VwGH 2012/10/0150

VwGH2012/10/015022.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Gemeinde Hohenzell, vertreten durch Aigner Fischer Unter Rechtsanwaltspartnerschaft in 4910 Ried im Innkreis, Gartenstraße 38, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Juni 2012, Zl. BGD-140567/413-2012-Mtm, betreffend Gastbeitragsleistung gemäß § 28 Oö. Kinderbetreuungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Ried im Innkreis), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
KinderbetreuungsG OÖ 2007 §28 idF 2010/059;
KinderbetreuungsG OÖ 2007 §28 Abs1 idF 2010/059;
KinderbetreuungsG OÖ 2007 §28 Abs1;
KinderbetreuungsG OÖ 2007 §28 idF 2010/059;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
KinderbetreuungsG OÖ 2007 §28 idF 2010/059;
KinderbetreuungsG OÖ 2007 §28 Abs1 idF 2010/059;
KinderbetreuungsG OÖ 2007 §28 Abs1;
KinderbetreuungsG OÖ 2007 §28 idF 2010/059;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit an die belangte Behörde gerichtetem Schreiben vom 24. Oktober 2011 beantragte die Beschwerdeführerin gemäß § 28 Abs. 2 zweiter Satz Oö. Kinderbetreuungsgesetz (Oö. KBG) die Entscheidung über die Leistung des Gastbeitrages für das Kind L.M., wohnhaft im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Partei, für den Besuch des Gemeindekindergartens der Beschwerdeführerin im Kindergartenjahr 2010/2011, da über die Leistung des Gastbeitrages keine Einigung erzielt worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde, dass die mitbeteiligte Partei im Kindergartenjahr 2010/2011 für den Besuch des Gemeindekindergartens der Beschwerdeführerin durch das erwähnte Kind keinen Gastbeitrag zu entrichten habe.

Als Rechtsgrundlagen wurden § 28 Oö. Kinderbetreuungsgesetz, LGBl. Nr. 39/2007, idF. LGBl. Nr. 59/2010, sowie § 13 Oö. Elternbeitragsverordnung 2011, LGBl. Nr. 102/2010, angeführt.

Begründend führte die belangte Behörde - nach Darlegung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen aus, dass nicht nachvollziehbar sei, wann das Kind L.M. in den Kindergarten der Beschwerdeführerin aufgenommen worden sei.

Die Beschwerdeführerin habe in ihrer "ergänzenden Stellungnahme" vom 5. Dezember 2011 ausgeführt:

"Als ergänzende Begründung wird zu den Kindern … und L.M. angeführt, dass beide Kinder von den in Hohenzell wohnhaften Großeltern bzw. der Großmutter täglich vom Kindergarten abgeholt und nach Kindergartenende beaufsichtigt werden, da bei beiden Kindern beide Elternteile ganztägig berufstätig sind. …"

Die Kindeseltern hätten im Verfahren folgende Stellungnahme abgegeben:

"Unser Haus steht zwar rein geografisch gerade noch auf Gebiet der Stadtgemeinde Ried, die Grenze zum Gemeindegebiet von Hohenzell verläuft aber in unmittelbarer Nähe. … Mein Mann ist ganztägig in einer Bank, ich arbeite als Lehrerin in Teilzeit. Stundenplanbedingt liegen meine Unterrichtszeiten jedes Jahr anders, aber immer 2-3 mal pro Woche mittags/nachmittags, fallweise im Blockunterricht auch ganztags. Während dieser gesamten Zeit versorgt meine Mutter, die in Hohenzell lebt, die Kinder. Ihr Haus liegt direkt an der Fahrstrecke des Kindergartenbusses, die Kinder können dort aussteigen, was meiner Mutter Zeit und unnötige Fahrtwege zur Abholung erspart. Und natürlich auch uns, weil die Kinder auch sonst zu Hause abgeholt und nach Hause gebracht werden. Dies wäre in Ried nicht möglich! Kurzum, für das Wohl der Kinder und in Folge der ganzen Familie ist der Besuch des Kindergartens Hohenzell von erheblicher Bedeutung. …"

Bezüglich der Angaben der Beschwerdeführerin, das Kind werde von der im dortigen Gemeindegebiet wohnhaften Großmutter täglich vom Kindergarten abgeholt und nach Kindergartenende beaufsichtigt, da beide Elternteile ganztägig berufstätig seien, lägen weder eine Meldebestätigung "der Großeltern" noch Nachweise über die Arbeitszeiten der Eltern vor, weshalb eine abschließende Beurteilung der Angaben nicht erfolgen könne.

Zur Stellungnahme der Kindeseltern führte die belangte Behörde aus, dass für deren Arbeitszeiten zur Beurteilung eines bedarfsgerechten Angebotes keine Nachweise vorlägen. Die Öffnungszeiten zweier näher genannter Kinderbetreuungseinrichtungen der mitbeteiligten Partei seien jeweils von Montag bis Freitag von 6.45 Uhr bis 17.15 Uhr. Eine bedarfsgerechte Unterbringung in der Hauptwohnsitzgemeinde scheine somit mangels Überprüfbarkeit der beruflichen Verpflichtungen der Kindeseltern gegeben. Hinsichtlich der Angaben, wonach die in Hohenzell lebende Großmutter das Kind versorge, sei das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale gemäß § 28 Oö. KBG nicht nachgewiesen worden.

Auf Grund des dargelegten Sachverhalts sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 28 des Oö. Kinderbetreuungsgesetzes, LGBl. 39/2007 idF.

LGBl. Nr. 59/2010 (Oö. KBG), lautet:

"§ 28

Gastbeiträge

(1) Besucht ein Kind eine Kinderbetreuungseinrichtung in einer anderen Gemeinde als der Hauptwohnsitzgemeinde, ist - ausgenommen vom Besuch einer betrieblichen oder freien Kinderbetreuungseinrichtung - von der Hauptwohnsitzgemeinde ein angemessener Gastbeitrag zu entrichten, sofern in der Hauptwohnsitzgemeinde kein entsprechendes bedarfsgerechtes Angebot zur Verfügung steht oder die familiäre Situation des betreffenden Kindes oder das Kindeswohl den Besuch einer gemeindefremden Kinderbetreuungseinrichtung erfordern.

(2) Die Landesregierung hat durch Verordnung die Mindesthöhe des Gastbeitrags festzusetzen. Im Fall der Nichteinigung über die Leistung des Gastbeitrags entscheidet auf Antrag einer Gemeinde die Landesregierung mit Bescheid."

Die Gesetzesmaterialien (AB Beil 181/2010 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtages, 27. GP) führen zu dem durch das Gesetz LGBl. Nr. 59/2010 neu gefassten § 28 Oö. KBG aus:

"Die Leistung von Gastbeiträgen war auch bisher bereits möglich, jedoch abhängig von den privatrechtlichen Vereinbarungen zwischen den Gemeinden und Rechtsträgern. Mit der Neuregelung wird eine Verpflichtung zur Leistung des Gastbeitrags unter den gesetzlichen Prämissen geschaffen und damit sichergestellt, dass gemeindeübergreifende Lösungen auch verstärkt realisiert werden. Daraus ergibt sich auch die hoheitliche Entscheidungsverpflichtung der Aufsichtsbehörde im Fall der Nichteinigung.

Für die Leistung eines Gastbeitrages sprechen daher insbesondere z.B. folgende Umstände:

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