Normen
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §66;
NAG 2005 §11 Abs1;
NAG 2005 §11 Abs2;
NAG 2005 §64 Abs2;
NAG 2005 §64 Abs3;
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §66;
NAG 2005 §11 Abs1;
NAG 2005 §11 Abs2;
NAG 2005 §64 Abs2;
NAG 2005 §64 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bangladesch, gemäß § 54 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus.
Dieser Maßnahme legte sie im Wesentlichen zugrunde, dass der Beschwerdeführer seit Oktober 2002 über Aufenthaltsbewilligungen für den Zweck "Student" verfügt habe. Der letzte darauf gerichtete Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers vom 25. März 2005 habe im Hinblick auf fehlende Unterhaltsmittel sowie einen fehlenden ausreichenden Studienerfolg zur Einleitung des gegenständlichen aufenthaltsbeendenden Verfahrens nach der damals gültigen Bestimmung des § 15 Fremdengesetz 1997 - FrG und zur Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 FrG durch die Bundespolizeidirektion Wien geführt.
Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, einen Studienerfolgsnachweis zu erbringen. Lediglich für die Jahre 2002 und 2003 habe er einen Nachweis über abgelegte Prüfungen von Deutschkursen erbringen können. Über den späteren Studienfortgang habe er bloß Bestätigungen über das Sommersemester 2003/2004 und Sommersemester 2004/2005 sowie einen Kursausweis betreffend die Kurszeit vom 15. Oktober 2007 bis 17. Dezember 2007 vorzulegen vermocht und keinerlei Prüfungen abgeschlossen. Der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage oder bereit gewesen, die deutsche Sprache als Grundvoraussetzung für den Beginn des eigentlichen Studiums zu erlernen. Es könne nicht angenommen werden, der Beschwerdeführer betreibe sein Studium ernsthaft und sei an einer Absolvierung nachhaltig interessiert. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer lediglich einen Zugang zum Arbeitsmarkt erlangen wolle, zumal er bereits seit 7. Juli 2003 eine Erwerbstätigkeit ausübe. Damit sei das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei auf Grund von Erbschaftsproblemen mit seinem Onkel gezwungen gewesen, das Studium aufzugeben und sich in weiterer Folge eine Beschäftigung zu suchen, widerlegt.
Der Beschwerdeführer habe damit den in § 11 Abs. 2 Z. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG normierten Versagungsgrund verwirklicht und es könne dahingestellt bleiben, ob auch der in § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG normierte Versagungsgrund verwirklicht sei. Die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung seien vorbehaltlich der Bestimmung des § 66 FPG im Grunde des § 54 Abs. 1 FPG gegeben.
Im Rahmen der Interessenabwägung stellte die belangte Behörde darauf ab, dass der Beschwerdeführer ledig sei und ihn keine Sorgepflichten träfen. Sie ging auf die familiären Bindungen des Beschwerdeführers zu "diversen Familienangehörigen" ein, welche jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebten. Hinzu komme der langjährige rechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, weshalb mit der Ausweisung ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei. Dieser sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiete des Fremdenwesens und Arbeitsmarktes, dringend geboten.
Der Beschwerdeführer habe "ohne dass dies jedoch für das gegenständliche Verfahren entscheidungswesentlich ist - durch das Eingehen einer Scheinadoption bzw. Vorlage von offenbar gefälschten Urkunden sich zwar vergeblich einen Aufenthaltstitel zu erschleichen versucht, aber sehr wohl einen Befreiungsschein und dadurch einen Zugang zum Arbeitsmarkt erlangt". Familiäre Bindungen zu seinem "Adoptivvater" habe der Beschwerdeführer im Ausweisungsverfahren nicht behauptet. Die berufliche Integration des Beschwerdeführers könne nicht entscheidend zu seinen Gunsten ausschlagen, weil er eine unselbständige Erwerbstätigkeit bereits zu einem Zeitpunkt ausgeübt habe, als er nicht einmal einen Befreiungsschein beantragt gehabt habe, er diesen Umstand bei zwei Antragstellungen auf Erteilung von Aufenthaltstiteln verschwiegen habe und ihn der Aufenthaltszweck des Studiums nicht zur überwiegenden oder alleinigen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet berechtige. Damit sei das dem Beschwerdeführer zuzusprechende Interesse am Weiterverbleib im Bundesgebiet deutlich relativiert.
Das Fehlen von Verwandten oder sozialen Bindungen im Herkunftsland habe der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, sondern vielmehr die Antragstellung zur Erteilung einer "Notfallsvignette" in Aussicht gestellt, weil er in sein Heimatland reisen müsse. Die Erlassung der Ausweisung erweise sich daher nach der Interessenabwägung als zulässig.
Mangels sonstiger, besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer verfügte unstrittig bisher über Aufenthaltstitel zum Zweck des Studiums, zuletzt mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 31. März 2005.
Der letzte Antrag des Beschwerdeführers vom 25. März 2005 führte zu einer Vorgangsweise im Sinn des § 15 Abs. 1 FrG. Nach Abs. 1 und 2 leg.cit. hatte die Behörde bei Bekanntwerden von Versagungsgründen das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung zu veranlassen, was zur erstinstanzlichen Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 FrG führte. Das im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl. I Nr. 100, am 1. Jänner 2006 anhängige Berufungsverfahren war gemäß § 125 Abs. 1 FPG nach dessen Bestimmungen weiter zu führen, sodass nunmehr die Ausweisung nach § 54 Abs. 1 FPG zu prüfen ist. Eine Wiederholung bereits erledigter Verfahrensschritte ist hiebei nicht vorgesehen, sodass - entgegen der Beschwerde - eine neuerliche Prüfung nach § 25 NAG durch den nun dafür zuständigen Landeshauptmann von Wien nicht nachzuholen ist.
Gemäß § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG kann ein Fremder, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufhält, mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund im Sinn des § 11 Abs. 1 NAG entgegensteht oder eine allgemeine Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 NAG fehlt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2011, Zl. 2008/18/0389, mwN). Nach § 11 Abs. 2 NAG dürfen einem Fremden Aufenthaltstitel (u.a.) nur erteilt werden, wenn (Z. 1) der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet, was gemäß § 11 Abs. 4 Z. 1 NAG zutrifft, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Die belangte Behörde kam nun zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer die Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG, wonach der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreiten dürfe, nicht erfülle, weil er, obwohl er sich seit 2002 zum Zweck des Studiums im Bundesgebiet aufhalte, keinen Studienerfolg nachweisen könne.
Diese Ansicht kann nicht als rechtswidrig erkannt werden, verweist doch die Beschwerde selbst auf keine konkreten Prüfungserfolge für das eigentliche Studium. Das bloße Absolvieren von Lehrveranstaltungen stellt noch keinen nach § 64 Abs. 3 NAG iVm § 8 Abs. 7 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (BGBl. II Nr. 451/2005) erforderlichen Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 dar, wofür im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (8 Semesterstunden) erforderlich sind. Solche vermochte auch der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen.
Der vom Beschwerdeführer in der Berufungsergänzung vom 8. September 2009 für das Fehlen eines Studienerfolgs vorgebrachten Begründung, er sei wegen der auf Grund eines Erbrechtsstreits eingestellten Unterhaltszahlungen seines Onkels gezwungen gewesen, seinen gesamten Lebensunterhalt durch seine berufliche Tätigkeit zu finanzieren, hielt die belangte Behörde die schon wesentlich früher, nämlich seit 7. Juli 2003 vom Beschwerdeführer ausgeübte Erwerbstätigkeit entgegen. Es ist daher nicht zu sehen, dass der Beschwerdeführer erst zu einem späteren Zeitpunkt gezwungen gewesen wäre, das Studium aufzugeben und sich in weiterer Folge eine Beschäftigung zu suchen, sondern vielmehr eine Erwerbstätigkeit schon bald nach Beginn seines Aufenthalts in Österreich aufnahm. Damit liegt kein Grund, der der Einflusssphäre des Beschwerdeführers entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar gewesen wäre, für das Fehlen des Studienerfolgs über mehrere Jahre im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG vor. Gleiches gilt für den Hinweis des Beschwerdeführers auf unüberwindbare Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Erwerb von Deutschkenntnissen für die erfolgreiche Fortsetzung des Studiums. Von einem "unabwendbaren oder unvorhersehbaren" Hinderungsgrund im Sinne des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG kann nämlich dann nicht die Rede sein, wenn dieser Hinderungsgrund dauerhaft ist und der Fremde seit Beginn des Studiums in Österreich keinen Studienerfolg nachweisen kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2011, Zl. 2011/22/0315, mwN).
Die Auffassung der belangten Behörde, dass die Erteilungsvoraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel gemäß § 64 Abs. 3 NAG vom Beschwerdeführer nicht erfüllt seien, sein Aufenthalt nicht zu Studien- oder Ausbildungszwecken diene, sondern vielmehr - entgegen dem von ihm bekanntgegebenen Aufenthaltszweck - der Erwerbstätigkeit, und damit die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens im Sinn des § 11 Abs. 2 Z. 1 gefährde, sodass der Tatbestand des § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG erfüllt sei, begegnet daher keinem Einwand.
Die Verwirklichung des Versagungsgrundes nach § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG ließ die belangte Behörde ausdrücklich dahingestellt, sodass es auf das Ausmaß des Einkommens des Beschwerdeführers nicht mehr ankommt.
Für die Interessenabwägung nach § 66 FPG macht der Beschwerdeführer geltend, seine familiären, privaten und beruflichen Bindungen in Österreich nicht zu einem Zeitpunkt aufgebaut zu haben, als er sich eines unsicheren Aufenthaltsstatus hätte bewusst sein müssen. In Bangladesch lebten zwar noch seine Eltern, welche er nach sieben Jahren einmal habe besuchen wollen, was nichts daran ändere, dass der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen eindeutig in Österreich liege. Den Vorwürfen der Fälschung der Adoptionsurkunde und einer Scheinadoption sei entschieden entgegenzutreten.
Die belangte Behörde erklärte aber den Verdacht einer Scheinadoption und der Vorlage einer offenbar gefälschten Urkunde als nicht entscheidungswesentlich, sodass diese Aspekte für die Beurteilung der Interessenabwägung außer Betracht zu bleiben haben.
Mit den in Österreich lebenden Verwandten lebt der Beschwerdeführer nach den unbestrittenen Feststellungen nicht im gemeinsamen Haushalt. Sprachkenntnisse erwarb er nur unzulänglich und für den Aufenthaltszweck des Studiums nicht ausreichend. Die aus der Dauer des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers ableitbaren persönlichen Interessen werden in ihrem Gewicht entscheidend dadurch gemindert, dass der Aufenthalt bisher ausschließlich zu dem vorübergehenden Zweck des Studiums berechtigt war, der Beschwerdeführer jedoch nur einen völlig unzureichenden Studienerfolg aufweist und einen anderen Aufenthaltszweck verfolgte.
Soweit sich der Beschwerdeführer für seine berufliche Integration auf einen bereits im Jahr 2002 erlangten Befreiungsschein beruft, steht dem entgegen, dass er bislang nur im Besitz eines Aufenthaltstitels für Studierende war und gemäß § 64 Abs. 2 NAG die in diesem Rahmen ausgeübte Erwerbstätigkeit das Erfordernis des Studiums als ausschließlicher Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen darf. Von daher gesehen konnte die berufliche Integration des Beschwerdeführers auch nicht entscheidend zu seinen Gunsten ausschlagen.
Auch wenn die Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat während der Zeit seines Aufenthalts in Österreich abnahmen, leben in Bangladesch doch noch seine Eltern, die er auch besuchen wollte.
Den somit nicht allzu schwer wiegenden persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht die gewichtige Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber. Von daher begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass § 66 FPG der Ausweisung nicht entgegenstehe, keinen Bedenken.
Auf die vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 8. September 2009 behauptete Einstellung der vom Onkel des Beschwerdeführers bis zum Erbrechtsstreit erfolgten finanziellen Unterstützung des Beschwerdeführers wird im angefochtenen Bescheid ausreichend eingegangen. In der Beschwerde werden dazu keine darüber hinausgehenden Umstände vorgebracht, sodass die belangte Behörde weder die Ermittlungspflicht noch das rechtliche Gehör verletzte.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 19. Juni 2012
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