VwGH 2012/05/0138

VwGH2012/05/01388.4.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerden der B GmbH in W, vertreten durch Mag.Dr. Hanno Zanier, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 27/DG, gegen die Bescheide der Bauoberbehörde für Wien jeweils vom 20. Juni 2012, 1.) Zl. BOB-205/12 (protokolliert zur hg. Zl. 2012/05/0138), 2.) Zl. BOB-204/12 (protokolliert zur hg. Zl. 2012/05/0139), und 3.) Zl. BOB-203/12 (protokolliert zur hg. Zl. 2012/05/0140), betreffend eine Bauangelegenheit (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen. Das Kostenbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 6. April 2012, 30. März 2012 und 3. April 2012 zeigte die Beschwerdeführerin gemäß § 62 der Bauordnung für Wien (BO) jeweils bauliche Änderungen betreffend die auf näher bezeichneten Liegenschaften befindlichen Lokale am Wasser Nr. 8, Nr. 7 und Nr. 13 an.

Mit Bescheiden des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung (MA) 37/22, vom 16., 13. und 17. April 2012 wurden die angezeigten Bauführungen gemäß § 62 Abs. 4 BO mit der Begründung untersagt, dass für die zur Anzeige gebrachten Baumaßnahmen eine Bauanzeige nicht genüge, sondern eine Baubewilligung erforderlich sei, da die Bauführungen unter keine der in § 62 Abs. 1 BO angeführten Baumaßnahmen fielen. Durch die Bauführungen würde entgegen der Bestimmung des § 62 Abs. 1 Z 4 BO die äußere Gestaltung der Bauwerke geändert.

In den gegen diese Bescheide erhobenen wortgleichen Berufungen brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass die rechtlich unrichtigen Feststellungen ohne Ortsaugenschein und Befragung der Beschwerdeführerin getroffen worden seien. Die äußere Gestaltung der Anlagen werde durch die bereits bei Bauführung angezeigten Änderungen nicht abgeändert. Weiters handle es sich um Anlagenteile, welche im Zuge der ursprünglichen Baubewilligung errichtet worden seien, eine Untersagung hätte im Zuge der damals angezeigten Bauführungen erfolgen müssen.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden hat die belangte Behörde die Berufungen der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und die angefochtenen Bescheide bestätigt.

Begründend wurde im Wesentlichen wortgleich unter Verweis auf die Baupläne ausgeführt, dass durch die baulichen Änderungen und die Errichtung neuer Baulichkeiten ohne Zweifel eine Änderung des äußeren Ansehens des Bestandes bewirkt werde, sodass es schon aus diesem Grund der Baubewilligung gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO bedürfe. Ferner bedürfe die Errichtung neuer Baulichkeiten sowie baulicher Anlagen der Baubewilligung gemäß § 60 Abs. 1 lit. a und b BO. Ein Verkaufsstand nach § 62a Abs. 1 Z 7 BO liege schon auf Grund der Größe der Baulichkeiten nicht vor. Die Abhaltung von Ortsaugenscheinen oder mündlichen Verhandlungen sei nicht erforderlich.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, zu denen die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet hat, die Beschwerden kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wegen des rechtlichen, sachlichen und persönlichen Zusammenhanges beschlossen, die Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Behandlung und Erledigung zu verbinden, und in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin macht in ihren Beschwerden inhaltsgleich geltend, dass es sich nur um geringfügige Änderungen der Baulichkeiten handle. Es käme zu einer Verkleinerung der Umrissflächen, einem "Reduzieren von bewilligten Ummantelungsflächen", das sich im ursprünglichen behördlichen Baukonsens bewege. Eine solche Angelegenheit werde üblicherweise mit Bewilligung einer Auswechslungsplanung genehmigt. Weiters sei die Behörde ihrer Erhebungspflicht nicht nachgekommen, obwohl die Beschwerdeführerin um die Durchführung von Lokalaugenschein und mündlicher Berufungsverhandlung gebeten habe. Damit der behördliche Konsens erlangt werden könne, hätte die Behörde anstelle der Abweisung oder Zurückweisung die Beschwerdeführerin gemäß § 13a AVG anleiten müssen.

2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Bauordnung für Wien in der Fassung LGBl. Nr. 46/2010 (BO) lauten auszugsweise:

"Ansuchen um Baubewilligung

§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:

a) Neu-, Zu- und Umbauten. Unter Neubau ist die Errichtung neuer Gebäude zu verstehen; ein solcher liegt auch vor, wenn nach Abtragung bestehender Bauwerke die Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden.

b) Die Errichtung aller sonstigen Bauwerke über und unter der Erde, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung gebracht werden und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sind, öffentliche Rücksichten zu berühren. Öffentliche Rücksichten werden jedenfalls berührt, wenn Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen, Friedhöfe und Grundflächen für öffentliche Zwecke errichtet werden.

c) Änderungen oder Instandsetzungen von Bauwerken, wenn diese von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektivöffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Bauwerks;

...

Bauanzeige

§ 62. (1) Eine Bauanzeige genügt für

1. den Einbau oder die Abänderung von Badezimmern und Sanitäranlagen, auch unter Inanspruchnahme gemeinsamer Teile des Bauwerkes, soweit dies für eine ausreichende Be- und Entlüftung des Raumes und für die Herstellung einer Feuchtigkeitsisolierung erforderlich ist;

  1. 2. Loggienverglasungen;
  2. 3. den Austausch von Fenstern gegen solche anderen Erscheinungsbildes (Konstruktion, Teilung, Profilstärke, Farbe und dergleichen) sowie den Austausch von Fenstern in Schutzzonen;

    4. alle sonstigen Bauführungen, die keine Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerkes bewirken, nicht die Umwidmung von Wohnungen betreffen und keine Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen auslösen.

    ...

(4) Ergibt die Prüfung der Angaben in Bauplänen, dass die zur Anzeige gebrachten Baumaßnahmen nicht den gesetzlichen Erfordernissen entsprechen oder einer Baubewilligung bedürfen, hat die Behörde binnen sechs Wochen ab tatsächlicher Vorlage der vollständigen Unterlagen die Bauführung mit schriftlichem Bescheid unter Anschluss einer Ausfertigung der Unterlagen zu untersagen. Maßgebend für die Beurteilung des Bauvorhabens ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Vorlage der vollständigen Unterlagen. Wird die Bauführung untersagt, ist sie einzustellen.

..."

3. Vor dem Hintergrund der angeführten gesetzlichen Bestimmungen, dabei insbesondere § 60 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 62 Abs. 1 Z 4 BO, und der Darstellungen in den in den Verwaltungsakten einliegenden Bauplänen (grau: Bestand, gelb: Abbruch, rot: Neubau) kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, die gegenständlichen Baulichkeiten würden derart verändert und reduziert, dass dies eine Änderung des äußeren Ansehens des Bestandes bewirke und bereits gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO der Bewilligungspflicht unterliege.

3.1. Sofern die Beschwerdeführerin die Nichtdurchführung der beantragten mündlichen Verhandlung sowie des beantragten Ortsaugenscheins rügt, legt sie eine Relevanz dieses Verfahrensmangels nicht dar. Ungeachtet dessen handelt es sich beim Bauanzeigeverfahren wie beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren. Gegenstand des Verfahrens ist somit die Beurteilung des in den Einreichplänen und sonstigen Projektunterlagen dargestellten Projektes, für das der in den Einreichplänen und den Baubeschreibungen zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist. Die Übereinstimmung des Vorhabens mit den gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere auch hinsichtlich des Verwendungszwecks und damit der Flächenwidmung, ist somit anhand des konkreten Projektes (z.B. Baubeschreibung, Pläne, etc.) zu prüfen. Auf Umstände, die in den dem konkreten Projekt zugrunde liegenden Unterlagen keine Deckung finden, kann eine Versagung nicht gestützt werden (vgl. das hg. Erkenntnis 28. Mai 2005, Zl. 2012/05/0208, mwN). Gleiches muss für die Frage der Bauanzeige- bzw. Bewilligungspflicht eines Bauvorhabens gelten, weshalb auch nicht erkennbar ist, was die Durchführung eines Ortsaugenscheins oder einer mündlichen Verhandlung zur Klärung beigetragen hätte.

3.2. Hinsichtlich des Vorwurfs der mangelnden Manuduktion durch die Behörden ist der Beschwerdeführerin entgegen zu halten, dass sich die aus § 13a AVG abzuleitende Belehrungspflicht auf verfahrensrechtliche Angelegenheiten beschränkt und sich nicht auf Belehrungen in der Sache selbst bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2013, Zl. 2012/06/0121), weshalb keine Verpflichtung der Behörden besteht, die Beschwerdeführerin derart anzuleiten, "damit der behördliche Konsens erlangt werden kann".

4. Die Beschwerden erweisen sich somit als unbegründet, weshalb sie nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen waren.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014. Das Begehren der belangten Behörde hinsichtlich des Schriftsatz- und Vorlageaufwandes war abzuweisen, da die belangte Behörde zu den vorliegenden und zu den zu den hg. Zlen. 2012/05/0137 und 0141 protokollierten Beschwerden eine gemeinsame Gegenschrift sowie Aktenvorlage erstattet hat, für die ihr im Verfahren zur hg. Zl. 2012/05/0137 bereits Kostenersatz zuerkannt worden ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Mai 2013, Zl. 2011/05/0140, und vom 16. Juni 2013, Zl. 2012/22/0021). Wien, am 8. April 2014

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