhaber umschlossen sei und nach den von der Erstbehörde eingeholten Stellungnahmen anderer Konzessionäre von diesen keiner beabsichtige, seine Berechtigung zurückzulegen bzw. seinen Standort zu verlegen.
Aufgrund dieser faktischen Gegebenheiten komme im vorliegenden Fall eine bloße Standorterweiterung iSd § 46 Abs. 5 ApG schon deshalb nicht in Betracht, weil eine Ausdehnung des von anderen bestehenden Apothekenstandorten vollständig umschlossenen Versorgungsgebietes der Apotheke des Beschwerdeführers mangels eines hiefür vorhandenen Raumes schlechthin nicht denkbar sei. Es habe "sohin auch nicht der Durchführung eines gesonderten Bedarfsprüfungsverfahrens i.S.d.
§ 46 Abs. 5 i.V.m. § 10 ApG" bedurft; vielmehr sei der Antrag "schon ex ante abzuweisen" gewesen.
6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
7. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Bestimmungen des Apothekengesetzes - ApG, RGBl. Nr. 5/1907 idF BGBl. I Nr. 80/2013, lauten - auszugsweise - wie folgt:
"§ 9.
Konzession.
Der Betrieb einer öffentlichen Apotheke, welche nicht auf einem Realrechte beruht (radizierte, verkäufliche Apotheken), ist nur auf Grund einer besonderen behördlichen Bewilligung (Konzession) zulässig.
Im Konzessionsbescheid ist als Standort der Apotheke eine Gemeinde, eine Ortschaft, ein Stadtbezirk oder ein Teil eines solchen Gebietes zu bestimmen. Bei Apotheken, welche schon früher betrieben worden sind, ist der bisherige Standort aufrecht zu erhalten. Die Konzession hat nur für den Standort Geltung.
Sachliche Voraussetzungen der Konzessionserteilung
§ 10. (1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn
1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und
2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.
(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn
1. sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, oder
2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder
3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.
(...)
(7) Zur Frage des Bedarfes an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke ist ein Gutachten der österreichischen Apothekerkammer einzuholen. (...)
(...)
Verlegung
§ 14. (1) Die Verlegung einer Apotheke innerhalb des festgesetzten Standortes (§ 9 Abs. 2) bedarf der Genehmigung durch die Österreichische Apothekerkammer.
(2) Die Verlegung einer öffentlichen Apotheke an einen anderen Standort ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bewilligen, wenn die Voraussetzungen des § 10 zutreffen und überdies von dem neuen Standort aus der Bedarf des Gebietes besser befriedigt werden kann.
(...)
Gesuch um die Konzession zum Betriebe einer öffentlichen
Apotheke.
§ 46. (...)
(5) Über einen Antrag auf Erweiterung des bei Erteilung der Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke gemäß § 9 Abs. 2 festgesetzten Standortes oder um nachträgliche Festsetzung des Standortes, wenn dieser bei Erteilung der Konzession nicht gemäß § 9 Abs. 2 bestimmt wurde, ist das für die Konzessionserteilung vorgesehene Verfahren durchzuführen."
2. Die Beschwerde bringt unter anderem vor, im "Standortfestsetzungsverfahren" habe die Behörde zu prüfen, ob durch einen Gebietsteil des beantragten Standortes eine Konstellation im Sinn des § 10 Abs. 2 ApG geschaffen werde und - bejahendenfalls - den Standort in dem Umfang zu verringern, dass dem § 10 Abs. 2 ApG gerade noch entsprochen werde. In ihrem Bescheid "vom 10.08.2011" sei die belangte Behörde "exakt dieser Rechtsansicht gefolgt" und habe der Erstbehörde auch ein entsprechendes Gutachten aufgetragen. Ein derartiges Bedarfsgutachten sei allerdings - trotz der wiederholten Aufforderungen durch den Beschwerdeführer - bislang unterblieben; (auch) die belangte Behörde habe es nicht für nötig befunden, ein entsprechendes Bedarfsgutachten zu erstellen. Deshalb liege jedenfalls ein wesentlicher Verfahrensfehler vor.
3. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg:
3.1. Erlässt die Berufungsbehörde einen Behebungs- und Zurückverweisungsbescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG, ist die Unterbehörde an die darin geäußerten, die Behebung tragenden Gründe und die für sie maßgebliche Rechtsansicht gebunden. Die Missachtung der die Aufhebung tragenden Gründe und der dafür maßgeblichen Rechtsansicht belastet den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. etwa die Nachweise aus der hg. Rechtsprechung bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 26).
Die von einem solchen Bescheid ausgehende Bindungswirkung erstreckt sich allerdings nicht nur auf die angewiesene Unterbehörde und die Parteien des Verfahrens, sondern innerhalb der Grenzen der Rechtskraft (u.a.) auch auf die bescheiderlassende Behörde selbst sowie die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (vgl. wiederum Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 28, mwN).
Eine Behebung nach "§ 66 Abs. 4 AVG", die die Sache keiner endgültigen meritorischen Erledigung zuführt, sondern den Bescheid der Unterinstanz auch ohne ausdrückliche Zurückverweisung nur behebt, ist ihrem Wesen nach eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG. Ein solcher Bescheid hat für das weitere Verfahren die Rechtwirkung, dass die unterinstanzliche Behörde an die Rechtsansicht, von der die Berufungsbehörde ausgegangen ist, gebunden ist; aber auch die Berufungsbehörde, die nach § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben hat, ist an ihre eigene Rechtsmeinung gebunden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. August 1998, Zl. 96/19/2899, mwN).
3.2. Dies trifft auch im vorliegenden Fall zu:
Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid die Auffassung, dass eine Bedarfsprüfung von vornherein zu keinem anderen Ergebnis als zur Abweisung des Antrages auf Standorterweiterung führen kann, wenn der Standort der Apotheke des Beschwerdeführers von den Standorten der Nachbarapotheken "vollständig umschlossen" ist.
Damit entfernt sich die belangte Behörde allerdings vom ApG:
Auf die vollständige Umschließung durch die Standorte benachbarter Apotheken kommt es nicht an. Vielmehr ist maßgeblich, ob in Ansehung des Gebietes der Standorterweiterung die Voraussetzungen für die Konzessionserteilung vorliegen.
Im Übrigen hat die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom 27. Juli 2012 der Erstbehörde eben diese Prüfung (nämlich ein "Bedarfsprüfungsverfahren gemäß den §§ 46 ApG i.V.m. § 10 ApG") aufgetragen.
Die mit dieser tragenden Begründung vertretene Rechtsansicht entfaltete somit nicht nur gegenüber der Erstbehörde, sondern auch gegenüber der belangten Behörde selbst, welche mit dem angefochtenen Bescheid als nach § 73 Abs. 2 erster Satz AVG zuständig gewordene Behörde tätig wurde, Bindungswirkung.
3.3. Infolge der Missachtung der dem eigenen Bescheid vom 27. Juli 2012 zugrunde liegenden Rechtsansicht hat die belangte Behörde den vorliegend angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG (in der hier gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG i.d.F. BGBl. I Nr. 122/2013 noch maßgeblichen Fassung, die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 in Geltung stand) aufzuheben war.
4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG (idF BGBl. I Nr. 122/2013) und § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 auf die §§ 47 ff VwGG (in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung) iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 30. Jänner 2014
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)