VwGH 2010/06/0189

VwGH2010/06/018931.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des K T in G, vertreten durch Dr. Lorenz E. Riegler, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Rilkeplatz 8, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 30. Juni 2010, Zl. 013125/2009/0036, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: N GmbH in G, vertreten durch Mag. Christian August Hacker, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 28; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung) nach mündlicher Verhandlung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z1;
BauG Stmk 1995 §26 Abs4 idF 2003/078;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §23 Abs5 litb;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z1;
BauG Stmk 1995 §26 Abs4 idF 2003/078;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §23 Abs5 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.611,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mitbeteiligte beantragte mit Eingabe vom 1. April 2009 die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für den Neubau eines Büro-Centers mit 11 Pkw-Abstellplätzen und Geländeveränderungen auf den Grundstücken Nr. 279/1, 279/2 und .34 in Graz. Im ersten Obergeschoß ist nordseitig ein Raum für Gerätebau im Ausmaß von 28,90 m2 und süd- bzw. südwestseitig ein CNC-Raum (CNC - Computerized Numerical Control, übersetzt "computergestützte numerische Steuerung", dies ist eine elektronische Methode zur Steuerung und Regelung von Werkzeugmaschinen (CNC-Maschinen) bzw. die dafür eingesetzten Geräte (Controller, Computer), siehe im Internet:

http://de.wikipedia.org/wiki/Computerized_Numerical_Control) im Ausmaß von 20,26 m2 vorgesehen. Im Übrigen dient das dreigeschossige Gebäude mit Dachgeschoß (bestehend aus einer Dachterrasse) zu Bürozwecken. Im südlichen Bereich ist eine Rampe von 25,04 m2 für ein bis drei Lieferungen am Tag mit Klein-LKW vorgesehen. Die Baugrundstücke sind gemäß dem 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 als Allgemeines Wohngebiet gewidmet.

Der Beschwerdeführer, dessen Grundstücke Nr. 1, 2, 3 und 4, KG. A., nordöstlich und östlich des Bauvorhabens auf der anderen Seite der an den Baugrundstücken Nr. 279/1 und .34 vorbeiführenden S. Straße und des daneben fließenden A-Baches gelegen sind (das dem Bauvorhaben am nähesten gelegene Grundstück ist das Grundstück Nr. 1, worauf sich die erstinstanzliche Behörde bezogen hat, das mit einem kleinen Teil in einer Entfernung von weniger als 30 m zu der nächstgelegenen Baugrundstückgrenze situiert ist), erhob in der mündlichen Verhandlung am 16. Dezember 2009 gegen das Projekt insbesondere dahingehend Einwendungen, dass von den beiden vorgesehenen Produktionsräumen eine dem Wohncharakter des Gebietes widersprechende Belästigung für die Bewohner des Wohngebietes gemäß § 23 Abs. 5 lit. b Stmk. RaumordnungsG 1974 (Stmk. ROG) zu befürchten sei. Insofern liege ein produzierender Betrieb vor. Es stelle ein Versäumnis dar, dass die Mitbeteiligte keinerlei Maßnahmen zum Lärm- und Schallschutz vorsehe. Durch die geplanten Geländeveränderungen - auf dem Grundstück befinde sich eine Geländemulde, die nun aufgefüllt werde - könne es im Falle von Hochwasser zu einer großen Gefährdung der Nachbargrundstücke kommen.

Die erstinstanzliche Behörde forderte von der Mitbeteiligten in der Folge eine Betriebsbeschreibung über sämtliche in den beiden Produktionsräumen vorgesehenen Tätigkeiten an.

Die Mitbeteiligte legte diese mit Schreiben vom 11. Jänner 2010 vor. Darin wird ausgeführt, dass sie sich mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Spezialsoftware zur Überwachung und Dokumentation der physikalischen Zustandsparameter von Reinräumen (Partikelzahl, Differenzdruck, Geschwindigkeit in laminaren Strömungen, Temperatur/Feuchtemessung) in der pharmazeutischen und Halbleiterindustrie beschäftige. Dies seien meist große Projekte vorwiegend im Ausland, bei welchen sie die gesamte Planung, Einrichtung und Inbetriebnahme sowie spätere Wartung solcher Überwachungsanlagen übernehme. Dabei müssten mitunter ganz besondere Anforderungen an messtechnische Lösungen erfüllt werden, die kommerziell nicht erhältlich seien, und daher von dem Betrieb in Einzelstücken bzw. Kleinstserien (Partikelzähler, spezielle Sensoren zur Erfassung von Druck, Temperatur, Feuchte etc.) teilweise gefertigt würden, d.h. es würde entweder kommerziell erhältliche Messtechnik entsprechend adaptiert bzw. erweitert oder aber eigens entwickelte Komponenten zusammengebaut bzw. teilweise auch nur Forschungsarbeit zur Entwicklung hinsichtlich neuer Sensorentechnologien erbracht. Dies sei keine industrielle Fertigung, sondern Handarbeit zur Herstellung von Einzelstücken bzw. Prototypen (Feinmechanik, Elektronik). Die von der Mitbeteiligten verwendeten Einrichtungen und Werkzeuge verursachten außerhalb des Gebäudes keinerlei Lärm- oder Schadstoffemissionen (z.B. Bohr- und Fräsmaschine zur Prototypenfertigung ab 2011, Lötkolben, diverse Handwerkzeuge wie Schraubendreher, Spezialzangen etc., Messgeräte, Klimakammer zur Simulation von Umgebungsbedingungen etc.). Zur Zeit beschäftige die Mitbeteiligte drei Mitarbeiter, eine Erweiterung auf vier bis fünf Mitarbeiter sei mittelfristig geplant. Diese kämen zu Betriebsbeginn ca. um 8.00 Uhr teils mit öffentlichen Verkehrsmitteln, teils mit dem eigenen Pkw und verließen den Betrieb üblicherweise wieder zu Betriebsschluss (ca. 17.00 Uhr). Zusätzlich zu dem durch ihre Mitarbeiter verursachten Verkehr sei im Durchschnitt mit etwa ein bis drei Anlieferungen bzw. Abholungen von Paketdiensten pro Tag zu rechnen (Klein-LKW bis 3,5 t), wofür eine eigene Rampe errichtet werde, um das händische Tragen von schwereren Paketen zu vermeiden. Vereinzelt würde der Betrieb von Kunden bzw. Geschäftspartnern besucht.

In einer anschließenden Tabelle wird das erwartete Verkehrsaufkommen auf den Baugrundstücken pro Tag angegeben (darunter Paketdienste in Form der Zustellung und Abholung von Paketen durch Klein-LKW von ein bis drei pro Tag zwischen 8.00 und 17.00 Uhr).

Der Amtssachverständige Dipl. Ing. R. R. erstattete u.a. in schalltechnischer Hinsicht die Stellungnahme vom 26. Februar 2010. Im Befund hielt er fest, dass nach den Einreichunterlagen dem vorliegenden Bauvorhaben neun PKW-Parkplätze im Freien, zwei PKW unter einem Carport und zwei PKW in der Garage zuzuordnen seien, das Bauvorhaben sei als Bürocenter bezeichnet. Die in den Unterlagen angeführten Maschinen und Geräte (Lp= 71,5 dB) seien nicht geeignet, relevante Schallimmissionen außerhalb des Gebäudes zu verursachen. Die Abstellplätze seien im unmittelbaren Bereich der S. Straße angeordnet. Dem Lageplan sei ein Abstand der Abstellplätze zu den unmittelbar angrenzenden Grundstücken von mehr als 5 m zu entnehmen. Der Beschwerdeführer befinde sich in der W. Straße Nr. 1 in über 50 m Entfernung zum geplanten Bauvorhaben in einem Gewerbegebiet. Zwischen dem Bauvorhaben und dem Grundstück des Beschwerdeführers befinde sich die stark befahrene S. Straße als dominierende Emissionsquelle in Richtung des Bauvorhabens. Einem Bürocenter seien auf Grund der dem Akt beiliegenden Beschreibung schalltechnisch vergleichbare Emissionen wie einer Wohnhausanlage zuzuordnen. Sie bestünden im Wesentlichen aus dem PKW-Verkehr zum Bauobjekt. Abschließend stellte dieser Sachverständige fest, auf Grund der angeführten Unterlagen seien für den Beschwerdeführer als Nachbarn keine relevanten schalltechnischen Immissionen zu erwarten.

Der Beschwerdeführer kritisierte dieses Gutachten in seiner Stellungnahme vom 28. April 2010 als mangelhaft. Insbesondere wurde geltend gemacht, der Sachverständige hätte im Hinblick auf die geplante LKW-Laderampe keine Feststellungen über Art und Intensität des beim Zurückfahren der Lieferfahrzeuge ertönenden Signaltones und seine Hörbarkeit sowie über weitere lärmerzeugende Fahrzeugbewegungen in diesem Zusammenhang getroffen.

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz bewilligte das angeführte Bauvorhaben mit Bescheid vom 10. Mai 2010 unter Auflagen. Die erstinstanzliche Behörde führte zu dem Einwand des Beschwerdeführers, dass die Errichtung eines Bürogebäudes mit einer Produktionsstätte nicht dem Flächenwidmungsplan entspreche und er sich in seinen Nachbarrechten gemäß § 26 Abs. 1 Z 1 und Z 3 Stmk. BauG verletzt erachte, aus, es gehe vorrangig um die Frage, ob eine Bebauung des gegenständlichen Bauplatzes mit einem Bürogebäude mit Produktionsbetrieb von Einzelstücken bzw. Kleinstserien nach der vorgelegten Betriebsbeschreibung im "Allgemeinen Wohngebiet" möglich sei. Zur Beantwortung der Frage, ob es sich bei dem gegenständlichen Projekt um einen solchen Betrieb handle, der im Sinne des § 23 Abs. 5 lit. b Stmk. ROG keine dem Wohncharakter des Gebietes widersprechende Belästigungen der Bewohnerschaft verursache, sei eine Stellungnahme der Amtssachverständigen des Umweltamtes eingeholt worden.

In der Stellungnahme des Umweltamtes vom 26. Februar 2010 seien die Amtssachverständigen in nachvollziehbarer Weise zu dem schlüssigen Ergebnis gelangt, dass im vorliegenden Fall keine relevanten Immissionen in schalltechnischer und keine relevanten Zusatzbelastungen in ablufttechnischer Sicht vorlägen. Einem Bürocenter seien auf Grund der vorliegenden Beschreibung schalltechnisch vergleichbare Immissionen wie einer Wohnanlage zuzuordnen. Folglich handle es sich bei dem vorliegenden Projekt um keinen Betrieb, der eine dem Wohncharakter des Gebietes widersprechende Belästigung der Bewohner verursache. Die eingewendeten Lärmimmissionen könnten auch auf § 26 Abs. 1 Z 3 Stmk. BauG gestützt werden. Diese Bestimmung gewähre in Verbindung mit § 43 Abs. 2 Z 5 Stmk. BauG dem Nachbarn ein Recht dahingehend, dass das Bauwerk derart geplant und ausgeführt werden müsse, dass der von den Benützern oder von Nachbarn wahrgenommene Schall auf einem Pegel gehalten werde, der nicht gesundheitsgefährdend sei und bei dem zufriedenstellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sichergestellt seien. Das Kriterium der zufriedenstellenden Wohn- und Arbeitsbedingungen weise als Maßstab zulässiger Immissionen auf das jeweils in einer Widmungskategorie zulässige Widmungsmaß hin. Auf eine Ortsüblichkeit der Immissionen komme es dabei nicht an. Solange sich die Schallimmission im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halte bzw. das für die Widmungskategorie geltende Widmungsmaß einhalte, sei davon auszugehen, dass zufriedenstellende Wohnbedingungen und Arbeitsbedingungen sichergestellt seien.

Unter Zugrundelegung der angeführten Stellungnahme der Amtssachverständigen des Umweltamtes bestünden keinerlei Zweifel an der Einhaltung des zulässigen Widmungsmaßes durch das vorliegende Bauvorhaben. Wenn der Beschwerdeführer beanstande, dass der Amtssachverständige ein vom Bauplatz 50 m entferntes Grundstück, nämlich das mit seiner Wohnadresse W. Straße 1, für die Beurteilung herangezogen haben solle, so verkenne er, dass ausschließlich die schall- und ablufttechnische Begutachtung des Bauplatzes und der entsprechenden Bauplatzgrenzen erfolgt sei und nicht in Bezug auf das Grundstück eines Dritten. Die Aussage des Sachverständigen, dass sich der Beschwerdeführer in der W. Straße 1 in über 50 m Entfernung zum Bauplatz im Gewerbegebiet befinde, sei nicht falsch, da es sich dabei um die Wohnadresse des Beschwerdeführers handle. Es sei auch die Aussage zutreffend, dass sich zwischen dem Bauvorhaben und dem Grundstück des Beschwerdeführers (Grundstück Nr. 1) die stark befahrene S. Straße befinde. Dieses Grundstück befinde sich lediglich mit seinem westlichsten Grundstücksteil geringfügig innerhalb des 30 m-Radius, sodass für den Beschwerdeführer die Nachbareigenschaft im Sinne des Stmk. BauG zweifelsfrei gegeben sei, was von der Behörde auch nie bestritten worden sei. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Schlussfolgerungen des Amtssachverständigen seien fehlerhaft, sei daher nicht gerechtfertigt. Gleiches gelte für das Vorbringen, dass keine Maßnahmen zur Eingrenzung der Immissionen erkennbar seien, zumal solche aus der Sicht der Amtssachverständigen nicht erforderlich seien.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die Hochwassersituation sei zu betonen, dass den Nachbarn im Baubewilligungsverfahren hinsichtlich der Bauplatzeignung in Bezug auf eine Gefährdung durch Hochwasser kein Mitspracherecht zukomme. Das entsprechende Vorbringen sei folglich als unzulässig zurückzuweisen. Der Vollständigkeit halber werde angemerkt, dass für die Realisierung des Vorhabens zusätzlich ein wasserrechtliches Bewilligungsverfahren erforderlich sei, das mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 11. Dezember 2009 bereits rechtskräftig abgeschlossen worden sei.

Zur Einwendung des Beschwerdeführers betreffend die einwandfreie Entsorgung und Beseitigung der anfallenden Niederschlagswässer habe der wasserbautechnische Amtssachverständige auf das durchgeführte wasserrechtliche Bewilligungsverfahren hingewiesen und in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise festgestellt, dass eine nachhaltig gefahrlose Beseitigung der Meteorwässer auf Bestandsdauer gegeben sei und keine weiteren Auflagen im Bauverfahren notwendig seien. Durch die nochmalige Vorschreibung der wasserrechtlichen Auflagen im gegenständlichen Baubewilligungsbescheid werde eine gefahrlose Beseitigung der Meteorwässer, die den Schutz der nachbarlichen Liegenschaften vor derartigen Immissionen gewährleisteten, zusätzlich gesichert.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie führte - soweit es beschwerderelevant ist - insbesondere aus, dass nach den bewilligten Plänen ein Raum für Gerätebau mit 28,90 m2 und ein "CC-Raum" mit 20 m2 genehmigt worden seien, wie auch eine Laderampe für Klein-LKW nach dem Außenanlagenplan. Der erstinstanzlichen Behörde sei eine Betriebsbeschreibung vorgelegt worden (deren Ausführungen wiedergegeben werden). Auf Grundlage dieser Betriebsbeschreibung sei der Sachverständige des Umweltamtes in seiner schall- und ablufttechnischen Stellungnahme aus immissions- und emissionstechnischer Sicht zu dem Ergebnis gekommen, dass dieses Bürocenter schalltechnisch einer Wohnhausanlage vergleichbar sei. Die in den Unterlagen angeführten Maschinen und Geräte seien nicht geeignet, relevante Schallemissionen außerhalb des Gebäudes zu verursachen. Die Situierung der Abstellplätze im unmittelbaren Bereich zur S. Straße und der Abstand der Abstellplätze zu den angrenzenden Grundstücken ließen den Schluss zu, dass keine dem Wohncharakter des Gebietes wiedersprechenden Belästigungen der Bewohnerschaft verursacht würden.

Wie es aus der Betriebsbeschreibung ersichtlich sei und auch im Lageplan eingetragen worden sei, sei eine Rampe zur Anlieferung und zum Abholen von Paketen für Klein-LKW bis 3,5 t vorgesehen. Klein-LKW müssten gemäß der Kraftfahrgesetzdurchführungsverordnung nicht mit Rückfahrwarnern ausgestattet sein. Der Sachverständige des Umweltamtes habe daher auch eine Überprüfung hinsichtlich derartiger Immissionen nicht durchführen müssen, da Klein-LKW diese Rückfahrwarner nicht obligatorisch besitzen müssten. Die sonstigen Fahrbewegungen auf dem Bauplatz seien vom Sachverständigen als im Allgemeinen Wohngebiet zulässig angesehen worden, sodass die Einholung weiterer Gutachten nicht notwendig gewesen sei. Der in der Berufung erhobene Einwand der Mangelhaftigkeit des Gutachtens sei daher nicht begründet. Die Bewilligung von Produktionsstätten widerspreche nicht jedenfalls dem Flächenwidmungsplan, vielmehr nur dann, wenn dem Wohncharakter des Gebietes widersprechende Belästigungen verursacht würden.

Weiters räume § 26 Abs. 1 Stmk. BauG dem Nachbarn kein Mitspracherecht hinsichtlich einer Hochwassergefährdung ein. Die Behörde sei von Amts wegen verpflichtet, die Bauplatzeignung hinsichtlich einer Gefährdung durch Hochwasser zu überprüfen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall kam das Stmk. Baugesetz (Stmk. BauG), LGBl. Nr. 59/1995, in der Fassung LGBl. Nr. 49/2010 zur Anwendung.

Gemäß § 26 Abs. 1 leg. cit. kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind u. a. Bestimmungen über

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan und einem Bebauungsplan, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

  1. 2. …;
  2. 3. den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5)."

Gemäß § 23 Abs. 5 lit. b Stmk. RaumordnungsG (Stmk. ROG), LGBl. Nr. 127/1974, in der Fassung LGBl. Nr. 39/1986 sind allgemeine Wohngebiete Flächen, die vornehmlich für Wohnbauten bestimmt sind, wobei auch Gebäude, die den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Bewohner von Wohngebieten dienen (z.B. Verwaltungsgebäude, Schulgebäude, Kirchen, Krankenanstalten, Kindergärten, Garagen, Geschäfte, Gärtnereien, Gasthäuser und Betriebe aller Art, soweit sie keine dem Wohncharakter des Gebietes widersprechenden Belästigungen der Bewohnerschaft verursachen) errichtet werden können.

Nach Ansicht des Beschwerdeführers habe sich die belangte Behörde mit seinen Einwänden gegen das schalltechnische Gutachten nur unzureichend auseinandergesetzt, wonach aus den vorgesehenen Produktionsräumen erhöhte Immissionen zu erwarten seien. Aus dem Gutachten gehe weder die voraussichtliche Summenbelastung durch das Bauvorhaben hervor noch seien die Messpunkte angeführt, die für die Ermittlung der Einhaltung des zulässigen Widmungsmaßes herangezogen werden müssten.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass dem Nachbarn gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG in Verbindung mit der Widmungsregelung für Allgemeines Wohngebiet gemäß § 23 Abs. 5 lit. b Stmk. ROG ein Mitspracherecht in Bezug auf sonstige Gebäude, die keine Wohnbauten sind, eingeräumt ist, da derartige Gebäude keine dem Wohncharakter des Gebietes widersprechenden Belästigungen der Bewohnerschaft verursachen dürfen. Es handelt sich somit um eine Widmungsregelung, die den Nachbarn insoweit einen Immissionsschutz einräumt (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 27. November 2003, Zl. 2002/06/0075, und vom 15. April 2010, Zl. 2009/06/0267).

Bei der Zulässigkeit von Immissionen aus dem Blickwinkel der Flächenwidmung geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass das sogenannte Widmungsmaß des zur Bebauung ausersehenen Bauplatzes insofern maßgeblich ist, als die Summe der vorhandenen Grundbelastung (des sogenannten Ist-Maßes) und der aus dem Projekt hervorgehenden Zusatzbelastung (des sogenannten Prognosemaßes) dieses Widmungsmaß nicht überschreiten darf. In dem Fall, dass die Ist-Situation an Lärmimmissionen in einem Allgemeinen Wohngebiet bereits über dem Widmungsmaß liegt, ist der Wohncharakter des Gebietes in einem solchen zwar durch die das Widmungsmaß bereits übersteigenden Immissionen gekennzeichnet, jede weitere Überschreitung dieses das Widmungsmaß bereits überschreitenden Ist-Maßes durch eine weitere bauliche Anlage ist aber nicht mehr zulässig (siehe dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 2011, Zl. 2011/06/0048, mwH).

Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen Bedenken, wenn der schalltechnische Amtssachverständige angesichts des Vorhabens, das primär ein Bürogebäude ist, dessen Schallemissionen einem Wohngebäude vergleichbar sind und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass an den Baugrundstücken und somit am Bauvorhaben die stark befahrene S. Straße vorbeiführt, die angeführte schalltechnische Beurteilung des Vorhabens in allgemeiner Weise, also ohne konkrete Messungen vorgenommen hat. Hinzu kommt seine Beurteilung, dass die in der Betriebsbeschreibung für die beiden Produktionsräume vorgesehenen Maschinen und Geräte nicht geeignet sind, relevante Schallemissionen außerhalb des Gebäudes zu verursachen. Der Beschwerdeführer ist dieser schalltechnischen Stellungnahme nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist. Er wendet sich im Übrigen in seinen Ausführungen insbesondere nicht gegen die Feststellungen des Sachverständigen, dass aus den zwei vorgesehenen Produktionsräumen im Lichte der in der Betriebsbeschreibung angeführten Tätigkeiten keine nach außen tretenden Schallemissionen zu erwarten seien und die dominierende Lärmquelle im vorliegenden Bereich der sich auf der an den Baugrundstücken vorbeiführenden S. Straße ergebende Verkehrslärm, der die lärmmäßige Istsituation unbestritten in entscheidender Weise prägt, ist.

Es kann auch nicht beanstandet werden, wenn die belangte Behörde auf der Grundlage der von der Mitbeteiligten vorgelegten Betriebsbeschreibung von Lieferungen durch Klein-LKW ausgegangen ist. Es bestand für die Behörde bzw. den schalltechnischen Amtssachverständigen kein Anlass, auf jenen Lärm einzugehen, der durch größere LKWs beim Zurückfahren unter Verwendung der für diese verpflichtenden Rückfahrwarner verursacht werden könnte.

Wenn der Beschwerdeführer auch in der Verhandlung geltend macht, dass es auf Grund des Vorhabens zu einer verstärkten Hochwassergefährdung im vorliegenden Bereich komme, genügt es - wie dies die Behörden zutreffend getan haben - darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG in dieser Hinsicht im Baubewilligungsverfahren kein Mitspracherecht zukommt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2009, Zl. 2005/06/0082). Dies gilt auch für die sich aus einem Bauvorhaben ergebenden Veränderungen des Verkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 2005, Zl. 2004/06/0071).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 31. Mai 2012

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