VwGH 2013/04/0164

VwGH2013/04/016429.4.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des Dr. S M in R, vertreten durch die Denk & Kaufmann Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Teinfaltstraße 4/8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend (nunmehr: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft) vom 25. Oktober 2013, Zl. BMWFJ-311.746/0004- I/5a/2013, betreffend Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: Mag. C T in R), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
GewO 1994 §74;
GewO 1994 §77;
GewO 1994 §81;
AVG §52;
GewO 1994 §74;
GewO 1994 §77;
GewO 1994 §81;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 17. April 1998, Zl. 97/04/0217, vom 6. April 2005, Zl. 2000/04/0067, vom 28. März 2007, Zl. 2006/04/0228, und vom 17. April 2012, Zl. 2009/04/0285, verwiesen.

Im zuletzt genannten Erkenntnis (Vorerkenntnis) stützte der Verwaltungsgerichtshof die neuerliche Aufhebung des eine Änderung der Betriebsanlage des Mitbeteiligten genehmigenden Bescheides der belangten Behörde auf folgende Erwägungen:

"Festzuhalten ist (...), dass sich die im Spruch des nunmehr angefochtenen Bescheides enthaltene Aufzählung und somit vorgenommene Individualisierung der Pläne nicht von jener im Spruch des zuletzt mit dem Vorerkenntnis vom 28. März 2007 aufgehobenen Bescheides vom 5. Oktober 2006 unterscheidet. Diese Pläne sind im Spruch unverändert dahingehend individualisiert, dass sie mit einem Genehmigungsvermerk der belangten Behörde vom 2. Februar 2000 versehen seien.

Derartige wie im Spruch des angefochtenen Bescheides umschriebene, mit einem Genehmigungsvermerk der belangten Behörde vom 2. Februar 2000 versehene Pläne liegen aber wiederum nicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten auf.

Damit ist es dem Verwaltungsgerichtshof wiederum nicht möglich zu überprüfen, ob die im Spruch des angefochtenen Bescheides bezeichneten Pläne entgegen dem oben wiedergegebenen Vorbringen des Beschwerdeführers das genehmigte Projekt ausreichend konkretisieren (vgl. hiezu nochmals das zitierte Vorerkenntnis vom 17. April 1998)."

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend (belangte Behörde) wurde im fortgesetzten Verfahren wie folgt abgesprochen:

"Die Berufung wird abgewiesen und die Änderung der Betriebsanlage (Lkw-Abstellplatz) gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 nach Maßgabe der vorgelegten Pläne und unter Vorschreibung der nachstehend angeführten zusätzlichen Auflagen genehmigt.

Bei den vorgelegten Plänen, die jeweils auf der Rückseite mit dem Genehmigungsvermerk des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 02.02.2000, Zl. 311.746/1-III/A/9/2000, versehen sind, handelt es sich um folgende:

3.1. Begründend führte die belangte Behörde zum nunmehrigen fünften Rechtsgang auf das Wesentlichste zusammengefasst aus, die im Vorerkenntnis angeführten Pläne seien im fortgesetzten Verfahren dem Akt angeschlossen worden.

3.2. Der Beschwerdeführer habe im fortgesetzten Verfahren seine bereits vorgebrachten Rügen am Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen wiederholt und eine gutachtliche Stellungnahme einer näher bezeichneten Ziviltechniker GmbH vom 8. Mai 2013 vorgelegt. In dieser werde gerügt, bei den (in den vorangegangenen Rechtsgängen vorgenommenen) Lärmberechnungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen seien weder die ÖAL-Richtlinie 3 noch ÖNORM ISO 9613 Teil 2 zur Anwendung gekommen. Daher entspreche das damals erstellte technische Gutachten nicht dem heutigen Stand der Technik und werde angemerkt, dass die nunmehr aktuelle "ÖAL 3" nicht mehr auf den Grundgeräuschpegel Bezug nehme.

Diese Stellungnahme sei dem gewerbetechnischen Amtssachverständigen übermittelt worden, der zur oben angeführten Rüge ausgeführt habe, die ÖAL-Richtlinie 3 sei sowohl in der damaligen als auch in der aktuellen Fassung als Literatur, die gegebenenfalls zur Beurteilung von Schallereignissen herangezogen werden könne, anzusehen. Diese Beurteilung obliege jedoch nicht dem gewerbetechnischen Sachverständigen. In der Augenscheinsverhandlung vom Mai 1996 seien die gemessenen Störgeräusch-Schalldruckpegel auf eine größere Entfernung umgerechnet worden. Die Berechnung sei nach den anerkannten Regeln der Akustik/Schalltechnik erfolgt. Die ÖNORM ISO 9613 gebe dafür kein Verfahren an. Allfällige zusätzliche Dämpfungseffekte (z.B. Bodendämpfung) seien bei der in Rede stehenden Abstandsänderung bedeutungslos. Ergänzend sei seitens des gewerbetechnischen Amtssachverständigen anzumerken, dass im Rahmen der damaligen Umgebungsgeräuschmessungen der Grundgeräuschpegel aufgrund der vorgefundenen Geräuschsituation nicht habe gemessen werden können (kein Ruhedruck). Es seien daher im Befund ersatzweise die "niedrigsten Werte" und die entsprechende Beschreibung des Geräusches angegeben worden. Aus diesen Gründen seien keine weiteren technischen Erhebungen oder technische Begutachtungen erforderlich.

Die genannte Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen sei dem Parteiengehör unterzogen worden und der Beschwerdeführer habe eine - die im bisherigen Verfahren bereits geäußerten Vorbringen wiederholende - Stellungnahme abgegeben.

3.3. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Gutachten des gewerbetechnischen und des medizinischen Sachverständigen seien schlüssig, klar und eindeutig. Auf Grund der Empfehlung des gewerbetechnischen Sachverständigen sei die Ausführung der Wälle im Spruch des angefochtenen Bescheides genauer spezifiziert worden, sodass nun mit keiner wie immer gearteten Beeinträchtigung des Nachbarn zu rechnen sei.

Zu dem vom Berufungswerber im fortgesetzten Verfahren vorgelegten Gutachten vom 8. Mai 2013 sei festzuhalten, dass dieses weder einen Befund noch aus der konkreten Situation ermittelte Tatsachen in Richtung auf das Beweisthema sondern lediglich allgemeine Ausführungen enthalte. Aus diesem Grund allein sei es schon nicht geeignet, die im Zuge des Verfahrens bereits abgegebenen schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Amtssachverständigen in Zweifel zu ziehen.

Im Übrigen sei festzuhalten, dass die Behörde im fortgesetzten Verfahren an den Inhalt des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. April 2012, Zl. 2009/04/0285, gebunden sei. In diesem Erkenntnis werde festgehalten, dass der Beschwerdeführer den nicht als unschlüssig zu erkennenden Sachverständigenausführungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegentrete und von ihm eine von der Betriebsanlage ausgehende unzumutbare Belästigung durch Staub, Rauch und Geruch nicht dargetan werde. Auf Grund der zur Aufhebung des Bescheides vom 11. September 2009 führenden Bemängelung des Verwaltungsgerichtshofes seien die im Spruch des Bescheides angeführten Pläne den Akten des Verwaltungsgerichtshofes angeschlossen worden. Durch diese Pläne werde das genehmigte Projekt umfassend erläutert und damit ausreichend konkretisiert.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

5. Das Landesverwaltungsgericht Tirol (das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z. 9 B-VG an die Stelle der belangten Behörde getreten ist) legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem VwGbk-ÜG handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

2. Im Vorerkenntnis, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, führte der Verwaltungsgerichtshof unter anderem aus, die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung der Auswirkung der Änderung der Betriebsanlage sei nach dem maßgeblichen Maßstab des § 63 VwGG nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die Aufhebung des dort angefochtenen Bescheides gründete sich alleine darauf, dass die im Spruch umschriebenen, mit einem Genehmigungsvermerk der belangten Behörde vom 2. Februar 2000 versehenen Pläne wiederum nicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten aufgelegen seien und es damit dem Verwaltungsgerichtshof wiederum nicht möglich gewesen sei, zu überprüfen, ob die Pläne das genehmigte Projekt ausreichend konkretisierten.

Diese (auch im Spruch des nunmehr angefochtenen Bescheides umschriebenen) Pläne liegen nunmehr in den vorgelegten Verwaltungsakten auf. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, es würden im Akt keinerlei Originalpläne aufliegen, trifft somit nicht zu.

3. Der Beschwerdeführer wendet gegen diese Pläne weiter ein, die auf einem Plan gekennzeichneten Erdwälle seien in keiner Weise hinreichend konkretisiert, da die genaue Lage, Tiefe, Bewuchs und Neigung nicht präzisiert seien.

Zu diesem Vorbringen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die im vorliegenden Beschwerdefall alleine entscheidende Frage, ob sachverhaltsbezogen die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 81 iVm § 77 GewO 1994 vorliegen, auf Grundlage von nicht als unschlüssig zu erkennenden Gutachten eines gewerbetechnischen und eines medizinischen Amtssachverständigen beurteilt wurde (vgl. dazu aus der der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2012, Zl. 2011/04/0008, mwN).

Diese Sachverständigen haben sich auf die einen Bestandteil des vorliegenden Projektes bildenden Pläne gestützt und diese für eine Beurteilung der Auswirkungen nach § 77 GewO 1994 für ausreichend befunden (vgl. auch § 353 Abs. 1 lit. b GewO 1994, der bei dem einem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage anzuschließenden Unterlagen von "erforderlichen Pläne und Skizzen" spricht). Diese Beurteilung ist angesichts der nun vorgelegten Pläne als nicht unschlüssig zu erkennen und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene bekämpft. Darüber hinaus wurde die Ausführung der Erdwälle durch eine im angefochtenen Bescheid angeführte Auflage näher konkretisiert.

Ausgehend davon wird mit diesem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

4. Der Beschwerdeführer bringt gegen die von der belangten Behörde der Änderungsgenehmigung zu Grunde gelegten Sachverständigengutachten vor, es sei durch den von ihm beigezogenen Gutachter bestätigt worden, dass die Gutachten insbesondere wegen Änderung der Sach- und Rechtslage nicht mehr der Entscheidung zugrunde gelegt werden könnten, da sich das gewerbetechnische Gutachten auf nicht mehr gültige Normen und Richtlinien stütze.

Zunächst ist zu diesem Vorbringen zu bemerken, dass die belangte Behörde zu der vom Beschwerdeführer vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme eine ergänzende Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen einholte. Damit entsprach sie der hg. Rechtsprechung, wonach die Behörde sich bei einander widersprechenden Gutachten dem einen oder anderen Gutachten anschließen kann, aber nachvollziehbar die Gedankengänge aufzuzeigen hat, die sie veranlasst haben, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen als dem anderen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 2008, Zl. 2007/04/0097, mwN). Dass sich die belangte Behörde in der Folge in freier Beweiswürdigung insbesondere auf das nicht als unschlüssig zu erkennende Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen stützte, weil das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten lediglich allgemeine Ausführungen enthalten habe, vermag keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu begründen, zumal der Beschwerdeführer auch die sachverhaltsbezogene Relevanz seiner Einwendungen nicht darlegte.

5. Der Beschwerdeführer wendet gegen die in den vorangegangenen Rechtsgängen vorgenommene Begutachtung ein, der medizinische Gutachter aber auch die belangte Behörde hätten aufgrund der "aktuell publizierten Immissionsgrenzwerte" zum Ergebnis gelangen müssen, dass für die Nachbarn eine unzumutbare Belästigung erwartet werden müsse, sowie bei der Augenscheinsverhandlung am 7. und 8. Mai 1996 sei die Messung auf dem Balkon und der südseitigen Terrasse verweigert worden.

Zu diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer auf das Vorerkenntnis zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung der Auswirkung der Änderung der Betriebsanlage nicht als rechtswidrig erkannt hat (vgl. im Übrigen das hg. Erkenntnis vom 12. September 2007, Zl. 2007/04/0100, wonach ein Einwand gegen die Wahl des Messpunktes nicht zielführend ist, wenn er nicht auf gleicher fachlicher Ebene erfolgt).

6. Zuletzt wird mit dem Vorbringen, vom Mitbeteiligten sei selbst angegeben worden, in der Altanlage würden seit über 20 Jahren keine LKW eingestellt, und es sei daher davon auszugehen, dass der Genehmigungsbescheid vom 10. Oktober 1947 erloschen sei, im Hinblick auf § 80 Abs. 1 GewO 1994, wonach die Genehmigung der Betriebsanlage nur erlischt, wenn der Betrieb der Anlage durch mehr als fünf Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen wird (vgl. zu § 80 Abs. 1 GewO 1994 auch das hg. Erkenntnis vom 11. September 2013, Zl. 2010/04/0032, mwN), keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

7. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

8. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 29. April 2014

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