VwGH 2011/06/0026

VwGH2011/06/002627.8.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des HH in H, vertreten durch die Rechtsanwälte Brüggl & Harasser Partnerschaft in 6370 Kitzbühel, Rathausplatz 2/II, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. Dezember 2010, Zl. Ve1-8-2/69-2, betreffend Anordnung der Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlung, zu Recht erkannt:

Normen

VVG §10 Abs2;
VVG §4;
VVG §10 Abs2;
VVG §4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. Dezember 2010 hat die belangte Behörde die Berufungen des Beschwerdeführers gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel jeweils vom 21. Juli 2010 betreffend die Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme sowie die Anordnung der Ersatzvornahme als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Kitzbühel vom 24. September 2003, mit dem dem Beschwerdeführer die Beseitigung der näher bezeichneten Garage aufgetragen worden sei, sei mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Kitzbühel vom 4. Mai 2006 dahingehend abgeändert worden, dass für die Beseitigung der Garage eine Frist bis 31. Juli 2006 festgesetzt worden sei. Dieser in Rechtskraft erwachsene Berufungsbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Kitzbühel vom 4. Mai 2006 bilde somit den Exekutionstitel (Titelbescheid) des verfahrensanhängigen Vollstreckungsverfahrens.

Was die Anordnung der Ersatzvornahme betreffe, sei in einer Gesamtschau davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer zugemutet werden könne, unter Anspannung all seiner Kräfte der ihm aufgetragenen Leistung innerhalb der ihm gesetzten Frist nachzukommen und es sei diesbezüglich die Leistungsfrist im Ausmaß von 8 Wochen als angemessen anzusehen. Im Übrigen sei die lange Verfahrensdauer nicht unbeachtlich. Spätestens zum Zeitpunkt, mit dem der Berufungsbescheid in Rechtskraft erwachsen sei, sei dem Beschwerdeführer "die zu vollziehende Beseitigung der Garage bestätigt" worden. In diesem Zusammenhang ziele sein Argument, dass er den Abbruch "auf die Schnelle" nicht hätte organisieren können, ins Leere, weil ihm genügend Zeit zur Bewerkstelligung der Abbrucharbeiten zur Verfügung gestanden sei.

Was den Kostenvorauszahlungsauftrag und das diesbezügliche Ermittlungsverfahren betreffe, sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. Juli 2010 zur Kenntnis gebracht worden, dass er gemäß § 45 Abs. 3 AVG in das anhängige Verwaltungsvollstreckungsverfahren Akteneinsicht nehmen und eine schriftliche oder mündliche Stellungnahme zum bisherigen Ermittlungsergebnis innerhalb von sieben Tagen ab Erhalt dieses Schreibens abgeben könne. Am 14. Juli 2010 habe der Beschwerdeführer die Möglichkeit der Akteneinsicht wahrgenommen und es sei ihm erneut eine Frist (gerechnet ab dem 14. Juli 2010) von sieben Tagen zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt worden. Der Beschwerdeführer habe diese ihm erneut gewährte Frist mit seiner eigenhändigen Unterschrift zur Kenntnis genommen und damit seine Zustimmung zur Fristverlängerung zum Ausdruck gebracht. Es wäre ihm nicht verwehrt gewesen, mit einem Fristverlängerungsantrag zu reagieren. Eine weitere Fristverlängerung sei vom Beschwerdeführer als nicht notwendig erachtet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 4 VVG lautet:

"Erzwingung anderer Leistungen und Unterlassungen

a) Ersatzvornahme

(1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar."

§ 10 VVG idF BGBl. I Nr. 3/2008 lautet (auszugsweise):

"Verfahren

(2) Die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz

erlassene Vollstreckungsverfügung kann nur ergriffen werden, wenn

1. die Vollstreckung unzulässig ist oder

2. die Vollstreckungsverfügung mit dem zu

vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder

3. die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im

Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen.

(3) Die Berufung hat keine aufschiebende Wirkung. Sie geht

1. in einer Angelegenheit der Sicherheitsverwaltung an

die Sicherheitsdirektion,

2. in einer sonstigen Angelegenheit der

Bundesverwaltung an den Landeshauptmann und

3. in einer Angelegenheit der Landesverwaltung an die

Landesregierung.

Die demnach zuständige Behörde entscheidet endgültig."

Der Beschwerdeführer bringt vor, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe eine Berufungsentscheidung die Rechtswirkung, dass der unterinstanzliche Bescheid in der Berufungsentscheidung aufgegangen sei und diese, sobald sie erlassen und so lange sie aufrecht sei, der alleinige und ausschließliche Träger des Bescheidinhaltes sei (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 1992, Zl. 91/10/0240, und vom 6. Februar 1990, Zl. 89/04/0113). Wenn die Berufungsbehörde bereits eine Sachentscheidung getroffen habe, könne ein Rechtsmittel gegen den unterinstanzlichen Bescheid nicht mehr ergriffen werden, da dieser nicht mehr dem Rechtsbestand angehöre. Sowohl der Bescheid über die Anordnung der Ersatzvornahme als auch der Bescheid über die Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel, jeweils vom 21. Juli 2010, führten als Titelbescheid (Exekutionstitel) den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Kitzbühel vom 24. September 2003 an. Auch die Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 5. Mai 2010 über die Androhung der Ersatzvornahme nehme Bezug auf den Exekutionstitel vom 24. September 2003. Der Bescheid vom 24. September 2003 sei vom Stadtrat der Stadtgemeinde Kitzbühel mit Bescheid vom 4. Mai 2006 abgeändert worden, weshalb der Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Kitzbühel vom 24. September 2003 nicht mehr existent sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1992, Zl. 91/10/0240). Die belangte Behörde, die die beiden Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 21. Juli 2010 mit der angefochtenen Entscheidung bestätige, lege sohin den Zwangsmaßnahmen einen falschen Titelbescheid zugrunde.

Unbestritten steht fest, dass mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Kitzbühel vom 4. Mai 2006 der Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Kitzbühel vom 24. September 2003 betreffend den Auftrag zur Beseitigung einer baulichen Anlage, nur dahingehend abgeändert wurde, als dem Beschwerdeführer eine Frist bis 31. Juli 2006 zur Beseitigung der verfahrensgegenständlichen baulichen Anlage eingeräumt wurde. Im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. Die dagegen gerichtete Vorstellung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 23. Oktober 2006 als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer macht zusammengefasst geltend, der erstinstanzliche Verpflichtungsbescheid des Bürgermeisters vom 24. September 2003 sei kein tauglicher Exekutionstitel, weil er durch den (bestätigenden) Berufungsbescheid zur Gänze ersetzt worden sei. Der Bescheid des Bürgermeisters sei in der Berufungsentscheidung des Stadtrates der Stadtgemeinde Kitzbühel vom 4. Mai 2006 aufgegangen.

Abgesehen davon, dass die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides explizit den in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Kitzbühel vom 4. Mai 2006 als Titelbescheid des verfahrensgegenständlichen Vollstreckungsverfahrens anführt, verhilft dieser (formelle) Einwand dem Beschwerdeführer nicht zum Erfolg:

Davon ausgehend, dass der erstinstanzliche Bescheid in der - bis auf die Setzung einer neuen Frist (diese ist mit 31. Juli 2006 abgelaufen) - bestätigenden Berufungsentscheidung aufgegangen ist, vermag dies nichts daran zu ändern, dass der Beschwerdeführer auf Grund eines rechtskräftigen und vollstreckbaren gemeindebehördlichen Bescheides zur Beseitigung der verfahrensgegenständlichen Garage verhalten wurde. Dass im Vollstreckungsverfahren (zunächst nur) der erstinstanzliche Bescheid und nicht auch der Berufungsbescheid genannt wurde, vermag aber an der Vollstreckbarkeit nichts zu ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2010, Zl. 2010/06/0188).

Die Beschwerde erweist sich daher als nicht begründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 27. August 2013

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