VwGH 2012/10/0096

VwGH2012/10/009625.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Oberösterreichischen Umweltanwaltschaft in 4021 Linz, Kärntnerstraße 10-12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. April 2012, Zl. N-105847/27-2012-Has/Gre, betreffend Abänderung gem. § 68 Abs. 2 AVG in einer Angelegenheit naturschutzbehördliche Feststellung (mitbeteiligte Partei: S D, vertreten durch den Obmann W R in D), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §68 Abs2;
AVG §8;
NatSchG OÖ 2001 §10;
NatSchG OÖ 2001 §39;
UmweltschutzG OÖ 1996 §4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §68 Abs2;
AVG §8;
NatSchG OÖ 2001 §10;
NatSchG OÖ 2001 §39;
UmweltschutzG OÖ 1996 §4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 19. Oktober 2009 hat die Oberösterreichische Landesregierung den Antrag der Mitbeteiligten auf nachträgliche naturschutzbehördliche Genehmigung einer im 50 m-Uferschutzbereich des Raadingerbaches, eines Zubringers zum Pfudabach, errichteten Hütte gemäß § 10 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 - Oö. NSchG 2001, LGBl. Nr. 129/2001, abgewiesen und festgestellt, dass durch die Errichtung dieser Hütte ("Clubgebäude") solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes und des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, verletzt werden.

Zur Begründung führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass der Pfudabach in der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl. Nr. 107/1982 idF LGBl. Nr. 4/1987, aufgezählt sei und der Natur- und Landschaftsschutz auch für einen 50 m breiten Geländestreifen entlang der Ufer seiner Zubringerbäche, darunter auch des Raadingerbaches, gelte.

Die Errichtung des Clubgebäudes im 50 m-Uferschutzbereich des Raadingerbaches stelle einen erheblichen Eingriff und eine massive Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar. Dies ergebe sich zweifelsfrei aus dem Gutachten der als Amtssachverständige beigezogenen Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz, die den Nahbereich des Clubgebäudes als einen aus landschaftsästhetischer und ökologischer Sicht hochwertigen Naturraum beschrieben habe, der einerseits vom Raadingerbach mit seinen beidseitigen Uferbegleitgehölzen und andererseits von der südwestlich angrenzenden aufgelassenen Mergelgrube geprägt werde. Diese Mergelgrube stelle mit ihren bestockten Einhängen, einer naturbelassenen Steilwand und den an der Sohle befindlichen Wiesenflächen einen wertvollen Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und Tiere dar.

Das verfahrensgegenständliche Objekt sei bereits konsenslos errichtet worden. Aus den im Akt liegenden Lichtbildern sei erkennbar, dass es mit seiner geometrischen Baumasse sowie der Ausgestaltung und Situierung im betroffenen Bereich als Fremdkörper wirksam und als künstliches Element im Landschaftsbild wahrnehmbar sei. Dadurch erhalte die von natürlichen und kulturlandschaftlichen Strukturen gekennzeichnete Landschaftsgestalt eine neue Prägung. Vor Errichtung des Objekts sei eine ausgewogene Kultur- und Naturlandschaft mit Uferbegleitgehölzen, Bachlauf, Mischwaldbeständen etc. landschaftsbestimmend gewesen. Durch die Errichtung der Hütte bestehe nunmehr ein anthropogen belastetes Landschaftsbild. Andere Baulichkeiten befänden sich erst in 130 bzw. 200 m Entfernung in nordöstlicher und nordwestlicher Richtung. Das Clubgebäude trete somit als singulärer Eingriff in diese Landschaftsstruktur in Erscheinung.

Der Schlussfolgerung der Amtssachverständigen, dass die Errichtung der Hütte eine erhebliche und negative Veränderung des Landschaftsbildes darstelle, sei uneingeschränkt beizupflichten. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes im gegenständlichen Bereich werde in eklatanter Weise verletzt, weil eine intakte und von natürlichen Strukturen aufgewertete Kulturlandschaft bzw. ein wertvolles Sekundärbiotop durch den maßgeblichen Eingriff massiv gestört werde.

Darüber hinaus sei die Errichtung des Clubgebäudes nach den schlüssigen Ausführungen der Amtssachverständigen auch mit einer den Naturhaushalt beeinträchtigenden Bodenversiegelung verbunden. Auf Grund der fortschreitenden Flächenversiegelungen, die den Lebensraum zahlreicher Bodenorganismen zerstörten, liege es im Interesse des Naturschutzes, auch einzelne kleinflächige Versiegelungen kritisch zu betrachten.

Die Mitbeteiligte (dort: Antragstellerin) habe zu den für das Projekt sprechenden öffentlichen Interessen darauf verwiesen, dass die Hütte zur Ausübung der Sportart "Plattenwerfen" diene. Diese Sportart habe in der betreffenden Gemeinde eine lange Tradition und einen großen Stellenwert. Diese Ausführungen würden auch durch die Stellungnahme der Landessportdirektion gestützt. Die belangte Behörde stelle nicht in Abrede, dass ein gesellschaftliches Interesse an der Ausübung der Sportart "Plattenwerfen" bestehe. Diese Sportart dürfe auf der gegenständlichen Fläche auch ausgeübt werden, weil die Fläche als Grünland mit der Sonderwidmung "Spiel- und Sportfläche" gewidmet sei. Auch diese Widmung dokumentiere das öffentliche Interesse an der Sportausübung an dieser Stelle.

Allerdings könne weder die Mitbeteiligte noch die Landessportdirektion die Notwendigkeit der Errichtung der Hütte für die Ausübung dieser Sportart begründen. "Plattenwerfen" werde mit Hufeisen und Holztauben ausgeübt und sei mit Boccia oder Eisstockschießen vergleichbar. Daraus könne nicht abgeleitet werden, dass diese Gerätschaften unbedingt in einem Gebäude untergebracht werden müssten. Auch Rasenmäher, Sonnenschirme und Sitzgelegenheiten, die vorwiegend für die drei- bis viermal jährlich stattfindenden Turniere gebraucht würden, könnten die Notwendigkeit der Errichtung eines Clubgebäudes nicht begründen.

Die belangte Behörde komme im Rahmen der Interessenabwägung zum Ergebnis, dass nach den schlüssigen Ausführungen der Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz ein großes öffentliches Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes und des Naturhaushaltes bestehe. Andererseits sei die Errichtung eines Gebäudes für die Ausübung der Sportart "Plattenwerfen" nicht notwendig und damit nicht von großem Interesse. Das Vorhaben verletze daher solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes und des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwögen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. April 2012 hat die Oberösterreichische Landesregierung ihren Bescheid vom 19. Oktober 2009 gemäß § 68 Abs. 2 AVG dahin abgeändert, dass dem Antrag der Mitbeteiligten auf Feststellung, dass durch die Errichtung der Hütte keine alle anderen Interessen überwiegenden öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes verletzt würden, unter der Bedingung stattgegeben werde, dass das Gebäude vollständig abzutragen und der vorherige Zustand wieder herzustellen sei, wenn es nicht mehr für Sportzwecke der mitbeteiligten Partei genutzt werde.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der Regionsbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz habe im Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes, das zur Ausweisung der Fläche als Grünland mit der Sondernutzung "Spiel- und Sportfläche" geführt habe, bereits mit Stellungnahme vom 22. Mai 2007 "festgestellt", dass "trotz naturschutzfachlich grenzwertiger Situation" im freien landwirtschaftlich geprägten Kulturraum dem Änderungsantrag aus naturschutzfachlicher Sicht bei schonendem Umgang mit der Fläche zugestimmt und eine Hütte errichtet werden könne. Dieses Faktum einer bereits im Widmungsverfahren erfolgten positiven Beurteilung auch des Standortes des Gebäudes durch den Regionsbeauftragten, "die in ihrer Fallbezogenheit problematisch erscheint", sei der belangten Behörde bei Erlassung des abweisenden Bescheides vom 19. Oktober 2009 nicht bekannt gewesen. Es werde daher von der Möglichkeit des § 68 Abs. 2 AVG Gebrauch gemacht, "um einen gewissen Vertrauensschutz zu gewährleisten", der sich für die mitbeteiligte Partei auf Grund der positiven Stellungnahme des Regionsbeauftragten im raumordnungsrechtlichen Verfahren ergeben habe. Dies liege im Sinn der Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit.

Nach dem Gutachten der Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz vom 18. Dezember 2008 habe die Hütte zwar erheblich negative Auswirkungen auf das Landschaftsbild und den Naturhaushalt. Bei Abwägung der Interessen sei aber die Rechtssicherheit zugunsten der Mitbeteiligten im Zusammenhang mit dem Faktum, dass der Regionsbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz im raumordnungsrechtlichen Verfahren das Bauwerk positiv beurteilt habe, obwohl eine Auseinandersetzung mit dieser Frage gar nicht erforderlich gewesen wäre, zu berücksichtigen und höher einzustufen. Aus dem den Antrag der mitbeteiligten Partei abweisenden Bescheid vom 19. Oktober 2009 sei niemandem ein Recht erwachsen, weil die Beschwerdeführerin, deren Berufung stattgegeben worden sei, nur eine Formalpartei sei, die aus dem Bescheid keine subjektiven Rechte ableiten könne.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die hier maßgeblichen Normen haben (auszugsweise) folgenden

Wortlaut:

AVG

"Abänderung und Behebung von Amts wegen

§ 68. …

(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde oder vom unabhängigen Verwaltungssenat, die oder der den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

…"

Oberösterreichisches Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 -

Oö. NSchG 2001, LGBl. Nr. 129, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 30/2010:

"§ 1

Zielsetzungen und Aufgaben

(1) Dieses Landesgesetz hat zum Ziel, die heimische Natur und Landschaft in ihren Lebens- oder Erscheinungsformen zu erhalten, sie zu gestalten und zu pflegen und dadurch dem Menschen eine ihm angemessene bestmögliche Lebensgrundlage zu sichern (öffentliches Interesse am Natur- und Landschaftsschutz).

(2) Durch dieses Landesgesetz werden insbesondere geschützt:

1. das ungestörte Wirkungsgefüge des Naturhaushaltes (Ablauf natürlicher Entwicklungen);

2. der Artenreichtum der heimischen Pflanzen-, Pilz- und Tierwelt (Artenschutz) sowie deren natürliche Lebensräume und Lebensgrundlagen (Biotopschutz);

3. die Vielfalt, Eigenart, Schönheit und der Erholungswert der Landschaft;

§ 9

Natur- und Landschaftsschutz im Bereich von Seen

(2) Als Eingriffe in den Naturhaushalt im Sinn des Abs. 1 Z 2 gelten

4. die Versiegelung des gewachsenen Bodens;

§ 10

Natur- und Landschaftsschutz im Bereich übriger Gewässer

(1) Der Natur- und Landschaftsschutz im Sinn dieser Bestimmungen gilt für folgende Bereiche:

1. für Donau, Inn und Salzach (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 200 m breiten Geländestreifen;

2. für sonstige Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen, wenn sie in einer von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung angeführt sind;

(2) In geschützten Bereichen gemäß Abs. 1 ist jeder Eingriff

  1. 1. in das Landschaftsbild und
  2. 2. im Grünland (§ 3 Z 6) in den Naturhaushalt

    verboten, solang die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Ausgenommen von diesem Verbot sind Eingriffe in geschlossenen Ortschaften oder in Gebieten, für die ein rechtswirksamer Bebauungsplan (§ 31 Oö. Raumordnungsgesetz 1994) vorhanden ist.

(4) § 9 Abs. 2, 3, 5, 6 und 7 gilt sinngemäß.

§ 39

Parteistellung der Oö. Umweltanwaltschaft

Die Oö. Umweltanwaltschaft hat in Verfahren zur Erteilung von Bewilligungen gemäß den §§ 14, 24 Abs. 3 und 25 Abs. 5 sowie in Feststellungsverfahren nach den §§ 9 und 10 Parteistellung nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Oö. Umweltschutzgesetz 1996."

Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. Dezember 1982 über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl. Nr. 107/1982 idF LGBl. Nr. 4/1987:

"§ 1

(1) Der Landschaftsschutz im Sinne des § 6 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 gilt für die in der Anlage angeführten Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 Meter breiten Geländestreifen.

(2) Abs. 1 gilt auch für jene Bäche, die in Seen münden oder die in die in der Anlage bezeichneten Flüsse und Bäche oder deren Zubringerbäche münden.

Anlage zu § 1 Abs. 1

2.6.3. Pfudabach

…"

Oberösterreichisches Umweltschutzgesetz 1996, LGBl. Nr. 84

idF LGBl. Nr. 1/2000:

"§ 4

O.ö. Umweltanwaltschaft

(1) Am Sitz der Landesregierung wird eine 'O.ö. Umweltanwaltschaft' eingerichtet. Sie besteht aus dem Leiter der O.ö. Umweltanwaltschaft (O.ö. Umweltanwalt), der von der Landesregierung nach Anhörung des Umweltbeirates zu bestellen ist, und dem erforderlichen Personal. Die Landesregierung hat das Verfahren zur Bestellung des O.ö. Umweltanwalts durch Verordnung zu regeln. Sie hat dabei vorzusehen, dass die Funktion des O.ö. Umweltanwalts durch Verlautbarung in der Amtlichen Linzer Zeitung öffentlich auszuschreiben ist, und festzulegen, welche fachlichen und persönlichen Voraussetzungen Bewerber für diese Funktion erfüllen müssen. Der O.ö. Umweltanwalt ist jeweils für die Dauer der Funktionsperiode der Landesregierung zu bestellen; er hat auch nach dem Ablauf seiner Amtsdauer die Geschäfte bis zur Bestellung eines Nachfolgers weiterzuführen. (Anm: LGBl. Nr. 60/2010).

(2) Verfassungsbestimmung) Die O.ö. Umweltanwaltschaft ist ein Organ des Landes Oberösterreich ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Der O.ö. Umweltanwalt ist als Leiter der O.ö. Umweltanwaltschaft bei Besorgung der im Abs. 5 genannten Aufgaben in fachlicher Hinsicht an keine Weisungen gebunden; die ihm nachgeordneten Bediensteten sind in diesen Angelegenheiten ausschließlich an die Weisungen des O.ö. Umweltanwalts gebunden. ...

(4) Die O.ö. Umweltanwaltschaft hat ihre Aufgaben nach den Erfordernissen der Hintanhaltung schädlicher Einwirkungen auf die Umwelt, jedoch bei vertretbarer Bedachtnahme auf andere Interessen wahrzunehmen und ihre Anträge zu begründen.

(5) Die Aufgaben der O.ö. Umweltanwaltschaft sind:

1. die Vertretung der Interessen des Umweltschutzes in Verwaltungsverfahren nach Maßgabe des § 5 Abs. 1;

2. die Wahrnehmung von Mißständen im Interesse des Umweltschutzes nach Maßgabe des § 5 Abs. 2;

3. die Unterstützung der Gemeinden und Gemeindemitglieder bei Ausübung der ihnen nach diesem Gesetz zustehenden Rechte nach den Grundsätzen des Abs. 4;

4. die Beratung von Gemeindemitgliedern bei privaten Maßnahmen, die für den Umweltschutz bedeutsam sind;

5. soweit erforderlich, die Durchführung von Informationsveranstaltungen über konkrete Projekte im Zusammenhang mit Verwaltungsverfahren im Sinn des § 3 auf Ersuchen der Behörde, der Gemeinden, von Vereinigungen von Gemeindemitgliedern ('Bürgerinitiativen') oder aus eigenem Antrieb;

6. die Begutachtung von Gesetzen, Verordnungen und sonstigen Rechtsnormen, die einer Begutachtung zugeführt werden, aus der Sicht des Umweltschutzes;

7. Anregungen zur besseren Gestaltung der Umwelt zu geben. ...

§ 5

Rechte der O.ö. Umweltanwaltschaft in Verwaltungsverfahren;

Mißstandskontrolle; Amtshilfe

(1) Die O.ö. Umweltanwaltschaft hat in den von den jeweiligen Landesgesetzen bezeichneten Verfahren zur Wahrung des Umweltschutzes, insbesondere zur Vermeidung von schädlichen Einwirkungen auf die Umwelt, Parteistellung im Sinn des § 8 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) sowie das Recht, gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die O.ö. Umweltanwaltschaft kann auf ihre Parteienrechte auch verzichten.

…"

Die Voraussetzung für die Abänderung eines Bescheides gemäß § 68 Abs. 2 AVG liegen vor, wenn damit keine Verschlechterung der Rechtsstellung einer Partei verbunden ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 81 ff, und die dort zitierte hg. Judikatur). Die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass diese Voraussetzungen gegeben seien, begegnet keinen Bedenken. Die Rechtsstellung der Mitbeteiligten wird durch die gegenständliche Abänderung zweifellos verbessert.

Ein staatliches Organ (wie die oberösterreichische Umweltanwaltschaft auf Grund des § 4 OÖ UmweltschutzG 1996) verfügt nicht über subjektive Rechte, sondern übt Kompetenzen aus. In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof unbeschadet dessen jedoch ausgesprochen, dass die sich aus einer ausdrücklich eingeräumten Parteistellung ergebenden prozessualen Rechte allerdings subjektive-öffentliche Rechte der Organpartei darstellen. Subjektiv-öffentliche Rechte des materiellen Rechts könnten hingegen allenfalls nur auf Grund einer entsprechenden Regelung des Materiengesetzgebers zustehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 2011, Zl. 2010/05/0205, mwN). Das Oö. NschG 2001 räumt in seinem § 39 der Oö Umweltanwaltschaft ausschließlich prozessuale Rechte ein. In diese greift der angefochtene Bescheid nicht ein.

§ 68 Abs. 2 AVG vermag den angefochtenen Bescheid jedoch nur in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu legitimieren; die neue meritorische Entscheidung muss durch die dafür maßgeblichen Vorschriften gedeckt sein (vgl. Hengstschläger/Leeb, aaO, § 68, Rz 56, und die dort zitierte hg. Judikatur).

Die gegenständliche Hütte ("Clubhaus") wurde im 50 m-Uferschutzbereich des Raadingerbaches errichtet, bei dem es sich unstrittig um einen Zubringer des in der Anlage 1 der Verordnung über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen genannten Pfudabachs handelt, und befindet sich somit in einem gemäß § 10 Oö. NSchG 2001 geschützten Bereich. Im Bescheid vom 19. Oktober 2009 kam die belangte Behörde auf Grundlagen des als schlüssig bezeichneten Gutachtens der Amtssachverständigen vom 18. Dezember 2008 zum Ergebnis, dass die Errichtung der Hütte einen schwerwiegenden Eingriff in das in hohem Maß schützenswerte Landschaftsbild und eine Beeinträchtigung des Naturhaushaltes bewirke. Dem gegenüber vertrat sie die Ansicht, dass die Hütte zur Ausübung der Sportart "Plattenwerfen" nicht notwendig sei, und kam daher zum Ergebnis, dass durch die Errichtung der Hütte solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes und des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwögen, verletzt würden.

Die davon abweichende Entscheidung im angefochtenen Bescheid stützte die belangte Behörde auf das zu Gunsten der Mitbeteiligten ausschlaggebende Interesse an der Rechtssicherheit, das daraus resultiere, dass der Regionsbeauftragte im raumordnungsrechtlichen Verfahren bereits am 22. Mai 2007 die Hütte - obwohl dort nicht Verfahrensgegenstand - positiv beurteilt habe.

Damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt:

Bei der hier gegenständlichen Entscheidung gemäß § 10 Oö. NSchG 2001 über ein Projekt ist entscheidend, ob dadurch solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes verletzt werden, die alle anderen Interessen überwiegen. Ein allfälliges Vertrauen des Projektwerbers auf die Aussage des im Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes beigezogenen Regionsbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz, dass der - gar nicht den Gegenstand des Verfahrens bildenden - Errichtung einer Hütte aus naturschutzfachlicher Sicht zugestimmt werden könne, begründet entgegen der Ansicht der belangten Behörde kein bei der anzustellenden naturschutzrechtlichen Interessenabwägung zu berücksichtigendes öffentliches Interesse an der Verwirklichung des beantragten Projekts.

Die belangte Behörde kann derartige in anderen Verfahren abgegebene sachverständige Stellungnahmen zwar gemäß § 46 AVG als Beweismittel heranziehen. Sie hat sich damit jedoch im Zug der Beweiswürdigung auseinander zu setzen und bei widersprüchlichen Beweisergebnissen zu begründen, welchem Ergebnis sie nach dem inneren Wahrheitsgehalt den Vorzug gibt. Eine derartige Auseinandersetzung mit der vom - ausdrücklich als schlüssig bezeichneten - Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen abweichenden Stellungnahme des in einem früheren raumordnungsrechtlichen Verfahren beigezogenen Regionsbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz fehlt im angefochtenen Bescheid zur Gänze.

Auf Grund der oben dargestellten Verkennung der Rechtslage durch die belangte Behörde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Wien, am 25. April 2013

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