VwGH 2010/05/0232

VwGH2010/05/023229.1.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der H Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 16, gegen die Bescheide des Berufungssenates der Stadt Wien vom 9. November 2010, 1) Zl. MA 64- 2243/2010 u.a. (Beschwerde Zl. 2010/05/0232) und 2) Zl. MA 64- 3006/2010 u.a. (Beschwerde Zl. 2010/05/0233), betreffend Gebrauchserlaubnis, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §2 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §2 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der zweitangefochtene Bescheid wird insoweit, als er den Standort Radingerstraße / Ofnergasse betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den angefochtenen Bescheiden vom 9. November 2010 wies die im Instanzenzug angerufene belangte Behörde die jeweils erhobenen Berufungen über die Anträge der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis für die Errichtung von Bezirksinformationsanlagen (City-Light Vitrinen) an den näher genannten Standorten nach §§ 1 und 2 Gebrauchserlaubnisgesetz 1966 für Wien (GAG) ab. Im Beschwerdefall geht es um die Standorte Wien 12., Meidlinger Hauptstraße 8-10 (erstangefochtener Bescheid), und Wien 2., Radingerstraße / Ofnergasse (zweitangefochtener Bescheid).

Im Rahmen des zuvor durchgeführten Verwaltungsverfahrens vor der belangten Behörde wurden von Amtssachverständigen der Magistratsabteilung (MA) 19 zu beiden beantragten Standorten - als Ergänzungen zu den bereits erstatteten einander gleichenden und das "Wiener Werbeanlagenkonzept 2008" darstellenden Gutachten vor der Erstbehörde - weitere Gutachten erstellt.

Beiden Gutachten der MA 19 (8. Juli 2010 bzw. 26. August 2010) sind folgende übereinstimmende Ausführungen zu entnehmen:

"Die Aufstellung von Werbeanlagen im öffentlichen Raum folgt bestimmten stadtgestalterischen Konzepten, die gewährleisten, dass es zu keiner Störung des Stadtbildes kommt. Grundsätzlich sind dabei Werbeanlagen, welche die Sicht auf anerkannte Qualitäten der Stadt verdecken, diese überragen, dominieren oder konkurrieren, aus Sicht der Stadtgestaltung zu vermeiden.

Ein Stadtraum, ein Straßenraum, ein öffentlicher Raum ist unter folgenden Voraussetzungen als 'gestalterisch bewältigt', als nicht beeinträchtigt bzw. nicht gestört zu bezeichnen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gebrauchsabgabengesetzes 1966 für Wien (GAG) idgF lauten auszugsweise:

"§ 1 Gebrauchserlaubnis

(1) Für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den zugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Dies gilt nicht, soweit es sich um Bundesstraßengrund handelt.

(2) Jeder in der Sondernutzung (Abs. 1) nicht angegebene Gebrauch, der über die bestimmungsgemäße Benützung der Verkehrsflächen nach den straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Bestimmungen hinausgeht, bedarf der privatrechtlichen Zustimmung der Stadt Wien als Grundeigentümerin.

§ 2 Erteilung der Gebrauchserlaubnis

(1) Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis ist nur auf Antrag zulässig. …

(2) Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, wie insbesondere Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, der Parkraumbedarf, städtebauliche Interessen, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen; bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist."

Zu § 2 Abs. 2 GAG ist festzuhalten, dass entgegenstehende öffentliche Rücksichten im Sinne der genannten Bestimmung bereits dann vorliegen, wenn auch nur ein entsprechender Umstand als solcher Gesichtspunkt des Stadt- und Grünlandbildes zum Tragen kommt. Es ist nicht notwendig, dass es mehrere, aus Gründen des Stadt- und Grünlandbildes der Gebrauchserlaubnis entgegenstehende Umstände gibt.

Zum Standort Meidlinger Hauptstraße hat die MA 19 nachvollziehbar dargestellt, dass die Vitrine die Sicht auf die Bäume verstellte. Dabei sind, wie die MA 19 zutreffend annimmt (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2010/05/0187) alle möglichen Gesichtspunkte in Betracht zu ziehen und nicht nur solche, die in bestimmter Entfernung von der Anlage liegen. Es ist auch nicht bestritten, dass es sich dabei um eine stadtbildrelevante Allee handelt. Nicht als unschlüssig kann es daher erkannt werden, dass auch die Verstellung bloßer Baumteile durch ein Werbeelement negative Auswirkungen auf das Stadtbild hat. Der belangten Behörde kann daher schon im Hinblick darauf nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie auf der Grundlage der Äußerungen der MA 19 die Berufung abgewiesen hat.

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Hinsichtlich des Standortes Radingergasse hat die belangte Behörde den Amtssachverständigen nicht mit dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gegengutachten befasst. Es wäre jedoch Aufgabe der belangten Behörde gewesen, ihren Sachverständigen aufzufordern, sein eigenes Gutachten zu ergänzen und sich dabei mit den Aussagen des Privatsachverständigen im Detail auseinander zu setzen und insbesondere auch dessen Grundlagen zu erörtern und darzulegen, warum die Annahmen des Privatgutachters seiner Ansicht nach nicht richtig sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 2008, Zl. 2006/05/0297, und vom 16. September 2009, Zl. 2009/09/0138).

Der zweitangefochtene Bescheid war daher im Umfang der Anfechtung gemäß § 42 Abs. 3 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidungen stützen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 29. Jänner 2013

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