VwGH 2010/08/0055

VwGH2010/08/005514.2.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Strohmayer und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des N E in Wien, vertreten durch Mag. Dominik Konlechner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Bösendorferstraße 5/7-8, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 20. November 2009, Zl. 2009-0566-9-001246, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §10 Abs1 Z4;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AlVG 1977 §10 Abs1 Z4;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 30. Jänner 2009 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum 1. Dezember 2008 bis 25. Jänner 2009 verloren habe. Begründend führte die regionale Geschäftsstelle aus, der Beschwerdeführer habe trotz Aufforderung laut Betreuungsplan vom 14. November 2008 bis zur vereinbarten Frist am 31. März 2009 keine geeigneten Nachweise über Eigenbemühungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachgewiesen. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht seien nicht anerkannt worden.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung.

Mit Schreiben vom 11. September 2009 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, zum Nachweis der Eigeninitiative sämtliche von ihm im Zeitraum vom 14. November 2008 bis 30. Jänner 2009 durchgeführten schriftlichen, telefonischen und persönlichen Bewerbungen um eine Stelle schriftlich bekannt zu geben und dazu jeweils die Kopien der Bewerbungsschreiben oder die Person samt Kontaktadresse, bei der sich der Beschwerdeführer beworben habe, oder sonstige Nachweise für die Bewerbungsaktivitäten (z.B. Antwortschreiben der potentiellen Dienstgeber, Nachweise, dass er bei einem Auswahlverfahren in die

"2. Runde" gekommen sei, Stellensuchinserate des Beschwerdeführers) bis spätestens 25. September 2009 zu übermitteln. Falls sich der Beschwerdeführer in der Zeit vom 14. November 2008 bis 30. Jänner 2009 nicht zweimal wöchentlich beworben habe, möge er bekannt geben, aus welchem Grund er daran gehindert gewesen sei.

Der Beschwerdeführer nahm dazu mit Schreiben vom 25. September 2009 Stellung. Zum Mangel der Eigeninitiative könne er nichts Schriftliches vorlegen. Er habe sich trotz des Geldmangels und nicht richtiger Belehrung mündlich bei ihm bekannten Firmen beworben. Dass Blindbewerbung erlaubt und gewollt sei, sei ihm in den Gesprächen von seinen Betreuern bei der regionalen Geschäftsstelle nicht vermittelt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge; Nachsicht gemäß § 10 Abs. 3 AlVG wurde nicht erteilt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe die Pflichtschule abgeschlossen und sei bisher im Hilfsbereich (Security- und Aufsichtskraft, Billeteur, Kassakraft, Regalbetreuer und Autoverkäufer) tätig gewesen. Seit 1. September 2006 sei er beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos gemeldet; bis 18. Jänner 2007 habe er Arbeitslosengeld bezogen und ab 19. Jänner 2007 mit kurzen Bezugsunterbrechungen Notstandshilfe.

Am 28. Mai 2008 sei der Beschwerdeführer vom Arbeitsmarktservice niederschriftlich aufgefordert worden, bis zum 30. September 2008 wöchentlich zumindest zwei Bewerbungen glaubhaft zu machen, wobei die Bewerbungen durch Kopien von Bewerbungsschreiben oder durch Bekanntgabe von Personen, bei denen er sich beworben habe, glaubhaft zu machen seien. Im Zuge dieser Niederschrift sei der Beschwerdeführer über die Rechtsfolgen bei mangelnder Eigeninitiative zur Erlangung einer Beschäftigung informiert worden.

Sowohl in einem Betreuungsplan als auch in einer Niederschrift vom 14. November 2008 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, bis 31. März 2009 wöchentlich zumindest zwei Bewerbungen glaubhaft zu machen (neuerliche Aufforderung zur Eigeninitiative), die Bewerbungen in eine Bewerbungsliste einzutragen und die ausgefüllte Bewerbungsliste sowie sonstige Nachweise über die Bewerbungsaktivitäten wöchentlich dem Arbeitsmarktservice vorzulegen oder zu übermitteln. Auch sei der Beschwerdeführer über die Rechtsfolgen des § 10 AlVG bei Nichteinhaltung dieser Vorgaben zur Eigeninitiative ohne triftigen Grund neuerlich in Kenntnis gesetzt worden. Der Beschwerdeführer habe die Unterschrift auf der Niederschrift vom 14. November 2008 verweigert; er habe die ihm ausgefolgten Einladungsschreiben zum Kurs, die Listen und die Betreuungsvereinbarung liegen gelassen und angegeben, dass er diese nicht benötige.

Im Berufungsverfahren sei der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11. September 2009 aufgefordert worden, bis 25. September 2009 seine Bewerbungen im Zeitraum vom 14. November 2008 bis 30. Jänner 2009 glaubhaft zu machen; er sei auch aufgefordert worden, gegebenenfalls bekannt zu geben, aus welchem Grund er an Bewerbungen gehindert gewesen sei.

Mit Schreiben vom 25. September 2009 habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er zum Mangel der Eigeninitiative nichts Schriftliches vorlegen könne. Er habe sich mündlich bei ihm bekannten Firmen trotz Geldmangels und nicht richtiger Belehrung beworben. Dass Blindbewerbungen erlaubt und gewollt gewesen seien, sei ihm in den Gesprächen mit dem Betreuer nicht vermittelt worden.

Die Feststellungen würden sich auf den Leistungsakt, die EDV-Eintragungen des Arbeitsmarktservice und die eigenen Angaben des Beschwerdeführers gründen.

Ein Arbeitsloser, der auf Aufforderung des Arbeitsmarktservice nicht bereit oder in der Lage sei, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung glaubhaft zu machen, erhalte für die Dauer von sechs Wochen keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung; die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöhe sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung um weitere zwei Wochen auf acht Wochen.

Wenn eine seit September 2006 beinahe durchgehend arbeitslose Person dem Arbeitsmarktservice gegenüber behaupte, sich auf Arbeitssuche zu befinden, so könne es nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn das Arbeitsmarktservice dafür einen entsprechenden Nachweis verlange und den Beschwerdeführer auffordere, wöchentlich zwei Bewerbungen nachzuweisen. Dass dem Beschwerdeführer die Aufforderung zur Eigeninitiative (zwei Bewerbungen wöchentlich) von der Mitarbeiterin der regionalen Geschäftsstelle zur Kenntnis gebracht worden sei, habe diese mehrfach vermerkt und werde dies nicht dadurch widerlegt, dass der Beschwerdeführer die Unterschrift auf der Niederschrift verweigert habe.

Das Vorbringen, dem Beschwerdeführer sei nicht vermittelt worden, dass "Blindbewerbungen" erlaubt und gewollt seien, sei dadurch widerlegt, dass eine niederschriftliche Vorschreibung der Eigeninitiative schon am 28. Mai 2008 erfolgt sei, was der Beschwerdeführer in der Niederschrift vom 9. Dezember 2008 bestätigt habe. Auch die Angaben in der Niederschrift bei der Berufungsbehörde vom 9. Dezember 2008, dass er nicht ganz verstanden habe, wie die zwei Bewerbungen ausschauen sollten, seien aufgrund der Angaben in der Berufung, der Beschwerdeführer habe sich im Zeitraum vom 14. November 2008 bis 31. März 2009 trotz Geldmangels und nicht richtiger Belehrung mündlich bei ihm bekannten Firmen beworben, widerlegt. Dem Einwand des Beschwerdeführers, er habe keine für sich geeigneten, zumutbaren Stellen gefunden, sei entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer seit 19. Jänner 2007 im Bezug der Notstandshilfe stehe und es daher keinen Entgelt- oder Berufsschutz gebe. Der Beschwerdeführer sei daher verpflichtet, jede im Sinne des § 9 AlVG zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Es sei nach der allgemeinen Erfahrung nicht glaubwürdig, dass es im gesamten Bereich für ungelernte Arbeitskräfte nicht zumindest zwei Stelleninserate wöchentlich im Zeitraum 14. November 2008 bis 31. März 2009 gegeben hätte, deren Anforderungen der Beschwerdeführer erfüllt hätte. Es wäre dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen, auch über seine bisherigen Tätigkeitsbereiche hinaus sich um Stellen für ungelernte bzw. anzulernende Arbeitskräfte zu bewerben. Es wäre dem Beschwerdeführer auch zumutbar gewesen, die von ihm behaupteten Bemühungen um eine Stelle durch Angaben der konkreten Bewerbungsdaten gegenüber dem Arbeitsmarktservice glaubhaft zu machen.

Der Beschwerdeführer habe in der Zeit von 14. November 2008 bis 30. Jänner 2009 keine einzige Bewerbung nachgewiesen oder glaubhaft gemacht, sodass mangels Eigeninitiative eine Sanktion nach § 10 Abs. 1 Z 4 AlVG zu verhängen sei. Die Sanktion bestehe in einem Leistungsanspruchsverlust von acht Wochen ab der Pflichtverletzung (somit ab 1. Dezember 2008), da bereits von 29. September bis 9. November 2008 ein Anspruchsverlust von Notstandshilfe nach § 10 AlVG verhängt worden sei.

Berücksichtigungswürdige Gründe für die Nachsicht der Sanktion, insbesondere die Aufnahme eines arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, seien nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei nicht ersichtlich, wie die belangte Behörde zu dem Schluss gelangt sei, das Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass Blindbewerbungen gewollt seien, sei widerlegt. Es möge dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden sei, dass Eigeninitiative erwünscht sei; dies bedeute jedoch nicht, dass dem Beschwerdeführer auch dargelegt worden sei, wie diese Eigeninitiative auszusehen habe. Eigeninitiative könne auch bedeuten, dass der Beschwerdeführer in Zeitungsinseraten, in den Informationsräumen des Arbeitsmarktservice, im Internet usw. nach geeigneten Stellenausschreibungen zu suchen habe. Eine Aufforderung, Blindbewerbungen abzuschicken, sei aus der Aufforderung zu Eigeninitiative nicht herauszulesen. Gänzlich unschlüssig sei die Schlussfolgerung der belangten Behörde, aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers in der Berufung, er habe sich bei ihm bekannten Firmen beworben, sei widerlegt, dass dem Beschwerdeführer nicht klar gewesen sei, wie die Eigeninitiative auszusehen habe. Nur weil der Beschwerdeführer tatsächlich Bewerbungen an ihm bekannte Unternehmen abgeschickt habe bzw. sich mündlich beworben habe, heiße dies nicht, ihm sei zur Kenntnis gebracht worden, dass er auch Blindbewerbungen ausführen könne.

Weiter begründe die belangte Behörde die Verhängung der Sanktion damit, es sei nicht glaubwürdig, dass es für den Beschwerdeführer im Zeitraum vom 14. November 2008 bis 31. März 2009 nicht wöchentlich zumindest Stelleninserate gegeben hätte, deren Anforderungen er erfüllt hätte. Abgesehen davon, dass es sich bei der Eigeninitiative um die Bewerbung auf Stelleninserate und nicht um Blindbewerbungen handle, sei diese Behauptung schon allein deshalb lebensfremd, weil das Arbeitsmarktservice dem Beschwerdeführer in einem Zeitraum von mehr als zwei Jahren lediglich sieben Bewerbungen vermittelt habe, was angesichts der angespannten Situation am Arbeitsmarkt und der gestiegenen Anforderungen an ungelernte Arbeitnehmer auch nicht verwunderlich sei. Wenn die belangte Behörde einerseits ausführe, der Beschwerdeführer hätte wissen müssen, dass Blindbewerbungen gewünscht seien, anderseits, dass es ausreichend Stellenausschreibungen für zwei Bewerbungen pro Woche gebe, so sei dies in sich widersprüchlich.

Auch wenn die Aufforderung zur Eigeninitiative dahingehend konkretisiert worden sei, dass der Arbeitslose in bestimmter Zeit eine bestimmte Zahl von Bewerbungen nachweisen solle, so ändere dies nichts daran, dass der Betreffende dennoch nur nachweisen müsse, dass er ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung gemacht habe. Der Beschwerdeführer habe in der Berufungsergänzung vorgebracht, sich mündlich bei ihm bekannten Firmen beworben zu haben; die belangte Behörde hätte sich mit diesem Vorbringen - gegebenenfalls nach weiteren Ermittlungen - beweiswürdigend auseinandersetzen müssen.

Aus dem Verfahrensverlauf sei ersichtlich, dass es offenbar Unstimmigkeiten zwischen dem Beschwerdeführer und Mitarbeitern des Arbeitsmarktservice gegeben habe, welche eine ausreichende Aufklärung des Beschwerdeführers über Art und Weise der Eigeninitiative verhindert hätten. Es sei auffällig, dass die Behörde zwei Bescheide über die Sperre der Notstandshilfe für den annähernd gleichen Zeitraum erlassen habe (einen am 16. Dezember 2008 und einen am 30. Jänner 2009). Offenbar sei der Behörde aufgefallen, dass die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 16. Dezember 2008 Erfolg haben werde, da dieser Bescheid wohl versehentlich mit der offenbar vorgefertigten Begründung der Vereitelung einer zumutbaren Beschäftigung versehen gewesen sei. Mangels Vermittlung von Stellenangeboten an den Beschwerdeführer durch das Arbeitsmarktservice sei absehbar gewesen, dass eine Berufung des Beschwerdeführers Erfolg haben werde. Daher sei der Bescheid vom 30. Jänner 2009 mit der Begründung der mangelnden Eigeninitiative erlassen worden, um dem Beschwerdeführer die Notstandshilfe doch noch sperren zu können, was die negative Einstellung des Arbeitsmarktservice gegenüber dem Beschwerdeführer deutlich zum Ausdruck bringe.

Festzuhalten sei auch, dass der Beschwerdeführer, seitdem ihm im Zuge des Berufungsverfahrens die Möglichkeit von Blindbewerbungen bekannt geworden sei, regelmäßig die vom Arbeitsmarktservice gewünschten wöchentlichen zwei Bewerbungen bringe. Wenn der Beschwerdeführer zuvor diese Bewerbungen nicht nachgewiesen habe, so liege dies nicht an der mangelhaften Eigeninitiative, sondern an der mangelnden Kenntnis, dass auch Blindbewerbungen möglich seien.

2. Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer u.a. bereit ist, von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

Wenn die arbeitslose Person auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen, so verliert sie nach § 10 Abs. 1 Z 4 AlVG für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 bis 4 AlVG um weitere zwei Wochen auf acht Wochen.

Gemäß § 38 AlVG sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen über das Arbeitslosengeld sinngemäß anzuwenden

3. Das Arbeitsmarktservice kann einen Arbeitslosen nach § 10 Abs. 1 Z 4 AlVG auffordern, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen. Wird eine solche Aufforderung dahingehend konkretisiert, dass der Arbeitslose in bestimmter Zeit eine bestimmte Zahl von Bewerbungen nachweisen soll, kann dies aber nichts daran ändern, dass der Arbeitslose dennoch nur nachweisen muss, dass er ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung gemacht hat.

Es ist Aufgabe der Behörde zu beurteilen, ob die nachgewiesenen Anstrengungen unter den konkreten Verhältnissen vor dem Hintergrund des - ebenfalls darzustellenden - Umfeldes auf dem konkret in Frage kommenden Teil des Arbeitsmarktes nach den persönlichen Verhältnissen des Arbeitslosen ausreichend waren oder nicht. Kommt sie zum Ergebnis, die Anstrengungen seien nicht ausreichend, hat sie ihre diesbezüglichen Erwägungen in der Begründung des Bescheides darzulegen. Die Bescheidbegründung hat eine Würdigung der Anstrengungen zu enthalten. Hiebei ist das Gesamtverhalten des Arbeitslosen von der Aufforderung bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 2011, Zl. 2008/08/0137, mwN).

4. Grundsätzlich trifft auch bei amtswegig durchzuführenden Verfahren die Partei eine entsprechende Mitwirkungspflicht, insbesondere dort, wo den amtswegigen behördlichen Erhebungen im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind. Dort also, wo es der Behörde nicht möglich ist, von sich aus und ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden, was insbesondere bei jenen in der Person des Antragstellers gelegenen Voraussetzungen der Fall sein wird, deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann, ist die Partei selbst zu entsprechendem Vorbringen und Beweisanboten verpflichtet. Die nicht gehörige Mitwirkung der Partei im Beweisverfahren unterliegt der freien Beweiswürdigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2009, Zl. 2007/08/0323, mwN).

Da § 10 Abs. 1 Z 4 AlVG vorsieht, dass der Arbeitslose aufgefordert werden kann, ausreichende Anstrengungen nachzuweisen, trifft den Arbeitslosen insoweit eine spezifische Mitwirkungspflicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2011, Zl. 2008/08/0020).

5. Zu den Beschwerdeausführungen betreffend Blindbewerbungen ist zu bemerken, dass der Beschwerdeführer bereits am 28. Mai 2008 aufgefordert worden war, wöchentlich zumindest zwei Bewerbungen glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer hatte - wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt - dazu auch am 8. August 2008 eine Bewerbungsliste vorgelegt (wenn auch nur mit drei Bewerbungen). Nach dem Formular dieser Bewerbungsliste ist auch anzugeben, woher die Information über die Stelle gekommen sei, wobei als Beispiele angeführt werden: "Zeitung, Stellenliste, Empfehlung, Blindbewerbung". Der Beschwerdeführer hatte auch betreffend zweier Bewerbungen angeführt, es handle sich um seinen Bekanntenkreis; dass diesen Bewerbungen Stellenausschreibungen oder Inserate vorangegangen wären, ist nicht ersichtlich. Im Hinblick auf dieses Formular betreffend die Bewerbungsliste musste dem Beschwerdeführer jedenfalls bekannt sein, dass auch Blindbewerbungen die von ihm geforderte Eigeninitiative erfüllen würden.

6. Der Beschwerdeführer hatte auf Aufforderung der belangten Behörde mit Schreiben vom 11. September 2009, sämtliche im Zeitraum von 14. November 2008 bis 30. Jänner 2009 durchgeführten Bewerbungen schriftlich bekannt zu geben und dazu jeweils die Kopien der Bewerbungsschreiben zu übermitteln oder die Person samt Kontaktadresse bekannt zu geben, nur (ohne nähere Konkretisierung) mitgeteilt, er habe sich mündlich bei ihm bekannten Firmen beworben.

Die belangte Behörde hat im Rahmen ihrer Sachverhaltsfeststellungen lediglich den Inhalt der Antwort des Beschwerdeführers geschildert, sich mit diesen Angaben aber nicht beweiswürdigend auseinandergesetzt. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung geht die belangte Behörde sodann einerseits davon aus, dass der Beschwerdeführer in der Zeit von 14. November 2008 bis 30. Jänner 2009 keine einzige Bewerbung nachgewiesen oder glaubhaft gemacht habe. Anderseits führt sie aber aus, dass der Umstand, dass der Beschwerdeführer nach seinen Angaben in der Berufung sich mündlich bei ihm bekannten Firmen beworben habe, seine Behauptung, er habe nicht verstanden, wie Bewerbungen ausschauen solle, widerlege. Demnach geht die belangte Behörde jedoch im Rahmen dieser Erwägungen davon aus, dass derartige Bewerbungen erfolgt sind. Sollten derartige Bewerbungen erfolgt sein, so wären diese aber im Rahmen der Beurteilung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers zu berücksichtigen.

Damit ist die Bescheidbegründung in einem entscheidungserheblichen Punkt widersprüchlich, was den Verwaltungsgerichtshof daran hindert, den angefochtenen Bescheid auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit zu überprüfen.

7. Der angefochtene Bescheid war sohin wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 14. Februar 2013

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