Normen
AVG §47;
BBG 1990 §40 Abs1;
BBG 1990 §41 Abs3;
ZPO §292;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §22;
AVG §47;
BBG 1990 §40 Abs1;
BBG 1990 §41 Abs3;
ZPO §292;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §22;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit formularmäßigem Antrag vom 15. März 2010 begehrte der Beschwerdeführer die Ausstellung eines Behindertenpasses.
Mit Bescheid des Bundessozialamts vom 6. Juli 2010 wurde dieser Antrag gemäß den §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) abgewiesen, weil der Beschwerdeführer mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 30 % die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung führte die Erstbehörde aus, dass einem behinderten Menschen gemäß § 40 Abs. 1 BBG ein Behindertenpass u.a. unter der Voraussetzung auszustellen sei, dass dieser einen Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % aufweise. Die eingeholten medizinischen Gutachten hätten beim Beschwerdeführer einen Grad der Behinderung von lediglich 30 % ergeben.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte Gründe an, aus denen bei ihm eine höhergradige Behinderung vorliege. Daraufhin beauftragte die belangte Behörde die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. F. mit der Untersuchung des Beschwerdeführers und Erstellung eines neuen Sachverständigengutachtens. Diese teilte der belangten Behörde mit, der Beschwerdeführer sei dem für 18. August 2010 vorgesehenen Untersuchungstermin unentschuldigt ferngeblieben (ein Zustellnachweis für diesen Untersuchungstermin liegt dem Akt nicht bei) und ersuchte die belangte Behörde, den Beschwerdeführer "mittels RSa" für einen näher genannten Termin zu laden. Daraufhin wurde der Beschwerdeführer mit Ladung der belangten Behörde ("Letztmalige Aufforderung"), die zu eigenen Handen zuzustellen war, zur Untersuchung bei Frau Dr. F. für den 20. September 2010 geladen. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass das Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt werde, wenn der Beschwerdeführer ohne triftigen Grund dieser Aufforderung zum Erscheinen nicht nachkomme. Diese Ladung wurde am 20. August 2010 beim zuständigen Postamt hinterlegt.
Mangels Behebung des hinterlegten Schriftstückes wurde die genannte Ladung an die belangte Behörde retourniert, die daraufhin den festgesetzten Untersuchungstermin bei Dr. F. stornierte und den nunmehr angefochtenen Bescheid erließ. Mit diesem Bescheid wurde das genannte Berufungsverfahren gemäß § 41 Abs. 3 iVm § 54 Abs. 8 Z. 3 BBG eingestellt.
In der Begründung verwies die belangte Behörde auf die Ladung für den 20. September 2010, die dem Beschwerdeführer nachweislich zur Kenntnis gebracht worden sei. Dieser Ladung sei der Beschwerdeführer ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen. Gemäß § 41 Abs. 3 BBG sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung derselben mit Beschluss vom 20. September 2011, B 825/11-4, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
In der Beschwerdeergänzung führt der Beschwerdeführer aus, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er dem Untersuchungstermin am 20. September 2010 unentschuldigt ferngeblieben sei, weil ihm die diesbezügliche Ladung nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Die Ladung sei zwar an die richtige Adresse, die er im Rahmen eines Nachsendeauftrages bekannt gegeben habe, adressiert gewesen. Weder der Beschwerdeführer noch sein Onkel, die zum Zeitpunkt der Hinterlegung an der Zustelladresse gewohnt hätten, hätten eine Benachrichtigung von der schriftlichen Verständigung des Untersuchungstermins erlangt, insbesondere sei weder im Postfach, noch an der Wohnungstüre der hiefür vorgesehene "gelbe Zettel" hinterlegt gewesen. Eine schriftliche Benachrichtigung von einer allfälligen Hinterlegung beim Postamt gemäß § 17 Abs. 2 Zustellgesetz sei rechtswidrig unterblieben. Dem Beschwerdeführer sei daher die Möglichkeit genommen worden, den Untersuchungstermin wahrzunehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 3 BBG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 136/2004 (der gemäß § 54 Abs. 8 Z. 3 BBG mit 1. Jänner 2005 in Kraft getreten ist) hat die Behörde das Verfahren u.a. dann einzustellen, wenn ein Behindertenpasswerber oder der Inhaber eines Behindertenpasses ohne triftigen Grund einer schriftlichen Aufforderung zum Erscheinen zu einer zumutbaren ärztlichen Untersuchung nicht entspricht oder eine für die Entscheidungsfindung unerlässliche ärztliche Untersuchung verweigert. Er ist nachweislich auf die Folgen seines Verhaltens hinzuweisen.
Aus dem Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass die Ladung des Beschwerdeführers auf die im § 41 Abs. 3 BBG genannte Rechtsfolge hinweist. Aus dem Verwaltungsakt ist weiters ersichtlich, dass die Zustellung der Ladung zu eigenen Handen des Beschwerdeführers angeordnet war und am 20. August 2010 bei der entsprechenden Geschäftsstelle der Post hinterlegt wurde. Der diesbezügliche Rückschein befindet sich im Akt.
Strittig ist ausschließlich, ob die in Rede stehende Ladung durch Hinterlegung rechtswirksam zugestellt wurde. Der Beschwerdeführer bestätigt die Richtigkeit der auf der Ladung angeführten Zustelladresse, er bestreitet jedoch die Rechtswirksamkeit der Hinterlegung, weil eine Verständigung über diese Hinterlegung iSd § 17 Abs. 2 Zustellgesetz nicht erfolgt sei.
Die im gegenständlichen Fall maßgebenden Bestimmungen des Zustellgesetzes idF BGBl. I Nr. 5/2008 lauten:
"Hinterlegung
§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus- , Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.
Zustellung zu eigenen Handen
§ 21. Dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellende Dokumente dürfen nicht an einen Ersatzempfänger zugestellt werden.
Zustellnachweis
§ 22. (1) Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.
…"
Die Bestimmung, dass der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen ist (§ 17 Abs. 2 Zustellgesetz), bedeutet, dass eine Hinterlegung ohne schriftliche Verständigung keine Rechtswirkungen entfaltet (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2009, Zl. 2008/06/0233, mwN). Im vorliegenden Fall ergibt sich jedoch aus dem aktenkundigen Zustellnachweis (Rückschein), dass die Verständigung über die Hinterlegung an der Abgabestelle zurückgelassen wurde. Der Rückschein enthält auch sonst alle erforderlichen Eintragungen. Da somit von der Unbedenklichkeit des Zustellnachweises auszugehen ist und dieser eine öffentliche Urkunde darstellt, ist gemäß § 47 AVG iVm § 292 ZPO von der Vermutung der Richtigkeit des Zustellnachweises auszugehen, solange diese Vermutung nicht durch -
begründete - Behauptungen, für die auch Beweise anzubieten sind, widerlegt wird (vgl. neben dem bereits zitierten Erkenntnis, Zl. 2008/06/0233, das Erkenntnis vom 28. Oktober 2008, Zl. 2007/05/0205, sowie die bei Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht, 2. Auflage (2012), unter Rz 3 zu § 22 Zustellgesetz referierte hg. Judikatur).
Schon mangels begründeter Behauptungen und entsprechender Beweisanbote ist es dem Beschwerdeführer gegenständlich nicht gelungen, die sich aus dem vorliegenden Zustellnachweis ergebende Vermutung, dass die Verständigung über die Hinterlegung an der Abgabestelle zurückgelassen wurde, zu widerlegen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 21. Februar 2012
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