VwGH 2010/06/0188

VwGH2010/06/018813.10.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde des Dr. R P in M, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1 A/VII, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 24. Juni 2010, Zl. 15-All-853/2004 (004/2010), betreffend eine Zwangsvollstreckung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
AVG §37;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem hg. Erkenntnis vom 4. März 2008, Zl. 2007/05/0020, zu entnehmen. Daraus ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer mit dem erstinstanzlichen "Verpflichtungsbescheid" des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 8. Mai 2006 verpflichtet wurde, die auf näher bezeichneten Grundstücken errichteten (drei) Gebäude an die Kanalisationsanlage der Gemeinde anzuschließen. Seine Berufung wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 23. Juni 2006 als unbegründet abgewiesen, seine dagegen erhobene Vorstellung mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. September 2006. Ebenso wurde seine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit dem eingangs angeführten hg. Erkenntnis vom 4. März 2008 als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben an die örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft V (kurz: BH) vom 22. November 2006 ersuchte die Gemeinde um Vollstreckung des "rechtskräftigen Anschlussbescheides des Bürgermeisters" vom 8. Mai 2006 (und verwies darauf, dass die dagegen erhobene Berufung sowie sodann die Vorstellung als unbegründet abgewiesen worden waren). Mit Erledigung der BH vom 6. Dezember 2006 wurde dem Beschwerdeführer unter Setzung einer Nachfrist die Ersatzvornahme angedroht. Nach weiterem Schriftverkehr holte die BH verschiedene Kostenvoranschläge ein, die sie behördenintern auf ihre Angemessenheit überprüfen ließ. Als günstigstes Angebot wurde ein solches des Unternehmens K. über EUR 22.129,20 angesehen.

Mit Erledigung vom 15. Februar 2010 gab die BH dem Beschwerdeführer den Stand des Vollstreckungsverfahrens bekannt, und insbesondere, dass drei Kostenvoranschläge eingelangt seien. Das Baubezirksamt bei der BH habe am 12. Jänner 2010 vorgeschlagen, den Auftrag an das Unternehmen K. zum Pauschalpreis von EUR 22.129,20 zu vergeben. Die BH als Vollstreckungsbehörde beabsichtige nun im Sinne des § 4 Abs. 1 und 2 VVG dem Beschwerdeführer mit Bescheid die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme in der Höhe von EUR 22.129,20 aufzutragen. Es werde dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit eingeräumt, hierzu binnen 14 Tagen ab Erhalt des Schreibens eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

Eine solche Stellungnahme erfolgte nicht.

Hierauf sprach die BH mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 15. März 2010 aus, dass der Beschwerdeführer die ihm mit dem Bescheid vom 8. Mai 2006 auferlegte Verpflichtung, die genannten Objekte an die öffentliche Kanalisationsanlage der Gemeinde anzuschließen, nicht erfüllt habe, weshalb die mit Schreiben der BH vom 6. Dezember 2006 angedrohte Ersatzvornahme angeordnet werde.

Weiters wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme den Betrag von EUR 22.129,20 binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides bei der BH zur Einzahlung zu bringen.

Dies wurde zusammengefasst damit begründet, dass der Beschwerdeführer der ihm auferlegten Verpflichtung trotz Androhung der Ersatzvornahme nicht nachgekommen sei, er sich auch zu dem in Aussicht genommenen Auftrag, ihm den Betrag von EUR 22.129,20 als Kosten der Ersatzvornahme zur Vorauszahlung aufzuerlegen, nicht geäußert habe.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zum Berufungsvorbringen heißt es zusammenfassend, der Bescheid des Bürgermeisters vom 8. Mai 2006 sei rechtskräftig und vollstreckbar, weil der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 4. März 2008, Zl. 2007/05/0020, eine diesbezügliche Beschwerde des Beschwerdeführers abgewiesen habe. Da der Bescheid des Bürgermeisters rechtskräftig sei, sei er auch vollstreckbar.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei dann, wenn Art und Umfang einer Leistung von einem Fachkundigen (Sachverständigen) festgestellt werden könnten, dies für die Vollstreckungstauglichkeit eines Titelbescheides ausreichend. Dies sei beim Verpflichtungsbescheid der Fall. Es treffe auch nicht zu, dass die Objekte zwischenzeitig an die Kanalisationsanlage angeschlossen worden wären und daher der Beschwerdeführer der ihm auferlegten Anschlussverpflichtung nachgekommen wäre.

Zum Vorbringen in der Berufung, dass er im Rahmen des Parteiengehörs nicht gehörig habe Stellung nehmen können, weil ihm die Kostenvoranschläge nicht übermittelt worden seien, sei auszuführen, dass gerade dieses Parteiengehör dazu gedient habe, einen solchen Mangel geltend zu machen. Der Beschwerdeführer habe sich im Rahmen der ihm gebotenen Gelegenheit nicht geäußert, und es habe die BH davon ausgehen können, dass er keine Einwendungen gegen den in Aussicht genommenen Bescheid vorbringe. Zum Vorbringen, dass die vorgeschriebene Summe unverhältnismäßig und die ausgeschriebenen bzw. angebotenen Leistungen der Professionisten unbestimmt seien, sei zu bemerken, dass die Behörde nur keine unverhältnismäßigen Kosten vorschreiben dürfe. Da drei Kostenvoranschläge eingeholt, diese durch den Sachverständigen des Baubezirksamtes ausgewertet worden seien, und dieser vorgeschlagen habe, den Auftrag im Anlassfall zu eben einem bestimmten Pauschalpreis zu vergeben, die anderen Kostenvoranschläge preismäßig ohnedies höher gelegen seien und Nebenbedingungen teilweise nicht akzeptabel gewesen seien, habe die Behörde auch keine unverhältnismäßigen Kosten vorgeschrieben. Überdies hätte der Beschwerdeführer eine diesbezügliche Beweisführung zu führen gehabt. Pauschale Aussagen (gemeint: wie in der Berufung), dass die vorgeschriebene Summe unverhältnismäßig erscheine und die Leistung zu unbestimmt seien, vermöchten noch keine Bedenken an der Höhe der auferlegten Kosten hervorzurufen.

Es wäre dem Beschwerdeführer auch jederzeit frei gestanden, im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens und auch nun noch im Rahmen des Berufungsverfahrens Einsicht in den Akt und damit in die Kostenvoranschläge zu nehmen. Es werde auch darauf hingewiesen, dass es dem Beschwerdeführer frei gestanden sei bzw. frei stehe, die ihm auferlegte Verpflichtung aus Eigenem unter Zuhilfenahme von ihm selbst gewählten Professionisten durchzuführen. Eine Durchführung der Verpflichtung im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens sei lediglich der durch das Gesetz vorgesehene Rahmen, eine nicht erbrachte Leistung dennoch zu bewerkstelligen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 4 VVG lautet:

"Erzwingung anderer Leistungen und Unterlassungen

a) Ersatzvornahme

§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar."

Der Beschwerdeführer trägt vor, der erstinstanzliche Verpflichtungsbescheid des Bürgermeisters sei kein tauglicher Exekutionstitel, weil er nämlich durch den (bestätigenden) Berufungsbescheid zur Gänze ersetzt worden sei. Der Bescheid des Bürgermeisters sei in der Berufungsentscheidung des Gemeindevorstandes aufgegangen (Hinweis auf hg. Judikatur).

Dieser (formelle) Einwand vermag dem Beschwerdeführer nicht zum Erfolg zu verhelfen; auch davon ausgehend, dass der erstinstanzliche Bescheid in der vollständig bestätigenden Berufungsentscheidung aufgegangen ist (es handelte sich auch nicht um eine "Maßgabenbestätigung" oder dgl.), vermag dies daran nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer auf Grund eines rechtskräftigen und vollstreckbaren gemeindebehördlichen Bescheides zur fraglichen Anschlussverpflichtung verhalten wurde. Dass im Vollstreckungsverfahren nur der erstinstanzliche Bescheid (der die Verpflichtung näher umschreibt) genannt wurde und nicht auch der Berufungsbescheid, mag im Beschwerdefall als verbale Unschärfe anzusehen sein, vermag aber an der Vollstreckbarkeit der ausgesprochenen Anschlussverpflichtung nichts zu ändern.

Es kann auch nicht gesagt werden, dass die Anschlussverpflichtung zu unbestimmt sei (die Unbestimmtheit des Titels wäre ein Vollstreckungshindernis im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG - siehe dazu die in Walter / Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, in E 75-77 zu § 10 VVG genannte hg. Judikatur).

Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen, die näher bezeichneten Objekte an die Kanalisation der Gemeinde anzuschließen. Damit bestand für ihn ein weiter Gestaltungsspielraum; dass ein solcher Anschluss möglich ist, bestreitet der Beschwerdeführer nicht, wie sich aus den Beschwerdeausführungen ergibt. Dass die notwenigen Anschlusskanäle die teils gepflasterten, teils asphaltierten Vorplätze zerstören würden, ist kein Vollstreckungshindernis, zumal es typischerweise erforderlich ist, bei Kanalverlegungsarbeiten Grabungen durchzuführen und sodann die Oberfläche wieder herzustellen. Zutreffend hat die belangte Behörde darauf verwiesen, dass die angeordnete Ersatzvornahme ja nur deshalb erforderlich ist, weil es der Beschwerdeführer bislang unterlassen hat, der ihm auferlegten Verpflichtung nachzukommen. Es wäre ihm frei gestanden, den Anschluss zwischenzeitig so vorzunehmen, wie er sich dies vorstellt. Dass nun das im Wege einer Ersatzvornahme beauftragte Unternehmen den Anschluss allenfalls in einer anderen Weise durchführen würde, als der Beschwerdeführer dies für tunlich erachtete (wenngleich er dies bislang unterlassen hat), ist kein Umstand, der eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides begründen würde. Die Ersatzvornahme wurde somit zu Recht angeordnet.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, sein Parteiengehör sei verletzt worden, weil die bloße Mitteilung, den Auftrag im Anlassfall an ein bestimmtes Bauunternehmen zu einen bestimmten Pauschalpreis zu vergeben, unzureichend sei, ist er zunächst darauf zu verweisen, dass es ihm frei gestanden wäre, sich aufforderungsgemäß zu äußern, wie auch Akteneinsicht zu nehmen, sollte er dies für tunlich erachtet haben. Der Beschwerdeführer vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, er habe stets beteuert, dass die gegenständlichen, historischen Gebäude einer besonderen Infrastruktur bedürften und ins Kalkül zu ziehen sei, dass sich die Eigentumsverhältnisse in Zukunft so ändern könnten, dass jedes Haus getrennt zu bewirtschaften sei. Die Gemeindebehörden hätten diese Bedenken des Beschwerdeführers jedoch nie ernst genommen, weshalb er sich bis heute weigere, die seiner Meinung nach schlechteste Lösung zu verwirklichen. Der eingeholte Kostenvoranschlag sei offensichtlich erstellt worden, ohne die Situation vor Ort zu besichtigen und ohne Ortskenntnisse. Der Kanalanschluss bzw. die Kanalanschlüsse ließen sich technisch und wirtschaftlich so nicht durchführen. Der Beschwerdeführer hätte, wäre sein Parteiengehör gewahrt worden, mit Hilfe eines Kanalbausachverständigen die technische und wirtschaftliche Untunlichkeit der in Auftrag gegebenen Ersatzvornahme dartun können.

Dem ist zunächst das zuvor Gesagte zu entgegnen, dass die Ersatzvornahme deshalb erforderlich ist, weil der Beschwerdeführer der Anschlussverpflichtung bislang nicht nachgekommen ist. Mit den im Vollstreckungsverfahren ergangenen Bescheiden wurde kein Auftrag an ein bestimmtes Unternehmen vergeben, vielmehr wurden die Ersatzvornahme angeordnet und ein Kostenvorauszahlungsauftrag erlassen. Sind die Beschwerdeausführungen dahin zu verstehen, dass zur Durchführung der Arbeiten ein höherer Betrag erforderlich sei, als jener, der zur Zahlung auferlegt wurde, kann sich der Beschwerdeführer dadurch nicht rechtens als beschwert erachten. Sollte er hingegen meinen, er könnte der Anschlussverpflichtung im Sinne seiner Vorstellungen mit einem geringeren Kostenaufwand nachkommen, hat er dies bislang unterlassen. Meinte er schließlich, der auferlegte Betrag sei zu hoch, ist er dafür jegliche Konkretisierung schuldig geblieben. Der Beschwerdeführer zeigt somit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht auf.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 13. Oktober 2010

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