VwGH 2007/10/0297

VwGH2007/10/029729.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Schick, Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des C B in H, vertreten durch Dr. Ingrid Neyer, Rechtsanwältin in 6800 Feldkirch, Schmiedgasse 23, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 5. Februar 2007, Zl. UVS-340-007/E9-2006, betreffend Kostenersatz für Sozialhilfe (weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §140;
SHG Vlbg 1998 §10 Abs1 idF 2006/003;
SHV Vlbg 2006 §11 ;
SHV Vlbg 2006 §11;
SHV Vlbg 2006 §5 Abs1 lita;
SHV Vlbg 2006 §9 Abs1 ;
SHV Vlbg 2006 §9 Abs1;
ABGB §140;
SHG Vlbg 1998 §10 Abs1 idF 2006/003;
SHV Vlbg 2006 §11 ;
SHV Vlbg 2006 §11;
SHV Vlbg 2006 §5 Abs1 lita;
SHV Vlbg 2006 §9 Abs1 ;
SHV Vlbg 2006 §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 24. November 2006 sprach die Bezirkshauptmannschaft Bregenz aus, dass dem Sohn des Beschwerdeführers (im Folgenden: Sohn) als Sozialhilfe die Miet-, Verpflegs- und Betreuungskosten im Kolpinghaus Bregenz (nach dem Verpflegskostenersatz der Stufe 2) ab dem 4. November 2005 bis zum 3. November 2006 bewilligt würden, überdies ein monatliches Taschengeld im Ausmaß von 20% des Pflegegeldes der Stufe 3, somit "derzeit" EUR 84,36, soweit der Sohn kein eigenes Einkommen habe. Als Rechtsgrundlagen waren §§ 1, 4, 5 und 8 des Sozialhilfegesetzes (SHG) sowie §§ 1 Abs. 2, 4 Abs. 1 und 7 der Sozialhilfeverordnung (SHV) angegeben.

Das betreute Wohnen des Sohnes endete - vorzeitig - mit 24. April 2006.

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg (UVS) vom 5. Februar 2007 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, zur teilweisen Deckung der im Zeitraum vom 4. November 2005 bis zum 24. April 2006 aufgelaufenen Sozialhilfekosten für seinen Sohn einen monatlichen Kostenersatz in Höhe von EUR 455,50 (bzw. für November 2005 anteilsmäßig in Höhe von EUR 409,95 und für April 2006 anteilsmäßig in Höhe von EUR 364,40) zu leisten, insgesamt also EUR 2.596,35.

Begründend führte der UVS im Wesentlichen aus, der Sohn habe im gegenständlichen Zeitraum abgesehen von einer Arbeitslosenunterstützung (EUR 11,71 täglich) über kein eigenes Einkommen verfügt.

Nach der Trennung der Eltern habe der Sohn zunächst bei seiner Mutter gelebt. Nach Beendigung der Pflichtschule habe er eine begonnene Lehre im 3. Lehrjahr abgebrochen. Im Oktober 2004 sei er von seiner Mutter "auf die Straße gesetzt" worden und vorübergehend zum Beschwerdeführer gezogen. Von seiner Freundin habe er sich im Winter 2004/2005 getrennt. Nach dem Erreichen der Volljährigkeit habe der Sohn den Kontakt zum Vater abgebrochen. Im Jahr 2005 habe er die Ableistung des Wehrdienstes abgebrochen. Im Herbst 2005 habe er Kontakt zum Psychosozialen Gesundheitsdienst aufgenommen und sei ab dem 4. November 2005 im Kolpinghaus untergebracht worden. Nachdem er seinen Verpflichtungen dort nicht nachgekommen sei, sei das Mietverhältnis mit 24. April 2006 beendet worden. Nach mehreren kurzzeitigen Krankenhausaufenthalten sei der Sohn in der Jugendherberge in H untergekommen und dort während einiger Monate einer Erwerbstätigkeit (an der Rezeption) nachgegangen.

Das von der Erstbehörde eingeholte medizinische Amtssachverständigengutachten Dris. M. vom 2. Jänner 2006 sei zum Ergebnis gelangt, dass der Sohn "derzeit" im Umgang mit Geld und für eine klare Strukturierung von regelmäßig wiederkehrenden Abläufen wie Einkaufen, Waschen, Einhalten von Verpflichtungen usw. die Hilfe eines Vorgesetzten benötige. Dem Sohn könne "derzeit" eine intakte Familienstruktur nicht gegeben werden, weil seine Eltern getrennt lebten und eine Integrierung weder beim Beschwerdeführer noch bei der Mutter möglich bzw. wohl auch nicht erwünscht sei. Die Unterbringung im Kolpinghaus erscheine deshalb zweckmäßig und werde aus medizinischer Sicht auch befürwortet, da nicht mit ausreichender Sicherheit eine Dekompensation in eine psychische Erkrankung oder Persönlichkeitsstörung mit neuerlicher Verwahrlosung ausgeschlossen werden könne. Bei einem Abgleiten in eine psychische Erkrankung wäre rasches Reagieren durch die Belegschaft im Kolpinghaus möglich.

In einem weiteren, von der Erstbehörde eingeholten, Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen (Dr. B.) vom 2. März 2006 sei ausgeführt worden, der Einschätzung des Gutachtens vom 2. Jänner 2006 könne nur beigetreten werden. Der Sohn habe zwar an keinen Geburtsschäden gelitten und auch keine schweren Erkrankungen und Verletzungen durchgemacht. Er sei allerdings bedingt durch die "Broken Home Situation" während seiner Kindheit und Jugend deutlich belastet. Für seine Persönlichkeitsentwicklung habe sich das Fehlen einer beschützend empfundenen Umgebung negativ ausgewirkt. Umso mehr habe ihn das Scheitern seiner ersten für ihn bedeutungsvollen Beziehung treffen müssen. Welche Symptome "damals" fachärztlicherseits die Äußerung eines Verdachts auf Schizophrenie begründet hätten, sei nicht näher bekannt. Jedenfalls habe sich eine soziale Verwahrlosung aufgrund einer schwerwiegenden depressiven Episode gezeigt, und vom betreuenden psychiatrischen Facharzt im Kolpinghaus sei Seroxat, ein Medikament gegen depressive Erkrankung mit Langzeitwirkung zur Rückfallverhütung, verschrieben worden. Zusammenfassend sei beim Sohn deshalb aus medizinischer Sicht von einer krankheitswertigen Störung auszugehen. Es könne sicher nicht vom Vorliegen eines reinen Charaktermangels gesprochen werden. Auch sei die Unterbringung im Kolpinghaus nicht nur auf Bequemlichkeit zurückzuführen, sondern sie biete die notwendige Begleitung und Strukturierung. Es spreche zwar nichts gegen eine begleitende sozialpsychiatrische Betreuung, als Ersatzmaßnahme wäre sie allein aber untauglich.

In einem im Berufungsverfahren eingeholten weiteren Gutachten habe Dr. B. ausgeführt, der Amtsarzt der Erstbehörde (Dr. M.) habe in seinem Gutachten vom 2. Jänner 2006 die Unterbringung und Begleitung des Sohnes im Kolpinghaus befürwortet, da eine Dekompensation in eine psychiatrische Erkrankung oder Persönlichkeitsstörung mit neuerlicher Verwahrlosung nicht ausgeschlossen werden könnte. Im aktuellen neurologischen Kurzarztbrief des LKH Rankweil sei als Diagnose eine vorbekannte Persönlichkeitsstörung mit entsprechender Entlassungsmedikation und Empfehlung der fachärztlichen Weiterbehandlung verzeichnet. Diese Befunde deckten sich mit den im Gutachten vom 2. März 2006 beschriebenen Gegebenheiten. Da es sich bei einer Persönlichkeitsstörung um ein chronisches Leiden, somit um eine Erkrankung über einen längeren Zeitraum, handle, sei es aus medizinischer Sicht gerechtfertigt, für den gegenständlichen Zeitraum die Fähigkeit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit krankheits- bzw. entwicklungsbedingt zu verneinen. Aufgrund der bei ihm bekannten krankheitswertigen Persönlichkeitsstörung sei davon auszugehen, dass dem Sohn in der Zeit vom November 2005 bis zum April 2006 die Fähigkeit gefehlt habe, für sich selbst aufzukommen.

Dieser Einschätzung schließe sich der UVS an. Dem Sohn sei auch kein vorsätzliches Verschulden am bisherigen Scheitern seiner Lehrlingsausbildung und am Unterlassen der Arbeitsaufnahme anzulasten. Der Sohn habe wiederholt seine Lehrlingsausbildung wieder aufgenommen bzw. kurzfristig Arbeit angenommen, so auch nach seinem Aufenthalt im Kolpinghaus eine Erwerbstätigkeit in der Jugendherberge in H. Auch wenn diese Tätigkeiten immer wieder abgebrochen worden seien, so sei doch nicht von einer generellen Arbeitsunwilligkeit auszugehen, sondern treffe den Sohn aufgrund der krankheitswertigen Persönlichkeitsstörung am Abbrechen der Ausbildungen und der Erwerbstätigkeiten allenfalls ein geringfügiges Verschulden. Eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des Unterhaltsanspruches werde deshalb nicht angenommen. Der Beschwerdeführer habe von der Möglichkeit, ein Gegengutachten vorzulegen, keinen Gebrauch gemacht. Dem Vorbringen, die Unterbringung im Kolpinghaus wäre nicht zweckmäßig gewesen, seien die eingeholten medizinischen Gutachten entgegenzuhalten. Auch wenn die Unterbringung im Kolpinghaus nicht als optimal zu betrachten sei, so sei diese Unterbringungsform dennoch im damaligen Zeitraum insofern erforderlich und zielführend gewesen, als der Sohn dieses Angebot angenommen habe, indes er andere Formen der Unterbringung wiederholt ausgeschlagen habe.

Es sei somit von einer bestehenden Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers im gegenständlichen Zeitraum auszugehen.

Mit dem dem Sohn zur Verfügung stehenden Arbeitslosengeld hätten die angefallenen Kosten der Unterbringung im Kolpinghaus nicht bezahlt werden können, weshalb Nettokosten aus Mitteln der Sozialhilfe in Höhe von insgesamt EUR 9.129,41 bezahlt worden seien.

Bei der Ermittlung der Höhe der Unterhaltsverpflichtung des Beschwerdeführers nach zivilrechtlichen Grundsätzen seien Ausgaben des täglichen Lebens, wie für Mietzins, Strom, Gas, Telefon keine Abzugsposten von der Unterhaltsbemessungsgrundlage, auch Internetkosten seien nicht mildernd zu berücksichtigen. Ausgaben zur Vermögensbildung seien ebenfalls nicht abzugsfähig, ebensowenig Rückzahlungen für die Wohnbauförderung und für das für die Wohnraumbeschaffung aufgenommene Darlehen. Weder die Krankenzusatzversicherung noch die Unfallversicherung seien abzugsfähig, auch nicht das Abonnement einer Tageszeitung und Haussanierungskosten.

Da der Beschwerdeführer glaubhaft dargetan habe, dass die Verwendung eines Pkw für ihn zur Erzielung eines Arbeitseinkommens aufgrund der besonderen Arbeitszeiten als Croupier in einem Casino erforderlich sei, seien hingegen die Pkw-Kosten von monatlich EUR 106,40 (280 km pro Monat, Kilometergeld in Höhe von EUR 0,38) zu berücksichtigen.

Ausgehend von einem monatlichen Nettoeinkommen des Beschwerdeführers in Höhe von EUR 3.059,56 ergebe sich - abzüglich der Pkw-Kosten von monatlich EUR 106,40 und eines Ergänzungsanspruchs der Ehefrau des Beschwerdeführers, deren eigenes monatliches Einkommen EUR 2.010,-- betrage, in Höhe von monatlich EUR 17,82 - eine Bemessungsgrundlage von EUR 2.935,34; 22% davon entsprächen einem Betrag von EUR 645,77.

Bei der vergleichsweise durchzuführenden Berechnung der Höhe der Unterhaltsverpflichtung nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen sei davon auszugehen, dass die Wohnkosten von den Eheleuten gemeinsam und zu gleichen Teilen getragen würden. Die Prämien für die Gebäudeversicherung seien in den pauschaliert angerechneten Betriebskosten von EUR 200,-- enthalten, diese Prämien ergäben zusammen mit den Gebühren für Erdgas, Grundsteuer, Müll sowie Wasser und Kanal monatlich EUR 154,98. Sonderausgaben in Form von monatlich anfallenden Telefon- und Rundfunkgebühren seien durch die Sozialhilferichtsätze abgedeckt. Die Prämie für die zusätzliche Unfallversicherung des Beschwerdeführers werde hingegen zur Gänze in Höhe von monatlich EUR 41,-- berücksichtigt.

Ausgehend vom monatlichen Nettoeinkommen des Beschwerdeführers in Höhe von EUR 3.059,56 ergebe sich daher (abzüglich des Sozialhilferichtsatzes: EUR 472,80; eines weiteren Sozialhilferichtsatzes mal 13/12: EUR 512,20; Pkw-Kosten:

EUR 106,40; Unfallversicherung: EUR 41,--;

Wohnbauförderungsbeiträge: EUR 182,55, Ergänzungsanspruch der Ehefrau: EUR 17,82; 50% des Betriebskostenpauschales: EUR 100,--) eine Bemessungsgrundlage von EUR 1.626,79. Gemäß § 11 Abs. 1 SHV ergäben 28% davon einen Betrag in Höhe von EUR 455,50.

Da der nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen berechnete Kostenersatz für den Beschwerdeführer günstiger sei als jener, der sich nach allgemein geltenden zivilrechtlichen Regelungen ergeben würde, sei vorliegendenfalls ersterer vorzuschreiben. Hinsichtlich der Monate November 2005 und April 2006 sei zu berücksichtigen, dass die Vorschreibung entsprechend der tatsächlichen Aufenthaltsdauer des Sohnes im Kolpinghaus (aliquot) erfolge.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 25. September 2007, B 481/07-3, ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab. Begründend wurde ausgeführt, soweit die Beschwerde die Rechtswidrigkeit von § 11 SHV behaupte, lasse das Vorbringen die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Die Höhe der in § 11 SHV festgelegten Kostenersatzpflicht sei schon angesichts ihrer, gegenüber dem Unterhaltsrecht beträchtlich eingeschränkten, Bemessungsgrundlage mit den - am gesamten Nettoeinkommen anknüpfenden - Bedarfsprozentsätzen der Rechtsprechung zum Unterhaltsrecht nicht vergleichbar.

Nach Ergänzung der Beschwerde legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des SHG idF. der Novelle LGBl. Nr. 3/2006 lauteten (auszugsweise):

"§ 10

Ersatz durch Dritte

(1) Die zum Unterhalt verpflichteten Angehörigen, ausgenommen Großeltern und Enkelkinder, haben im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht die Kosten der Sozialhilfe einschließlich der Kosten im Sinne des § 13 Abs. 3 zu ersetzen.

…"

1.2. Die einschlägigen Bestimmungen der SHV, LGBl. Nr. 14/2006, lauteten (auszugsweise):

"§ 5

Bemessung des ausreichenden Lebensunterhalts

(1) Im Rahmen der Hilfe in der offenen Sozialhilfe sind unter Anrechnung der gemäß § 8 des Sozialhilfegesetzes einzusetzenden eigenen Kräfte und Mittel Geldleistungen zu gewähren zur Deckung

a) des Aufwands im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. a in Form von Richtsätzen (Sozialhilferichtsätze) in Höhe von monatlich

1. 472,80 Euro für Alleinstehende mit oder ohne Haushalt,

§ 9.

Allgemeines zum Kostenersatz

(1) Soweit in den §§ 10 und 11 für unterhaltspflichtige Angehörige nicht günstigere Kostenersatzregelungen festgelegt sind, gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen.

§ 11

Kostenersatz von Eltern und Kindern

(1) Bei der Ermittlung des Kostenersatzes von Eltern für ihre Kinder oder von Kindern für ihre Eltern ist vom monatlichen Nettoeinkommen (§ 7 Abs. 1) der unterhaltspflichtigen Person deren Bedarf (Abs. 2) in Abzug zu bringen. Von einem verbleibenden Rest sind von ihr 28 v.H. als Kostenbeitrag zu leisten.

(2) Der Bedarf der unterhaltspflichtigen Person ergibt sich aus

a) dem doppelten Richtsatz gemäß § 5 Abs. 1 lit. a Z. 1, wenn diese alleinstehend ist, den doppelten Richtsätzen gemäß § 5 Abs. 1 lit. a, wenn sie in einer Familie mit unterhaltsberechtigten Angehörigen lebt, wobei der jeweils einfache Richtsatz mit 13 zu vervielfachen, dann durch zwölf zu teilen und dem Ergebnis der jeweils ganze Richtsatz hinzuzuzählen ist,

  1. b) einem Ergänzungsanspruch gemäß § 94 ABGB,
  2. c) dem monatlichen Wohnungsaufwand (Miete oder Rückzahlungsraten für Wohnraumbeschaffungsdarlehen) in der tatsächlichen Höhe,

    d) den Betriebskosten pauschal in der Höhe von monatlich 110 Euro bei einer Wohnung oder 200 Euro bei einem Wohnhaus, sofern nicht ein begründeter Mehrbedarf nachgewiesen wird oder die Betriebskosten bereits im Mietzins enthalten sind und

    e) Sonderausgaben, die insbesondere aufgrund anderer unterhaltsrechtlicher Verpflichtungen, zur Sicherung des Lebensunterhalts oder aus gesundheitlichen Gründen berücksichtigungswürdig sind, wie z.B. die Zahlung gesetzlicher Zinsen gemäß § 947 ABGB, Kosten für die Ausbildung eines Kindes, für einen berufsbedingten Zweitwohnsitz oder für Diätnahrung.

    …"

1.3. § 140 ABGB lautet (auszugsweise):

"Unterhalt

§ 140. (1) Die Eltern haben zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.

(2) Der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder mehr leisten müßte, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre.

(3) Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist."

2. Die Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.

2.1. Gemäß § 10 Abs. 1 SHG sind die Angehörigen zum Kostenersatz im Rahmen der Sozialhilfe nur im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht verpflichtet. Gemäß § 9 Abs. 1 SHV gelten, soweit in den §§ 10 und 11 nicht günstigere Kostenersatzregelungen festgelegt sind, die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen.

2.2. Der angefochtene Bescheid beruht auf der aufgrund einschlägiger medizinischer Sachverständigengutachten getroffenen Feststellung der belangten Behörde, dass der Sohn im verfahrensgegenständlichen Zeitraum aufgrund einer krankheitswertigen Persönlichkeitsstörung nicht selbsterhaltungsfähig war, eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung seines Unterhaltsanspruches wird nicht angenommen.

Dieser begründeten Sachverhaltsannahme setzt der Beschwerdeführer wie bereits im Verwaltungsverfahren nur die Behauptung entgegen, der Sohn habe sich vorsätzlich einer ärztlichen Behandlung oder Therapie entzogen, weshalb das Unterhaltsbegehren einen Rechtsmissbrauch darstellte. Mit diesem Vorbringen wird aber eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht aufgezeigt, weil bereits im Verwaltungsverfahren die Gelegenheit bestand, die von der belangten Behörde verwerteten Gutachten durch vorgelegte eigene Gutachten zu entkräften, was der Beschwerdeführer aber unterlassen hat. Die entscheidende Sachverhaltsannahme der belangten Behörde zur fehlenden Selbsterhaltungsfähigkeit des Sohnes im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ist angesichts dessen vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstanden. Die belangte Behörde konnte sich auf die eingeholten Gutachten auch insofern stützen, als diese die Unterbringung im Kolpinghaus für zweckmäßig zur Abwendung einer Notlage des Sohnes erachteten.

Gegen die weitere Annahme der belangten Behörde, dass eine Übernahme der Kosten für die Unterbringung im Kolpinghaus geeignet war, den fehlenden Lebensbedarf des Sohnes abzudecken, sowie gegen die festgestellte Höhe des Nettosozialhilfeaufwands bringt die Beschwerde nichts mehr vor.

Es ist davon ausgehend nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde einen Unterhaltsanspruch des Sohnes gegenüber dem Beschwerdeführer für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum und damit dessen Verpflichtung zum Kostenersatz bejaht hat.

2.3.1. Was die (sozialhilferechtliche) Berechnung der Höhe der Kostenersatzpflicht des Beschwerdeführers anlangt, ist zunächst darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde zugunsten des Beschwerdeführers dessen Pkw-Kosten nach Maßgabe des amtlichen Kilometergeldes berücksichtigt hat. Da mit dem Kilometergeld sämtliche mit der Anschaffung und Erhaltung eines Pkw verbundenen Kosten angemessen abgegolten sind (vgl. OGH 2. Februar 1994, 7Ob 522/94, OGH 30. Juni 2010, 9Ob 47/09s), ist diese Vorgangsweise der belangten Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Soweit die Beschwerde rügt, die belangte Behörde hätte es unterlassen, die Stromkosten als Wohnkosten zu berücksichtigen, genügt der Hinweis, dass einerseits Stromkosten nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Kostenersatzpflicht nicht abzugsfähig sind (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2010, Zl. 2008/10/0165), andererseits aber der von der belangten Behörde herangezogene Sozialhilferichtsatz nach der SHV Stromkosten bereits berücksichtigt.

Dass die belangte Behörde vom Beschwerdeführer zu leistende Prämien einer Krankenzusatzversicherung nicht zu seinen Gunsten angerechnet hat, begegnet vor dem Hintergrund der hg. Judikatur ebenfalls keinen Bedenken (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Mai 2004, Zl. 2001/11/0034, und vom 2. Mai 2005, Zl. 2002/10/0177).

Soweit die Beschwerde vorbringt, für eine Halbierung der Betriebskosten gebe es keine Anhaltspunkte, der Beschwerdeführer trage diese zur Gänze, ist ihr zu entgegnen, dass bereits die Erstbehörde - von der Berufung unwidersprochen - davon ausgegangen ist, dass die Wohnkosten vom Beschwerdeführer und seiner Frau gemeinsam und zu gleichen Teilen getragen werden. Das nunmehrige Vorbringen erweist sich daher als unbeachtliche Neuerung.

2.3.2. Ausgehend von den Darlegungen unter Pkt. 2.3.1. ist die von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Ermittlung der Höhe der Kostenersatzpflicht nach Maßgabe des § 11 SHV nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Der Beschwerdeführer wäre durch den angefochtenen Bescheid folglich nur dann in Rechten verletzt, wenn sich bei Anwendung der "allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen" iSd. § 9 Abs. 1 SHV eine Verpflichtung zur Unterhaltsleistung in einem geringeren Ausmaß ergäbe.

2.3.3. Zutreffend rügt die Beschwerde in diesem Zusammenhang, dass die belangte Behörde es übersehen habe, dass nach allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen Sorgepflichten des Unterhaltspflichtigen nicht zum Abzug eines näher ermittelten Betrages von der Bemessungsgrundlage führen, sondern zu einer entsprechenden Minderung des geschuldeten Prozentsatzes. Dabei sind für den unterhaltsberechtigten Ehegatten je nach dessen Einkommen null bis drei Prozentpunkte abzuziehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 2011, Zl. 2007/10/0304 mwN).

Dies führt allerdings vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles im Ergebnis nicht zu einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Angesichts des unstrittigen Einkommens der Ehefrau des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde vom geschuldeten Prozentsatz (grundsätzlich 22%) nicht mehr als einen Prozentpunkt abzuziehen gehabt. 21 % der so ermittelten Bemessungsgrundlage ergäben einen Betrag, der deutlich höher liegt als der nach der SHV ermittelte, dem Beschwerdeführer vorgeschriebene Kostenersatz pro Monat.

Soweit die Beschwerde schließlich vorbringt, die belangte Behörde hätte das Eigeneinkommen des Sohnes gänzlich außer Acht gelassen, bei Einbeziehung dieses Einkommens wäre der zivilrechtlich geschuldete Unterhalt "weitaus geringer" als der nach der SHV ermittelte Betrag, gelingt es ihr schon mangels konkreter Darlegungen nicht, diese völlig allgemein gehaltene Behauptung zu erhärten und damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

2.4. Vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Ablehnungs- und Abtretungsbeschluss, wonach Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des § 11 SHV nicht bestehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu einer Antragstellung nach Art. 139 Abs. 1 B-VG nicht veranlasst.

2.5. Da sich die Beschwerde somit im Ergebnis als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 29. Februar 2012

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