VwGH 2007/04/0097

VwGH2007/04/009730.4.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde 1. des H in L und 2. der M sowie 3. des F, beide in E, alle vertreten durch Onz Onz Kraemmer Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 12. März 2007, BMWA-323.998/0002- I/9/2007, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: L in L, vertreten durch Pistotnik Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, 1010 Wien, Börsegasse 12), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
GewO 1994 §74 Abs3;
AVG §52;
GewO 1994 §74 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 26. April 2006, Zlen. 2003/04/0190, 0191, verwiesen.

Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen und vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 12. März 2007 wurden die Berufungen der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems (BH) vom 2. August 2002, mit welchem der mitbeteiligten Partei gemäß den §§ 74 Abs. 2, 77 und 359 Abs. 1 GewO 1994 sowie gemäß § 93 Abs. 2 ASchG die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines "Besucherzentrums" und einer "Kellerwelt" im Standort L unter Vorschreibung näher bezeichneter Auflagen erteilt wurde, gemäß § 66 Abs. 4 AVG sowie § 73 AVG iVm § 63 VwGG abgewiesen.

Begründend stützte sich die belangte Behörde auf das im fortgesetzten Verfahren eingeholte Gutachten des (gewerbe)technischen Amtssachverständigen vom 6. Dezember 2006, welches im angefochtenen Bescheid wie folgt wiedergegeben wird (Kürzungen und Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"1. Messung des BMWA

Von Samstag 8.7.2006 ca. 18.00 Uhr bis Sonntag 9.7.2006 ca. 0.30 Uhr wurde ein für den Betrieb unangesagter Augenschein, verbunden mit stichprobenweisen Schallpegelmessungen durchgeführt. Während dieser Zeit fand im L die Veranstaltung 'Die lange Nacht des L' mit Life-Musik im Besucherzentrum statt (Beginn 19.00 Uhr (...)). Ziel des Augenscheins war es, die durch eine Veranstaltung im L verursachten abendlichen und nächtlichen Schallpegelimmissionen beim Erstbeschwerdeführer zu messen.

(...)

2. Messungen im Auftrag des Betreibers

Unabhängig vom BMWA wurden vom Betreiber des L Schallpegelmessungen in Auftrag gegeben. Diese wurden mit Schreiben vom 14.7.2006 dem BMWA übermittelt. Es handelt sich dabei (um) die 'Lärmtechnische Untersuchung 2005, schalltechnischer Messbericht vom 21.4.2005 und 24.5.2005' (GZI. 05094, Einlagezahl 2.2) und 'Schalltechnischer Messbericht vom 17.6.2005' (Einlagezahl 2.3) der R & P Ziviltechniker GesmbH. in Krems. Die Messungen wurden im Freien ca. 60 m östlich des Parkplatzes L und ca. 50 m nördlich des L neben dem Feldweg entlang der östlichen Grundgrenze durchgeführt.

...

3. Schlussfolgerungen

Sowohl die Messungen des BMWA als auch die von der Betriebsinhabung veranlassten Messungen zeigen übereinstimmend, dass der Umgebungsgeräuschpegel durch Verkehrsgeräusche von den umliegenden Straßen (B 218, B 34, Kamptalstraße) sowohl tags als auch nachts geprägt ist. Hinzu kommen noch tagsüber Vogelgezwitscher, Hundegebell, das Läuten der Kirchenglocken, vereinzelte Überflüge von Flugzeugen, Warnsignale der Bahn und Ortsgeräusche. Die durch den Besucherverkehr des L verursachten Schallimmissionen (Motorgeräusche durch das Zu- und Abfahren mit Pkws, Zuschlagen von Autotüren, Hupen) liegen im Bereich des Umgebungslärms und unterscheiden sich in ihrer Lautheit nicht wesentlich von diesem. Aus der Messung am 17.6.2005 ist ersichtlich, dass dies auch für das Zu- und Abfahren von Bussen gilt. Auch Gespräche im Bereich des L und des zugehörigen Parkplatzes waren ohne Informationscharakter und etwa gleich laut wie die Verkehrsgeräusche aus der Umgebung. Diese Feststellungen gelten sowohl für die Zeit vor als auch nach 22.00 Uhr.

Die voran stehend dargestellten und von der Betriebsanlage ausgehenden Geräusche können grundsätzlich während der gesamten Betriebszeit auftreten. Die normalen Betriebszeiten sind von 8.00 Uhr bis 19.00 Uhr, für Besucher ist von 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr mit Kassenschluss um 18.00 Uhr geöffnet. Nur bei Veranstaltungen soll gemäß Einreichunterlagen bis 22.00 Uhr betrieben werden, wobei jedoch nur ca. 20 Veranstaltungen pro Jahr stattfinden sollen. Erfahrungsgemäß ist mit der Abfahrt der letzten Gäste und Arbeitnehmer innerhalb einer halben Stunde nach Veranstaltungsschluss zu rechnen, wobei es gerade bei den letzten Gästen durch Alkoholeinfluss auch zu einem lauteren Verhalten in der Größenordnung des beim Augenschein gemessenen Kreischens kommen kann. Sollten diese grundsätzlich möglichen nächtlichen Einwirkungen als unzumutbar eingestuft werden, so ist aus technischer Sicht darauf hinzuweisen, dass in Folge der Hanglage und der relativ großen Entfernung zum Berufungswerber keine technischen Abhilfemaßnahmen möglich sind. In diesem Fall müsste die Sperrstunde bei Veranstaltungen entsprechend vorverlegt werden. Bemerkt wird allerdings, dass es sich während der Sommermonate um mitteleuropäische Sommerzeit handelt und die Zahl solcher Veranstaltungen ohnehin begrenzt ist."

Rechtlich führte die belangte Behörde sodann (zum Vorbringen der Beschwerdeführer im Parteiengehör) aus, zu der vorgebrachten Blendwirkung sei anzumerken, dass das Wohngrundstück des Erstbeschwerdeführers von einer dichten Hecke umgeben sei und daher für das gesamte Wohngrundstück und den Erdgeschoßbereiches des Wohnhauses eine allfällige Blendwirkung durch an der Fassade reflektiertes Sonnenlicht ausgeschlossen werden könne. Lediglich für die beiden Räume im ausgebauten Dachgeschoß könne für die Zeit vom Herbst bis Frühjahr eine allfällige und zeitlich begrenzte Wirkung durch reflektiertes Sonnenlicht nicht völlig ausgeschlossen werden.

Die (lärmtechnischen) Messungen vom 8. und 9. Juli 2006 seien ausführlich dargestellt und bedürften keiner Ergänzung. Dass Veranstaltungen der beschriebenen Art nicht öffentlich angekündigt würden, weil es sich um Firmenveranstaltungen handle, impliziere, dass es sich auch um einen eingeschränkten Besucherkreis handle und somit außergewöhnliche Gästezahlen nicht zu erwarten seien. Die bei diesen Firmenveranstaltungen auftretenden Einwirkungen in die Umgebung der Betriebsanlage würden sich daher nicht wesentlich von den bereits erhobenen Einwirkungen unterscheiden. Unrichtig sei die Behauptung, dass bei den Messungen am 8. Juli 2006 die "durchaus störende Eröffnungsmusik" nicht erfasst worden sei, da während der Öffnung ebenfalls gemessen worden sei. Den Messungen an Ort und Stelle sei gegenüber den im Gutachten der T GmbH vom 19. Dezember 2002 enthaltenen Berechnungen der Vorzug zu geben. Die Auffassung des Erstbeschwerdeführers, die vorliegenden Daten seien insbesondere im Hinblick auf die Zeit nach 22.00 Uhr ungenügend, werde von der belangten Behörde nicht geteilt. Es seien bei der Messung am 8. und 9. Juli 2006 insgesamt 4 Messungen in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 24.00 Uhr durchgeführt worden. Dabei seien sämtliche störende Geräusche erhoben worden, die erfahrungsgemäß beim Verlassen von Gaststätten auftreten könnten, wie z.B. Starten von Kraftfahrzeugen, Zuschlagen von Autotüren, Motorgeräusche bei der Abfahrt, Unterhaltung und Lärmen. Die Behauptung, bei einem Betriebsende um 22.00 Uhr könne erfahrungsgemäß noch ca. 1 Stunde mit dem Abfahrtsverkehr gerechnet werden, könne aus der Erfahrung der belangten Behörde nicht bestätigt werden. Auf Grund der vorliegenden Erfahrungen sei höchstens mit einer halben Stunde zu rechnen, bis auch die letzten Fahrzeuge den Parkplatz verlassen hätten.

An der Feststellung, dass keine technischen Abhilfemaßnahmen möglich seien, werde seitens der belangten Behörde festgehalten:

der Vorschlag im Gutachten der T GmbH, eine 5 m hohe Lärmschutzwand entlang der östlichen Grenze des Betriebsgrundstückes zu errichten, sei auf Grund der örtlichen Gegebenheiten (Hangneigung) und der Tatsache, dass im ausgebauten Dachgeschoß (erster Stock) Wohnräume seien, nicht zielführend.

Hinsichtlich der Aufzüge sei die belangte Behörde an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes gebunden, wonach diese Projektsergänzung eine Änderung darstelle, die im fortgesetzten Verfahren keine Berücksichtigung finden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte - mit Ausnahme der ministeriellen Verwaltungsakten - die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführer wenden gegen den angefochtenen Bescheid zunächst ein, die von der belangten Behörde bei der Veranstaltung am 8. Juni 2006 durchgeführten Lärmmessungen seien nicht repräsentativ gewesen, obwohl die Behörde bei der Beurteilung von Immissionen von der für den Nachbarn ungünstigsten, belastendsten Situation auszugehen habe. So habe der Erstbeschwerdeführer bereits darauf hingewiesen, dass diese Veranstaltung auf die örtliche Bevölkerung ausgerichtet gewesen sei, weshalb nur mit einem sehr geringen Zu- und Abfahrtverkehr zu rechnen und insbesondere überhaupt keine Autobusse zu erwarten seien, welche an anderen Tagen eine Hauptquelle der Lärmbelästigungen darstellten. So benötigten die Autobusse den Rückwärtsgang, was einen unangenehmen Pfeifton beim Umkehrvorgang hervorrufe. Überdies werde der Motor oft bis zu einer Stunde vor Abfahrt (auch zur Nachtzeit) laufen gelassen. Diese Vorgänge seien für den Erstbeschwerdeführer unzumutbar belästigend und der Betriebsanlage zuzurechnen, da die Autobusse auf der Zufahrtsstraße zur Betriebsanlage parkten, von der Teile als Pkw-Abstellplätze gekennzeichnet seien, und es sich also um einen Teil der Betriebsanlage handle.

Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass sich der Amtssachverständige auch auf Messungen im Auftrag der mitbeteiligten Partei gestützt und in seinem Gutachten ausdrücklich ausgeführt hat, aus einer dieser Messungen (am 17. Juni 2005) sei ersichtlich, dass die Schlussfolgerung, die durch den Besucherverkehr der Betriebsanlage verursachten Schallimmissionen lägen im Bereich des Umgebungslärms und unterschieden sich in ihrer Lautheit nicht wesentlich von diesem, auch für das Zu- und Abfahren von Bussen gelte.

Darüber hinaus ist auf § 74 Abs. 3 GewO 1994 hinzuweisen, welcher auf Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen abstellt, die durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen. Nach der hg. Rechtsprechung ist die Grenze zwischen einer projektierten Betriebsanlage und ihrer Umwelt dort zu ziehen, wo die Betriebsanlage entsprechend dem Projekt in ihrem räumlichen Umfang endet und dementsprechend das Umfeld der Betriebsanlage beginnt. Das Fahren ebenso das Parken von Fahrzeugen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr kann daher nicht mehr als zu einer gewerblichen Betriebsanlage gehörendes Geschehen gewertet werden (vgl. die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung2 (2003), 521, Rz 9 zu § 74 GewO 1994 wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Insoweit von den Beschwerdeführern Belästigungen durch Fahrzeugverkehr auf Straßen mit öffentlichem Verkehr angesprochen werden, sind diese daher nicht Gegenstand des gewerbebehördlichen Betriebsanlagenverfahrens.

Soweit die Beschwerdeführer rügen, der gewerbetechnische Amtssachverständige habe keine eigenständige Befundaufnahme vorgenommen, sind sie auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, nach welcher der gewerbetechnische Sachverständige seiner Beurteilung die vom Konsenswerber vorgelegten Messberichte zu Grunde legen kann, sofern er diese nach eigenverantwortlicher Überprüfung für unbedenklich hält (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. März 2007, Zl. 2006/04/0105), was auch für sonstige von anderen Sachverständigen erstellte Messberichte gilt.

2.1. Die Beschwerdeführer bringen gegen den angefochtenen Bescheid weiters vor, die belangte Behörde habe sich nicht mit dem Umstand auseinander gesetzt, dass das Projekt keine Vorkehrungen gegen Blendwirkungen enthalte. So weise die vorliegende Betriebsanlage eine Alufassade auf, welche Reflexionswirkungen habe. Diese Blendwirkung führe zu unzumutbaren Belästigungen des Erstbeschwerdeführers.

Die Beschwerdeführer bringen gegen den angefochtenen Bescheid auch vor, bis dato liege keinerlei nachvollziehbare medizinische Begutachtung vor. Bei der von der belangten Behörde durchgeführten Lärmmessung seien einzelne Lärmspitzen festgestellt worden, die der technische Amtssachverständige als potenziell unzumutbar einstufe, weshalb die Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen unerlässlich sei.

Die Beschwerdeführer wenden zudem ein, die belangte Behörde habe sich mit den von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten der T GmbH und des Instituts für Umwelthygiene der Universität Wien nicht auseinander gesetzt. Die belangte Behörde verkenne die bisherigen Verfahrensergebnisse, wenn sie im angefochtenen Bescheid dem Gutachten der T GmbH vom 19. Dezember 2002 vorhalte, dass dieses bloß auf Berechnungen beruhe und daher den Messungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen der Vorzug zu geben sei. Tatsächlich ergebe sich nämlich aus der gutachtlichen Stellungnahme des Instituts für Umwelthygiene der Universität Wien vom 9. September 2003, dass anlässlich eines Lokalaugenscheins konkrete Messungen durchgeführt worden seien, welche die Annahmen der T GmbH hinsichtlich des Gesprächslärms belegen würden. Auch mit den in dieser vom Institut für Umwelthygiene der Universität Wien angeführten umfangreichen Maßnahmenvorschlägen habe sich die belangte Behörde "so gut wie überhaupt nicht" auseinander gesetzt und auch hiezu keine Gutachtensergänzung durch einen medizinischen Amtssachverständigen veranlasst.

2.2. Im zitierten hg. Vorerkenntnis vom 26. April 2006, Zlen. 2003/04/0190, 0191, hat der Verwaltungsgerichtshof wie folgt erwogen:

"3. Die Feststellung, ob die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 77 GewO 1994 vorliegen, ist Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens. Den Sachverständigen obliegt es, auf Grund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) über diese Fragen abzugeben. Der gewerbetechnische Sachverständige hat sich darüber zu äußern, welcher Art die von einer Betriebsanlage nach dem Projekt des Genehmigungswerbers zu erwartenden Einflüsse auf die Nachbarschaft sind, welche Einrichtungen der Betriebsanlage als Quellen solcher Immissionen in Betracht kommen, ob und durch welche Vorkehrungen zu erwartende Immissionen verhütet oder verringert werden und welcher Art und Intensität die verringerten Immissionen noch sein werden. Dem ärztlichen Sachverständigen fällt - fußend auf dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen - die Aufgabe zu, darzulegen, welche Einwirkungen die zu erwartenden unvermeidlichen Immissionen nach Art und Dauer auf den menschlichen Organismus entsprechend der in diesem Zusammenhang im § 77 Abs. 2 GewO 1994 enthaltenen Tatbestandsmerkmale auszuüben vermögen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2002/04/0001, mit Hinweis auf die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung2 (2003), 574 f wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

...

Der Zweitbeschwerdeführer verwies in seiner Stellungnahme zum Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen im Rahmen des Parteiengehörs auf Stellungnahmen der T GmbH sowie des Instituts für Umwelthygiene der Universität Wien, mit welchen dem Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegnet werde, und führte unter Bezugnahme auf die letztgenannte Stellungnahme zehn näher bezeichnete Gründe aus, aus welchen die von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte lärmtechnische Begutachtung nicht als ausreichend anzusehen sei (so sei etwa nicht nachvollziehbar, weshalb bei Veranstaltungen mit einem Ende um 22.00 Uhr die nach diesem Zeitpunkt zu erwartenden Lärmentwicklungen von abreisenden Besuchern nicht berücksichtigt worden seien; weiters seien die Angaben über die Anzahl der Parkplätze nicht nachvollziehbar; die Angaben über die zu erwartenden Immissionen von Musikgeräuschen seien unzureichend; die von der T GmbH vorgenommene getrennte Betrachtung des Abendzeitraumes sei aus lärmhygienischer Sicht unbedingt geboten; anlässlich eines Lokalaugenscheines seien seitens des Instituts für Lärmhygiene der Universität Wien Messungen durchgeführt worden, welche die Annahmen der T GmbH hinsichtlich des Gesprächslärms belegen würden). Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht beschäftigt, sondern sich darauf beschränkt, dem Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen, welches auf diese nachträglich vorgelegten Stellungnahmen nicht eingegangen ist, zu folgen.

Daher hat die belangte Behörde der ihr gemäß § 60 AVG obliegenden Begründungspflicht im angefochtenen Bescheid nicht ausreichend entsprochen und diesen mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben."

2.3. Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG war die belangte Behörde bei der Erlassung des nunmehr angefochtenen Ersatzbescheides an die vom Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis geäußerte Rechtsanschauung gebunden (vgl. auch das die belangte Behörde betreffende hg. Erkenntnis vom 28. März 2007, Zl. 2006/04/0228, mwN).

Ausgehend vom Inhalt des angefochtenen Bescheides und - mangels Vorlage der ministeriellen Verwaltungsakten - gemäß § 38 Abs. 2 VwGG auf Grund der Behauptungen der Beschwerdeführer ist festzuhalten, dass es die belangte Behörde in Verkennung der vom Verwaltungsgerichtshof im zitierten Vorerkenntnis geäußerten Rechtsanschauung nicht für erforderlich gehalten hat, sich mit der im Vorerkenntnis angeführten Stellungnahme des Instituts für Umwelthygiene der Universität Wien und der Stellungnahme der T GmbH (vom 1. September 2003) zu beschäftigen.

Die Behörde kann sich zwar nach der hg. Rechtsprechung bei einander widersprechenden Gutachten dem einen oder anderen Gutachten anschließen. Sie hat aber nachvollziehbar die Gedankengänge aufzuzeigen, die sie veranlasst haben, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen als dem anderen. Dabei kann bei einem Widerspruch der Gutachten eines privaten und eines amtlichen Sachverständigen nicht schon die amtliche Eigenschaft des einen Sachverständigen, sondern nur der innere Wahrheitsgehalt des Gutachtens den Ausschlag geben (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 835, E 228 f zu § 52 AVG angeführte hg. Rechtsprechung).

Eine solche Auseinandersetzung mit der Stellungnahme der T GmbH (vom 1. September 2003) und der Stellungnahme des Institutes für Umwelthygiene der Universität Wien fehlt im angefochtenen Bescheid.

Weiters hat es die belangte Behörde in Verkennung der Rechtsanschauung im zitierten Vorerkenntnis nicht für erforderlich gehalten, fußend auf den im Verfahren vor der belangten Behörde eingeholten bzw. vorgelegten lärmtechnischen Gutachten ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen einzuholen (vgl. zu diesem Erfordernis die im Vorerkenntnis zitierte ständige hg. Rechtsprechung, insbesondere das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2002/04/0001). Die belangte Behörde hat zwar im angefochtenen Bescheid auf die "medizinische Beurteilung durch die Unterinstanz" verwiesen. Das diesbezügliche ergänzende Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen stammt jedoch - der vorgelegten Aktenlage zufolge - bereits aus dem Jahr 2002 (vgl. AS 134 - 136) und konnte naturgemäß die im Verfahren vor der belangten Behörde erstatteten Gutachten und die dort ergänzend festgestellten Immissionen nicht berücksichtigen.

2.4. Da die belangte Behörde nach dem Gesagten gegen § 63 Abs. 1 VwGG verstoßen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde - entsprechend der im zitierten Vorerkenntnis vom 26. April 2006 angeführten Rechtsprechung fußend auf entsprechende Sachverständigenäußerungen - auch auf die vom Erstbeschwerdeführer vorgebrachte Blendwirkung der Betriebsanlage (vgl. oben zu 2.) einzugehen haben. Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zu diesem Vorbringen ohne Sachverständigengutachten angestellten Überlegungen reichen nicht aus, da nicht dargetan wird, warum die belangte Behörde entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen für die selbstständige fachliche Beurteilung dieser Fragen habe (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 809f, E 69f und 74 zu § 52 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Im Übrigen ist hiezu auf § 77 Abs. 2 GewO 1994 hinzuweisen, nach dem die Frage, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 leg. cit. zumutbar sind, danach zu beurteilen ist, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere § 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 30. April 2008

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