VwGH 2013/22/0362

VwGH2013/22/036210.12.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Robl und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der T, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 24. Oktober 2013, Zl. 166.649/2-III/4/13, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art8;
NAG 2005 §44b Abs1;
MRK Art8;
NAG 2005 §44b Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. Oktober 2013 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen der Mongolei, gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 19. September 2013, mit dem ihr am 5. Juli 2012 gestellter Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 41a Abs. 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) zurückgewiesen worden war, keine Folge.

Nach Darstellung der Rechtsgrundlagen (§ 41a Abs. 9 und § 44b Abs. 1 NAG) hielt die belangte Behörde zunächst fest, dass die Beschwerdeführerin am 10. November 2008 in das Bundesgebiet eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe. Das Bundesasylamt habe diesen Antrag mit Bescheid vom 4. August 2009 abgelehnt und eine Ausweisung verfügt. Die dagegen erhobene Beschwerde sei mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25. Juni 2012, "in Verbindung mit der erlassenen Ausweisung", abgewiesen worden.

Am 5. Juli 2012 habe die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Antrag eingebracht. In diesem Antrag sowie in einer - über Aufforderung durch die erstinstanzliche Behörde ergangenen - Stellungnahme vom 14. Mai 2013 habe sie ausgeführt, dass sie seit viereinhalb Jahren in Österreich aufhältig sei und in dieser Zeit fast fließend Deutsch gelernt habe. Sie habe einen Vorstudienlehrgang der Universität Wien erfolgreich absolviert und im Jahr 2010 das Studium der B begonnen. Weiters habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, für den Fall der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels selbsterhaltungsfähig zu sein. Ausgehend davon erachtete die belangte Behörde die Einschätzung der erstinstanzlichen Behörde, wonach aus dem begründeten Antragsvorbringen kein maßgeblich geänderter Sachverhalt ersichtlich sei, der einer Neubewertung im Hinblick auf Art. 8 EMRK bedürfe, als zutreffend. Die erstinstanzliche Behörde habe den Antrag der Beschwerdeführerin somit zu Recht zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des NAG Bezug genommen, so handelt es sich - im Hinblick auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 25. Oktober 2013 - um die Fassung BGBl. I Nr. 68/2013.

§ 44b NAG lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 44b. (1) Liegt kein Fall des § 44a Abs. 1 vor, sind

Anträge gemäß §§ 41a Abs. 9 oder 43 Abs. 3 als unzulässig

zurückzuweisen, wenn

1. gegen den Antragsteller eine Ausweisung

rechtskräftig erlassen wurde, oder

2. rechtskräftig festgestellt wurde, dass eine

Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß

§ 66 FPG jeweils auf Grund des § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß

§ 10 AsylG 2005 bloß vorübergehend unzulässig ist, oder

3. die Landespolizeidirektion nach einer Befassung

gemäß Abs. 2 in ihrer Beurteilung festgestellt hat, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG zulässig oder jeweils auf Grund des § 61 FPG bloß vorübergehend unzulässig ist,

und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(2) Liegt kein Fall des Abs. 1 Z 1 oder 2 vor, hat die Behörde unverzüglich die der zuständigen Fremdenpolizeibehörde übergeordnete Landespolizeidirektion von einem Antrag gemäß §§ 41a Abs. 9 oder 43 Abs. 3 zu verständigen und eine begründete Stellungnahme zu fremdenpolizeilichen Maßnahmen, insbesondere ob diese bloß vorübergehend oder auf Dauer unzulässig sind, einzuholen. …"

Unbestritten ist, dass gegen die Beschwerdeführerin mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25. Juni 2012 eine Ausweisung rechtskräftig erlassen wurde. Mit einer Antragszurückweisung gemäß § 44b Abs. 1 Z 1 NAG darf nach Erlassung einer Ausweisung nur dann vorgegangen werden, wenn auf Grund des Antragsvorbringens eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht erforderlich ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2013, Zl. 2011/22/0013, mwN).

Die Beschwerdeführerin verweist diesbezüglich auf ihren seit November 2008 bestehenden Inlandsaufenthalt, ihre Kenntnisse der deutschen Sprache, ihr Studium der B und auf den von ihr vorgelegten arbeitsrechtlichen Vorvertrag.

Die belangte Behörde hat ihrerseits die Sprachkenntnisse der Beschwerdeführerin, deren Studium und die (für den Fall der Erteilung des Aufenthaltstitels) ins Treffen geführte Selbsterhaltungsfähigkeit ihrer Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt. Es ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde in diesen Umständen keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts sah, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK erfordert hätte (vgl. etwa zur Vorlage einer Einstellungszusage und zum Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 2011/22/0013). Daran vermag auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin zur fehlenden existentiellen Grundlage in ihrer Heimat nichts zu ändern.

Zum Studium der Beschwerdeführerin ist anzumerken, dass dieses den unbestritten gebliebenen Feststellungen der belangten Behörde zufolge im Jahr 2010 begonnen wurde und daher die Änderung zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Zurückweisung (September 2013) gegenüber dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Ausweisung (Juni 2012) lediglich in einer - um etwas über ein Jahr - längeren Studiendauer liegt. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf die mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2013 vorgelegten (Studien)Bestätigungen verweist, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde die Richtigkeit der in erster Instanz ausgesprochenen Zurückweisung zu prüfen hatte. Maßgeblich sind somit nur Umstände, die bis zum erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid eingetreten sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2012, Zlen. 2012/22/0154 - 0157).

Auch unter Berücksichtigung des insgesamt ca. fünfjährigen Inlandsaufenthaltes der Beschwerdeführerin und der seit der rechtskräftigen Ausweisung bis zur erstinstanzlichen Zurückweisung des gegenständlichen Antrags verstrichenen Zeitspanne von knapp 15 Monaten kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, dass keine maßgebliche Sachverhaltsänderung vorgelegen ist, die geeignet wäre, im Hinblick auf die nach Art. 8 EMRK vorzunehmende Beurteilung zu einem anderen Ergebnis zu führen (vgl. erneut das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 2011/22/0013). Ausgehend davon geht auch der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe "in Wahrheit" keine Interessenabwägung vorgenommen, ins Leere, weil eine solche bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 44b Abs. 1 NAG nicht durchzuführen ist.

In der Beschwerde wird als Verfahrensfehler geltend gemacht, die belangte Behörde habe die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden ebenso wenig berücksichtigt wie die von ihr angebotenen Beweise. Das Ermittlungsverfahren stelle sich somit als mangelhaft dar. Diesem Vorbringen fehlt es allerdings an der erforderlichen Relevanzdarstellung, weil die Beschwerdeführerin - abgesehen von den bereits erwähnten, erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheides vorgelegten (Studien)Bestätigungen - nicht darlegt, welche Urkunden bzw. Beweisanbote unberücksichtigt geblieben sind und inwieweit eine Bedachtnahme auf weitere Aspekte zu einem für sie günstigeren Ergebnis hätte führen können.

Die Auffassung der Beschwerdeführerin, die erstinstanzliche Behörde wäre verpflichtet gewesen, "die Landespolizeidirektion Wien mit der Einholung einer Stellungnahme zu beauftragen", findet im Gesetz keine Deckung, weil § 44b Abs. 2 NAG nur dann zur Anwendung kommt, wenn kein Fall des § 44b Abs. 1 Z 1 (wie hier) oder Z 2 NAG vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2013, Zlen. 2013/22/0142 - 0145).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 10. Dezember 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte