VwGH 2013/22/0142

VwGH2013/22/014226.6.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerden 1. des S, 2. des E, 3. der G und 4. des H, alle in G, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres vom 9. April 2013, Zl. 322.521/5-III/4/12 (hinsichtlich Erstbeschwerdeführer, protokolliert zur hg. Zl. 2013/22/0142), Zl. 322.521/4-III/4/12 (hinsichtlich Zweitbeschwerdeführer, protokolliert zur hg. Zl. 2013/22/0143), Zl. 322.521/2-III/4/12 (hinsichtlich Drittbeschwerdeführerin, protokolliert zur hg. Zl. 2013/22/0144), und Zl. 322.521/3-III/4/12 (hinsichtlich Viertbeschwerdeführer, protokolliert zur hg. Zl. 2013/22/0145), jeweils betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §41a Abs9;
NAG 2005 §44b Abs1 Z1;
NAG 2005 §44b Abs1 Z2;
NAG 2005 §44b Abs2;
MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §41a Abs9;
NAG 2005 §44b Abs1 Z1;
NAG 2005 §44b Abs1 Z2;
NAG 2005 §44b Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden bestätigte die belangte Behörde die erstinstanzliche Zurückweisung der im Juli 2012 eingebrachten Anträge der beschwerdeführenden Parteien, Staatsangehörige des Kosovo, auf Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß § 41a Abs. 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) in Anwendung des § 44b Abs. 1 Z 1 NAG.

Die Drittbeschwerdeführerin ist die Lebensgefährtin des Viertbeschwerdeführers; Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführer sind beider Kinder.

Die belangte Behörde begründete die angefochtenen Bescheide im Wesentlichen gleichlautend damit, dass die Drittbeschwerdeführerin im Dezember 2005 und der Viertbeschwerdeführer im April 2006 in Österreich eingereist sei. 2006 sei der gemeinsame Sohn, der Zweitbeschwerdeführer, geboren worden. Nach negativer Entscheidung in den Asylverfahren sei die Familie im Oktober 2007 nach Italien gereist. Dort sei der Erstbeschwerdeführer geboren worden. Am 10. Juli 2008 sei die gesamte Familie nach Österreich zurückgekehrt und habe abermals Asylanträge eingebracht. Diese seien mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 23. Dezember 2011 in zweiter Instanz iVm einer Ausweisung abgewiesen worden. Der Verfassungsgerichtshof habe die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt und es seien die Ausweisungen "mit 19.1.2012" in Rechtskraft erwachsen. Durch die Entscheidung des Asylgerichtshofes sei bereits eine Abwägung im Sinn des Art. 8 EMRK durchgeführt worden.

Die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer seien in Österreich strafgerichtlich nicht unbescholten, weil "Sie" mit rechtskräftigem Urteil gemäß den §§ 127 und 131 (erster Fall) StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden seien.

Die Drittbeschwerdeführerin sei während ihres Aufenthaltes in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer erlaubten Beschäftigung nachgegangen. Beim Viertbeschwerdeführer schienen gelegentliche Remunerantentätigkeiten auf. Die Familie lebe zum Großteil aus der Grundversorgung.

Den vorliegenden Anträgen seien Beschäftigungszusagen betreffend die Drittbeschwerdeführerin und ein Dienstvorvertrag betreffend den Viertbeschwerdeführer vorgelegt worden, weiters ein Sprachdiplom der Stufe B1 für die Drittbeschwerdeführerin und ein Sprachdiplom für die Stufe A2 betreffend den Viertbeschwerdeführer.

In der Berufung gegen die erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheide hätten die beschwerdeführenden Parteien wieder auf Beschäftigungszusagen und den Dienstvorvertrag sowie auf die positiven Deutsch-Sprachdiplome verwiesen, weiters auf die Einschulung des älteren Sohnes und den Kindergartenbesuch des jüngeren Sohnes.

In rechtlicher Hinsicht folgerte die belangte Behörde, dass den in den erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Sachverhaltsdarstellungen und vorgelegten Unterlagen nicht entnommen werden könne, dass sich die integrationsbegründenden Umstände im Zeitraum von ca. acht Monaten zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und den Zurückweisungsbescheiden der ersten Instanz intensiviert oder geändert hätten. Eine Neubeurteilung unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 EMRK sei daher jeweils nicht erforderlich gewesen. Somit seien die Zurückweisungen der Anträge durch die erste Instanz zu bestätigen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass angesichts der Zustellung der angefochtenen Bescheide am 12. April 2013 die Bestimmungen des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2012 anzuwenden sind.

Gemäß § 44b Abs. 1 Z 1 NAG sind u.a. Anträge nach § 41a Abs. 9 leg. cit. als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Ausweisung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 NAG ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt (vgl. zu diesem Erfordernis das hg. Erkenntnis vom 19. September 2012, 2012/22/0114, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).

Die belangte Behörde bezog in ihre Überlegungen die Vorlage von Beschäftigungszusagen und eines Dienstvorvertrages, die vorgelegten Sprachdiplome, den Schulbesuch des älteren Sohnes und den Kindergartenbesuch des jüngeren Sohnes ein. Ihre Ansicht, dass sich der maßgebliche Sachverhalt seit der Beurteilung durch den Asylgerichtshof nicht maßgeblich geändert habe, ist nicht zu beanstanden.

Angesichts des kurzen Zeitraumes zwischen der Rechtskraft der Ausweisungen und den Zurückweisungsbescheiden der ersten Instanz von ca. einem halben Jahr kann auch in einer Gesamtbetrachtung nicht gefolgert werden, dass die angesprochenen Umstände eine solche Änderung des Sachverhalts begründen würden, dass eine Neubeurteilung nach Art. 8 EMRK angestellt werden müsste, woran der Beschwerdehinweis auf eine ordnungsgemäße Meldung und soziale Integration der beschwerdeführenden Parteien nichts ändert.

Soweit die beschwerdeführenden Parteien der belangten Behörde eine antizipierende Beweiswürdigung anlasten, wird in keiner Weise eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde aufgezeigt. Ebenso wird mit der Mängelrüge nicht dargelegt, welche konkreten Feststellungen die belangte Behörde auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse hätte treffen können.

Letztlich findet die Ansicht der beschwerdeführenden Parteien, die erstinstanzliche Behörde wäre verpflichtet gewesen, "die Sicherheitsdirektion Steiermark, nunmehr Landespolizeidirektion Steiermark, mit der Einholung einer Stellungnahme zu beauftragen", im Gesetz keine Grundlage, weil § 44b Abs. 2 NAG nur dann zur Anwendung kommt, wenn kein Fall des § 44b Abs. 1 Z 1 oder Z 2 NAG vorliegt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die jeweils behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Juni 2013

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