VwGH 2010/07/0140

VwGH2010/07/014015.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerden

A) 1. der Agrargemeinschaft M, 2. des J W, 3. des J F, 4. des

J K, 5. des O K, 6. des F E, 7. des R E und 8. des J P, alle in M, alle vertreten durch Univ. Doz. Dr. Bernd A. Oberhofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6b (hg. Zl. 2010/07/0140), und

B) der Gemeinde M, vertreten durch Dr. Markus Heis, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 3/III (hg. Zl. 2011/07/0041),

gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 8. Juli 2010, Zl. LAS-1002/8-10, betreffend Feststellung von Gemeindegut (mitbeteiligte Partei zu 2010/07/0140: Gemeinde M, vertreten durch Dr. Markus Heis, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 3/III; mitbeteiligte Parteien zu Zl. 2011/07/0041: 1. Agrargemeinschaft M, 2. J W, 3. J F, 4. J K, 5. O K, 6. F E, 7. R E und 8. J P, alle vertreten durch Dr. Bernd Oberhofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6b), zu Recht erkannt:

Normen

FlVfGG §15;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2;
GebG 1957 §2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §48 Abs3;
VwRallg;
FlVfGG §15;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2;
GebG 1957 §2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §48 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

1. Die zu Zl. 2010/07/0140 erhobene Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die zu Zl. 2010/07/0140 beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 und der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. Auf Grund der zu Zl. 2011/07/0041 erhobenen Beschwerde wird Spruchpunkt B erster Satz des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Tirol hat der zu Zl. 2011/07/0041 beschwerdeführenden Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 5. Mai 2009, abgeändert mit Eingabe vom 2. Dezember 2009, beantragten die beschwerdeführende Agrargemeinschaft sowie die Zweit- bis Achtbeschwerdeführer beim Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) die Erlassung eines Feststellungsbescheides dahingehend,

a) dass die Regulierungsliegenschaften agrarische Liegenschaften im Sinn des § 33 Abs. 1 und 33 Abs. 2 lit. a TFLG 1996 darstellen, in eventu, dass die in der Agrargemeinschaft regulierten Liegenschaften kein Gemeindegut gemäß § 33 Abs. 2 lit. c TFLG darstellen,

b) dass der politischen Ortsgemeinde am Regulierungsgebiet keinerlei Rechte, insbesondere keinerlei Substanzrechte im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes B 464/07 vom 11. Juni 2008, zukommen.

Die Gemeinde stellte bei der AB mit Eingabe vom 24. Juli 2009 den Antrag, es möge festgestellt werden, dass es sich beim Regulierungsgebiet der Agrargemeinschaft um Gemeindevermögen und Gemeindegut handle.

Mit Bescheid der AB vom 8. Februar 2010 wurde in Spruchpunkt I festgestellt, dass

a) die im Regelungsplan mit überprüfter Haupturkunde der Agrargemeinschaft vom 10. Oktober 1945 angeführten Liegenschaften in EZ 20, 29, 31 und 32 Gemeindegut seien, und

b) die übrigen im Regulierungsplan angeführten Liegenschaften in EZ 16, 17, 19, 27, 28, 30, 33 und 78 hingegen kein Gemeindegut seien.

Gleichzeitig wurde mit Spruchpunkt II dieses Bescheides der Antrag auf Feststellung, dass der politischen Ortsgemeinde am Regulierungsgebiet keinerlei Rechte, insbesondere keine Substanzrechte im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008 zukämen, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Agrargemeinschaft als auch die Zweit- bis Achtbeschwerdeführer einerseits und die Gemeinde andererseits Berufung. Die Agrargemeinschaft und die Zweit- und Achtbeschwerdeführer bekämpften Spruchpunkt I a des Erstbescheides mit der Begründung, dass die bei der Grundbuchsanlegung als Eigentümerin eingetragene "Gemeinde M ohne R" nicht auf heutige politische Ortsgemeinde verweise, zumal im Grundbuch auch die Bezeichnung "Nachbarschaft R" aufzufinden sei. Die bei der Grundbuchsanlegung angeschriebenen Eigentumstitel wiesen auf eine historische Agrargemeinde hin. Auch die erstbehördliche Argumentation, wonach die Forsteigentumspurifikation nicht zu freiem Eigentum der Nutzungsberechtigten geführt hätte, sondern das Obereigentum des Landesfürsten einer neuen Staatseinrichtung zuerkannt hätte, sei absurd, zumal die heutige politische Ortsgemeinde damals noch gar nicht existiert habe. Die im Grundbuch einverleibte Eigentümerin "Gemeinde M ohne R" sei eine alte Agrargemeinde. Die Liegenschaften in den EZ 20, 31 und 32 seien agrarische Liegenschaften gemäß § 33 Abs. 2 lit. a TFLG, die Restflächen der ehemaligen Heimweide in EZ 29 hingegen solche nach § 33 Abs. 1 leg. cit. Mit Eingabe vom 1. Juli 2010 erstatteten die Agrargemeinschaft und die Zweit- bis Achtbeschwerdeführer weiteres umfangreiches Vorbringen, insbesondere betreffend den originären Eigentumserwerb der Agrargemeinschaft durch Bauführung auf fremden Grund, weswegen ein allfälliges Substanzrecht der politischen Gemeinde jedenfalls bezüglich des Gewerbeparks untergegangen sei. Außerdem habe die politische Gemeinde mit mehreren Gemeinderatsbeschlüssen gezeigt, dass sie die Grundflächen ins Eigentum der Agrargemeinschaft habe übertragen wollen; Verwaltungs- und Vertretungstätigkeiten der politischen Gemeinde für die Agrargemeinschaft gäben keinen Titel für einen Eigentumserwerb der politischen Gemeinde ab.

Mit einer weiteren Eingabe vom 1. Juli 2010 legten die Agrargemeinschaft und die Zweit- bis Achtbeschwerdeführer ein Konvolut an Unterlagen vor und stellten weitere Beweisanträge. Schließlich wurde das ursprüngliche Feststellungsbegehren dahingehend ergänzt, dass auch die Feststellung begehrt wurde, dass der politischen Gemeinde kein Restitutionsanspruch gemäß dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 18.446/2008 zukomme.

Die Gemeinde berief gegen den Erstbescheid im Umfang des Spruchpunktes I b und begründete ihr Rechtsmittel damit, dass alle in der Haupturkunde der AB vom 10. Oktober 1945 genannten Liegenschaften aus Gemeindegut oder -vermögen hervorgegangen seien, woran auch die zur Eigentumsübertragung von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft erstellte Aufsandungsurkunde samt Nachtrag nichts ändere. Ein Erwerbsgrund (Titel) sei dort weder benannt worden noch aktenkundig, sodass sich an der Qualifikation von Gemeindegut und -vermögen nichts geändert habe. Ein Rechtsgeschäft, mit welchem das Eigentum an Gemeindegut und - vermögen ohne Gegenleistung übertragen würde, wäre jedenfalls als absolut nichtig zu erachten. Der Inhalt des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008 habe nicht nur für Regulierungsverfahren, sondern auch für wirkungsgleiche Übertragungen von Gemeindegut und -vermögen an Agrargemeinschaften zu gelten. Außerdem hätte die Aufsandungsurkunde samt Nachtrag nur einen Zwischenschritt zur Einbeziehung der Liegenschaften ins Regulierungsverfahren dargestellt.

Die Gemeinde ergänzte ihre Berufung mit Schriftsätzen vom 24. März 2010 und vom 6. Juli 2010; unter anderem brachte sie vor, dass eine Ersitzung seit der Regulierung rechtlich nicht möglich wäre und die Eigentumsübertragung am Gemeindevermögen nicht anders beurteilt werden könne als die Eigentumsübertragung am Gemeindegut.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. Juli 2010 wies die belangte Behörde die Berufung der Gemeinde als unbegründet ab (Spruchpunkt A). Unter Spruchpunkt B gab sie der Berufung der Agrargemeinschaft sowie der Zweit- und Achtbeschwerdeführer teilweise insofern Folge, als bezüglich der Liegenschaft M Alpe in EZ 20 festgestellt wurde, dass diese Liegenschaft kein Gemeindegut darstelle. Im Übrigen wies sie die Berufung als unbegründet ab.

Mit Spruchpunkt C behob die belangte Behörde den Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides ersatzlos.

Die belangte Behörde hielt eingangs der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, dass nur eine Befassung mit jenen Grundstücken der Agrargemeinschaft erfolgen könne, welche im Regulierungsplan mit überprüfter Haupturkunde vom 10. Oktober 1945 angeführt seien, da nur diese vom Spruch des angefochtenen erstinstanzlichen Bescheides erfasst worden seien.

In weitere Folge gab die belangte Behörde die historische Entwicklung in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse der EZ 20 zum einen, der EZ 16, 17, 19, 27, 28, 30, 33 und 78 zum anderen und schließlich der EZ 29, 31 und 32 wieder und stellte fest, aus den Aktenunterlagen ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, dass zwischen der politischen Gemeinde und der Agrargemeinschaft eine Hauptteilung bereits vor Durchführung des Regulierungsverfahrens erfolgt wäre; auch anlässlich des Regulierungsverfahrens sei es zu keiner solchen Vermögensauseinandersetzung gekommen.

Nach Hinweisen dazu, woraus sich Feststellungen über die Qualifikation der verfahrensgegenständlichen Grundstücke als Gemeindegut ergeben könnten, legte die belangte Behörde näher begründet dar, dass sich in Bezug auf die EZ 20 - insbesondere aus dem Einleitungsbescheid des Regulierungsverfahrens vom 3. April 1911 - ergebe, dass eine Bewirtschaftung als Gemeindegut vorgelegen sei. Aus diesen und weiteren Umständen sei ohne Zweifel abzuleiten, dass im Regulierungszeitpunkt der politischen Ortsgemeinde die Eigentümerstellung in Ansehung der Liegenschaft M Alpe in EZ 20 zugekommen sei und die gegenständliche Alpe ursprünglich als Gemeindegut bewirtschaftet worden sei.

Bezüglich der Liegenschaft in EZ 20 sei allerdings auszuführen, dass hier der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis aufgestellte Grundsatz des Weiterbestehens der Eigenschaft von Gemeindegut trotz Eigentumsübertragung auf eine Agrargemeinschaft nicht angewandt werden könne, weil die Eigentumsübertragung auf Grundlage des von der Tiroler Landesregierung mit Beschluss vom 24. April 1924 genehmigten Gemeinderatsbeschlusses der Gemeinde vom 13. Jänner 1924 erfolgt sei. Nach dem damals in Kraft stehenden § 5 letzter Absatz des T.R.L.G. sei für eine auf Grund dieses Gesetzes stattfindende Verteilung von Gemeindegut eine Genehmigung des Landesausschusses erforderlich gewesen. Daraus könne abgeleitet werden, dass die Verteilung von Gemeindegut zum Zeitpunkt der Erlassung des Generalaktes vom 5. Februar 1925 unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich zulässig gewesen sei. Eine weitere Stütze für diese Auffassung finde sich in § 61 der Tiroler Gemeindeordnung 1910, wonach bei einer Verteilung des Gemeindegutes die Genehmigung des Landesausschusses erforderlich sei. Im Falle der EZ 20 sei daher davon auszugehen, dass die erfolgte Eigentumsübertragung von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft den damals geltenden Rechtsvorschriften gemäß mit der erforderlichen Genehmigung der Landesregierung vorgenommen worden sei. Nachdem dieser Eigentumsübertragung keine Rechtswidrigkeit unterstellt werden könne, hätte die seinerzeitige Verteilung des Gemeindegutes M Alpe das Ende der Eigenschaft dieses Gebietes als Gemeindegut zur Folge gehabt.

Zu den EZ 16, 17, 19, 27, 28, 30, 33 und 78 legte die belangte Behörde näher begründet dar, dass sie bereits mit Bescheid vom 10. April 1931 festgestellt habe, dass diese Liegenschaften keine Grundstücke nach den §§ 4 und 5 Abs. 3 des T.R.L.G. seien. Diese Liegenschaften seien weder im Rahmen eines Regulierungsverfahrens von der politischen Ortsgemeinde in das Eigentum einer Agrargemeinschaft gelangt noch seien sie im Zeitpunkt der Eigentumsübertragung als gemeinschaftliche Grundstücke von der Agrarbehörde beurteilt gewesen. Auch heute könnten sie keineswegs als Gemeindegut qualifiziert werden. Diese Grundstücke seien lediglich in das Regulierungsverfahren betreffend die Liegenschaften in den EZ 29, 31 und 32 mit einbezogen worden, da sie im Eigentum der Agrargemeinschaft gestanden seien und im Rahmen des gesamten Regulierungsverfahrens eine einheitliche Ordnung für das gesamte Nutzungsgebiet der Stammsitzliegenschaften der Agrargemeinschaft geschaffen werden sollte. Dieser Vorgang vermöge an der Qualifikation der genannten Grundstücke nichts zu ändern. Die gegenteiligen Ausführungen in der Berufung der Gemeinde vermöchten nicht zu überzeugen. Vor allem sei auch darauf hinzuweisen, dass die Eigentumsübertragung entsprechend der Aufsandungs-Urkunde vom 2. Juli 1930 samt Nachtrag vom 2. Juni 1931 vom Standpunkt der Aufsicht über das Gemeindevermögen behördlich genehmigt worden sei. Die Eigentumsübertragung sei jedenfalls nicht mit einem agrarbehördlichen Bescheid vorgenommen worden und daher könne das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008, VfSlg. 18.446/2008, darauf nicht angewandt werden.

Was die EZ 29, 31 und 32 betreffe, so bestünden auf Grund des (näher wiedergegebenen) Akteninhaltes und mit besonderer Bedachtnahme auf die Vorgänge anlässlich der Grundbuchsanlegung mit Bestellung eines Kollisionskurators für die Gemeindevertretung keine Zweifel daran, dass der politischen Ortsgemeinde bezüglich der Grundstücke dieser Liegenschaften die Eigentümerstellung zugekommen sei und diese Grundstücke als Gemeindegut genützt worden seien. Die gegenteiligen Ausführungen der Agrargemeinschaft und der Zweit- bis Achtbeschwerdeführer könnten diese Ansicht nicht erschüttern (wird näher ausgeführt).

Insoweit mit agrarbehördlichen Bescheiden im Zuge der stattgefundenen Regulierungsverfahren Eigentum am Gemeindegut für die Agrargemeinschaft festgestellt und verbüchert worden sei, sei im Sinne des Verfassungsgerichtshoferkenntnisses vom 11. Juni 2008 Eigentum am Gemeindegut auf die Agrargemeinschaft übertragen worden, ohne dass dadurch die Eigenschaft von Gemeindegut untergegangen sei.

Nach weiteren Ausführungen dazu, dass § 73 lit. d TFLG 1996 die verfahrensrechtlich korrekte Norm für die gegenständlichen Feststellungen darstelle, legte die belangte Behörde näher dar, dass die Agrargemeinschaft in ihrer Berufung eine Auseinandersetzung mit den Umständen habe vermissen lassen, dass Organe der politischen Ortsgemeinde sämtliche Eigentumshandlungen in Bezug auf die EZ 29, 31 und 32 gesetzt hätten, wie beispielsweise Vertragsunterfertigungen, Antragstellungen bei den Behörden, Vergabe nicht bestoßener Grasrechte etc. Auch die Notwendigkeit der Bestellung eines Kollisionskurators für die Gemeinde nach den Bestimmungen der TGO anlässlich der Grundbuchsanlegung werde übergangen. Soweit die Agrargemeinschaft ins Treffen führe, die historische Agrarbehörde habe nicht nur die Wald- und Weidenutzung regulieren sondern auch über die Substanz des Eigentums am Regulierungsgebiet eine Entscheidung herbeiführen wollen, da im Generalakt vom 5. Februar 1925 als Nutzungen auch der Pachtschilling für das in einer Hütte ausgeübte Gast- und Schankgewerbe angeführt worden sei, sei zu erwidern, dass dieser Umstand nicht als entscheidungswesentlich angesehen werden könne. Dies deshalb, da bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. Juni 2008 nicht übersehen habe, dass schon zur Zeit der Regulierung verschiedentlich Substanzerlöse erzielt worden seien. Nichtsdestotrotz habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis festgehalten, dass es bei entsprechenden Veränderungen der Substanznutzungen seit der Regulierung Aufgabe der Agrarbehörde sei, diese Änderungen von Amts wegen aufzugreifen und das für das Gemeindegut wesentliche Substanzrecht der Gemeinde als Anteil an der Agrargemeinschaft zur Geltung zu bringen. Aus diesen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes sei klar ersichtlich, dass die eine oder andere Substanznutzung im Regulierungszeitpunkt, möge sie auch zu einer Regelung im Regulierungsplan geführt haben, nicht zur Folge haben könne, dass die Zuordnung des Substanzwertes am Gemeindegut an die Gemeinde zur Gänze für alle Zeiten beseitigt worden sei.

Soweit die Agrargemeinschaft schließlich meine, die politische Ortsgemeinde sei rechtskräftig "ausreguliert" worden und es finde daher ein allfälliges historisches Eigentum der politischen Ortsgemeinde keinerlei Fortsetzung in einem walzenden Anteilsrecht an der Agrargemeinschaft, sodass keinerlei Mitberechtigung der politischen Ortsgemeinde am Regulierungsgebiet mehr bestehe, sei auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. März 2010, B 984/09-10, hinzuweisen, wonach auch Gemeinden, die im Rahmen der Regulierung keine agrargemeinschaftlichen Anteilsberechtigungen aus dem Titel land- und forstwirtschaftliche Nutzungen erhielten, mit der Übertragung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft einen Anteil an der Agrargemeinschaft bekommen hätten und damit korrespondierend auch Mitglied der Agrargemeinschaft geworden seien.

Schließlich habe auch kein originärer Eigentumserwerb durch Bauführung auf fremdem Grund durch die Agrargemeinschaft stattgefunden, weil eine Bauführung auf fremdem Grund durch die Agrargemeinschaft nicht nachvollzogen werden könne, wenn Bauwerke auf Grundflächen im Eigentum der Agrargemeinschaft errichtet worden seien. Es gehe im vorliegenden Fall auch gar nicht um die Frage des grundbücherlichen Eigentums der Agrargemeinschaft an den Regulierungsgrundstücken, sondern um die Frage der Substanzwert-Anteilsberechtigung der politischen Gemeinde an der Agrargemeinschaft.

Zu den Feststellungen der Erstbehörde zum Regulierungsgebiet der Agrargemeinschaft gemäß dem Regelungsplan vom 10. Oktober 1945 sei festzuhalten, dass diese mit Ausnahme der EZ 20 rechtsrichtig erfolgt seien. Deshalb habe der Berufung der Gemeinde im Gesamten keine Berechtigung, der Berufung der Agrargemeinschaft sowie sieben weiterer Agrargemeinschaftsmitglieder hingegen in Ansehung der Liegenschaft EZ 20 Berechtigung zuerkannt werden müssen. Weiters wies die belangte Behörde darauf hin, dass die politische Gemeinde das Regulierungsgebiet nicht bloß in Anwendung der Bestimmungen der Gemeindeordnung verwaltet habe, wie die Agrargemeinschaft es darzustellen versuche, sondern darüber vielmehr als Eigentümerin verfügt habe. Die Agrargemeinschaft übersehe die klaren Eigentumshandlungen der politischen Gemeinde (zum Beispiel Kaufvertrag vom 17. November 1907, Tauschvertrag vom 13. Februar 1885, Kaufvertrag vom 12. November 1890) in Ansehung des Regulierungsgebietes. Richtig sei das Vorbringen im Schriftsatz vom 1. Juli 2007, wonach die politische Gemeinde mit der Eigentumsübertragung auf die Agrargemeinschaft einverstanden gewesen sei und diesbezüglich mehrere entsprechende Gemeinderatsbeschlüsse gefasst worden seien. Bereits daraus könne aber ersehen werden, dass das Eigentumsrecht zuvor bei der politischen Gemeinde gelegen sei, könnte doch sonst nicht von der Übertragung des Eigentums die Rede sein.

Was schließlich die im Spruchpunkt II des Erstbescheides vorgenommene Abweisung des Feststellungsbegehrens betreffe, wonach der politischen Ortsgemeinde am Regulierungsgebiet keinerlei Rechte, insbesondere keinerlei Substanzrechte zukämen, sei zu bemerken, dass ein gesonderter Abspruch über diesen Feststellungsantrag nicht notwendig gewesen wäre, da mit der zu Spruchpunkt I des bekämpften Bescheides vorgenommenen Feststellungsentscheidung gemäß § 73 lit. d TFLG 1996 auch das zweite Feststellungsbegehren gemäß dem Antrag der Agrargemeinschaft erledigt worden sei. Neben der gesetzlich vorgesehenen Feststellungsentscheidung zur Klärung strittiger Rechtsfragen sei nach der Rechtsprechung aber eine gesonderte Feststellung nicht zulässig. Mit der Feststellung von Gemeindegut werde auch die Rechtsfrage geklärt, ob der politischen Gemeinde Substanzrechte am Regulierungsgebiet zukämen, da auf Grund der Gesetzesbestimmung des § 33 Abs. 5 TFLG 1996 feststehe, dass der Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke in der Erscheinungsform des Gemeindegutes der Gemeinde zukomme. Eine gesonderte Feststellung des Bestehens von Substanzrechten am Gemeindegut für die politische Ortsgemeinde sei demnach nicht nur entbehrlich, sondern gar nicht zulässig. Außerdem könne die in einem Regulierungsplan getroffene Entscheidung über die Anteilsrechtsverhältnisse an einer Agrargemeinschaft nicht im Wege einer lediglich deklarativen Feststellung abgeändert werden. Schließlich sei die mit Eingabe der Agrargemeinschaft vom 1. Juli 2010 begehrte ergänzende Feststellung, wonach der politischen Ortsgemeinde kein Restitutionsanspruch im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008 zukomme, gleich zu beurteilen wie das Feststellungsbegehren betreffend das Nichtzukommen von Substanzrechten am Regulierungsgebiet. Somit vermöge auch dieser ergänzende Feststellungsantrag die Berufung nicht zum Erfolg zu führen.

Die unter Zl. 2010/07/0140 protokollierte Beschwerde der Agrargemeinschaft und der Zweit- bis Achtbeschwerdeführer richtet sich gegen Spruchpunkt C und Spruchpunkt B dieses Bescheides, insoweit damit der Berufung hinsichtlich der Liegenschaften EZ 29, 31 und 32 keine Folge gegeben wurde. Die Beschwerdeführer machten Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die in diesem Verfahren mitbeteiligte Gemeinde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die beschwerdeführende Agrargemeinschaft erstattete weitere Stellungnahmen.

Die Gemeinde erhob gegen den angefochtenen Bescheid zuerst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 16. Dezember 2010, B 1201/10-06, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der Begründung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes heißt es, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin, insofern die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 10. Dezember 2010, B 639/10, B 640/10) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen lasse, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte die beschwerdeführende Gemeinde ihre zu Zl. 2011/07/0041 protokollierte Beschwerde, die sich gegen Spruchpunkt A und B erster Satz des angefochtenen Bescheides richtet, und machte Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die in diesem Verfahren mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Gegenschrift, in der sie die Ansicht vertraten, die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liege nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen, rechtlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Im vorliegenden Fall geht es um drei im Regulierungsbescheid der Agrargemeinschaft angeführte Liegenschaftskomplexe mit jeweils unterschiedlicher rechtlicher Vorgeschichte. Alle drei Komplexe wurden im Regulierungsbescheid vom 10. Oktober 1945 behandelt. Der erste Komplex (EZ. 29, 31 und 32) wurde reguliert, der zweite Komplex (EZ. 20) wurde gemäß § 40 Abs. 3 TFLG 1935 "überprüft", weil diesbezüglich mit Bescheid vom 5. Februar 1925 ein Regulierungsverfahren bereits rechtskräftig mit Generalakt abgeschlossen worden war. Der dritte Komplex (EZ 16, 17, 19, 27, 28, 30, 33 und 78), der bereits im Eigentum der Agrargemeinschaft stand, wurde der Vollständigkeit halber einbezogen.

Ergänzend wird bemerkt, dass die Teilwälder der EZ des ersten Komplexes damals aus dem Regulierungsverfahren ausgeschieden wurden, und daher vom Regulierungsplan nicht erfasst waren.

A) Zur Beschwerde 2010/07/0140:

1. Die Beschwerde richtet sich ausdrücklich (auch) gegen Spruchpunkt C des angefochtenen Bescheides, mit dem Spruchpunkt II des Erstbescheides ersatzlos behoben worden war. Die Erstbehörde hatte mit diesem Spruchpunkt den Antrag der Beschwerdeführer auf Feststellung, dass der politischen Ortsgemeinde am Regulierungsgebiet keinerlei Rechte, insbesondere keine Substanzrechte im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008 zukämen, abgewiesen.

Die belangte Behörde hatte die Aufhebung dieses Spruchpunktes damit begründet, dass ein gesonderter Abspruch über diesen Feststellungsantrag nicht notwendig gewesen wäre, da mit der zu Spruchpunkt I des Erstbescheides vorgenommenen Feststellungsentscheidung gemäß § 73 lit. d TFLG 1996 auch das zweite Feststellungsbegehren gemäß dem Antrag der Agrargemeinschaft erledigt worden sei.

Die Beschwerde (S. 19) führt im Zusammenhang mit Spruchpunkt C aus, die belangte Behörde habe nicht über den Restitutionsanspruch gemäß VfSlg 18.446/2008 entschieden, sondern über agrarrechtliches Gemeindegut und die Abgrenzung vom Gemeindevermögen nach § 73 lit. d TFLG 1996.

Soweit diesem Hinweis zu entnehmen ist, dass Spruchpunkt C deshalb rechtswidrig wäre, weil mit der positiven oder negativen Feststellung von Gemeindegut nicht auch über die Frage der Substanzrechte der Gemeinde abgesprochen worden sei, wird damit keine Rechtswidrigkeit des Spruchpunktes C des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 10. Dezember 2010, B 639/10, B 640/10, unter anderem die Ansicht vertreten, dass bei einer Feststellung nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 auf Grundlage des § 33 Abs. 5 TFLG 1996 feststehe, dass der Substanzwert der Gemeinde zukomme. Eine Feststellung, wonach Gemeindegut nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 vorliege, beinhaltet daher auch einen (positiven) Ausspruch über den Restitutionsanspruch der Gemeinde.

Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass mit dem Spruchpunkt I des Erstbescheides entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer auch darüber abgesprochen wurde, ob der Gemeinde der Substanzwert an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken zukomme.

Die Behebung des Spruchpunktes II des Erstbescheides mit Spruchpunkt C des angefochtenen Bescheides verletzte daher keine Rechte der Beschwerdeführer.

2. Insoweit in der vorliegenden Beschwerde gerügt wird, dass § 73 lit. d TFLG 1996 die in Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Feststellung in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht trägt, ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2011, 2010/07/0091, und die dort unter Punkt 3 genannten Erwägungen zu verweisen. Aus den dort näher dargestellten Gründen wird durch die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen auch im vorliegenden Fall keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

3. Die Agrargemeinschaft macht unter anderem die Verfassungswidrigkeit der TFLG-Novelle 2010 geltend (Seite 32f der Beschwerde), dies für den Fall, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Ansicht gelangen sollte, dass die verfassungswidrigen Bestimmungen der TFLG-Novelle 2010 zur Lösung des gegenständlichen Rechtsfalles zur Anwendung zu bringen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein Ausspruch nach § 33 Abs. 2 lit. c TFLG 1996 in der Fassung der TFLG-Novelle 2010 getroffen. Die Rechtmäßigkeit dieses Ausspruches ist Prüfungsgegenstand im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof; daher ist im vorliegenden Fall die genannte Bestimmung des TFLG 1996 in der Fassung der TFLG-Novelle 2010 präjudiziell.

Angesichts dessen, dass der Verfassungsgerichtshof in der Zwischenzeit mit Erkenntnissen vom 10. Dezember 2010, B 639/10,

B 640/10, und vom 28. Februar 2011, B 1645/10, die Verfassungskonformität der § 33 Abs. 2 lit. c Z 2, § 33 Abs. 5, § 35 Abs. 7, § 36 Abs. 2 und § 37 Abs. 6, 7 und 8 TFLG 1996 in der Fassung der genannten Novelle unter mehreren Gesichtspunkten geprüft und bejaht hat, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, einen Antrag auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens zu stellen.

4. Mit Spruchpunkt B wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer - mit einer durch diese nicht bekämpften Ausnahme - als unbegründet ab. Damit übernahm sie im Instanzenzug die Feststellung, dass die im Regelungsplan mit überprüfter Haupturkunde der Agrargemeinschaft vom 10. Oktober 1945 angeführten Liegenschaften in EZ. 29, 31 und 32 Gemeindegut im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 sind.

4.1. § 33 TFLG 1996 lautet in der Fassung der Novelle 2010, LGBl. Nr. 7 (auszugsweise):

"§ 33. (1) Agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke, die von allen oder mehreren Mitgliedern einer Gemeinde oder von den Mitgliedern einer Nachbarschaft, einer Interessentschaft, einer Fraktion oder einer ähnlichen Mehrheit von Berechtigten kraft einer mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundenen oder einer persönlichen (walzenden) Mitgliedschaft gemeinschaftlich und unmittelbar für land- und forstwirtschaftliche Zwecke auf Grund alter Übung genutzt werden. Als gemeinschaftliche Nutzung gilt auch eine wechselweise sowie eine nach Raum, Zeit und Art verschiedene Nutzung.

(2) Agrargemeinschaftliche Grundstücke sind, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung, insbesondere:

a) Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach der Kaiserlichen Entschließung vom 6. Februar 1847, Provinzialgesetzsammlung von Tirol und Vorarlberg für das Jahr 1847, S. 253, einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden;

b) Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach dem Kaiserlichen Patent vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr. 130, einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden;

c) Grundstücke, die

1. im Eigentum einer Gemeinde stehen und zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften dienen oder

2. vormals im Eigentum einer Gemeinde gestanden sind, durch Regulierungsplan ins Eigentum einer Agrargemeinschaft übertragen wurden, vor dieser Übertragung der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften gedient haben und nicht Gegenstand einer Hauptteilung waren

(Gemeindegut);

d) …

(5) Der Substanzwert eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes ist jener Wert, der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt. Der Substanzwert steht der Gemeinde zu. Die Substanz eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes wird insbesondere auch dann genutzt, wenn dieses veräußert, wenn dieses als Schottergrube, Steinbruch und dergleichen verwendet, wenn es verpachtet oder wenn darauf eine Dienstbarkeit oder ein Baurecht begründet wird. Die Agrarbehörde hat auf Antrag der betroffenen Gemeinde oder Agrargemeinschaft nach Abs. 2 lit. c Z. 2 festzustellen, ob eine bestimmte Tätigkeit die Nutzung der Substanz oder die land- und forstwirtschaftliche Nutzung eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes betrifft oder in welchem Verhältnis die beiden Nutzungsarten von dieser Tätigkeit betroffen sind."

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass keine Hauptteilung stattgefunden hat und dass die Grundstücke der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften dienten.

4.2. Die belangte Behörde ging davon aus, dass die genannten EZ im Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung und danach im Eigentum der Gemeinde standen und Gemeindegut darstellten.

Sie gründete diese Annahme darauf, dass in dem die Einleitung des Regulierungsverfahrens in Bezug auf die beschwerdeführende Agrargemeinschaft verfügenden Bescheid der belangten Behörde vom 24. Oktober 1930 die der Regulierung zu unterziehenden Grundstücke zwar ganz allgemein als gemeinschaftliche Grundstücke im Sinne der §§ 4 und 5 T.R.L.G. vom 19. Juni 1909 beurteilt worden seien, ohne eine nähere Qualifizierung vorzunehmen. Jedoch sei dort ausgeführt worden, dass es um die Regulierung der Benützungs- und Verwaltungsrechte am "Fraktionsbesitz von M" gehe und das Gebiet von alters her von den Fraktionisten von M im Zusammenhang mit Holz, Weide und Jagd gemeinsam genützt worden sei. In der Kundmachung vom 31. Jänner 1931 sowie in der "Liste der unmittelbar Beteiligten" verbunden mit dem "Register der Anteilsrechte" vom 22. August 1935 sei darauf Bezug genommen worden, dass das Verfahren den "Fraktionsbesitz M" betreffe.

Unter "Erhebung der Eigentumsrechte" sei im Grundbuchsanlegungsprotokoll aus dem Jahre 1899, Post-Nr. 96, über die Grundbuchseinlagen 29, 31 und 32 der KG M als Eigentümerin die "Gemeinde M ohne R" eingetragen worden. Aus der aktenkundigen Tabelle 31 des Landgerichtsbezirkes S über die Anmeldung von Forsten, Alpen und Auen als Privateigentum bei der K.K. Purifikations-Kommission gehe hervor, dass die Anmeldung bei der Kommission durch die Gemeinde M, vertreten durch den Gemeindevorsteher J.M., vorgenommen wurde.

Dass mit der Eigentümerbezeichnung "Gemeinde M ohne R" im Grundbuchsanlegungsprotokoll Post-Nr. 96 nur die politische Ortsgemeinde gemeint sein konnte, lasse sich vor allem aus einem Streitfall betreffend die Eintragung von Holz- und Streunutzungsrechten als Dienstbarkeiten am Gemeindeeigentum ableiten. Dem Grundbuchsanlegungsprotokoll seien die im Zuge der Entscheidung dieses Streitfalles erstellten Urkunden angeschlossen worden, denen zufolge die Vertreter der Gemeinde M die strittigen Holz- und Streubezugsrechte im Gemeindewald auf den Grundparzellen 643, 762 und 211 bekannt gegeben hätten, worauf der Grundbuchsanlegungskommissär mit Rücksicht auf die Befangenheit sämtlicher Gemeindevertreter als (behauptete) Teilwaldbesitzer beschlossen habe, den Landes-Ausschuss um Aufstellung eines Vertreters für die Gemeinde M zu ersuchen. In der Folge sei vom Landes-Ausschuss tatsächlich für die gegenständliche Angelegenheit der Innsbrucker Advokat Dr. P. im Sinne des § 90 der Gemeindeordnung als Vertreter der Gemeinde bestellt worden, die entsprechende Vollmacht vom 27. Jänner 1899 liege dem Grundbuchsanlegungsprotokoll bei. Der bestellte Gemeindevertreter habe eine grundbücherliche Eintragung der Nutzungsrechte als Dienstbarkeiten mit der Begründung abgelehnt, dass eine Verteilung der Gemeindewälder nur im Sinne des § 63 der Tiroler Gemeindeordnung 1866 erfolgen habe können und daher die einzelnen Hofbesitzer an den ihnen zugeteilten Teilwäldern keine Dienstbarkeiten hätten erwerben können. Auch durch Ersitzung hätten die Hofbesitzer am Gemeindewald kein Holzbezugsrecht als Dienstbarkeit erwerben können, weil ihnen die Bezugsrechte schon im Sinne des § 63 der Tiroler Gemeindeordnung 1866 zugestanden wären und daher eine zur Ersitzung führende Rechtsausübung nicht vorgewiesen werden hätte können. Der Grundbuchsanlegungskommissär habe noch in der Tagsatzung vom 1. März 1899 beschlossen, das Begehren auf grundbücherliche Eintragung der Streu- und Holzbezugsrechte als Dienstbarkeiten am Gemeindewald abzuweisen.

Aus diesem strittigen Vorgang lasse sich der Schluss ziehen, dass es sich bei der mit "Gemeinde M ohne R" bezeichneten Eigentümerin um die politische Ortsgemeinde M gehandelt habe, wären doch ansonsten die Verweise auf die Gemeindeordnung (§§ 90 und 63 der Tiroler Gemeindeordnung 1866) nicht zu erklären. Insbesondere die vom bestellten Gemeindevertreter Dr. P. ins Treffen geführte Bestimmung des § 63 leg. cit. führe zur weiteren Schlussfolgerung, dass in Ansehung des unverteilten Gemeindewaldes von M Gemeindegut gegeben gewesen sei, zumal § 63 der Tiroler Gemeindeordnung 1866 das Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes geregelt habe.

Diese Beurteilung - so die belangte Behörde weiter - werde durch den ebenfalls im Grundbuchsanlegungsprotokoll zu Post-Nr. 96 als Eigentumstitel angeführten Tauschvertrag vom 13. Februar 1885 und durch den Kaufvertrag vom 12. November 1890 eindrucksvoll bestätigt. Beiden Vertragsurkunden sei gemeinsam, dass die Gemeinde M durch Organe der politischen Ortsgemeinde vertreten worden sei. Nachdem diese Eigentumstitel entsprechend dem Grundbuchsanlegungsprotokoll zu Post-Nr. 96 ebenfalls zur Eigentümeranschreibung "Gemeinde M ohne R" geführt hätten, könne zweifelsfrei der Schluss gezogen werden, dass mit dieser Eigentümerbezeichnung die politische Ortsgemeinde gemeint gewesen sei. Auf Grund des Akteninhaltes und mit besonderer Bedachtnahme auf die Vorgänge anlässlich der Grundbuchsanlegung mit Bestellung eines Kollisonskurators für die Gemeindevertretung von M bestünden keine Zweifel daran, dass der politischen Ortsgemeinde bezüglich der Grundstücke der Liegenschaften EZ 29, 31 und 32 die Eigentümerstellung zugekommen sei und diese Grundstücke als Gemeindegut genutzt worden seien.

Schließlich sei die Bezeichnung "Gemeinde M ohne R" auch leicht dadurch erklärbar, dass es entsprechend dem Einleitungsbescheid der belangten Behörde vom 24. Oktober 1930 bei den Liegenschaften in EZ 29, 31 und 32 um Fraktionsbesitz des Gemeindebereiches M gegangen sei und die im Siedlungsbereich R gelegenen Stammsitzliegenschaften in diesem Gemeinschaftsgebiet keine Nutzungsrechte besäßen. Das Vorliegen eines von der Gesamtgemeinde getrennten Verrechnungs- und Kassakreises für den Fraktionsbesitz sei nicht außergewöhnlich, zumal aus dem Protokoll der Agrarbezirksbehörde I vom 11. Oktober 1921 nur zu gewinnen sei, dass seit jeher eine Kassa für die politische Gemeinde einschließlich R (= Gesamtgemeinde) und eine andere Kassa für die Gemeinde M ohne R (= Gemeindefraktion M) geführt worden seien.

Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich der im Protokoll vom 11. Oktober 1921 abgehandelten Liegenschaften, die nachträglich in das Regulierungsverfahren einbezogen worden seien, die Agrarlandesbehörde für Tirol auf Grund einer Beschwerde der Gemeinde M ihr Aufsichtsrecht gegenüber der Agrarbezirksbehörde Innsbruck wahrgenommen und mit Erkenntnis vom 9. Dezember 1921 die nachträgliche Einbeziehung für ungültig erklärt habe. Dies mit dem Hauptargument, dass die "Gemeinde M ohne R" als solche neben den Nutzungsberechtigten an den Liegenschaften mitnutzungsberechtigt sei. Auch dies spreche eindeutig gegen die Annahme einer historischen Agrargemeinde, welcher sicherlich kein eigenes Nutzungsrecht neben den Nutzungsberechtigten zugekommen wäre.

4.3. Diese Argumentation im angefochtenen Bescheid, wonach hinter der Eigentümerbezeichnung im Grundbuch die politische Gemeinde gestanden sei, ist nicht zu beanstanden. Die Richtigkeit dieses Verständnisses wird - bezogen auf den hier relevanten Zeitpunkt des Übergangs des Eigentums von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft - noch dadurch verstärkt, dass dem Protokoll über die Feststellung des Gemeinschaftsgebietes vom 16. und 17. März 1932 zu entnehmen ist, dass die politische Gemeinde in Gemeinderatsbeschlüssen vom 20. November 1925 und vom 13. Mai 1926 den "Übergang des Eigentums an den Regulierungsgrundstücken auf die Agrargemeinschaft beschlossen" habe, und dass nunmehr der Vertreter der Gemeinde und der Ausschuss der Agrargemeinschaft die Agrarbehörde ersuchten, diesen Eigentumsübergang ("Umschreibung im Grundbuche") vorzunehmen. Daraus ist abzuleiten, dass sowohl die Gemeinde als auch die Agrargemeinschaft im damaligen Zeitpunkt davon ausgingen, dass die politische Gemeinde grundbücherliche Eigentümerin der Grundflächen war und die Agrargemeinschaft Eigentümerin werden sollte.

Im Regulierungsplan vom 10. Oktober 1945 ist in "Punkt I. Allgemeines" davon die Rede, dass mit Erkenntnis der belangten Behörde die Einleitung des Verfahrens hinsichtlich des "im Eigentum der Gemeinde M ohne R stehenden Gebietes in Grundbuch-Einlagezahl 29 II, 31 II und 32 II … ausgesprochen worden sei."

Nach Ausführungen dazu, dass auch die bisherige Agrargemeinschaft M Alpe und deren Rechtsverhältnisse ins Verfahren einbezogen werden, wird weiters ausgeführt, dass "die 'nunmehrige Eigentümerin' des gesamten Gebietes als 'Agrargemeinschaft M' bezeichnet wird." Auf Seite 6 unter Punkt IV heißt es, dass das oben genannte Gebiet laut Feststellung im Regulierungsverfahren "im Eigentum der Agrargemeinschaft M (bisher Agrargemeinschaft M Alpe und Gemeinde M ohne R)" stehe. Auch der Regulierungsplan selbst geht daher davon aus, dass das Eigentum am Regulierungsgebiet vorher der Gemeinde, nachher der Agrargemeinschaft zustehen sollte.

Mit dem Regulierungsplan - wie sich auch aus seinem Wortlaut ergibt - ging in Bezug auf die Grundstücke 29, 31 und 32 das Eigentum von der politischen Gemeinde auf die beschwerdeführende Agrargemeinschaft über. Die Annahme, dass dieses Gebiet vor diesem Übergang im Eigentum der Gemeinde stand, begegnet daher keinen Bedenken.

Schließlich führt auch der Umstand, dass der politischen Gemeinde durch die Regulierung kein walzendes Anteilsrecht zugesprochen wurde, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. März 2010, B 984/09-10, dem ein solcher Sachverhalt zugrunde lag) nicht dazu, dass damit die Eigenschaft des Gebietes als Gemeindegut untergegangen wäre.

4.4. Mit Regulierungsbescheid vom 10. Oktober 1945 wurde festgestellt, dass die Agrargemeinschaft die nunmehrige Eigentümerin der vorher im Eigentum der Gemeinde stehenden EZ. 29, 31 und 32 sei. Damit wurden Grundstücke, die Gemeindegut im Sinne der Gemeindeordnung darstellten, ins Eigentum der Agrargemeinschaft übertragen und es entstand Gemeindegut, das - im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008, VfSlg 18.446/2008 - nun atypischerweise im gemeinsamen Eigentum von Gemeinde und Nutzungsberechtigten steht und als Agrargemeinschaft organisiert ist. Solche Agrargemeinschaften sind - in Bezug auf diese Grundstücke - Gemeindegutsagrargemeinschaften nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996.

Die mit Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides getroffene Feststellung, wonach die EZ. 29, 31 und 32 Gemeindegut nach dieser Bestimmung seien, verletzt daher keine Rechte der Beschwerdeführer.

4.5. Auf die seitens der Agrargemeinschaft in Schriftsätzen vom 10. August 2011 aus der Tiroler Gemeindeordnung 1935 (TGO 1935) abgeleitete Ansicht, wonach Gemeindegut, sofern es sich um agrargemeinschaftliche Grundstücke handelte, Eigentum der Agrargemeinschaft und nicht Eigentum der Ortsgemeinde gewesen sei, war schon deshalb nicht näher einzugehen, weil sich im vorliegenden Fall das Eigentum der Gemeinde am verfahrensgegenständlichen Grundstückskomplex im Zeitpunkt der Regulierung bereits aus der oben dargestellten Vorgeschichte ergibt. Auf die Fragen des Verständnisses der TGO 1935 war daher sachverhaltsbezogen nicht näher einzugehen; auf die Bestimmung des § 77 Abs. 1 TGO 1935 wird verwiesen.

5. Die zu 2010/07/0140 protokollierte Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

B) Zur Beschwerde 2011/07/0041:

Die Beschwerde der Gemeinde richtet sich gegen Spruchpunkt A und Spruchpunkt B, erster Satz, des angefochtenen Bescheides, somit gegen die im Instanzenzug getroffene Feststellung der belangten Behörde, dass die in EZ 20 zum einen und die in EZ 16, 17, 19, 27, 28, 30, 33 und 78 zum anderen angeführten Liegenschaften kein Gemeindegut seien.

1. Zu den EZ 16,17, 19, 27, 28, 30, 33 und 78:

1.1. Die belangte Behörde stellte diesbezüglich folgenden Sachverhalt fest:

Diese Liegenschaften seien auf Grund unvordenklichen Besitzes (EZ 30, 33, 28), auf Grund des Tauschvertrages vom 13. Februar 1885 (EZ 27), auf Grund des Kaufvertrages vom 3. September 1861 (EZ 17), auf Grund der Einantwortung vom 22. September 1861 (EZ 19), auf Grund des Kaufvertrages vom 3. September 1861 (EZ 16) und auf Grund eines Kaufvertrages vom 1. Juli 1909 (EZ 78) im Eigentum der Gemeinde M bzw. Gemeinde M ohne R gestanden.

Die Übertragung des Eigentums an diesen Liegenschaften an die Agrargemeinschaft sei aber nicht auf Grund eines Regulierungsaktes der Agrarbehörde erfolgt, sondern auf der Grundlage der Aufsandungsurkunde vom 2. Juli 1930 samt Nachtrag vom 2. Juni 1931. In der Aufsandungsurkunde sei ausgeführt worden, dass die Gemeinde M bzw. M ohne R nie im Besitze und Genuss dieser Liegenschaften gestanden sei, sondern dass diese Grundflächen von den in der Agrargemeinschaft M Alpe zusammengefassten Haus-, Hof- und Viehbesitzern aus M ausschließlich allein benützt und verwaltet worden sei, weshalb die Gemeinde diese Liegenschaften der Agrargemeinschaft unentgeltlich in das volle und wahre Eigentum übergebe, um das Eigentumsrecht mit dem faktischen Besitz in Einklang zu bringen.

Die Aufsandungsurkunde sei vom Amt der Tiroler Landesregierung am 4. September 1930 vom Standpunkt der Aufsicht über das Gemeindevermögen genehmigt worden; ebenso der Nachtrag zur Aufsandungsurkunde mit Erledigung des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 6. Juni 1931.

Mit Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 10. April 1931 sei ausgesprochen worden, dass der Eigentumserwerb an diesen Grundstücken durch die Agrargemeinschaft M Alpe keine Genehmigung nach § 130 T.R.L.G. erfordere, weil die bisher im Eigentum der Gemeinde M ohne R stehenden Grundstücke keine gemeinschaftlichen Grundstücke im Sinne der §§ 4 und 5 (dritter Absatz: Gemeindegut) leg. cit. darstellten. Eine solche Genehmigung hätte nach den Ausführungen des Landesagrarsenates nur dann in Frage kommen können, wenn es sich um die Veräußerung oder um die Belastung gemeinschaftlicher Alpen, Weiden und Waldungen handle, was aber nicht der Fall sei.

Nach Ansicht der belangten Behörde gelangten die hier in Rede stehenden Liegenschaften weder im Rahmen eines Regulierungsverfahrens von der politischen Ortsgemeinde in das Eigentum einer Agrargemeinschaft noch seien diese im Zeitpunkt der Eigentumsübertragung von der Agrarbehörde als gemeinschaftliche Grundstücke im Sinne der §§ 4 und 5 T.R.L.G. beurteilt worden. Auch heute könnten sie keineswegs als Gemeindegut qualifiziert werden, weil keiner der Tatbestände des § 33 Abs. 2 lit. c TFLG 1996 auf sie zuträfe.

1.2. Die beschwerdeführende Gemeinde vertritt in der Beschwerde die Ansicht, die Aufsandungsurkunde vom 2. Juli 1930 samt Ergänzung sei eine einseitige Erklärung im Sinne des § 32 GBG und stelle keinen Erwerbstitel dar. Es liege unverändert Gemeindevermögen vor, das durch die titellose Übertragung seine Rechtsnatur zu Gemeindegut verändert habe. Die Absicht der titellosen Übertragung sei darin gelegen, das Gemeindevermögen in das nachfolgende Regulierungsverfahren einzubeziehen, wie sich aus dem Gemeinderatsbeschluss vom 13. Mai 1926 ergebe. Diese Absicht habe schlussendlich dadurch verwirklicht werden können, "als die Liegenschaften der Aufsandungsurkunde vom 2. Juli 1930 samt Nachtrag inhaltlich des Regulierungsplanes mit überprüfter Haupturkunde vom 10. Oktober 1945 in die Regulierung miteinbezogen wurde." Ein derartiger Vorgang sei aber dem § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 zu subsumieren. Es liege in der Absicht des Gesetzgebers, Eigentumsübertragungen an eine Agrargemeinschaft, die titellos erfolgten, durch die Beteiligung am Substanzwert zu korrigieren. Dies entspreche den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die belangte Behörde hätte daher die unter Punkt A/II des Regulierungsplanes vom 10. Oktober 1945 angeführten Liegenschaften als Gemeindegut feststellen müssen.

1.3. Aus dem Akteninhalt ergibt sich in Bezug auf die genannten Grundstücke, dass diese Liegenschaften im Eigentum der gemeinderechtlichen Fraktion "Gemeinde M ohne R" standen und mit Aufsandungsurkunde vom 2. Juli 1930 samt Nachtrag von der politischen Gemeinde in das Eigentum der Agrargemeinschaft M Alpe übertragen wurden, wobei dafür eine entsprechende rechtskräftige Genehmigung der Aufsichtsbehörde vorlag.

Die belangte Behörde stellte mit Bescheid vom 10. April 1931 rechtskräftig fest, dass für diese Eigentumsübertragung von der Gemeinde an die Agrargemeinschaft M Alpe keine agrarbehördliche Genehmigung erforderlich sei, zumal - im Zeitpunkt der Übertragung - keine gemeinschaftlichen Grundstücke im Sinne der §§ 4 und 5 T.R.L.G. vorlägen.

Aus diesem rechtskräftigen Bescheid ergibt sich aber, dass die genannten Liegenschaften im Zeitpunkt ihrer Übertragung auf die Agrargemeinschaft kein Gemeindegut im Sinne des § 5 Abs. 3 T.R.L.G. waren. Waren diese Grundstücke aber bereits in den Jahren 1930 bzw. 1931 kein Gemeindegut, so konnte die Einbeziehung auch dieser bereits damals im Eigentum der Agrargemeinschaft M Alpe stehenden Flächen ins Regulierungsverfahren der Agrargemeinschaft M daran nichts ändern. Mit dem Regulierungsplan vom 10. Oktober 1945 wurde nämlich in Bezug auf diese Grundstücke lediglich die Änderung der Bezeichnung der Eigentümerin (von Agrargemeinschaft M Alpe auf Agrargemeinschaft M) vorgenommen; materiell-rechtliche Änderungen, insbesondere in Bezug auf die Qualifikation dieser Grundstücke, wurden hingegen nicht vorgenommen.

Bereits aus diesem Grund schied eine Feststellung dieser Grundstücke als solche nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 aus; es fehlt an den wesentlichen Tatbestandsmerkmalen der Übertragung von Gemeindegut auf eine Agrargemeinschaft durch einen agrarbehördlichen Bescheid.

1.4. Schließlich macht die Gemeinde unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften noch geltend, die Behörde hätte hinsichtlich der mit Aufsandungsurkunde vom 2. Juli 1930 samt Nachtrag vom 2. Juni 1931 von der politischen Gemeinde in das Eigentum der Agrargemeinschaft M Alpe übertragenen Liegenschaften auf Grundlage des § 73 lit. d TFLG 1996 das Vorliegen von Gemeindevermögen feststellen müssen. Eine solche Feststellung könne nämlich die Grundlage zur Einbringung der Eigentumsklage für die Beschwerdeführerin bilden.

Schon deshalb, weil es sich bei den genannten Grundstücken - wie dargestellt - um Eigentum der Agrargemeinschaft und nicht um Gemeindevermögen handelt, kann diese Verfahrensrüge nicht zum Erfolg führen. Auf die Frage, ob eine solche Feststellung angesichts des Gegenstands des erstinstanzlichen Feststellungsbescheides überhaupt möglich war oder nicht, war daher nicht näher einzugehen.

2. Zur EZ. 20:

2.1. Auch dieser Grundbuchskörper stand im Zeitpunkt der Regulierung der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft im Jahr 1945 bereits im Eigentum der Agrargemeinschaft M Alpe.

Für diese Agrargemeinschaft fand ein Regulierungsverfahren zwischen den Jahren 1911 und 1925 statt. Bereits im Einleitungsbescheid der k.k. Landeskommission für agrarische Operationen vom 3. April 1911 findet sich der Hinweis darauf, dass die M Alpe als Gemeindegut bewirtschaftet werde. In Übereinstimmung damit steht die Feststellung im Bescheid betreffend das Register der Anteilsrechte an der M Alpe, wonach die EZ. 20 im Eigentum der Gemeinde M ohne R stehe und die Gemeindevorstehung über nicht ausgenützte Grasrechte unter Entschädigung für den Berechtigten verfügen konnte.

Im Generalakt vom 5. Februar 1925 heißt es:

"Im Laufe des Regulierungsverfahrens wurde eine eigene Agrargemeinschaft gebildet und geht das Eigentum nunmehr auf Grund des von der Tiroler Landesregierung mit Beschluss vom 24. April 1924, Zl. 211/3-III genehmigten Gemeinderatsbeschlusses von M vom 13. Jänner 1924 auf diese Agrargemeinschaft M Alpe über."

Mit Regulierungsbescheid vom 10. Oktober 1945 wurde gemäß § 40 Abs. 3 TFLG 1935 der Generalakt vom 5. Februar 1925 überprüft. Wörtlich heißt es, dass "die berechtigten Liegenschaften sowie die Anteilsrechte an dieser Agrargemeinschaft die gleichen sind wie im oben genannten Regelungsgebiet, weshalb anlässlich der Aufstellung des Regelungsplanes die Überprüfung des Generalaktes verbunden und das Ergebnis in einer Urkunde zusammengefasst wird. … Die nunmehrige Eigentümerin des gesamten Gebietes wird als Agrargemeinschaft M (= Erstbeschwerdeführerin) bezeichnet."

2.2. Die Gemeinde vertritt in ihrer Beschwerde den Standpunkt, dass die Liegenschaft EZ 20 mit Generalakt vom 5. Februar 1925 ins Eigentum der Agrargemeinschaft übertragen worden und deshalb unter die Bestimmungen des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 zu subsumieren sei, weil diese Bestimmung keinen Unterschied dahingehend mache, auf welcher Gesetzesgrundlage die Übertragung von Gemeindegut erfolgt sei und unter "Regulierung" jede Art der Regulierung gemeint sei, die zur Übertragung von Gemeindegut führe. Für die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Abänderung des Erstbescheides habe daher kein Anlass bestanden.

2.3. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30. Juni 2011, 2010/07/0092, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zum Ausdruck gebracht hat, kommt es bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 auf die Art des Bescheides, mit dem das Eigentum an die Agrargemeinschaft übertragen wurde, nicht entscheidend an. Der vom Gesetzgeber gewählte Begriff "durch Regulierungsplan" in § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 ist weit zu verstehen; alle Bescheide, die derartige Übertragungen beinhalten, erfüllen gleichermaßen die Voraussetzung des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996.

Daraus folgt, dass der Generalakt vom 5. Februar 1925 jedenfalls unter diese Bestimmung zu subsumieren ist, stellt er doch einen Bescheid dar, mit dem (ua) das Eigentum von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft überging.

2.4. Die Bestimmung des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 ist vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008, VfSlg. 18.446/2008, zu verstehen. Nach dieser Entscheidung hätten Eigentumsübertragungen von Gemeindegut an Dritte, z.B. an die Agrargemeinschaft, nur im Zuge von Teilungen geschehen dürfen, sodass im Zuge von Regulierungsverfahren bescheidmäßig vorgenommene Eigentumsübertragungen von Gemeindegut auf Agrargemeinschaften offenkundig verfassungswidrig gewesen seien.

Die Überlegung, dass ein Hauptteilungsbescheid, der von Gesetzes wegen zur Übertragung von Eigentum auf die Agrargemeinschaft führen hätte können, die Eigenschaft als Gemeindegut beendet, fand dementsprechend Niederschlag in § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996, werden doch die Sachverhalte von dieser Bestimmung nicht erfasst, in denen ein Hauptteilungsverfahren stattgefunden hat. Gab es also eine gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Übertragung von Eigentum (Gemeindegut) auf die Agrargemeinschaft, wie z.B. eine Hauptteilung, und wurde von dieser Möglichkeit der Übertragung von Eigentum von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft Gebrauch gemacht, so liegt kein Fall des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 vor.

Fraglich ist, ob der genehmigte Beschluss des Gemeinderates vom 13. Jänner 1924 auf Übertragung des Eigentums auf die Agrargemeinschaft eine solche zulässige Beendigung der Gemeindegutseigenschaft der Grundstücke darstellte oder nicht. Die belangte Behörde bejahte dies unter Hinweis auf die damals im Gesetz vorgesehene "Verteilung von Gemeindegut."

§ 5 Abs. 3 T.R.L.G. verfügte, dass seine Bestimmungen auch auf das Gemeindegut (das einer gemeinschaftlichen Benützung nach Maßgabe des § 63 der Tiroler Gemeindeordnung 1866 unterlag) angewandt werden sollten. § 5 Abs. 5 leg. cit. legte fest, dass "für eine auf Grund dieses Gesetzes stattfindende Verteilung von Gemeindegut die Genehmigung des Landesausschusses erforderlich" sei.

Daraus folgt zwar, dass die Verteilung von Gemeindegut zum Zeitpunkt der Erlassung des Generalaktes vom 5. Februar 1925 unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich zulässig war und die Eigenschaft der verteilten Grundflächen als Gemeindegut beendet hätte.

Fraglich ist aber, ob es sich bei den hier genannten Vorgängen um eine solche "Verteilung von Gemeindegut" gehandelt hat oder nicht. § 5 Abs. 5 T.R.L.G. spricht von einer "auf Grund dieses Gesetzes stattfindenden Verteilung von Gemeindegut" und nimmt damit auf die im Gesetz (§ 2 T.R.L.G.) vorgesehenen Teilungsverfahren Bezug. Im vorliegenden Fall wäre § 2 Punkt A Z. 3 T.R.L.G. in Frage gekommen, der die Generalteilung zwischen der Gemeinde (Ortschaft) oder Gemeindeabteilung (Ortsteil) einerseits und einer agrarischen Gemeinschaft (Klasse der Bauern und dgl.) andererseits vorsieht. Darunter würde eine Aufteilung von Gemeindegut zwischen der Gemeinde einerseits und der Agrargemeinschaft andererseits fallen.

Nach § 27 T.R.L.G. hat jeder abzufindende Teilgenosse nach Maßgabe des einverständlich oder auf Grundlage des Gutachtens von Sachverständigen festgestellten Wertes seines Anteils an den gemeinschaftlichen Grundstücken und an den im Sinne des § 8 in die Teilung etwa einbezogenen anderen Grundstücken Anspruch auf Abfindung aus diesen Grundstücken, vorbehaltlich der für unerhebliche Verschiedenheiten etwa eintretenden Ausgleichungen in Geld und der durch wirtschaftliche Anlagen oder durch Ablösung von Gegenleistungen in Grund und Boden sich etwa ergebenden Minderung der zu teilenden Grundfläche überhaupt.

Dafür, dass ein solches Generalteilungsverfahren (oder ein sonstiges Teilungsverfahren) zwischen der Agrargemeinschaft und der Gemeinde - während des anhängigen Regulierungsverfahrens - durchgeführt worden wäre, gibt es keine Hinweise. Es wurden, soweit erkennbar, auch der Gemeinde keine lastenfreien Grundflächen als Abfindung zugesprochen.

Vielmehr wurde durch den Regulierungsplan die gesamte EZ. 20 auf die Agrargemeinschaft übertragen. Es erfolgte gerade keine "Verteilung des Gemeindegutes" nach den Grundsätzen der Teilungsverfahren (§§ 27, 56, 60 und 83ff T.R.L.G). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 14. Jänner 1924, in dem von der beschlossenen "Umschreibung der einbezogenen Flächen aus dem Besitze der Gemeinde M ohne R an die Alpinteressentschaft M-Alpe" die Rede ist, vom Landesausschuss am 24. April 1924 genehmigt wurde. Diese Genehmigung allein, die sich zudem auf keine konkrete Norm des T.R.L.G. bezieht, bewirkt nicht, dass der genehmigte Vorgang der Eigentumsübertragung als Verteilung von Gemeindegut im Sinne des § 5 Abs. 5 T.R.L.G. zu bewerten wäre.

Der Regulierungsplan (Generalakt) vom 5. Februar 1925 nimmt nun nicht nur auf den zitierten Gemeinderatsbeschluss Bezug, sondern setzt ihn mit der Übertragung des Eigentums auf die Agrargemeinschaft erst um. Es ist daher auch nicht davon auszugehen, dass der Eigentumsübergang von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft bereits vor der Erlassung des Generalaktes erfolgt wäre.

War aber das in Rede stehende Gebiet vor der Übertragung mit dem Generalakt vom 5. Februar 1925 auf die Agrargemeinschaft M Alpe Gemeindegut, so ging diese Eigenschaft - vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 18.446/2008 - dadurch nicht verloren. Diese Qualifikation blieb auch nach der Erlassung des die beschwerdeführende Agrargemeinschaft betreffenden Regulierungsbescheides vom 10. Oktober 1945 aufrecht, dessen einzige Auswirkung für die EZ. 20 (neben der Überprüfung des Generalaktes aus dem Jahr 1925) darin lag, dass die nunmehrige Eigentümerin des gesamten Gebietes als Agrargemeinschaft M (= Erstbeschwerdeführerin) bezeichnet wurde. Diese Änderung der Bezeichnung der Eigentümerin der EZ. 20 von Agrargemeinschaft M Alpe auf Agrargemeinschaft M konnte aber ebenfalls das Ende der Qualifikation dieses Gebietes als Gemeindegut nicht bewirken.

Im Zusammenhang mit der EZ. 20 ist daher davon auszugehen, dass auch hier weiterhin Gemeindegut in der Form des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 vorliegt.

3. Daraus folgt, dass der Beschwerde der Gemeinde in Bezug auf die Qualifikation des Grundbuchkörpers EZ. 20 Berechtigung zukam; in diesem Umfang war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

C. Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich jeweils auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Die Gemeinde ist als Körperschaft öffentlichen Rechtes im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises gemäß § 2 Z 2 GebG 1957 von der Entrichtung der Stempelgebühren befreit; diese Befreiung erstreckt sich auch auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Dezember 2003, 2001/16/0355, u.a.).

Wien, am 15. September 2011

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