VwGH 2011/12/0195

VwGH2011/12/019522.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des E R in W, vertreten durch Dr. Thomas König, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ertlgasse 4/11, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 21. Oktober 2011, Zl. 129.900/10- I/1/c/11, betreffend Feststellung von Dienstpflichten, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BDG 1979 §44 idF 1999/I/010;
BDG 1979 §44;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art20 Abs1;
DVG 1984 §1 Abs1;
AVG §56;
BDG 1979 §44 idF 1999/I/010;
BDG 1979 §44;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art20 Abs1;
DVG 1984 §1 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Bezirksinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und beim Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in Verwendung.

Den vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass er am 1. Juni 2010 ein Dienst-Kraftfahrzeug gegen ein anderes Fahrzeug lenkte und der Bund nach § 1 OrgHG Schadenersatz (von rund 10 v.H.

des Gesamtschadens) forderte.

In seiner Eingabe vom 17. Februar 2011 brachte der -

rechtsfreundlich vertretene - Beschwerdeführer vor:

"Im Zuge meiner Tätigkeit als Exekutivbeamter werde ich immer

wieder zum Lenken von Dienstfahrzeugen herangezogen. Durch den genannten Vorfall, der sich in ähnlicher Form jederzeit wiederholen kann, ist es evident, dass es in meinem rechtlichen Interesse liegt, festzustellen, ob es zu meinen Dienstpflichten gehört, Dienstkraftfahrzeuge zu lenken, zumal Regressforderungen dieser Art nach dem Organhaftpflichtgesetz der Höhe nicht beschränkt sind und deshalb durchaus auch existenzbedrohende Höhen erreichen können.

Durch das Lenken von Dienstkraftfahrzeugen bin ich erheblichen strafrechtlichen, zivilrechtlichen und disziplinarrechtlichen Risiken ausgesetzt und werden diese Risiken auch in keiner Weise finanziell abgegolten oder sonst honoriert.

Zum disziplinären Risiko durch die Verpflichtung, Dienstkraftfahrzeuge zu lenken, ist näher auszuführen, dass dieses Risiko nicht nur im Dienst besteht sondern dass dieses Risiko einer disziplinären Bestrafung durch die derzeitige Spruchpraxis der Disziplinarsenate auch für zivile Exekutivbeamte weit in den außerdienstlichen Bereich erstreckt wird. So werden Disziplinarerkenntnisse im Falle des Entzuges der Lenkerberechtigung auf Grund eines Alkoholdeliktes in der (…) Freizeit damit begründet, dass dem zivilen Exekutivbeamten zwar kein spezieller Funktionsbezug anzulasten ist, weil ihm der Vollzug der StVO nicht obliegt, er aber durch den Entzug der Lenkerberechtigung seine Dienstfähigkeit insofern herabgesetzt habe, als er in der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit beeinträchtigt sei, weil (er) nicht zum Lenken von Dienst-Kfz herangezogen werden kann bzw. darf und er dadurch eine dem speziellen Funktionsbezug gleichzuhaltende Dienstpflichtverletzung begangen habe.

Weder strafrechtliche, noch zivil- oder disziplinarrechtliche Risiken könnten sich für mich verwirklichen, wenn es nicht zu meinen Dienstpflichten gehören würde, Dienstkraftfahrzeuge zu lenken.

Meine dienstlichen Obliegenheiten sind in meiner Arbeitsplatzbeschreibung festgelegt. Das Lenken von Dienstkraftfahrzeugen ist dort nicht genannt.

In der Anlage 1 zum BDG wird für keine einzige der Verwendungsgruppen des Exekutivdienstes der Besitz einer Lenkerberechtigung als spezielles Ernennungserfordernis gefordert. Hingegen finden sich dort - im Gegensatz zum Exekutivdienst - Verwendungen, in denen als Ernennungserfordernis bzw. Definitivstellungserfordernis der Besitz einer solchen Lenkerberechtigung ausdrücklich gefordert ist. Da sich durch eine potentielle Dienstpflicht, Dienstkraftfahrzeuge zu lenken, auch Rechtswirkungen im privaten Bereich - sohin im Privatleben - manifestieren, ist dieser Bereich auch einer Weisung nicht zugänglich.

Auf Grund des Wesens der Lenkerberechtigung unterfällt die Entscheidung, ein Kraftfahrzeug zu lenken oder eben nicht zu lenken, ausschließlich der privaten Disposition des jeweiligen Inhabers.

Aus den dargelegten Gründen bezweifle ich, dass es zu meinen Dienstpflichten gehört, Dienstkraftfahrzeuge zu lenken.

Die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage ist im Sinne der Rechtsprechung des VwGH nicht im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens zu entscheiden. Der Feststellungsantrag ist für mein rechtliches Interesse im konkreten Fall als geeignetes Mittel anzusehen, weil er zur Abwendung zukünftiger Rechtsgefährdung Rechte oder Rechtsverhältnisse klarstellen soll, wobei dieser Klarstellung für die Zukunft, insbesondere auch bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes rechtliche Bedeutung zukommt.

Es wird von mir daher gestellt der

A N T R A G

die Sicherheitsdirektion Wien möge feststellen, dass es nicht zu meinen Dienstpflichten gehört, Dienstkraftfahrzeuge zu lenken und zwar

  1. 1. weder generell in meiner Eigenschaft als Exekutivbeamter noch
  2. 2. speziell als ziviler Exekutivbeamter an meinem derzeitigen konkreten Arbeitsplatz im Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung."

    Mit Bescheid vom 18. Mai 2011 stellte die Sicherheitsdirektion Wien gemäß § 44 BDG 1979 fest, dass es zu den Dienstpflichten des Beschwerdeführers gehöre, Dienstkraftfahrzeuge zu lenken, und zwar generell in dessen Eigenschaft als Exekutivbeamter als auch speziell als ziviler Exekutivbeamter an seinem derzeitigen konkreten Arbeitsplatz im Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Begründend führte die Behörde nach einleitender Darstellung des Verwaltungsgeschehens, der von ihr angewendeten Rechtsgrundlagen und von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden zunächst zur Zulässigkeit des Feststellungsantrages aus, dieser sei im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zulässig. Inhaltlich beurteilte sie das Geschehen wie folgt:

    "Mit Dienstanweisung des Polizeipräsidenten von Wien vom 11.08.2003, GZ P 235/a/03, ist zusammengefasst geregelt, dass nach Absolvierung einer Fahrzuverlässigkeitsprüfung die Berechtigung zum Lenken von Dienstkraftfahrzeugen erteilt wird. Nach erfolgter Erteilung der Berechtigung sind die Bediensteten gemäß § 36 Abs. 4 BDG im Rahmen der ihnen obliegenden Dienstpflichten auch zum Lenken von Dienstkraftfahrzeugen verpflichtet.

    Sie sind im Besitz einer Lenkberechtigung und wurden am 6.2.1984 (im 4. Bezirk) positiv überprüft und sich daher berechtigt und verpflichtet Dienstkraftfahrzeuge zu lenken. An Fahrausbildungen (Fahrtechnik und Sicherheit) haben Sie am 29.7.1996 und 21.7.1997 teilgenommen.

    Im Rahmen Ihrer Dienstversehung im Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung aber auch generell als Exekutivbeamter ist es zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes und zur Erfüllung der dienstlichen Obliegenheiten notwendig, angeordnete dienstliche Fahrten mit einem Dienstkraftfahrzeug durchzuführen (Streifenfahrten, Einsatzfahrten, Fahrten bei unvorhergesehenen Ereignissen, z.B. unangekündigte Demonstration, etc.).

    Der Dienstauftrag, Dienstkraftfahrzeuge zu lenken, wurde weder von einem unzuständigen Organ erlassen, noch verstößt die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften. Dies wurde von Ihnen auch nicht behauptet.

    Zu den behaupteten sonstigen Rechtswidrigkeiten ist festzuhalten:

    Ihren Ausführungen im Antragsschreiben, dass Sie durch die Verpflichtung zum Lenken von Dienstkraftfahrzeugen existenzbedrohenden Regressforderungen bzw. erheblichen strafrechtlichen, zivilrechtlichen oder gar disziplinarrechtlichen Risiken, insbesondere durch Entzug der Lenkberechtigung infolge eines Alkoholdeliktes in der Freizeit, ausgesetzt sind, kann nicht gefolgt werden. Derartige Folgen treten nur ein, wenn Sie sich aus Eigenem rechtswidrig und schuldhaft verhalten. Ein derartiges Verhalten wird Ihnen mit dem Dienstauftrag (Weisung) nicht aufgetragen.

    Zu Ihrer Feststellung, dass die Dienstpflicht ein Dienstkraftfahrzeug zu lenken einer Weisung nicht zugänglich sei, weil sich Rechtswirkungen im Privatleben manifestieren, ist festzuhalten, dass die Erfüllung des Dienstauftrages, nämlich Dienstkraftfahrzeuge zu lenken, sofern Sie sich hiebei weisungs- bzw. rechtskonform verhalten, keine Auswirkung in Ihrem privaten Lebensbereich hat. Der Dienstauftrag (Weisung) ein Dienstkraftfahrzeug zu lenken ist daher im Rahmen eines Dienstverhältnisses zulässig und nicht rechtswidrig."

    In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer - rechtsfreundlich vertreten - u.a. vor, die Dienstanweisung des Polizeipräsidenten von Wien vom 11. August 2003 sei ihm respektive seinem rechtsfreundlichen Vertreter im Zuge des Ermittlungsverfahrens nicht zur Kenntnis gebracht worden, womit die Behörde gegen das sie treffende Überraschungsverbot verstoßen habe. Sollte durch die Dienstanweisung allerdings eine generelle Weisung zum Lenken von Dienstkraftfahrzeugen bestehen, würde diese in seine subjektive Rechtssphäre eingreifen. Entgegen der Bescheidbegründung sei es unerheblich, ob diese Weisung von einem unzuständigen Organ erlassen worden sei oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde, weil die Weisung aus den aufgezeigten Gründen nicht rechtsverbindlich sei. Wenn die Dienstbehörde erster Instanz § 36 Abs. 4 BDG 1979 zur Bescheidbegründung heranziehe, sei dem zu entgegnen, dass sie selbst richtig feststelle, dass der Beschwerdeführer seit 6. Februar 1984 Dienstkraftfahrzeuge lenke. Somit liege das Tatbestandsmerkmal "vorübergehend" dieser Bestimmung keinesfalls vor. Weiters sei diese Bestimmung verfassungskonform auszulegen. Wenn der Beschwerdeführer bereits an seinem Arbeitsplatz nicht in seinen subjektiven Rechten eingeschränkt werden könne, so könne eine solche Einschränkung auch nicht bei der vorübergehenden Besorgung von Aufgaben, die nicht zu den Dienstverrichtungen seiner Einstufung und Verwendung gehörten, erfolgen, selbst wenn dies im Interesse des Dienstes wäre. Selbst bei absolut korrekter Versehung des Dienstes bestünden teils erhebliche strafrechtliche, zivilrechtliche und disziplinarrechtliche Risiken. § 83c GehG sei durch das Budgetbegleitgesetz 2011 mit Ablauf des 31. Dezember 2011 aufgehoben worden, sodass den Beamten ab diesem Zeitpunkt das finanzielle Risiko eines Strafverfahrens - selbst bei rechtskonformem Verhalten - in seiner Privatsphäre sein Recht auf Eigentum treffe. Aber selbst dann, wenn der Dienstgeber Bund gegen den Beschwerdeführer einen zivilrechtlichen Anspruch nach dem AHG gerichtlich durchsetzen wollte, sei dieser im Fall des Obsiegens des Beschwerdeführers nur dazu verpflichtet, die gerichtlich zugesprochenen Kosten zu tragen. Jene Rechtsberatungskosten, die sich vor der Klage durch den Bund manifestierten, träfen den Beschwerdeführer auch hier in seiner Privatsphäre, sodass sich auch hier - selbst bei rechtskonformem Verhalten - die Weisung gleichfalls in seinem Recht auf Eigentum niederschlage. Auch bei ungerechtfertigten Anzeigen, die ein Disziplinarverfahren nach sich ziehe, welches mit Freispruch ende, träfen den Beschwerdeführer die Kosten. Auch sei darauf hinzuweisen, dass für Lenker von Dienstkraftfahrzeugen schon vor Dienstantritt erhöhte Verpflichtungen (z.B. Alkoholverbot) vorlägen, die jene Beamte, die keine Dienstkraftfahrzeuge lenkten, nicht träfen. Da somit selbst bei weisungs- und rechtskonformem Verhalten erhebliche Auswirkungen im privaten Lebensbereich bestünden, habe die Dienstbehörde erster Instanz den Sachverhalt unrichtig gewürdigt.

    Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge, bestätigte den Erstbescheid und begründete dies wie folgt:

    "Grundsätzlich wird dazu festgehalten, dass schon für die Aufnahme in den Exekutivdienst ein formales Grunderfordernis, der Besitz eines Führerscheins der Klasse 'B' (bis zum Ausbildungsbeginn) ist. Daraus ist abzuleiten - auch wenn das, wie Sie richtig ausführten, weder ein Ernennungserfordernis darstellt noch Inhalt einer Arbeitsplatzbeschreibung ist - dass das Lenken generell von Kraftfahrzeugen, die mit dem Führerschein der Klasse 'B' gelenkt werden dürfen, für den Beruf des EB gefordert ist und daher auch wird.

    Ein weiteres Faktum, das Sie in Ihrer Berufung auch nicht bestreiten, besteht darin, dass Sie im Besitz einer Lenkerberechtigung sind und am 06.02.1984 die Fahrzuverlässigkeitsprüfung positiv absolvierten, wodurch Sie berechtigt waren, Dienstkraftfahrzeuge zu lenken. Es muss Ihnen spätestens seit diesem Zeitpunkt klar gewesen sein, dass die Berechtigung zum Lenken von Dienstkraftfahrzeugen nicht so ausgelegt werden kann, dass es in Ihrer eigenen Verantwortung/Befindlichkeit gelegen ist, ob Sie ein Dienstkraftfahrzeug lenken oder nicht. Es ist mit der Erteilung dieser Berechtigung also auch eine Verpflichtung verbunden, die sich zusammengefasst als Dienstpflicht im Sinne des § 44 BDG manifestiert.

    Dem Argument in Ihrer Berufung, die Dienstanweisung des Herrn Polizeipräsidenten vom 11.08.2003, GZ P 235/a/03, sei Ihnen von der ersten Instanz respektive Ihrem rechtsfreundlichen Vertreter im Zuge des Ermittlungsverfahrens nicht zur Kenntnis gebracht worden, wodurch die Behörde gegen das die Behörde treffende Überraschungsverbot verstoße, kann nicht gefolgt werden, da die genannte Dienstanweisung in der Datenbank der BPD Wien online und daher für Sie jeder Zeit zugänglich ist.

    Auf Seite 5, letzter Absatz, ihrer Berufung weisen Sie richtiger Weise auf erhöhte Verpflichtungen für Lenker von Dienstkraftfahrzeugen hin, die bereits vor Dienstantritt beginnen. In diesem Zusammenhang nennen Sie die Verpflichtung des absoluten Alkoholverbots (Ann.: über das Verbot des § 5 StVO 1960 hinausgehend), die jene Beamte, die keine Dienstkraftfahrzeuge lenken, nicht treffen.

    Dies lässt erkennen, dass Sie sehr wohl mit den Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit dem Lenken von Dienstkraftfahrzeugen stehen, vertraut sind und ist diese Bestimmung auch in der obzitierten Dienstanweisung des Herrn Polizeipräsidenten vom 11.08.2003 unter 'III. Verhalten beim Lenken von Dienstkraftfahrzeugen' angeführt.

    Das BM.I erkennt in dieser zusätzlichen Verpflichtung, entgegen Ihrer Meinung, allerdings keine erhebliche Auswirkung auf Ihren privaten Lebensbereich, da entsprechend § 43 Abs. 2 BDG der Beamte in seinem gesamten Verhalten - also auch außerdienstlich - darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seine dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

    Die gegenständliche Dienstanweisung ist wie angeführt aus dem Jahr 2003 und enthält keine generelle Weisung für EB bzw. Bedienstete der BPD Wien Dienstkraftfahrzeuge zu lenken, sondern regelt alles Grundsätzliche, das im Zusammenhang mit dem Lenken von Dienstkraftfahrzeugen steht.

    Wie die erste Instanz bereits angeführt hat, wird auf Seite 3

    3. Absatz 2. Satz dieser Dienstanweisung festgehalten, dass nach der Erteilung der Berechtigung die Bediensteten gemäß § 36 Abs. 4 BDG 1979 (bzw. gemäß § 5 Abs. 1 VBG 1948) im Rahmen der ihnen obliegenden Dienstpflichten auch zum Lenken von Dienstkraftfahrzeugen verpflichtet sind.

    Auch das Bundesministerium für Inneres als Berufungsbehörde kommt daher zu dem Schluss, dass das Lenken von Dienstkraftfahrzeugen für die Bediensteten, die eine Berechtigung zum Lenken von Dienstkraftfahrzeugen besitzen, auch zu deren Dienstpflichten gem. § 44 BDG gehört.

    Im Übrigen erhalten eine Berechtigung/Verpflichtung zum Lenken von Dienstkraftfahrzeugen nicht nur EB sondern auch andere Bedienstete der Behörde, wenn es im Interesse des Dienstes notwendig ist - siehe dazu obzitierten § 36 Abs. 4 BDG.

    Ob, wann und warum Dienstfahrten mit Dienstkraftfahrzeugen notwendig sind, ergibt sich aus dem unterschiedlichen Aufgabenspektrum einer Behörde und wird darauf in diesem Verfahren auch nicht näher eingegangen. Da Sie die Weisung ihres Vorgesetzten vom 1. Juni 2010, bei dem Sie an einem Verkehrsunfall beteiligt waren, als Sie ein Dienstkraftfahrzeug lenkten, im gegenständlichen Verfahren auch nicht angezweifelt haben, bestätigt, dass Dienstfahrten an Ihrem derzeitig konkreten Arbeitsplatz (LVT) im Interesse des Dienstes offenbar notwendig sind.

    Zu den von Ihnen in der Berufung angeführten, beispielhaft aufgezählten, strafrechtlichen, zivilrechtlichen/disziplinarrechtlichen Risiken, denen Sie ausgesetzt sind, weil Sie eine Verpflichtung zum Lenken von Dienstkraftfahrzeugen haben, kann das BM.I nicht folgen und verweist in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen im Bescheid der ersten Instanz (letzte Seite, letzter Absatz der Begründung), die die Berufungsbehörde inhaltlich voll vertritt. Abschließend wird auf die Bestimmung des § 60 Abs. 5 BDG hingewiesen, wonach der Beamte die ihm zur Verfügung gestellte Dienstkleidung, Dienstabzeichen, Dienstausweise und sonstige Sachbehelfe sorgsam zu behandeln hat."

    In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf die Feststellung, "dass es nicht zu meinen Dienstpflichten zählt, Dienstkraftfahrzeuge zu lenken, und zwar generell in meiner Eigenschaft als Exekutivbeamter noch speziell als ziviler Exekutivbeamter an meinem derzeitigen konkreten Arbeitsplatz im Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung", verletzt. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

    Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Betreffend die Zulässigkeit des Feststellungsantrages des Beschwerdeführers ist von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auszugehen, wonach die Partei des Verwaltungsverfahrens berechtigt ist, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse der Partei liegt. Dieses rechtliche Interesse setzt voraus, dass dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft auch tatsächlich klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Als subsidiärer Rechtsbehelf scheidet der Feststellungsbescheid jedoch dann aus, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens zu entscheiden ist. Auch wenn ein solcher anderer Rechtsweg offen steht, ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch weiter zu prüfen, ob der Partei die Beschreitung dieses Rechtsweges auch zumutbar ist. Als dem Rechtsunterworfenen nicht zumutbar hat es der Verwaltungsgerichtshof insbesondere angesehen, im Falle des Bestehens unterschiedlicher Rechtsauffassungen auf Seiten der Behörde einerseits und des Rechtsunterworfenen andererseits über die Rechtmäßigkeit einer Handlung oder Unterlassung die betreffende Handlung zu setzen bzw. zu unterlassen und sodann im Rahmen eines allfälligen Verwaltungsstrafverfahrens, respektive eines Disziplinarverfahrens, die Frage der Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit dieses Verhaltens klären zu lassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 2009, Zl. 2007/12/0062, mwN).

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend von einem rechtlichen Interesse des Beschwerdeführers im besagten Sinn an der von ihm beantragten Feststellung aus. Dem kann vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Rechtsprechung nicht entgegen getreten werden.

Bei Vorliegen der wiedergegebenen Voraussetzungen bejaht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch in Bezug auf Weisungen (Dienstaufträge) ein rechtliches Interesse an der Erlassung eines Feststellungsbescheides.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 17. Oktober 2008, Zl. 2007/12/0049 und Zl. 2007/12/0199, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, mit näherer Begründung klargestellt hat, kann Gegenstand eines solchen Feststellungsverfahrens einerseits die Frage sein, ob die Befolgung einer Weisung zu den Dienstpflichten des Beamten gehört, d. h. ob er verpflichtet ist, diese Weisung zu befolgen. Eine Pflicht zur Befolgung einer Weisung ist darnach dann zu verneinen, wenn einer der in Art. 20 Abs. 1 dritter Satz B-VG genannten Tatbestände vorliegt, wenn die Weisung nach erfolgter Remonstration nicht schriftlich wiederholt wurde oder wenn ihre Erteilung gegen das Willkürverbot verstößt (vgl. hiezu das zitierte Erkenntnis vom 4. Februar 2009 mwN).

Andererseits kann Gegenstand eines Feststellungsverfahrens aber auch die "schlichte" Rechtswidrigkeit der Weisung sein, also eine solche, die die Pflicht zu ihrer Befolgung nicht berührt; ein Recht auf eine solche bescheidmäßige Feststellung der Rechtmäßigkeit von Dienstaufträgen besteht jedoch bloß dann, wenn durch einen Dienstauftrag die Rechtssphäre des Beamten berührt wird. Der Zweck von Feststellungen betreffend Dienstpflichten ist es nämlich, bei der Auferlegung von Pflichten, die nicht durch Bescheid vorzunehmen sind bzw. nicht durch Bescheid vorgenommen wurden, nachträglich rechtliche Klarheit zu schaffen, ob der Beamte durch die Erteilung der Weisung in seinen Rechten verletzt wurde. Ein subjektives Recht des Einzelnen, also auch des Beamten, auf die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung kann aus Art. 18 Abs. 1 B-VG nicht abgeleitet werden. Im dienstrechtlichen Feststellungsverfahren geht es daher lediglich darum, ob das von der Weisung erfasste Verhalten zum Pflichtenkreis des Angewiesenen gehört, nicht aber, ob die Weisung im Übrigen rechtmäßig ist. Dieser Verletzung ist die durch dienstrechtliche Vorschriften nicht gedeckte Annahme einer Verpflichtung des Beamten durch die Behörde gleichzuhalten (vgl. wiederum das zitierte hg. Erkenntnis vom 4. Februar 2009 mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Feststellung, ob die Befolgung einer Weisung zu den Dienstpflichten gehört, auch im Falle eines bereits zeitlich abgeschlossenen Geschehens zulässig, wenn dies einer Klarstellung für die Zukunft dient, was etwa dann der Fall ist, wenn die bescheidmäßige Feststellung der Abwehr künftiger Rechtsgefährdungen gleicher Art dient (vgl. wiederum das zitierte hg. Erkenntnis vom 4. Februar 2009 mwN).

Gegenstand des Antrages vom 17. Februar 2011 war die begehrte Feststellung, dass es nicht zu den Dienstpflichten des Beschwerdeführers gehöre, Dienstkraftfahrzeuge zu lenken, und zwar weder generell in dessen Eigenschaft als Exekutivbeamter noch speziell als ziviler Exekutivbeamter an seinem derzeitigen Arbeitsplatz.

In Beantwortung dieses Vorbringens traf die Dienstbehörde erster Instanz gemäß § 44 BDG 1979 die Feststellung, dass das besagte Verhalten sehr wohl zu den Dienstpflichten des Beschwerdeführers gehöre. Dadurch, dass die belangte Behörde der Berufung gegen den Erstbescheid keine Folge gab und diesen Bescheid bestätigte, machte sie sich dessen normativen Gehalt zu Eigen. Sache des Verwaltungsverfahrens ist daher vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Rechtsprechung ausschließlich die Beantwortung der Frage, ob das im Antrag vom 17. Februar 2011 näher umschriebene, dem Beschwerdeführer auferlegte Verhalten, respektive die Befolgung einer Weisung hiezu, zu seinen Dienstpflichten gehört oder nicht.

Eine Pflicht zur Befolgung einer Weisung zur Lenkung von Dienstkraftfahrzeugen wäre darnach dann zu verneinen, wenn einer der in Art. 20 Abs. 1 dritter Satz B-VG genannten Tatbestände vorläge, die Weisung nach erfolgter Remonstration nicht schriftlich wiederholt worden wäre oder wenn ihre Erteilung gegen das Willkürverbot verstoßen würde.

Die Beschwerde lässt die Tatsachenannahmen der Dienstbehörden unbekämpft, wonach der Beschwerdeführer befähigt ist, Kraftfahrzeuge, insbesondere auch Dienstkraftfahrzeuge, zu lenken, und ihm dies mit Dienstanweisung des Polizeipräsidenten vom 11. August 2003 auch zur Pflicht gemacht wurde; dass die Behörde erster Instanz das Parteiengehör hiezu verletzt haben mag, steht dieser Tatsachenannahme nicht entgegen. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren nicht eingewandt, dass die in Rede stehende Weisung von einem unzuständigen Vorgesetzten erteilt worden wäre oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde (Art. 20 Abs. 1 dritter Satz B-VG). Ebenso wenig behauptete er, dass er jemals gegen diese Weisung remonstriert hätte oder diese (offensichtlich generell erteilte) Weisung Ausfluss von Willkür gegenüber dem Beschwerdeführer wäre.

Es kann im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob die in Rede stehende Verpflichtung zum Lenken von Dienstkraftfahrzeugen dem Tatbestand des § 36 Abs. 4 BDG 1979 unterstellt werden kann oder nicht, weil die Pflicht zur Befolgung einer solchen Weisung von einer Subsumtion unter den Tatbestand des § 36 Abs. 4 BDG 1979 unabhängig ist. Denn nach dem Gesagten ergibt sich die Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Lenken von Dienstkraftfahrzeugen schon aus dem Erlass des Polizeipräsidenten vom 11. August 2003, dessen Maßgeblichkeit der Beschwerdeführer nicht in Zweifel zieht.

Im Hinblick auf den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens kann gleichfalls dahingestellt bleiben, ob die Befolgung der in Rede stehenden Weisung zum Lenken von Dienstkraftfahrzeugen sonstige Rechte des Beschwerdeführers berührt, weil eine allfällige "schlichte" Rechtswidrigkeit nicht Gegenstand des Feststellungsbescheides ist und die Pflicht zur Befolgung der Weisung nicht berührt, weshalb auf das weitere weitwändige Beschwerdevorbringen nicht weiter einzugehen ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 22. Mai 2012

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